Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] ber weh zu thun/ als mit dem Verluste seiner
Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein-
te/ einzubüssen. Diesemnach schrieb er an
Marbod/ wiewol mit mehrmahls erstarrender
Hand/ diese Erklärung: der Kayser habe die mit
dem Marbod auffgerichtete Freundschafft ie-
derzeit so sorgfältig zu erhalten getrachtet: daß
er auch allen Schatten einigen Mißtrauens
aus dem Wege geräumet. Weil er nun dessen
seiner seits vergewissert wäre; könte er dem ge-
meinen Ruff nicht glauben: daß König Mar-
bod mit den Römern den Frieden zu brechen;
und denen Eydbrüchigen Pannoniern beyzuste-
hen vorhaben solte; derer Aufruhr er mit dreys-
sig Legionen zu züchtigen befehlicht wäre. Der
blinde Lermen der schwürigen Jllyrier würde
schwerlich einen so klugen Fürsten/ als Marbod
wäre/ unter die Fahnen so weibischer Völcker
wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die
Götter schon in ihrer Kindheit sich so geneigt
erwiesen: daß sie selbte mit Ketten gefangener
Könige an statt der Windeln beschencket. So
ungestüme Schwermungen der Völcker wä-
ren mehr schreckliche/ als gefährliche Zufälle
nach Art der Mutter-Kranckheit; und hätte
ein kluger Herrscher diese nicht so sehr/ als die-
selben Schwachheiten zu fürchten/ die wie die
Schwindsucht uns in der Stille erschliechen
und tödteten. Daher hätte das Römische Volck
zwar mit der Vielheit ihrer Feinde stets sein
Glücke sich vergrössern sehen; aber es hätte sich
iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als
an der Menge seiner Siege vergnüget. Seine
Freundschafft hätten sie auch so viel fester gehal-
ten; weil der Kayser ihn schon/ als er noch nicht
in solchem Stande gewest/ darmit betheilet; und/
als hernach ihm fast niemand wol gewolt/ sein
Bundsgenosse geblieben wäre. Die Ferne
seiner/ und der Uberfluß der Römischen Län-
der könten ihn auch leicht versichern: daß Rom
auff nichts seines Eigenthums ein Auge/ son-
[Spaltenumbruch] dern stets geglaubt habe: man könne wol zu viel
Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde
haben. Zumahl Marbod selbst wüste: daß der
Kayser die Gräntzen des Reiches einzuziehen/
und nicht über den Phrat und Rhein/ weniger
über die Elbe zu erweitern geneigt wäre/ auch
die Mäßigung des Cato/ der die Macedonier
nach überwundenem Perseus für freye Leute
erkennet/ stets gerühmet hätte. Er/ Tiberius/
wolte auch nicht gerne durch sein Fürhaben von
Rom ein wiedriges zu glauben eine Ursache/
weniger zwischen ihm und dem Kayser ein
Stein des Anstosses seyn; und wäre ihm leid:
daß Stertinius bey der Bündnüs-Handlung
nicht gewüst hätte; wie viel höher er das gute
Vernehmen mit einem Bundsgenossen/ als die
Vergnügung seiner Begierden schätzte. Es
schiene ihm aber des Stertinius damahliges
Bedencken nunmehr zum Ruhme seiner
Freundschafft auszuschlagen. Denn damahls
würde er ihm Thußnelden nicht so wol überlas-
sen/ als sich einer schon verlohrnen Sache ver-
ziehen haben; weil sie Marbod bereit in Hän-
den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm sein
Recht auff sie abtreten/ nach dem es in seiner
Gewalt stünde derselben selbst zu genüssen.
Denn ihm müste zur Nachricht dienen: daß/
um das Unvernehmen zwischen den Römern
und Marckmän nern zu verhindern/ die Tod-
ten lebendig werden müsten. Massen er denn
seine Thußnelde nunmehr aus den Händen
ihres Vaters/ oder vielmehr seinen eigenen ab-
holen lassen könte; da er seine Freundschafft
und der Römer Bündnüs durch diß Siegel zu
befestigen für nöthig hielte. Ja wenn Mar-
bod zugleich den in seiner Hand habenden Kö-
nig Vannius zu frieden spräche/ wormit dieser
benachbarte Krieg nicht zwischen den Kayser
und Marbod einen neuen Zanck-Apffel würf-
fe/ und er am Jster die Ubersetzung der Sar-
mater verhinderte/ verspräche er denen Marck-

mann-

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] ber weh zu thun/ als mit dem Verluſte ſeiner
Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein-
te/ einzubuͤſſen. Dieſemnach ſchrieb er an
Marbod/ wiewol mit mehrmahls erſtarrender
Hand/ dieſe Erklaͤrung: der Kayſer habe die mit
dem Marbod auffgerichtete Freundſchafft ie-
derzeit ſo ſorgfaͤltig zu erhalten getrachtet: daß
er auch allen Schatten einigen Mißtrauens
aus dem Wege geraͤumet. Weil er nun deſſen
ſeiner ſeits vergewiſſert waͤre; koͤnte er dem ge-
meinen Ruff nicht glauben: daß Koͤnig Mar-
bod mit den Roͤmern den Frieden zu brechen;
und denen Eydbruͤchigen Pañoniern beyzuſte-
hen vorhaben ſolte; derer Aufruhr er mit dreyſ-
ſig Legionen zu zuͤchtigen befehlicht waͤre. Der
blinde Lermen der ſchwuͤrigen Jllyrier wuͤrde
ſchwerlich einen ſo klugen Fuͤrſten/ als Marbod
waͤre/ unter die Fahnen ſo weibiſcher Voͤlcker
wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die
Goͤtter ſchon in ihrer Kindheit ſich ſo geneigt
erwieſen: daß ſie ſelbte mit Ketten gefangener
Koͤnige an ſtatt der Windeln beſchencket. So
ungeſtuͤme Schwermungen der Voͤlcker waͤ-
ren mehr ſchreckliche/ als gefaͤhrliche Zufaͤlle
nach Art der Mutter-Kranckheit; und haͤtte
ein kluger Herrſcher dieſe nicht ſo ſehr/ als die-
ſelben Schwachheiten zu fuͤrchten/ die wie die
Schwindſucht uns in der Stille erſchliechen
und toͤdteten. Daher haͤtte das Roͤmiſche Volck
zwar mit der Vielheit ihrer Feinde ſtets ſein
Gluͤcke ſich vergroͤſſern ſehen; aber es haͤtte ſich
iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als
an der Menge ſeiner Siege vergnuͤget. Seine
Freundſchafft haͤtten ſie auch ſo viel feſter gehal-
ten; weil der Kayſer ihn ſchon/ als er noch nicht
in ſolchem Stande geweſt/ darmit betheilet; und/
als hernach ihm faſt niemand wol gewolt/ ſein
Bundsgenoſſe geblieben waͤre. Die Ferne
ſeiner/ und der Uberfluß der Roͤmiſchen Laͤn-
der koͤnten ihn auch leicht verſichern: daß Rom
auff nichts ſeines Eigenthums ein Auge/ ſon-
[Spaltenumbruch] dern ſtets geglaubt habe: man koͤnne wol zu viel
Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde
haben. Zumahl Marbod ſelbſt wuͤſte: daß der
Kayſer die Graͤntzen des Reiches einzuziehen/
und nicht uͤber den Phrat und Rhein/ weniger
uͤber die Elbe zu erweitern geneigt waͤre/ auch
die Maͤßigung des Cato/ der die Macedonier
nach uͤberwundenem Perſeus fuͤr freye Leute
erkennet/ ſtets geruͤhmet haͤtte. Er/ Tiberius/
wolte auch nicht gerne durch ſein Fuͤrhaben von
Rom ein wiedriges zu glauben eine Urſache/
weniger zwiſchen ihm und dem Kayſer ein
Stein des Anſtoſſes ſeyn; und waͤre ihm leid:
daß Stertinius bey der Buͤndnuͤs-Handlung
nicht gewuͤſt haͤtte; wie viel hoͤher er das gute
Vernehmen mit einem Bundsgenoſſen/ als die
Vergnuͤgung ſeiner Begierden ſchaͤtzte. Es
ſchiene ihm aber des Stertinius damahliges
Bedencken nunmehr zum Ruhme ſeiner
Freundſchafft auszuſchlagen. Denn damahls
wuͤrde er ihm Thußnelden nicht ſo wol uͤberlaſ-
ſen/ als ſich einer ſchon verlohrnen Sache ver-
ziehen haben; weil ſie Marbod bereit in Haͤn-
den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm ſein
Recht auff ſie abtreten/ nach dem es in ſeiner
Gewalt ſtuͤnde derſelben ſelbſt zu genuͤſſen.
Denn ihm muͤſte zur Nachricht dienen: daß/
um das Unvernehmen zwiſchen den Roͤmern
und Marckmaͤn nern zu verhindern/ die Tod-
ten lebendig werden muͤſten. Maſſen er denn
ſeine Thußnelde nunmehr aus den Haͤnden
ihres Vaters/ oder vielmehr ſeinen eigenen ab-
holen laſſen koͤnte; da er ſeine Freundſchafft
und der Roͤmer Buͤndnuͤs durch diß Siegel zu
befeſtigen fuͤr noͤthig hielte. Ja wenn Mar-
bod zugleich den in ſeiner Hand habenden Koͤ-
nig Vannius zu frieden ſpraͤche/ wormit dieſer
benachbarte Krieg nicht zwiſchen den Kayſer
und Marbod einen neuen Zanck-Apffel wuͤrf-
fe/ und er am Jſter die Uberſetzung der Sar-
mater verhinderte/ verſpraͤche er denen Marck-

mann-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1364" n="1298[1300]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achtes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
ber weh zu thun/ als mit dem Verlu&#x017F;te &#x017F;einer<lb/>
Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein-<lb/>
te/ einzubu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;emnach &#x017F;chrieb er an<lb/>
Marbod/ wiewol mit mehrmahls er&#x017F;tarrender<lb/>
Hand/ die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung: der Kay&#x017F;er habe die mit<lb/>
dem Marbod auffgerichtete Freund&#x017F;chafft ie-<lb/>
derzeit &#x017F;o &#x017F;orgfa&#x0364;ltig zu erhalten getrachtet: daß<lb/>
er auch allen Schatten einigen Mißtrauens<lb/>
aus dem Wege gera&#x0364;umet. Weil er nun de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;einer &#x017F;eits vergewi&#x017F;&#x017F;ert wa&#x0364;re; ko&#x0364;nte er dem ge-<lb/>
meinen Ruff nicht glauben: daß Ko&#x0364;nig Mar-<lb/>
bod mit den Ro&#x0364;mern den Frieden zu brechen;<lb/>
und denen Eydbru&#x0364;chigen Pan&#x0303;oniern beyzu&#x017F;te-<lb/>
hen vorhaben &#x017F;olte; derer Aufruhr er mit drey&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig Legionen zu zu&#x0364;chtigen befehlicht wa&#x0364;re. Der<lb/>
blinde Lermen der &#x017F;chwu&#x0364;rigen Jllyrier wu&#x0364;rde<lb/>
&#x017F;chwerlich einen &#x017F;o klugen Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ als Marbod<lb/>
wa&#x0364;re/ unter die Fahnen &#x017F;o weibi&#x017F;cher Vo&#x0364;lcker<lb/>
wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die<lb/>
Go&#x0364;tter &#x017F;chon in ihrer Kindheit &#x017F;ich &#x017F;o geneigt<lb/>
erwie&#x017F;en: daß &#x017F;ie &#x017F;elbte mit Ketten gefangener<lb/>
Ko&#x0364;nige an &#x017F;tatt der Windeln be&#x017F;chencket. So<lb/>
unge&#x017F;tu&#x0364;me Schwermungen der Vo&#x0364;lcker wa&#x0364;-<lb/>
ren mehr &#x017F;chreckliche/ als gefa&#x0364;hrliche Zufa&#x0364;lle<lb/>
nach Art der Mutter-Kranckheit; und ha&#x0364;tte<lb/>
ein kluger Herr&#x017F;cher die&#x017F;e nicht &#x017F;o &#x017F;ehr/ als die-<lb/>
&#x017F;elben Schwachheiten zu fu&#x0364;rchten/ die wie die<lb/>
Schwind&#x017F;ucht uns in der Stille er&#x017F;chliechen<lb/>
und to&#x0364;dteten. Daher ha&#x0364;tte das Ro&#x0364;mi&#x017F;che Volck<lb/>
zwar mit der Vielheit ihrer Feinde &#x017F;tets &#x017F;ein<lb/>
Glu&#x0364;cke &#x017F;ich vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;ehen; aber es ha&#x0364;tte &#x017F;ich<lb/>
iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als<lb/>
an der Menge &#x017F;einer Siege vergnu&#x0364;get. Seine<lb/>
Freund&#x017F;chafft ha&#x0364;tten &#x017F;ie auch &#x017F;o viel fe&#x017F;ter gehal-<lb/>
ten; weil der Kay&#x017F;er ihn &#x017F;chon/ als er noch nicht<lb/>
in &#x017F;olchem Stande gewe&#x017F;t/ darmit betheilet; und/<lb/>
als hernach ihm fa&#x017F;t niemand wol gewolt/ &#x017F;ein<lb/>
Bundsgeno&#x017F;&#x017F;e geblieben wa&#x0364;re. Die Ferne<lb/>
&#x017F;einer/ und der Uberfluß der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen La&#x0364;n-<lb/>
der ko&#x0364;nten ihn auch leicht ver&#x017F;ichern: daß Rom<lb/>
auff nichts &#x017F;eines Eigenthums ein Auge/ &#x017F;on-<lb/><cb/>
dern &#x017F;tets geglaubt habe: man ko&#x0364;nne wol zu viel<lb/>
Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde<lb/>
haben. Zumahl Marbod &#x017F;elb&#x017F;t wu&#x0364;&#x017F;te: daß der<lb/>
Kay&#x017F;er die Gra&#x0364;ntzen des Reiches einzuziehen/<lb/>
und nicht u&#x0364;ber den Phrat und Rhein/ weniger<lb/>
u&#x0364;ber die Elbe zu erweitern geneigt wa&#x0364;re/ auch<lb/>
die Ma&#x0364;ßigung des Cato/ der die Macedonier<lb/>
nach u&#x0364;berwundenem Per&#x017F;eus fu&#x0364;r freye Leute<lb/>
erkennet/ &#x017F;tets geru&#x0364;hmet ha&#x0364;tte. Er/ Tiberius/<lb/>
wolte auch nicht gerne durch &#x017F;ein Fu&#x0364;rhaben von<lb/>
Rom ein wiedriges zu glauben eine Ur&#x017F;ache/<lb/>
weniger zwi&#x017F;chen ihm und dem Kay&#x017F;er ein<lb/>
Stein des An&#x017F;to&#x017F;&#x017F;es &#x017F;eyn; und wa&#x0364;re ihm leid:<lb/>
daß Stertinius bey der Bu&#x0364;ndnu&#x0364;s-Handlung<lb/>
nicht gewu&#x0364;&#x017F;t ha&#x0364;tte; wie viel ho&#x0364;her er das gute<lb/>
Vernehmen mit einem Bundsgeno&#x017F;&#x017F;en/ als die<lb/>
Vergnu&#x0364;gung &#x017F;einer Begierden &#x017F;cha&#x0364;tzte. Es<lb/>
&#x017F;chiene ihm aber des Stertinius damahliges<lb/>
Bedencken nunmehr zum Ruhme &#x017F;einer<lb/>
Freund&#x017F;chafft auszu&#x017F;chlagen. Denn damahls<lb/>
wu&#x0364;rde er ihm Thußnelden nicht &#x017F;o wol u&#x0364;berla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ als &#x017F;ich einer &#x017F;chon verlohrnen Sache ver-<lb/>
ziehen haben; weil &#x017F;ie Marbod bereit in Ha&#x0364;n-<lb/>
den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm &#x017F;ein<lb/>
Recht auff &#x017F;ie abtreten/ nach dem es in &#x017F;einer<lb/>
Gewalt &#x017F;tu&#x0364;nde der&#x017F;elben &#x017F;elb&#x017F;t zu genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Denn ihm mu&#x0364;&#x017F;te zur Nachricht dienen: daß/<lb/>
um das Unvernehmen zwi&#x017F;chen den Ro&#x0364;mern<lb/>
und Marckma&#x0364;n nern zu verhindern/ die Tod-<lb/>
ten lebendig werden mu&#x0364;&#x017F;ten. Ma&#x017F;&#x017F;en er denn<lb/>
&#x017F;eine Thußnelde nunmehr aus den Ha&#x0364;nden<lb/>
ihres Vaters/ oder vielmehr &#x017F;einen eigenen ab-<lb/>
holen la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nte; da er &#x017F;eine Freund&#x017F;chafft<lb/>
und der Ro&#x0364;mer Bu&#x0364;ndnu&#x0364;s durch diß Siegel zu<lb/>
befe&#x017F;tigen fu&#x0364;r no&#x0364;thig hielte. Ja wenn Mar-<lb/>
bod zugleich den in &#x017F;einer Hand habenden Ko&#x0364;-<lb/>
nig Vannius zu frieden &#x017F;pra&#x0364;che/ wormit die&#x017F;er<lb/>
benachbarte Krieg nicht zwi&#x017F;chen den Kay&#x017F;er<lb/>
und Marbod einen neuen Zanck-Apffel wu&#x0364;rf-<lb/>
fe/ und er am J&#x017F;ter die Uber&#x017F;etzung der Sar-<lb/>
mater verhinderte/ ver&#x017F;pra&#x0364;che er denen Marck-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mann-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1298[1300]/1364] Achtes Buch ber weh zu thun/ als mit dem Verluſte ſeiner Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein- te/ einzubuͤſſen. Dieſemnach ſchrieb er an Marbod/ wiewol mit mehrmahls erſtarrender Hand/ dieſe Erklaͤrung: der Kayſer habe die mit dem Marbod auffgerichtete Freundſchafft ie- derzeit ſo ſorgfaͤltig zu erhalten getrachtet: daß er auch allen Schatten einigen Mißtrauens aus dem Wege geraͤumet. Weil er nun deſſen ſeiner ſeits vergewiſſert waͤre; koͤnte er dem ge- meinen Ruff nicht glauben: daß Koͤnig Mar- bod mit den Roͤmern den Frieden zu brechen; und denen Eydbruͤchigen Pañoniern beyzuſte- hen vorhaben ſolte; derer Aufruhr er mit dreyſ- ſig Legionen zu zuͤchtigen befehlicht waͤre. Der blinde Lermen der ſchwuͤrigen Jllyrier wuͤrde ſchwerlich einen ſo klugen Fuͤrſten/ als Marbod waͤre/ unter die Fahnen ſo weibiſcher Voͤlcker wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die Goͤtter ſchon in ihrer Kindheit ſich ſo geneigt erwieſen: daß ſie ſelbte mit Ketten gefangener Koͤnige an ſtatt der Windeln beſchencket. So ungeſtuͤme Schwermungen der Voͤlcker waͤ- ren mehr ſchreckliche/ als gefaͤhrliche Zufaͤlle nach Art der Mutter-Kranckheit; und haͤtte ein kluger Herrſcher dieſe nicht ſo ſehr/ als die- ſelben Schwachheiten zu fuͤrchten/ die wie die Schwindſucht uns in der Stille erſchliechen und toͤdteten. Daher haͤtte das Roͤmiſche Volck zwar mit der Vielheit ihrer Feinde ſtets ſein Gluͤcke ſich vergroͤſſern ſehen; aber es haͤtte ſich iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als an der Menge ſeiner Siege vergnuͤget. Seine Freundſchafft haͤtten ſie auch ſo viel feſter gehal- ten; weil der Kayſer ihn ſchon/ als er noch nicht in ſolchem Stande geweſt/ darmit betheilet; und/ als hernach ihm faſt niemand wol gewolt/ ſein Bundsgenoſſe geblieben waͤre. Die Ferne ſeiner/ und der Uberfluß der Roͤmiſchen Laͤn- der koͤnten ihn auch leicht verſichern: daß Rom auff nichts ſeines Eigenthums ein Auge/ ſon- dern ſtets geglaubt habe: man koͤnne wol zu viel Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde haben. Zumahl Marbod ſelbſt wuͤſte: daß der Kayſer die Graͤntzen des Reiches einzuziehen/ und nicht uͤber den Phrat und Rhein/ weniger uͤber die Elbe zu erweitern geneigt waͤre/ auch die Maͤßigung des Cato/ der die Macedonier nach uͤberwundenem Perſeus fuͤr freye Leute erkennet/ ſtets geruͤhmet haͤtte. Er/ Tiberius/ wolte auch nicht gerne durch ſein Fuͤrhaben von Rom ein wiedriges zu glauben eine Urſache/ weniger zwiſchen ihm und dem Kayſer ein Stein des Anſtoſſes ſeyn; und waͤre ihm leid: daß Stertinius bey der Buͤndnuͤs-Handlung nicht gewuͤſt haͤtte; wie viel hoͤher er das gute Vernehmen mit einem Bundsgenoſſen/ als die Vergnuͤgung ſeiner Begierden ſchaͤtzte. Es ſchiene ihm aber des Stertinius damahliges Bedencken nunmehr zum Ruhme ſeiner Freundſchafft auszuſchlagen. Denn damahls wuͤrde er ihm Thußnelden nicht ſo wol uͤberlaſ- ſen/ als ſich einer ſchon verlohrnen Sache ver- ziehen haben; weil ſie Marbod bereit in Haͤn- den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm ſein Recht auff ſie abtreten/ nach dem es in ſeiner Gewalt ſtuͤnde derſelben ſelbſt zu genuͤſſen. Denn ihm muͤſte zur Nachricht dienen: daß/ um das Unvernehmen zwiſchen den Roͤmern und Marckmaͤn nern zu verhindern/ die Tod- ten lebendig werden muͤſten. Maſſen er denn ſeine Thußnelde nunmehr aus den Haͤnden ihres Vaters/ oder vielmehr ſeinen eigenen ab- holen laſſen koͤnte; da er ſeine Freundſchafft und der Roͤmer Buͤndnuͤs durch diß Siegel zu befeſtigen fuͤr noͤthig hielte. Ja wenn Mar- bod zugleich den in ſeiner Hand habenden Koͤ- nig Vannius zu frieden ſpraͤche/ wormit dieſer benachbarte Krieg nicht zwiſchen den Kayſer und Marbod einen neuen Zanck-Apffel wuͤrf- fe/ und er am Jſter die Uberſetzung der Sar- mater verhinderte/ verſpraͤche er denen Marck- mann-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1364
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1298[1300]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1364>, abgerufen am 23.11.2024.