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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] sey. Bey so gestalten Sachen hielt er mit sei-
nem Kriegs-Heere bey Kintzen an der Do-
nau stille; schrieb auch an den König Van-
nius und den Feldhauptmann Bercka nicht
weiter fortzurücken; an Tiberius aber: daß er
an die Römer sich zu nöthigen nicht verlangte;
wenn sie aber was mit ihm zu versuchen gedäch-
ten/ nichts ausschlüge. Sein Absehen wäre
auch kein anders gewest/ als mit seinen Kriegs-
Heeren die eussersten Spitzen seiner Länder zu
bedecken; weil an so viel Orten allerhand trübe
Kriegs Wolcken auffzuziehen geschienen; mit-
ten in seinem Lande aber seines Feindes zu er-
warten so viel wäre; als ihm selbst schon halb
verlohren geben. Nach dem aber Tiberius ihn
der Römischen Freundschafft versicherte/ seine
eigene auch durch Abtretung der Fürstin Thuß-
nelde bekräfftigte/ nehme er das letzte zu Danck/
das erstere nebst dem versprochenen Solde für
die Quaden (denn seine eigene Kriegs-Leute zu
zahlen dörffte er keines fremden Beyschubs/)
für eine Verneuerung des alten Bundes an;
welcher von ihm so heilig/ als unversehrlich ge-
halten/ und darmit bezeugt werden solte: daß
seine Herrschafft keiner Erweiterung/ sein
Ehrgeitz keinen fremden Zunder von nöthen
hätte. Also ward die gefährliche Kriegs-Flam-
me zwischen dem Könige Marbod und den Rö-
mern/ welche nunmehr alle ihre Kräfften wie-
der die den Marbod/ als Uhrhebern ihres Auf-
standes/ verfluchenden Pannonier und Dal-
matier anwehreten/ durch die Vollkommenheit
eines Frauen-Zimmers in der ersten Geburt
getödtet; und zwar mit so viel mehrerm Wun-
der; weil in dem Zanck-Apffel der Schönheit
sonst selten Kerne stecken/ woraus die Oelzwei-
ge des Friedens wachsen; und das weibliche
Geschlechte so offt Zwietracht in Ländern/ als
Zwillinge im Kind-Bette gebiehret. Als Ti-
berius und Marbod nun so friedliche Hand-
lung pflegten/ bemühte sich auch Silius den
Fürsten Segesthes mit dem Hertzoge Herrmann
[Spaltenumbruch] zu vereinbaren; und diesen in Freyheit zu setzen.
Alleine Segesthes erzeigte sich hierinnen so
hartnäckicht: daß kein Einreden etwas verfieng;
weil er die dem Herrmann angethane Beleidi-
gung selbst für so groß erkennte: daß er sie ihm
sein Lebtage nicht verzeihen weniger vergessen
könte. Also ist die Boßheit im Anspinnen der
Laster blind/ wenn sie selbte aber ausgemacht
hat/ taub; in dem sie keinen vernünfftigen Rath-
schlägen/ sondern alleine der Anklage ihres Ge-
wissens/ welches ihr von nichts/ als Rache pre-
digt/ Gehöre giebt. Nach dem auch Silius
auf Dräuungen verfiel; kam Segesthes auff
diese eusserste Entschlüssung: daß er den Her-
tzog Herrmann heimlich hinrichten/ und mit
ihm den Stein des Anstosses aus dem Wege
räumen wolte. Denn die Grausamkeit hält
ins gemein für sicherer/ sein Verbrechen durch
ein noch grösseres/ als durch Tugend auszuwe-
tzen; weil ein Laster mit dem andern eine Ver-
wandschafft/ mit der Tugend aber eine ewige
Zwietracht hat. Zu welchem Ende er auch
bereit dem Wund-Artzte ein vergifftetes Pfla-
ster eingeantwortet hätte um solches dem Che-
ruskischen Hertzoge aufzulegen; welches aber die-
ser aus Verdacht zuvor einem Hunde aufband/
und nach erkundigtem Giffte wegwarff; weil
er ein Werckzeug so eines schändlichen Meu-
chel-Mords zu seyn Abscheu trug. Hierüber
lieff Segesthen die Nachricht ein: daß nicht nur
die Cherusker und Catten/ die vom Hertzoge
Segimer und der Fürstin Rhamis seine Ge-
fängnüs erfahren hatten/ in das Gebiete der
Caßuarier eingefallen wären/ und sich der für-
nehmsten Oerter bemächtiget/ sondern auch Se-
gesthens Gemahlin Sentia und seinen Sohn
Siegesmund gefangen bekommen/ und um
hierdurch Herrmanns Freyheit zu erwerben
dem Hertzoge Jngviomer eingelieffert hätten.
Wordurch Segesthes allererst gezwungen
ward durch den Silius die Auswechselung des
Hertzog Herrmanns abzuhandeln; welcher ge-

gen

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] ſey. Bey ſo geſtalten Sachen hielt er mit ſei-
nem Kriegs-Heere bey Kintzen an der Do-
nau ſtille; ſchrieb auch an den Koͤnig Van-
nius und den Feldhauptmann Bercka nicht
weiter fortzuruͤcken; an Tiberius aber: daß er
an die Roͤmer ſich zu noͤthigen nicht verlangte;
wenn ſie aber was mit ihm zu verſuchen gedaͤch-
ten/ nichts ausſchluͤge. Sein Abſehen waͤre
auch kein anders geweſt/ als mit ſeinen Kriegs-
Heeren die euſſerſten Spitzen ſeiner Laͤnder zu
bedecken; weil an ſo viel Orten allerhand truͤbe
Kriegs Wolcken auffzuziehen geſchienen; mit-
ten in ſeinem Lande aber ſeines Feindes zu er-
warten ſo viel waͤre; als ihm ſelbſt ſchon halb
verlohren geben. Nach dem aber Tiberius ihn
der Roͤmiſchen Freundſchafft verſicherte/ ſeine
eigene auch durch Abtretung der Fuͤrſtin Thuß-
nelde bekraͤfftigte/ nehme er das letzte zu Danck/
das erſtere nebſt dem verſprochenen Solde fuͤr
die Quaden (denn ſeine eigene Kriegs-Leute zu
zahlen doͤrffte er keines fremden Beyſchubs/)
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welcher von ihm ſo heilig/ als unverſehrlich ge-
halten/ und darmit bezeugt werden ſolte: daß
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Ehrgeitz keinen fremden Zunder von noͤthen
haͤtte. Alſo ward die gefaͤhrliche Kriegs-Flam-
me zwiſchen dem Koͤnige Marbod und den Roͤ-
mern/ welche nunmehr alle ihre Kraͤfften wie-
der die den Marbod/ als Uhrhebern ihres Auf-
ſtandes/ verfluchenden Pannonier und Dal-
matier anwehreten/ durch die Vollkommenheit
eines Frauen-Zimmers in der erſten Geburt
getoͤdtet; und zwar mit ſo viel mehrerm Wun-
der; weil in dem Zanck-Apffel der Schoͤnheit
ſonſt ſelten Kerne ſtecken/ woraus die Oelzwei-
ge des Friedens wachſen; und das weibliche
Geſchlechte ſo offt Zwietracht in Laͤndern/ als
Zwillinge im Kind-Bette gebiehret. Als Ti-
berius und Marbod nun ſo friedliche Hand-
lung pflegten/ bemuͤhte ſich auch Silius den
Fuͤrſten Segeſthes mit dem Hertzoge Herrmañ
[Spaltenumbruch] zu vereinbaren; und dieſen in Freyheit zu ſetzen.
Alleine Segeſthes erzeigte ſich hierinnen ſo
hartnaͤckicht: daß kein Einreden etwas verfieng;
weil er die dem Herrmann angethane Beleidi-
gung ſelbſt fuͤr ſo groß erkennte: daß er ſie ihm
ſein Lebtage nicht verzeihen weniger vergeſſen
koͤnte. Alſo iſt die Boßheit im Anſpinnen der
Laſter blind/ wenn ſie ſelbte aber ausgemacht
hat/ taub; in dem ſie keinen vernuͤnfftigen Rath-
ſchlaͤgen/ ſondern alleine der Anklage ihres Ge-
wiſſens/ welches ihr von nichts/ als Rache pre-
digt/ Gehoͤre giebt. Nach dem auch Silius
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dieſe euſſerſte Entſchluͤſſung: daß er den Her-
tzog Herrmann heimlich hinrichten/ und mit
ihm den Stein des Anſtoſſes aus dem Wege
raͤumen wolte. Denn die Grauſamkeit haͤlt
ins gemein fuͤr ſicherer/ ſein Verbrechen durch
ein noch groͤſſeres/ als durch Tugend auszuwe-
tzen; weil ein Laſter mit dem andern eine Ver-
wandſchafft/ mit der Tugend aber eine ewige
Zwietracht hat. Zu welchem Ende er auch
bereit dem Wund-Artzte ein vergifftetes Pfla-
ſter eingeantwortet haͤtte um ſolches dem Che-
ruskiſchen Hertzoge aufzulegẽ; welches aber die-
ſer aus Verdacht zuvor einem Hunde aufband/
und nach erkundigtem Giffte wegwarff; weil
er ein Werckzeug ſo eines ſchaͤndlichen Meu-
chel-Mords zu ſeyn Abſcheu trug. Hieruͤber
lieff Segeſthen die Nachricht ein: daß nicht nur
die Cherusker und Catten/ die vom Hertzoge
Segimer und der Fuͤrſtin Rhamis ſeine Ge-
faͤngnuͤs erfahren hatten/ in das Gebiete der
Caßuarier eingefallen waͤren/ und ſich der fuͤr-
nehmſten Oerter bemaͤchtiget/ ſondern auch Se-
geſthens Gemahlin Sentia und ſeinen Sohn
Siegesmund gefangen bekommen/ und um
hierdurch Herrmanns Freyheit zu erwerben
dem Hertzoge Jngviomer eingelieffert haͤtten.
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1300[1302]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1366>, abgerufen am 23.11.2024.