Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Henneberg wieder gefangen führt; und bejammereich am meisten: daß ich so unglückselig gewesen mich ihrer in dem Gabretischen Walde zu be- mächtigen/ nach dem bereit drey gewafnete Cas- suarier von ihrer Hand gefallen waren. Beyde Hertzoge verfolgten Spornstreichs ihre Reise; erreichten aber allererst gegen Abend etwan dreyhundert Cassuarier/ welche iedoch keinen Stand hielten/ sondern sich auff die Flucht be- gaben; also: daß die berittensten Cherusker kaum zwey Cassuarier einholeten; welchen mit ge- nauer Noth auszupressen war: daß die Fürstin Thußnelde ungefähr eine halbe Meilweges voran wäre/ und daselbst/ weil sie wegen Schwachheit nicht ferner zu bringen; die Pferde auch auffs eusserste abgemattet wären/ auf einen festen Berg-Schlosse übernachten; sich auch die flüchtigen Cassuarier daselbst wieder zusammen zie- hen würden. Hertzog Herrmann wolte bey solcher Bewandnüs seine müden Cherusker nicht einst verblasen lassen/ aus Beysorge: die zu letzt ge- flüchteten wür den seinen Anzug verrathen/ und Thußnelden weiter zu führen veranlassen. Weßwegen auch die/ welche noch am besten be- ritten waren/ um dieser besor glichen Entrin- nung vorzubeugen voran hauen musten; welche denn zu allem Glücke auch gerade dahin ge- langten/ als die Cassuarier mit Thußnelden den Schlo[ß]berg herab kamen; nach erlangter Kundschafft aber: daß di[e] Cherusker schon un- ten im Thale stünden/ sich wieder hinein zohen. Wiewol nun beyde Hertzoge dieses Schloß rings um auffs beste besetzten; konten sie doch nicht hindern: daß nicht Segesthes/ welcher nur fünff Meilweges davon Hof hielt/ noch selbige Nacht hiervon Nachricht erlangte. Folgenden Tag kamen vollends die Hermundurer und Cherusker an. Daher die Hertzoge sich zu einer rechten Belägerung mit Umschantzung des Lä- gers und Fertigung des Sturmzeuges rüsteten; zumahl folgenden Tag die Kundschafft einlieff: daß Segesthes alles/ was Waffen tragen könte/ [Spaltenumbruch] in seinem Gebiete aufbieten ließ. Wiewol nun das Schloß nur einen einigen in eitel Felsen gehauenen Weg hatte/ brachten doch die Che- rusker den fünfften Tag zwey Sturm-Balcken an; mit welchen sie/ ungeachtet die über tausend darinnen belägerten Cassuarier mit ausgeworf- fenem Feuer/ Steinen und Pfeilen ernste Ge- genwehr thaten/ zwey Thürme in Tag und Nacht derogestalt zerschmetterten: daß sie über einen Hauffen fielen/ und mit ihrem Grause die Gräben fülleten; also zum Stürmen einen bequemen Zugang machten. Welches denn auch erfolgt wäre/ wenn nicht die Cassuarier ein Zeichen des Friedens ausgesteckt hätten. Worauf auch alsofort drey edle Cassuarier Pra- beck/ Voße und Amelunx zum Hertzog Herr- mann heraus kamen/ an statt der verhofften Er- gebung aber ihm Segesthens eigene Hand vor- legten/ darinnen er dem obersten Befehlhaber im Schlosse Aschenbruch bey Verlust seines Kopffes und Ehren befahl/ sich auffs eusserste zu wehren/ und des Entsatzes ihn unfehlbar ver- sicherte. Jm Fall aber es so weit käme: daß er an längerer Erhaltung der Festung zweifel- te; solte er Thußnelden/ als einen Brand/ der schon so viel Feuer angezündet hätte/ und noch gantz Deuschland einäschern würde/ ausleschen/ und ehe von den Klippen herab stürtzen/ als le- bendig in Herrmanns Hände lieffern. Hertzog Herrmann hielt durch diese Abgeschickten dem Schloß-Obersten zwar ein: was für un mensch- liche Grausamkeit Segesthens Befehl in sich begrieffe; und daß auch ein Knecht in solchen Befehlen/ die den Gesetzen der Natur wieder- strebten/ seinem Herrn zu gehorsamen nicht schuldig wäre. Dieser aber ließ den Hertzog zur Antwort wissen: Es stünde kein em Unter gebe- nen zu sich so verständig bedüncken zu lassen: daß man über seines Fürsten Verordnung: ob selbte recht oder unrecht wäre/ urtheilen könte. Denn das Urtheil wäre ein Werck des Obern; der Gehorsam aber die Ehre der Unterthanen. Und
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
Heñeberg wieder gefangen fuͤhrt; und bejam̃ereich am meiſten: daß ich ſo ungluͤckſelig geweſen mich ihrer in dem Gabretiſchen Walde zu be- maͤchtigen/ nach dem bereit drey gewafnete Caſ- ſuarier von ihrer Hand gefallen waren. Beyde Hertzoge verfolgten Spornſtreichs ihre Reiſe; erreichten aber allererſt gegen Abend etwan dreyhundert Caſſuarier/ welche iedoch keinen Stand hielten/ ſondern ſich auff die Flucht be- gaben; alſo: daß die berittenſten Cherusker kaum zwey Caſſuarier einholeten; welchen mit ge- nauer Noth auszupreſſen war: daß die Fuͤrſtin Thußnelde ungefaͤhr eine halbe Meilweges voran waͤre/ und daſelbſt/ weil ſie wegen Schwachheit nicht ferner zu bringen; die Pferde auch auffs euſſerſte abgemattet waͤren/ auf einen feſten Berg-Schloſſe uͤbernachten; ſich auch die fluͤchtigẽ Caſſuarier daſelbſt wieder zuſam̃en zie- hen wuͤrden. Hertzog Herrmañ wolte bey ſolcher Bewandnuͤs ſeine muͤden Cherusker nicht einſt verblaſen laſſen/ aus Beyſorge: die zu letzt ge- fluͤchteten wuͤr den ſeinen Anzug verrathen/ und Thußnelden weiter zu fuͤhren veranlaſſen. Weßwegen auch die/ welche noch am beſten be- ritten waren/ um dieſer beſor glichen Entrin- nung vorzubeugen voran hauen muſten; welche denn zu allem Gluͤcke auch gerade dahin ge- langten/ als die Caſſuarier mit Thußnelden den Schlo[ß]berg herab kamen; nach erlangter Kundſchafft aber: daß di[e] Cherusker ſchon un- ten im Thale ſtuͤnden/ ſich wieder hinein zohen. Wiewol nun beyde Hertzoge dieſes Schloß rings um auffs beſte beſetzten; konten ſie doch nicht hindern: daß nicht Segeſthes/ welcher nur fuͤnff Meilweges davon Hof hielt/ noch ſelbige Nacht hiervon Nachricht erlangte. Folgenden Tag kamen vollends die Hermundurer und Cherusker an. Daher die Hertzoge ſich zu einer rechten Belaͤgerung mit Umſchantzung des Laͤ- gers und Fertigung des Sturmzeuges ruͤſteten; zumahl folgenden Tag die Kundſchafft einlieff: daß Segeſthes alles/ was Waffen tragen koͤnte/ [Spaltenumbruch] in ſeinem Gebiete aufbieten ließ. Wiewol nun das Schloß nur einen einigen in eitel Felſen gehauenen Weg hatte/ brachten doch die Che- rusker den fuͤnfften Tag zwey Sturm-Balcken an; mit welchen ſie/ ungeachtet die uͤber tauſend darinnen belaͤgerten Caſſuarier mit ausgeworf- fenem Feuer/ Steinen und Pfeilen ernſte Ge- genwehr thaten/ zwey Thuͤrme in Tag und Nacht derogeſtalt zerſchmetterten: daß ſie uͤber einen Hauffen fielen/ und mit ihrem Grauſe die Graͤben fuͤlleten; alſo zum Stuͤrmen einen bequemen Zugang machten. Welches denn auch erfolgt waͤre/ wenn nicht die Caſſuarier ein Zeichen des Friedens ausgeſteckt haͤtten. Worauf auch alſofort drey edle Caſſuarier Pra- beck/ Voße und Amelunx zum Hertzog Herr- mann heraus kamen/ an ſtatt der verhofften Er- gebung aber ihm Segeſthens eigene Hand vor- legten/ darinnen er dem oberſten Befehlhaber im Schloſſe Aſchenbruch bey Verluſt ſeines Kopffes und Ehren befahl/ ſich auffs euſſerſte zu wehren/ und des Entſatzes ihn unfehlbar ver- ſicherte. Jm Fall aber es ſo weit kaͤme: daß er an laͤngerer Erhaltung der Feſtung zweifel- te; ſolte er Thußnelden/ als einen Brand/ der ſchon ſo viel Feuer angezuͤndet haͤtte/ und noch gantz Deuſchland einaͤſchern wuͤrde/ ausleſchen/ und ehe von den Klippen herab ſtuͤrtzen/ als le- bendig in Herrmanns Haͤnde lieffern. Hertzog Herrmann hielt durch dieſe Abgeſchickten dem Schloß-Oberſten zwar ein: was fuͤr un menſch- liche Grauſamkeit Segeſthens Befehl in ſich begrieffe; und daß auch ein Knecht in ſolchen Befehlen/ die den Geſetzen der Natur wieder- ſtrebten/ ſeinem Herrn zu gehorſamen nicht ſchuldig waͤre. Dieſer aber ließ den Hertzog zur Antwort wiſſen: Es ſtuͤnde kein em Unter gebe- nen zu ſich ſo verſtaͤndig beduͤncken zu laſſen: daß man uͤber ſeines Fuͤrſten Verordnung: ob ſelbte recht oder unrecht waͤre/ urtheilen koͤnte. Denn das Urtheil waͤre ein Werck des Obern; der Gehorſam aber die Ehre der Unterthanen. Und
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Achtes Buch
Heñeberg wieder gefangen fuͤhrt; und bejam̃ere
ich am meiſten: daß ich ſo ungluͤckſelig geweſen
mich ihrer in dem Gabretiſchen Walde zu be-
maͤchtigen/ nach dem bereit drey gewafnete Caſ-
ſuarier von ihrer Hand gefallen waren. Beyde
Hertzoge verfolgten Spornſtreichs ihre Reiſe;
erreichten aber allererſt gegen Abend etwan
dreyhundert Caſſuarier/ welche iedoch keinen
Stand hielten/ ſondern ſich auff die Flucht be-
gaben; alſo: daß die berittenſten Cherusker kaum
zwey Caſſuarier einholeten; welchen mit ge-
nauer Noth auszupreſſen war: daß die Fuͤrſtin
Thußnelde ungefaͤhr eine halbe Meilweges
voran waͤre/ und daſelbſt/ weil ſie wegen
Schwachheit nicht ferner zu bringen; die Pferde
auch auffs euſſerſte abgemattet waͤren/ auf einen
feſten Berg-Schloſſe uͤbernachten; ſich auch die
fluͤchtigẽ Caſſuarier daſelbſt wieder zuſam̃en zie-
hen wuͤrden. Hertzog Herrmañ wolte bey ſolcher
Bewandnuͤs ſeine muͤden Cherusker nicht einſt
verblaſen laſſen/ aus Beyſorge: die zu letzt ge-
fluͤchteten wuͤr den ſeinen Anzug verrathen/ und
Thußnelden weiter zu fuͤhren veranlaſſen.
Weßwegen auch die/ welche noch am beſten be-
ritten waren/ um dieſer beſor glichen Entrin-
nung vorzubeugen voran hauen muſten; welche
denn zu allem Gluͤcke auch gerade dahin ge-
langten/ als die Caſſuarier mit Thußnelden den
Schloßberg herab kamen; nach erlangter
Kundſchafft aber: daß die Cherusker ſchon un-
ten im Thale ſtuͤnden/ ſich wieder hinein zohen.
Wiewol nun beyde Hertzoge dieſes Schloß
rings um auffs beſte beſetzten; konten ſie doch
nicht hindern: daß nicht Segeſthes/ welcher nur
fuͤnff Meilweges davon Hof hielt/ noch ſelbige
Nacht hiervon Nachricht erlangte. Folgenden
Tag kamen vollends die Hermundurer und
Cherusker an. Daher die Hertzoge ſich zu einer
rechten Belaͤgerung mit Umſchantzung des Laͤ-
gers und Fertigung des Sturmzeuges ruͤſteten;
zumahl folgenden Tag die Kundſchafft einlieff:
daß Segeſthes alles/ was Waffen tragen koͤnte/
in ſeinem Gebiete aufbieten ließ. Wiewol nun
das Schloß nur einen einigen in eitel Felſen
gehauenen Weg hatte/ brachten doch die Che-
rusker den fuͤnfften Tag zwey Sturm-Balcken
an; mit welchen ſie/ ungeachtet die uͤber tauſend
darinnen belaͤgerten Caſſuarier mit ausgeworf-
fenem Feuer/ Steinen und Pfeilen ernſte Ge-
genwehr thaten/ zwey Thuͤrme in Tag und
Nacht derogeſtalt zerſchmetterten: daß ſie uͤber
einen Hauffen fielen/ und mit ihrem Grauſe
die Graͤben fuͤlleten; alſo zum Stuͤrmen einen
bequemen Zugang machten. Welches denn
auch erfolgt waͤre/ wenn nicht die Caſſuarier
ein Zeichen des Friedens ausgeſteckt haͤtten.
Worauf auch alſofort drey edle Caſſuarier Pra-
beck/ Voße und Amelunx zum Hertzog Herr-
mann heraus kamen/ an ſtatt der verhofften Er-
gebung aber ihm Segeſthens eigene Hand vor-
legten/ darinnen er dem oberſten Befehlhaber
im Schloſſe Aſchenbruch bey Verluſt ſeines
Kopffes und Ehren befahl/ ſich auffs euſſerſte zu
wehren/ und des Entſatzes ihn unfehlbar ver-
ſicherte. Jm Fall aber es ſo weit kaͤme: daß
er an laͤngerer Erhaltung der Feſtung zweifel-
te; ſolte er Thußnelden/ als einen Brand/ der
ſchon ſo viel Feuer angezuͤndet haͤtte/ und noch
gantz Deuſchland einaͤſchern wuͤrde/ ausleſchen/
und ehe von den Klippen herab ſtuͤrtzen/ als le-
bendig in Herrmanns Haͤnde lieffern. Hertzog
Herrmann hielt durch dieſe Abgeſchickten dem
Schloß-Oberſten zwar ein: was fuͤr un menſch-
liche Grauſamkeit Segeſthens Befehl in ſich
begrieffe; und daß auch ein Knecht in ſolchen
Befehlen/ die den Geſetzen der Natur wieder-
ſtrebten/ ſeinem Herrn zu gehorſamen nicht
ſchuldig waͤre. Dieſer aber ließ den Hertzog zur
Antwort wiſſen: Es ſtuͤnde kein em Unter gebe-
nen zu ſich ſo verſtaͤndig beduͤncken zu laſſen:
daß man uͤber ſeines Fuͤrſten Verordnung: ob
ſelbte recht oder unrecht waͤre/ urtheilen koͤnte.
Denn das Urtheil waͤre ein Werck des Obern;
der Gehorſam aber die Ehre der Unterthanen.
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