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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Und da ein Schiff - Hauptmann sein Schiff
ehe in Brand zu stecken/ und sich selbst ehe auf-
zuopffern/ als ein Raub des Feindes zu werden
verbunden werden könte; wie viel mehr wäre er
schuldig die hinzurichten/ derer Leben und Tod
ohne diß in der Willkühr seines Gebieters stün-
de. Nach dem dieser nun von seinen Gedan-
cken nicht zu bringen war/ wie beweglich ihm
man gleich einhielt: daß die Ausliefferung
Thußneldens/ mit welcher man sich sonder Er-
gebung des Schlosses bestillen wolte/ nicht nur
eine ruhmwürdige Erbarmung über diese tu-
gendhaffte Fürstin wäre; die als eine Rose auff
ihrem mütterlichen Stengel von so schmertz-
hafften Dornen zerstochen würde/ und davon
entfernet zu werden wol verdiente/ sondern
auch der gemeinen Ruhe Deutschlandes vor-
träglich/ wiedrigen Falls aber die Festung eine
blutige Grabestatt der Belägerten seyn würde;
schlug Hertzog Jubil für: Ermöchte Thußnel-
den ihm ausfolgen lassen/ welches er wegen des
nur gegen den Fürsten Herrmann empfange-
nen Verbots ohne Verantwortung eingehen
könte/ zumahl er ihm angelobte/ Thußnelden
nicht dem Cheruskischen Hertzoge/ sondern dem
Fürsten Segimer Segesthens eigenem Bru-
der auszuantworten. Aber ebenfalls vergebens;
in dem er antwortete: dieser Vorschlag wäre
ihm/ als einem Kriegs-Manne zu spitzfinnig;
Daher Herrmann aus Eyver diesem hartnä-
ckichten die ärgste Marter/ und einen solchen
Tod/ den erfühlen würde/ andräuen/ und aus
einer ihn überlauffenden hernach selbst bereueten
Hitze seine in voller Bereitschafft stehende Che-
rusker an beyden Orten anlauffen ließ; ihm ein-
bildende: daß die hartnäckichte Erklärung dieses
Cassuariers mehr Trotz/ als Ernst wäre; in dem
die/ derer Großmüthigkeit auf der Zunge schweb-
te/ selten viel davon im Hertzen hätten/ und die
Redner meist Künstler in Worten/ nicht in den
Wercken wären. Die Cherusker und hierauf die
Hermundurer stürmten so erhitzt: daß ungeach-
[Spaltenumbruch] tet der tapfern Gegenwehr nach zweyen Stun-
den die Cherusker auf dem Thore/ die Hermun-
durer auf der innersten Schloß-Mauer ihre
Fahnen auffsteckten. Aber diese Siegs-Zeichen
verwandelten sich dem Hertzog Herrmann/ wel-
cher nahe bey der eingestossenen Mauer sein
Volck zum Sturme anleitete/ Augenblicks in
klägliche Trauer-Binden. Denn er sahe aus
einem Thurme ein Frauenzimmer herab stür-
tzen/ welches er für kein anders/ als seine Thuß-
nelde halten; und daß selbte über die gähen Fel-
sen in tausend Stücke sich zerschmettern müste/
muthmassen konte. Dieses Schrecken ver-
bitterte ihn so sehr: daß er seinen Hinterhalten
vollends nachdringen/ und befehlen ließ: die
Cherusker solten keine Seele von den Mördern
seiner liebsten Thußnelde leben lassen. Er selbst
aber eilte mit etwan hundert Mann gegen die
Klippen/ worüber Thußneldens Abstürtzung
geschehen war. Wie nun aber im Grunde nichts
von ihr zu spüren/ kletterte er mit der Seinigen
und der verhandenen Sturm-Leitern Hülffe
an den Felsen hinauff biß an den Thurm/ da er
denn zu seiner höchsten Verwunderung Thuß-
nelden schier an der mitlern Höhe des über hun-
dert Ellen hohen Thurmes gleichsam klebende
fand; in dem sie mit ihrem von der Lufft auff-
gefacheten Rocke an einem spitzigen Felsen hän-
gen blieben/ mit den Händen eine aus den Stei-
nen ragende Baum-Wurtzel im herab fallen
ergrieffen/ und nicht sonder augenscheinlichen
Beystand Gottes sich so lange daselbst angehal-
ten/ also dardurch bewehret hatte: daß Fürsten
gantz absondere Schutz-Geister/ und in sich ei-
nen ungemeinen Einfluß von auch Fürstlichen
Sternen zu ihrer mehrmahls unglaublichen
Erhaltung haben müsten. Hertzog Herrmann
ließ als bald zwey Leitern/ weil keine allein zu
dieser Höhe langte/ zusammen binden; und nach
dem der abschüßige Felß keine sichere Aufsetzung
der Leitern verstattete/ selbte mit Stricken un-
ten umfassen/ und die Cherusker auf der Seite

gleich-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Und da ein Schiff - Hauptmann ſein Schiff
ehe in Brand zu ſtecken/ und ſich ſelbſt ehe auf-
zuopffern/ als ein Raub des Feindes zu werden
verbunden werden koͤnte; wie viel mehr waͤre er
ſchuldig die hinzurichten/ derer Leben und Tod
ohne diß in der Willkuͤhr ſeines Gebieters ſtuͤn-
de. Nach dem dieſer nun von ſeinen Gedan-
cken nicht zu bringen war/ wie beweglich ihm
man gleich einhielt: daß die Ausliefferung
Thußneldens/ mit welcher man ſich ſonder Er-
gebung des Schloſſes beſtillen wolte/ nicht nur
eine ruhmwuͤrdige Erbarmung uͤber dieſe tu-
gendhaffte Fuͤrſtin waͤre; die als eine Roſe auff
ihrem muͤtterlichen Stengel von ſo ſchmertz-
hafften Dornen zerſtochen wuͤrde/ und davon
entfernet zu werden wol verdiente/ ſondern
auch der gemeinen Ruhe Deutſchlandes vor-
traͤglich/ wiedrigen Falls aber die Feſtung eine
blutige Grabeſtatt der Belaͤgerten ſeyn wuͤrde;
ſchlug Hertzog Jubil fuͤr: Ermoͤchte Thußnel-
den ihm ausfolgen laſſen/ welches er wegen des
nur gegen den Fuͤrſten Herrmann empfange-
nen Verbots ohne Verantwortung eingehen
koͤnte/ zumahl er ihm angelobte/ Thußnelden
nicht dem Cheruskiſchen Hertzoge/ ſondern dem
Fuͤrſten Segimer Segeſthens eigenem Bru-
der auszuantworten. Aber ebenfalls vergebens;
in dem er antwortete: dieſer Vorſchlag waͤre
ihm/ als einem Kriegs-Manne zu ſpitzfinnig;
Daher Herrmann aus Eyver dieſem hartnaͤ-
ckichten die aͤrgſte Marter/ und einen ſolchen
Tod/ den erfuͤhlen wuͤrde/ andraͤuen/ und aus
einer ihn uͤberlauffenden hernach ſelbſt bereuetẽ
Hitze ſeine in voller Bereitſchafft ſtehende Che-
rusker an beyden Orten anlauffen ließ; ihm ein-
bildende: daß die hartnaͤckichte Erklaͤrung dieſes
Caſſuariers mehr Trotz/ als Ernſt waͤre; in dem
die/ dereꝛ Gꝛoßmuͤthigkeit auf deꝛ Zunge ſchweb-
te/ ſelten viel davon im Hertzen haͤtten/ und die
Redner meiſt Kuͤnſtler in Worten/ nicht in den
Wercken waͤren. Die Cherusker und hieꝛauf die
Hermundurer ſtuͤrmten ſo erhitzt: daß ungeach-
[Spaltenumbruch] tet der tapfern Gegenwehr nach zweyen Stun-
den die Cherusker auf dem Thore/ die Hermun-
durer auf der innerſten Schloß-Mauer ihre
Fahnen auffſteckten. Aber dieſe Siegs-Zeichen
verwandelten ſich dem Hertzog Herrmann/ wel-
cher nahe bey der eingeſtoſſenen Mauer ſein
Volck zum Sturme anleitete/ Augenblicks in
klaͤgliche Trauer-Binden. Denn er ſahe aus
einem Thurme ein Frauenzimmer herab ſtuͤr-
tzen/ welches er fuͤr kein anders/ als ſeine Thuß-
nelde halten; und daß ſelbte uͤber die gaͤhen Fel-
ſen in tauſend Stuͤcke ſich zerſchmettern muͤſte/
muthmaſſen konte. Dieſes Schrecken ver-
bitterte ihn ſo ſehr: daß er ſeinen Hinterhalten
vollends nachdringen/ und befehlen ließ: die
Cherusker ſolten keine Seele von den Moͤrdern
ſeiner liebſten Thußnelde leben laſſen. Er ſelbſt
aber eilte mit etwan hundert Mann gegen die
Klippen/ woruͤber Thußneldens Abſtuͤrtzung
geſchehen war. Wie nun aber im Grunde nichts
von ihr zu ſpuͤren/ kletterte er mit der Seinigen
und der verhandenen Sturm-Leitern Huͤlffe
an den Felſen hinauff biß an den Thurm/ da er
denn zu ſeiner hoͤchſten Verwunderung Thuß-
nelden ſchier an der mitlern Hoͤhe des uͤber hun-
dert Ellen hohen Thurmes gleichſam klebende
fand; in dem ſie mit ihrem von der Lufft auff-
gefacheten Rocke an einem ſpitzigen Felſen haͤn-
gen blieben/ mit den Haͤnden eine aus den Stei-
nen ragende Baum-Wurtzel im herab fallen
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Beyſtand Gottes ſich ſo lange daſelbſt angehal-
ten/ alſo dardurch bewehret hatte: daß Fuͤrſten
gantz abſondere Schutz-Geiſter/ und in ſich ei-
nen ungemeinen Einfluß von auch Fuͤrſtlichen
Sternen zu ihrer mehrmahls unglaublichen
Erhaltung haben muͤſten. Hertzog Herrmann
ließ als bald zwey Leitern/ weil keine allein zu
dieſer Hoͤhe langte/ zuſammen binden; und nach
dem der abſchuͤßige Felß keine ſichere Aufſetzung
der Leitern verſtattete/ ſelbte mit Stricken un-
ten umfaſſen/ und die Cherusker auf der Seite

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[1307[1309]/1373] Arminius und Thußnelda. Und da ein Schiff - Hauptmann ſein Schiff ehe in Brand zu ſtecken/ und ſich ſelbſt ehe auf- zuopffern/ als ein Raub des Feindes zu werden verbunden werden koͤnte; wie viel mehr waͤre er ſchuldig die hinzurichten/ derer Leben und Tod ohne diß in der Willkuͤhr ſeines Gebieters ſtuͤn- de. Nach dem dieſer nun von ſeinen Gedan- cken nicht zu bringen war/ wie beweglich ihm man gleich einhielt: daß die Ausliefferung Thußneldens/ mit welcher man ſich ſonder Er- gebung des Schloſſes beſtillen wolte/ nicht nur eine ruhmwuͤrdige Erbarmung uͤber dieſe tu- gendhaffte Fuͤrſtin waͤre; die als eine Roſe auff ihrem muͤtterlichen Stengel von ſo ſchmertz- hafften Dornen zerſtochen wuͤrde/ und davon entfernet zu werden wol verdiente/ ſondern auch der gemeinen Ruhe Deutſchlandes vor- traͤglich/ wiedrigen Falls aber die Feſtung eine blutige Grabeſtatt der Belaͤgerten ſeyn wuͤrde; ſchlug Hertzog Jubil fuͤr: Ermoͤchte Thußnel- den ihm ausfolgen laſſen/ welches er wegen des nur gegen den Fuͤrſten Herrmann empfange- nen Verbots ohne Verantwortung eingehen koͤnte/ zumahl er ihm angelobte/ Thußnelden nicht dem Cheruskiſchen Hertzoge/ ſondern dem Fuͤrſten Segimer Segeſthens eigenem Bru- der auszuantworten. Aber ebenfalls vergebens; in dem er antwortete: dieſer Vorſchlag waͤre ihm/ als einem Kriegs-Manne zu ſpitzfinnig; Daher Herrmann aus Eyver dieſem hartnaͤ- ckichten die aͤrgſte Marter/ und einen ſolchen Tod/ den erfuͤhlen wuͤrde/ andraͤuen/ und aus einer ihn uͤberlauffenden hernach ſelbſt bereuetẽ Hitze ſeine in voller Bereitſchafft ſtehende Che- rusker an beyden Orten anlauffen ließ; ihm ein- bildende: daß die hartnaͤckichte Erklaͤrung dieſes Caſſuariers mehr Trotz/ als Ernſt waͤre; in dem die/ dereꝛ Gꝛoßmuͤthigkeit auf deꝛ Zunge ſchweb- te/ ſelten viel davon im Hertzen haͤtten/ und die Redner meiſt Kuͤnſtler in Worten/ nicht in den Wercken waͤren. Die Cherusker und hieꝛauf die Hermundurer ſtuͤrmten ſo erhitzt: daß ungeach- tet der tapfern Gegenwehr nach zweyen Stun- den die Cherusker auf dem Thore/ die Hermun- durer auf der innerſten Schloß-Mauer ihre Fahnen auffſteckten. Aber dieſe Siegs-Zeichen verwandelten ſich dem Hertzog Herrmann/ wel- cher nahe bey der eingeſtoſſenen Mauer ſein Volck zum Sturme anleitete/ Augenblicks in klaͤgliche Trauer-Binden. Denn er ſahe aus einem Thurme ein Frauenzimmer herab ſtuͤr- tzen/ welches er fuͤr kein anders/ als ſeine Thuß- nelde halten; und daß ſelbte uͤber die gaͤhen Fel- ſen in tauſend Stuͤcke ſich zerſchmettern muͤſte/ muthmaſſen konte. Dieſes Schrecken ver- bitterte ihn ſo ſehr: daß er ſeinen Hinterhalten vollends nachdringen/ und befehlen ließ: die Cherusker ſolten keine Seele von den Moͤrdern ſeiner liebſten Thußnelde leben laſſen. Er ſelbſt aber eilte mit etwan hundert Mann gegen die Klippen/ woruͤber Thußneldens Abſtuͤrtzung geſchehen war. Wie nun aber im Grunde nichts von ihr zu ſpuͤren/ kletterte er mit der Seinigen und der verhandenen Sturm-Leitern Huͤlffe an den Felſen hinauff biß an den Thurm/ da er denn zu ſeiner hoͤchſten Verwunderung Thuß- nelden ſchier an der mitlern Hoͤhe des uͤber hun- dert Ellen hohen Thurmes gleichſam klebende fand; in dem ſie mit ihrem von der Lufft auff- gefacheten Rocke an einem ſpitzigen Felſen haͤn- gen blieben/ mit den Haͤnden eine aus den Stei- nen ragende Baum-Wurtzel im herab fallen ergrieffen/ und nicht ſonder augenſcheinlichen Beyſtand Gottes ſich ſo lange daſelbſt angehal- ten/ alſo dardurch bewehret hatte: daß Fuͤrſten gantz abſondere Schutz-Geiſter/ und in ſich ei- nen ungemeinen Einfluß von auch Fuͤrſtlichen Sternen zu ihrer mehrmahls unglaublichen Erhaltung haben muͤſten. Hertzog Herrmann ließ als bald zwey Leitern/ weil keine allein zu dieſer Hoͤhe langte/ zuſammen binden; und nach dem der abſchuͤßige Felß keine ſichere Aufſetzung der Leitern verſtattete/ ſelbte mit Stricken un- ten umfaſſen/ und die Cherusker auf der Seite gleich- C c c c c c c c 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1307[1309]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1373>, abgerufen am 23.11.2024.