Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nicht nur/ wie das von den Griechen gemach-te Bild des Jupiters drey Augen/ welche Him- mel/ Erde und Hölle durch dringen/ das ver- borgene/ gegenwärtige und künfftige erkiesen; sondern es ist ein mehr als hundertäugichter Argos; ja alles voller Augen; denn du siehest auch in stockfinsterer Nacht unsere Gefahr; und kein Haar kan ohne deine Vorsehung von unser Scheitel fallen. Dein Hertze flösset uns mit mehr Brüsten/ als eine Jsis gehabt/ die süsse Mutter- Milch deiner unerschöpflichen Gütigkeit ein; wormit iederman sich an dem Uberflusse deiner Wolthaten sättigen könne. Wer wil nun/ ausser ein Unmensch/ zweiffeln: daß du unser Glück und Unglück nach dem Gewichte deiner Ge- rechtigkeit abgemässen/ ja uns noch eine Zuga- be deiner Barmhertzigkeit beygeleget hast/ ehe wir von dir gemacht worden; und uns daher für kein so geringschätzig Ding bey dir zu halten haben/ daß dir nur einen Augenblick unser An- dencken entfallen könte? Sintemahl aus ge- gen wärtigem Falle augenscheinlich erhellet: daß die Göttliche Weißheit auch dieselben Din- ge/ welche die allerverwirresten Zufälle zu seyn scheinen/ nehmlich die Ergiessungen der Re- gen/ den Blitz der donnernden Wolcken/ Ge- witter/ Schiffbruch und Erdbeben auff seinem Finger abwiege; wormit selbte als Werckzeu- ge nicht nur seines Zornes/ sondern auch Er- barmens den fürgesetzten Zweck erreichen/ un- sere Kercker erbrechen/ und unsere Fessel zer- schmettern. Darum last uns nur auch GOtt; welchem kein irrdischer Werck meister an Fleiß und Klugheit es zuvor thut/ über uns und die Zeit die Auffsicht und Eintheilung anheim stel- len; und des uns anvertrauten Pfundes be- hutsam wahrnehmen! Böses und Gutes rin- net aus diesem einigen Brunnen; darum last es uns auch mit einerley Gesichte anneh- men; und versichert leben: daß uns niemahls nichts Böses denn zu unserm Besten begegne! [Spaltenumbruch] Hierauff berathschlagten sie; wie sie nun ihre Rück-Reise sicher anstellen solten; nach dem zwar allem Ansehen nach iederman Thußnel- den für todt und unter dem Grause des meh- rentheils eingeäscherten Schlosses begraben zu seyn erachten würde; Gleichwol aber in dem Gebiete des so wachsamen Marbods sich lange auffzuhalten nicht sicher/ und keine Behutsam- keit genung; ja diese zuweilen die erste Ver- rätherin eines Geheimnüßes wäre. Diesem- nach sie denn von dem einfältig- und guthertzi- gen Kohl-Manne nach einer danck baren Be- schenckung Abschied nahmen/ sich aber so lange verbargen/ biß ein Ritter in dem nechsten Dorffe ein geringes Kleid und Pferd erkauff- te/ und dahin brachte; welches einer unter ih- nen an statt seines/ das er Thußnelden zur Verkleidung geben muste/ gebrauchte. Nach dem auch auff der Cheruskischen Gräntze Va- rus viel Römisches Kriegs-Volck zusammen führte/ das Saturnin wieder den Marbod führen solte/ Thußnelde auch noch zur Zeit ih- re Vermählung nicht für thulich; und beym Hertzog Herrmann sich aufzuhalten für be- dencklich hielt; richteten sie ihren Weg gegen der Catten Haupt-Stadt Mattium ein; all wo Hertzog Arpus mit seiner Gemahlin Erdmuth Hoff hielt; theils mit diesem Hertzoge noch mehr Verträuligkeit bey so gefährlichem Zu- stande Deutschlands/ da Varus ihrer Freyheit vollends das Messer an die Gurgel setzte/ zu stifften; theils Thußnelden wieder in die treuen Hände dieser tapfferen Fürstin zu überantworten. Sie kamen in dreyen Tage - Reisen aus dem Gebiete des Kö- nigs Marbod sonder den geringsten An- stoß; ungeachtet das Geschrey ihnen schon zuvor kommen war: daß die vom Marbod gefänglich gehaltene Thußnelde in einem vom Donner eingeäscherten Schlosse verfallen; Marbod aber hierdurch fast in Verzweiffelung versetzt A a a a a a a a 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
nicht nur/ wie das von den Griechen gemach-te Bild des Jupiters drey Augen/ welche Him- mel/ Erde und Hoͤlle durch dringen/ das ver- borgene/ gegenwaͤrtige und kuͤnfftige erkieſen; ſondern es iſt ein mehr als hundertaͤugichter Argos; ja alles voller Augen; denn du ſieheſt auch in ſtockfinſterer Nacht unſere Gefahr; und kein Haar kan ohne deine Vorſehung von unſer Scheitel fallẽ. Dein Hertze floͤſſet uns mit mehr Bruͤſten/ als eine Jſis gehabt/ die ſuͤſſe Mutter- Milch deiner unerſchoͤpflichen Guͤtigkeit ein; wormit iederman ſich an dem Uberfluſſe deiner Wolthaten ſaͤttigen koͤnne. Wer wil nun/ auſſer ein Unmenſch/ zweiffeln: daß du unſer Gluͤck und Ungluͤck nach dem Gewichte deiner Ge- rechtigkeit abgemaͤſſen/ ja uns noch eine Zuga- be deiner Barmhertzigkeit beygeleget haſt/ ehe wir von dir gemacht worden; und uns daher fuͤr kein ſo geringſchaͤtzig Ding bey dir zu halten haben/ daß dir nur einen Augenblick unſer An- dencken entfallen koͤnte? Sintemahl aus ge- gen waͤrtigem Falle augenſcheinlich erhellet: daß die Goͤttliche Weißheit auch dieſelben Din- ge/ welche die allerverwirreſten Zufaͤlle zu ſeyn ſcheinen/ nehmlich die Ergieſſungen der Re- gen/ den Blitz der donnernden Wolcken/ Ge- witter/ Schiffbruch und Erdbeben auff ſeinem Finger abwiege; wormit ſelbte als Werckzeu- ge nicht nur ſeines Zornes/ ſondern auch Er- barmens den fuͤrgeſetzten Zweck erreichen/ un- ſere Kercker erbrechen/ und unſere Feſſel zer- ſchmettern. Darum laſt uns nur auch GOtt; welchem kein irrdiſcher Werck meiſter an Fleiß und Klugheit es zuvor thut/ uͤber uns und die Zeit die Auffſicht und Eintheilung anheim ſtel- len; und des uns anvertrauten Pfundes be- hutſam wahrnehmen! Boͤſes und Gutes rin- net aus dieſem einigen Brunnen; darum laſt es uns auch mit einerley Geſichte anneh- men; und verſichert leben: daß uns niemahls nichts Boͤſes denn zu unſerm Beſten begegne! [Spaltenumbruch] Hierauff berathſchlagten ſie; wie ſie nun ihre Ruͤck-Reiſe ſicher anſtellen ſolten; nach dem zwar allem Anſehen nach iederman Thußnel- den fuͤr todt und unter dem Grauſe des meh- rentheils eingeaͤſcherten Schloſſes begraben zu ſeyn erachten wuͤrde; Gleichwol aber in dem Gebiete des ſo wachſamen Marbods ſich lange auffzuhalten nicht ſicher/ und keine Behutſam- keit genung; ja dieſe zuweilen die erſte Ver- raͤtherin eines Geheimnuͤßes waͤre. Dieſem- nach ſie denn von dem einfaͤltig- und guthertzi- gen Kohl-Manne nach einer danck baren Be- ſchenckung Abſchied nahmen/ ſich aber ſo lange verbargen/ biß ein Ritter in dem nechſten Dorffe ein geringes Kleid und Pferd erkauff- te/ und dahin brachte; welches einer unter ih- nen an ſtatt ſeines/ das er Thußnelden zur Verkleidung geben muſte/ gebrauchte. Nach dem auch auff der Cheruskiſchen Graͤntze Va- rus viel Roͤmiſches Kriegs-Volck zuſammen fuͤhrte/ das Saturnin wieder den Marbod fuͤhren ſolte/ Thußnelde auch noch zur Zeit ih- re Vermaͤhlung nicht fuͤr thulich; und beym Hertzog Herrmann ſich aufzuhalten fuͤr be- dencklich hielt; richteten ſie ihren Weg gegen der Catten Haupt-Stadt Mattium ein; all wo Hertzog Arpus mit ſeiner Gemahlin Erdmuth Hoff hielt; theils mit dieſem Hertzoge noch mehr Vertraͤuligkeit bey ſo gefaͤhrlichem Zu- ſtande Deutſchlands/ da Varus ihrer Freyheit vollends das Meſſer an die Gurgel ſetzte/ zu ſtifften; theils Thußnelden wieder in die treuen Haͤnde dieſer tapfferen Fuͤrſtin zu uͤberantworten. Sie kamen in dreyen Tage - Reiſen aus dem Gebiete des Koͤ- nigs Marbod ſonder den geringſten An- ſtoß; ungeachtet das Geſchrey ihnen ſchon zuvor kommen war: daß die vom Marbod gefaͤnglich gehaltene Thußnelde in einem vom Donner eingeaͤſcherten Schloſſe verfallen; Marbod aber hierdurch faſt in Verzweiffelung verſetzt A a a a a a a a 3
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Arminius und Thußnelda.
nicht nur/ wie das von den Griechen gemach-
te Bild des Jupiters drey Augen/ welche Him-
mel/ Erde und Hoͤlle durch dringen/ das ver-
borgene/ gegenwaͤrtige und kuͤnfftige erkieſen;
ſondern es iſt ein mehr als hundertaͤugichter
Argos; ja alles voller Augen; denn du ſieheſt
auch in ſtockfinſterer Nacht unſere Gefahr; und
kein Haar kan ohne deine Vorſehung von unſer
Scheitel fallẽ. Dein Hertze floͤſſet uns mit mehr
Bruͤſten/ als eine Jſis gehabt/ die ſuͤſſe Mutter-
Milch deiner unerſchoͤpflichen Guͤtigkeit ein;
wormit iederman ſich an dem Uberfluſſe deiner
Wolthaten ſaͤttigen koͤnne. Wer wil nun/ auſſer
ein Unmenſch/ zweiffeln: daß du unſer Gluͤck
und Ungluͤck nach dem Gewichte deiner Ge-
rechtigkeit abgemaͤſſen/ ja uns noch eine Zuga-
be deiner Barmhertzigkeit beygeleget haſt/ ehe
wir von dir gemacht worden; und uns daher
fuͤr kein ſo geringſchaͤtzig Ding bey dir zu halten
haben/ daß dir nur einen Augenblick unſer An-
dencken entfallen koͤnte? Sintemahl aus ge-
gen waͤrtigem Falle augenſcheinlich erhellet:
daß die Goͤttliche Weißheit auch dieſelben Din-
ge/ welche die allerverwirreſten Zufaͤlle zu ſeyn
ſcheinen/ nehmlich die Ergieſſungen der Re-
gen/ den Blitz der donnernden Wolcken/ Ge-
witter/ Schiffbruch und Erdbeben auff ſeinem
Finger abwiege; wormit ſelbte als Werckzeu-
ge nicht nur ſeines Zornes/ ſondern auch Er-
barmens den fuͤrgeſetzten Zweck erreichen/ un-
ſere Kercker erbrechen/ und unſere Feſſel zer-
ſchmettern. Darum laſt uns nur auch GOtt;
welchem kein irrdiſcher Werck meiſter an Fleiß
und Klugheit es zuvor thut/ uͤber uns und die
Zeit die Auffſicht und Eintheilung anheim ſtel-
len; und des uns anvertrauten Pfundes be-
hutſam wahrnehmen! Boͤſes und Gutes rin-
net aus dieſem einigen Brunnen; darum
laſt es uns auch mit einerley Geſichte anneh-
men; und verſichert leben: daß uns niemahls
nichts Boͤſes denn zu unſerm Beſten begegne!
Hierauff berathſchlagten ſie; wie ſie nun ihre
Ruͤck-Reiſe ſicher anſtellen ſolten; nach dem
zwar allem Anſehen nach iederman Thußnel-
den fuͤr todt und unter dem Grauſe des meh-
rentheils eingeaͤſcherten Schloſſes begraben zu
ſeyn erachten wuͤrde; Gleichwol aber in dem
Gebiete des ſo wachſamen Marbods ſich lange
auffzuhalten nicht ſicher/ und keine Behutſam-
keit genung; ja dieſe zuweilen die erſte Ver-
raͤtherin eines Geheimnuͤßes waͤre. Dieſem-
nach ſie denn von dem einfaͤltig- und guthertzi-
gen Kohl-Manne nach einer danck baren Be-
ſchenckung Abſchied nahmen/ ſich aber ſo lange
verbargen/ biß ein Ritter in dem nechſten
Dorffe ein geringes Kleid und Pferd erkauff-
te/ und dahin brachte; welches einer unter ih-
nen an ſtatt ſeines/ das er Thußnelden zur
Verkleidung geben muſte/ gebrauchte. Nach
dem auch auff der Cheruskiſchen Graͤntze Va-
rus viel Roͤmiſches Kriegs-Volck zuſammen
fuͤhrte/ das Saturnin wieder den Marbod
fuͤhren ſolte/ Thußnelde auch noch zur Zeit ih-
re Vermaͤhlung nicht fuͤr thulich; und beym
Hertzog Herrmann ſich aufzuhalten fuͤr be-
dencklich hielt; richteten ſie ihren Weg gegen
der Catten Haupt-Stadt Mattium ein; all wo
Hertzog Arpus mit ſeiner Gemahlin Erdmuth
Hoff hielt; theils mit dieſem Hertzoge noch
mehr Vertraͤuligkeit bey ſo gefaͤhrlichem Zu-
ſtande Deutſchlands/ da Varus ihrer Freyheit
vollends das Meſſer an die Gurgel ſetzte/ zu
ſtifften; theils Thußnelden wieder in die
treuen Haͤnde dieſer tapfferen Fuͤrſtin zu
uͤberantworten. Sie kamen in dreyen
Tage - Reiſen aus dem Gebiete des Koͤ-
nigs Marbod ſonder den geringſten An-
ſtoß; ungeachtet das Geſchrey ihnen ſchon
zuvor kommen war: daß die vom Marbod
gefaͤnglich gehaltene Thußnelde in einem vom
Donner eingeaͤſcherten Schloſſe verfallen;
Marbod aber hierdurch faſt in Verzweiffelung
verſetzt
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1293[1295]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1359>, abgerufen am 17.07.2024. |