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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] ber weh zu thun/ als mit dem Verluste seiner
Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein-
te/ einzubüssen. Diesemnach schrieb er an
Marbod/ wiewol mit mehrmahls erstarrender
Hand/ diese Erklärung: der Kayser habe die mit
dem Marbod auffgerichtete Freundschafft ie-
derzeit so sorgfältig zu erhalten getrachtet: daß
er auch allen Schatten einigen Mißtrauens
aus dem Wege geräumet. Weil er nun dessen
seiner seits vergewissert wäre; könte er dem ge-
meinen Ruff nicht glauben: daß König Mar-
bod mit den Römern den Frieden zu brechen;
und denen Eydbrüchigen Pannoniern beyzuste-
hen vorhaben solte; derer Aufruhr er mit dreys-
sig Legionen zu züchtigen befehlicht wäre. Der
blinde Lermen der schwürigen Jllyrier würde
schwerlich einen so klugen Fürsten/ als Marbod
wäre/ unter die Fahnen so weibischer Völcker
wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die
Götter schon in ihrer Kindheit sich so geneigt
erwiesen: daß sie selbte mit Ketten gefangener
Könige an statt der Windeln beschencket. So
ungestüme Schwermungen der Völcker wä-
ren mehr schreckliche/ als gefährliche Zufälle
nach Art der Mutter-Kranckheit; und hätte
ein kluger Herrscher diese nicht so sehr/ als die-
selben Schwachheiten zu fürchten/ die wie die
Schwindsucht uns in der Stille erschliechen
und tödteten. Daher hätte das Römische Volck
zwar mit der Vielheit ihrer Feinde stets sein
Glücke sich vergrössern sehen; aber es hätte sich
iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als
an der Menge seiner Siege vergnüget. Seine
Freundschafft hätten sie auch so viel fester gehal-
ten; weil der Kayser ihn schon/ als er noch nicht
in solchem Stande gewest/ darmit betheilet; und/
als hernach ihm fast niemand wol gewolt/ sein
Bundsgenosse geblieben wäre. Die Ferne
seiner/ und der Uberfluß der Römischen Län-
der könten ihn auch leicht versichern: daß Rom
auff nichts seines Eigenthums ein Auge/ son-
[Spaltenumbruch] dern stets geglaubt habe: man könne wol zu viel
Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde
haben. Zumahl Marbod selbst wüste: daß der
Kayser die Gräntzen des Reiches einzuziehen/
und nicht über den Phrat und Rhein/ weniger
über die Elbe zu erweitern geneigt wäre/ auch
die Mäßigung des Cato/ der die Macedonier
nach überwundenem Perseus für freye Leute
erkennet/ stets gerühmet hätte. Er/ Tiberius/
wolte auch nicht gerne durch sein Fürhaben von
Rom ein wiedriges zu glauben eine Ursache/
weniger zwischen ihm und dem Kayser ein
Stein des Anstosses seyn; und wäre ihm leid:
daß Stertinius bey der Bündnüs-Handlung
nicht gewüst hätte; wie viel höher er das gute
Vernehmen mit einem Bundsgenossen/ als die
Vergnügung seiner Begierden schätzte. Es
schiene ihm aber des Stertinius damahliges
Bedencken nunmehr zum Ruhme seiner
Freundschafft auszuschlagen. Denn damahls
würde er ihm Thußnelden nicht so wol überlas-
sen/ als sich einer schon verlohrnen Sache ver-
ziehen haben; weil sie Marbod bereit in Hän-
den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm sein
Recht auff sie abtreten/ nach dem es in seiner
Gewalt stünde derselben selbst zu genüssen.
Denn ihm müste zur Nachricht dienen: daß/
um das Unvernehmen zwischen den Römern
und Marckmän nern zu verhindern/ die Tod-
ten lebendig werden müsten. Massen er denn
seine Thußnelde nunmehr aus den Händen
ihres Vaters/ oder vielmehr seinen eigenen ab-
holen lassen könte; da er seine Freundschafft
und der Römer Bündnüs durch diß Siegel zu
befestigen für nöthig hielte. Ja wenn Mar-
bod zugleich den in seiner Hand habenden Kö-
nig Vannius zu frieden spräche/ wormit dieser
benachbarte Krieg nicht zwischen den Kayser
und Marbod einen neuen Zanck-Apffel würf-
fe/ und er am Jster die Ubersetzung der Sar-
mater verhinderte/ verspräche er denen Marck-

mann-

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] ber weh zu thun/ als mit dem Verluſte ſeiner
Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein-
te/ einzubuͤſſen. Dieſemnach ſchrieb er an
Marbod/ wiewol mit mehrmahls erſtarrender
Hand/ dieſe Erklaͤrung: der Kayſer habe die mit
dem Marbod auffgerichtete Freundſchafft ie-
derzeit ſo ſorgfaͤltig zu erhalten getrachtet: daß
er auch allen Schatten einigen Mißtrauens
aus dem Wege geraͤumet. Weil er nun deſſen
ſeiner ſeits vergewiſſert waͤre; koͤnte er dem ge-
meinen Ruff nicht glauben: daß Koͤnig Mar-
bod mit den Roͤmern den Frieden zu brechen;
und denen Eydbruͤchigen Pañoniern beyzuſte-
hen vorhaben ſolte; derer Aufruhr er mit dreyſ-
ſig Legionen zu zuͤchtigen befehlicht waͤre. Der
blinde Lermen der ſchwuͤrigen Jllyrier wuͤrde
ſchwerlich einen ſo klugen Fuͤrſten/ als Marbod
waͤre/ unter die Fahnen ſo weibiſcher Voͤlcker
wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die
Goͤtter ſchon in ihrer Kindheit ſich ſo geneigt
erwieſen: daß ſie ſelbte mit Ketten gefangener
Koͤnige an ſtatt der Windeln beſchencket. So
ungeſtuͤme Schwermungen der Voͤlcker waͤ-
ren mehr ſchreckliche/ als gefaͤhrliche Zufaͤlle
nach Art der Mutter-Kranckheit; und haͤtte
ein kluger Herrſcher dieſe nicht ſo ſehr/ als die-
ſelben Schwachheiten zu fuͤrchten/ die wie die
Schwindſucht uns in der Stille erſchliechen
und toͤdteten. Daher haͤtte das Roͤmiſche Volck
zwar mit der Vielheit ihrer Feinde ſtets ſein
Gluͤcke ſich vergroͤſſern ſehen; aber es haͤtte ſich
iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als
an der Menge ſeiner Siege vergnuͤget. Seine
Freundſchafft haͤtten ſie auch ſo viel feſter gehal-
ten; weil der Kayſer ihn ſchon/ als er noch nicht
in ſolchem Stande geweſt/ darmit betheilet; und/
als hernach ihm faſt niemand wol gewolt/ ſein
Bundsgenoſſe geblieben waͤre. Die Ferne
ſeiner/ und der Uberfluß der Roͤmiſchen Laͤn-
der koͤnten ihn auch leicht verſichern: daß Rom
auff nichts ſeines Eigenthums ein Auge/ ſon-
[Spaltenumbruch] dern ſtets geglaubt habe: man koͤnne wol zu viel
Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde
haben. Zumahl Marbod ſelbſt wuͤſte: daß der
Kayſer die Graͤntzen des Reiches einzuziehen/
und nicht uͤber den Phrat und Rhein/ weniger
uͤber die Elbe zu erweitern geneigt waͤre/ auch
die Maͤßigung des Cato/ der die Macedonier
nach uͤberwundenem Perſeus fuͤr freye Leute
erkennet/ ſtets geruͤhmet haͤtte. Er/ Tiberius/
wolte auch nicht gerne durch ſein Fuͤrhaben von
Rom ein wiedriges zu glauben eine Urſache/
weniger zwiſchen ihm und dem Kayſer ein
Stein des Anſtoſſes ſeyn; und waͤre ihm leid:
daß Stertinius bey der Buͤndnuͤs-Handlung
nicht gewuͤſt haͤtte; wie viel hoͤher er das gute
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Vergnuͤgung ſeiner Begierden ſchaͤtzte. Es
ſchiene ihm aber des Stertinius damahliges
Bedencken nunmehr zum Ruhme ſeiner
Freundſchafft auszuſchlagen. Denn damahls
wuͤrde er ihm Thußnelden nicht ſo wol uͤberlaſ-
ſen/ als ſich einer ſchon verlohrnen Sache ver-
ziehen haben; weil ſie Marbod bereit in Haͤn-
den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm ſein
Recht auff ſie abtreten/ nach dem es in ſeiner
Gewalt ſtuͤnde derſelben ſelbſt zu genuͤſſen.
Denn ihm muͤſte zur Nachricht dienen: daß/
um das Unvernehmen zwiſchen den Roͤmern
und Marckmaͤn nern zu verhindern/ die Tod-
ten lebendig werden muͤſten. Maſſen er denn
ſeine Thußnelde nunmehr aus den Haͤnden
ihres Vaters/ oder vielmehr ſeinen eigenen ab-
holen laſſen koͤnte; da er ſeine Freundſchafft
und der Roͤmer Buͤndnuͤs durch diß Siegel zu
befeſtigen fuͤr noͤthig hielte. Ja wenn Mar-
bod zugleich den in ſeiner Hand habenden Koͤ-
nig Vannius zu frieden ſpraͤche/ wormit dieſer
benachbarte Krieg nicht zwiſchen den Kayſer
und Marbod einen neuen Zanck-Apffel wuͤrf-
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mater verhinderte/ verſpraͤche er denen Marck-

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[1298[1300]/1364] Achtes Buch ber weh zu thun/ als mit dem Verluſte ſeiner Hoheit auch diß/ was er itzt zu erhalten vermein- te/ einzubuͤſſen. Dieſemnach ſchrieb er an Marbod/ wiewol mit mehrmahls erſtarrender Hand/ dieſe Erklaͤrung: der Kayſer habe die mit dem Marbod auffgerichtete Freundſchafft ie- derzeit ſo ſorgfaͤltig zu erhalten getrachtet: daß er auch allen Schatten einigen Mißtrauens aus dem Wege geraͤumet. Weil er nun deſſen ſeiner ſeits vergewiſſert waͤre; koͤnte er dem ge- meinen Ruff nicht glauben: daß Koͤnig Mar- bod mit den Roͤmern den Frieden zu brechen; und denen Eydbruͤchigen Pañoniern beyzuſte- hen vorhaben ſolte; derer Aufruhr er mit dreyſ- ſig Legionen zu zuͤchtigen befehlicht waͤre. Der blinde Lermen der ſchwuͤrigen Jllyrier wuͤrde ſchwerlich einen ſo klugen Fuͤrſten/ als Marbod waͤre/ unter die Fahnen ſo weibiſcher Voͤlcker wieder die Stadt Rom verleiten/ welcher die Goͤtter ſchon in ihrer Kindheit ſich ſo geneigt erwieſen: daß ſie ſelbte mit Ketten gefangener Koͤnige an ſtatt der Windeln beſchencket. So ungeſtuͤme Schwermungen der Voͤlcker waͤ- ren mehr ſchreckliche/ als gefaͤhrliche Zufaͤlle nach Art der Mutter-Kranckheit; und haͤtte ein kluger Herrſcher dieſe nicht ſo ſehr/ als die- ſelben Schwachheiten zu fuͤrchten/ die wie die Schwindſucht uns in der Stille erſchliechen und toͤdteten. Daher haͤtte das Roͤmiſche Volck zwar mit der Vielheit ihrer Feinde ſtets ſein Gluͤcke ſich vergroͤſſern ſehen; aber es haͤtte ſich iederzeit mehr an der Anzahl ihrer Freunde/ als an der Menge ſeiner Siege vergnuͤget. Seine Freundſchafft haͤtten ſie auch ſo viel feſter gehal- ten; weil der Kayſer ihn ſchon/ als er noch nicht in ſolchem Stande geweſt/ darmit betheilet; und/ als hernach ihm faſt niemand wol gewolt/ ſein Bundsgenoſſe geblieben waͤre. Die Ferne ſeiner/ und der Uberfluß der Roͤmiſchen Laͤn- der koͤnten ihn auch leicht verſichern: daß Rom auff nichts ſeines Eigenthums ein Auge/ ſon- dern ſtets geglaubt habe: man koͤnne wol zu viel Unterthanen/ aber niemahls genung Freunde haben. Zumahl Marbod ſelbſt wuͤſte: daß der Kayſer die Graͤntzen des Reiches einzuziehen/ und nicht uͤber den Phrat und Rhein/ weniger uͤber die Elbe zu erweitern geneigt waͤre/ auch die Maͤßigung des Cato/ der die Macedonier nach uͤberwundenem Perſeus fuͤr freye Leute erkennet/ ſtets geruͤhmet haͤtte. Er/ Tiberius/ wolte auch nicht gerne durch ſein Fuͤrhaben von Rom ein wiedriges zu glauben eine Urſache/ weniger zwiſchen ihm und dem Kayſer ein Stein des Anſtoſſes ſeyn; und waͤre ihm leid: daß Stertinius bey der Buͤndnuͤs-Handlung nicht gewuͤſt haͤtte; wie viel hoͤher er das gute Vernehmen mit einem Bundsgenoſſen/ als die Vergnuͤgung ſeiner Begierden ſchaͤtzte. Es ſchiene ihm aber des Stertinius damahliges Bedencken nunmehr zum Ruhme ſeiner Freundſchafft auszuſchlagen. Denn damahls wuͤrde er ihm Thußnelden nicht ſo wol uͤberlaſ- ſen/ als ſich einer ſchon verlohrnen Sache ver- ziehen haben; weil ſie Marbod bereit in Haͤn- den gehabt. Nunmehr aber wolte er ihm ſein Recht auff ſie abtreten/ nach dem es in ſeiner Gewalt ſtuͤnde derſelben ſelbſt zu genuͤſſen. Denn ihm muͤſte zur Nachricht dienen: daß/ um das Unvernehmen zwiſchen den Roͤmern und Marckmaͤn nern zu verhindern/ die Tod- ten lebendig werden muͤſten. Maſſen er denn ſeine Thußnelde nunmehr aus den Haͤnden ihres Vaters/ oder vielmehr ſeinen eigenen ab- holen laſſen koͤnte; da er ſeine Freundſchafft und der Roͤmer Buͤndnuͤs durch diß Siegel zu befeſtigen fuͤr noͤthig hielte. Ja wenn Mar- bod zugleich den in ſeiner Hand habenden Koͤ- nig Vannius zu frieden ſpraͤche/ wormit dieſer benachbarte Krieg nicht zwiſchen den Kayſer und Marbod einen neuen Zanck-Apffel wuͤrf- fe/ und er am Jſter die Uberſetzung der Sar- mater verhinderte/ verſpraͤche er denen Marck- mann-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1298[1300]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1364>, abgerufen am 06.05.2024.