Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ihr/ wiewol der Treue und Verschwiegenheithalber genungsam geprüfftes Frauen-Zimmer sehen lassen wolte/ nöthigte den Fürsten zum Wiederauffstehen; und kamen sie hierüber in Berathschlagung: Ob Fürst Herrmann heim- lich; oder mit Vorbewust und Einwilligung in Deutschland reisen solte? Dieses letztere hielt Herrmann für rathsamer; weil der ihm für so viel treue Dienste verbundene August ihn mehr- mahls versichert hätte: daß er auff Segimers Todes-Fall ihm nicht nur zur Herrschafft der väterlichen Lande/ sondern gar zu allen Vor- Elterlichen Würden behülflich seyn wolte. Diß aber wiederrieth Thußnelda beständig. Denn/ sagte sie/ weil die Wolthaten zeitlicher ihr Andencken/ als die Rosen ihre Blätter ver- lieren; die Staatssucht auch mit keiner Tu- gend grössere Unverträgligkeit hat/ als mit der Danckbarkeit; dörffte die Hoffnung auff Au- gustens grosse Vertröstungen ein schlechtes Gebäue aufführen. Zumahl der Kayser we- der sein selbst/ noch sein Versprechen zu erfül- len mehr mächtig wäre; nach dem die ihn in Händen habende Livia und Tiberius eben diß und ein mehrers Segesthen mit vielen Betheuerungen verfprochen hätten; dessen sie beyde zugleich unmöglich habhafft seyn kön- ten. Diesemnach wäre es nichts minder in diesem Falle rathsam/ als durchgehends ei- ne grosse Klugheit sich eines solchen Herrn entbrechen/ der sich durch Vergeltung von Wolthaten nicht entbinden kan. Denn die- se würden zwar iederzeit gerne angenommen/ der Wolthäter aber nicht gerne für Augen gesehen; ja wenn einem seine Schwäche vol- lends die Hoffnung treue Dienste auszuglei- chen benehme/ verwandelte sich das erste Er- käntnüs in eine Abscheu; und weil die Ver- bindligkeit nicht auszuleschen wäre/ trachtete man gar den Gläubiger zu vertilgen. Wenn aber auch August so wol den Vorsatz als das [Spaltenumbruch] Vermögen hätte dem Fürsten Herrmann wol zu thun; würde doch der vom Segesthes neu entworffene Vorschlag die Chautzen zu bemei- stern dem Kayser die Hände binden; und für diesen zur Dienstbarkeit geneigten Fürsten et- was auffzuheben/ mit dessen Schatten August immer fort seine Hoffnung speisen; ihn selbst aber an der Angel führen könne. Worüber ihr/ wenn sie daran gedächte/ das Hertze in tausend Stücke zerspringen möchte; auch nichts anders glaubte: denn das die Stieff-Mutter Sentia ihren Vater bezaubert/ oder wenig- stens verbländet hätte. Herrmann befließ sich der bestürtzten Thußnelde zu Liebe auff aller- ley Weise die Schuld von Segesthen auff sei- ne Gemahlin zu schieben/ und zu behaup- ten: daß es leichter wäre gegen ein gewaff- netes Heer/ als ein liebreitzendes/ und zu- gleich Ehrsüchtiges Weib bestehen. Denn ihre Herrschafft bemächtigte sich ihrer eigenen Gebieter; und dehnete ihre Gewalt über al- le Schrancken der Leibeigenschafft aus. Sie verwechselte den Genüß ihres Leibes mit der Botmäßigkeit über seine Seele; sie vergäll- te das Hertz gegen seine Kinder; sie verhärte- te sein Gemüthe wieder seine eigene Wol- farth; und weil die grössesten Riesen für ih- rer Schwäche erliegen müsten/ wenn sie schon alle ihre Vernunfft und Kräfften zusam- men fasten; wäre sie keinem Dinge besser/ als dem kleinen Fische zu vergleichen/ der ein mit vollem Segel durch Schaum und Wellen strei- chendes Schiff/ wie der Kapzaum ein schäumen- des Pferd hemmete und anhielte. Hierauf gab er bescheidentlich nach: daß Thußneldens Rath auff unumstoßliche Seulen gegründet; und es in Geheim von Rom sich zu machen sicherer wä- re; wiewol August deßhalben eine Ursache vom Zaune zu brechen/ und Gelegenheit ihn für Feind zu erklären nehmen könte. Allein es läge ihm ein ander Stein auff dem Hertzen; der S s s s s s s 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ihr/ wiewol der Treue und Verſchwiegenheithalber genungſam gepruͤfftes Frauen-Zimmer ſehen laſſen wolte/ noͤthigte den Fuͤrſten zum Wiederauffſtehen; und kamen ſie hieruͤber in Berathſchlagung: Ob Fuͤrſt Herrmann heim- lich; oder mit Vorbewuſt und Einwilligung in Deutſchland reiſen ſolte? Dieſes letztere hielt Herrmann fuͤr rathſamer; weil der ihm fuͤr ſo viel treue Dienſte verbundene Auguſt ihn mehr- mahls verſichert haͤtte: daß er auff Segimers Todes-Fall ihm nicht nur zur Herrſchafft der vaͤterlichen Lande/ ſondern gar zu allen Vor- Elterlichen Wuͤrden behuͤlflich ſeyn wolte. Diß aber wiederrieth Thußnelda beſtaͤndig. Denn/ ſagte ſie/ weil die Wolthaten zeitlicher ihr Andencken/ als die Roſen ihre Blaͤtter ver- lieren; die Staatsſucht auch mit keiner Tu- gend groͤſſere Unvertraͤgligkeit hat/ als mit der Danckbarkeit; doͤrffte die Hoffnung auff Au- guſtens groſſe Vertroͤſtungen ein ſchlechtes Gebaͤue auffuͤhren. Zumahl der Kayſer we- der ſein ſelbſt/ noch ſein Verſprechen zu erfuͤl- len mehr maͤchtig waͤre; nach dem die ihn in Haͤnden habende Livia und Tiberius eben diß und ein mehrers Segeſthen mit vielen Betheuerungen verfprochen haͤtten; deſſen ſie beyde zugleich unmoͤglich habhafft ſeyn koͤn- ten. Dieſemnach waͤre es nichts minder in dieſem Falle rathſam/ als durchgehends ei- ne groſſe Klugheit ſich eines ſolchen Herrn entbrechen/ der ſich durch Vergeltung von Wolthaten nicht entbinden kan. Denn die- ſe wuͤrden zwar iederzeit gerne angenommen/ der Wolthaͤter aber nicht gerne fuͤr Augen geſehen; ja wenn einem ſeine Schwaͤche vol- lends die Hoffnung treue Dienſte auszuglei- chen benehme/ verwandelte ſich das erſte Er- kaͤntnuͤs in eine Abſcheu; und weil die Ver- bindligkeit nicht auszuleſchen waͤre/ trachtete man gar den Glaͤubiger zu vertilgen. Wenn aber auch Auguſt ſo wol den Vorſatz als das [Spaltenumbruch] Vermoͤgen haͤtte dem Fuͤrſten Herrmann wol zu thun; wuͤrde doch der vom Segeſthes neu entworffene Vorſchlag die Chautzen zu bemei- ſtern dem Kayſer die Haͤnde binden; und fuͤr dieſen zur Dienſtbarkeit geneigten Fuͤrſten et- was auffzuheben/ mit deſſen Schatten Auguſt immer fort ſeine Hoffnung ſpeiſen; ihn ſelbſt aber an der Angel fuͤhren koͤnne. Woruͤber ihr/ wenn ſie daran gedaͤchte/ das Hertze in tauſend Stuͤcke zerſpringen moͤchte; auch nichts anders glaubte: denn das die Stieff-Mutter Sentia ihren Vater bezaubert/ oder wenig- ſtens verblaͤndet haͤtte. Herrmann befließ ſich der beſtuͤrtzten Thußnelde zu Liebe auff aller- ley Weiſe die Schuld von Segeſthen auff ſei- ne Gemahlin zu ſchieben/ und zu behaup- ten: daß es leichter waͤre gegen ein gewaff- netes Heer/ als ein liebreitzendes/ und zu- gleich Ehrſuͤchtiges Weib beſtehen. Denn ihre Herrſchafft bemaͤchtigte ſich ihrer eigenen Gebieter; und dehnete ihre Gewalt uͤber al- le Schrancken der Leibeigenſchafft aus. Sie verwechſelte den Genuͤß ihres Leibes mit der Botmaͤßigkeit uͤber ſeine Seele; ſie vergaͤll- te das Hertz gegen ſeine Kinder; ſie verhaͤrte- te ſein Gemuͤthe wieder ſeine eigene Wol- farth; und weil die groͤſſeſten Rieſen fuͤr ih- rer Schwaͤche erliegen muͤſten/ wenn ſie ſchon alle ihre Vernunfft und Kraͤfften zuſam- men faſten; waͤre ſie keinem Dinge beſſer/ als dem kleinen Fiſche zu vergleichen/ der ein mit vollem Segel durch Schaum und Wellen ſtrei- chendes Schiff/ wie der Kapzaum ein ſchaͤumen- des Pferd hemmete und anhielte. Hierauf gab er beſcheidentlich nach: daß Thußneldens Rath auff unumſtoßliche Seulen gegruͤndet; und es in Geheim von Rom ſich zu machen ſicherer waͤ- re; wiewol Auguſt deßhalben eine Urſache vom Zaune zu brechen/ und Gelegenheit ihn fuͤr Feind zu erklaͤren nehmen koͤnte. Allein es laͤge ihm ein ander Stein auff dem Hertzen; der S s s s s s s 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1311" n="1245[1247]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> ihr/ wiewol der Treue und Verſchwiegenheit<lb/> halber genungſam gepruͤfftes Frauen-Zimmer<lb/> ſehen laſſen wolte/ noͤthigte den Fuͤrſten zum<lb/> Wiederauffſtehen; und kamen ſie hieruͤber in<lb/> Berathſchlagung: Ob Fuͤrſt Herrmann heim-<lb/> lich; oder mit Vorbewuſt und Einwilligung in<lb/> Deutſchland reiſen ſolte? Dieſes letztere hielt<lb/> Herrmann fuͤr rathſamer; weil der ihm fuͤr ſo<lb/> viel treue Dienſte verbundene Auguſt ihn mehr-<lb/> mahls verſichert haͤtte: daß er auff Segimers<lb/> Todes-Fall ihm nicht nur zur Herrſchafft der<lb/> vaͤterlichen Lande/ ſondern gar zu allen Vor-<lb/> Elterlichen Wuͤrden behuͤlflich ſeyn wolte.<lb/> Diß aber wiederrieth Thußnelda beſtaͤndig.<lb/> Denn/ ſagte ſie/ weil die Wolthaten zeitlicher<lb/> ihr Andencken/ als die Roſen ihre Blaͤtter ver-<lb/> lieren; die Staatsſucht auch mit keiner Tu-<lb/> gend groͤſſere Unvertraͤgligkeit hat/ als mit der<lb/> Danckbarkeit; doͤrffte die Hoffnung auff Au-<lb/> guſtens groſſe Vertroͤſtungen ein ſchlechtes<lb/> Gebaͤue auffuͤhren. Zumahl der Kayſer we-<lb/> der ſein ſelbſt/ noch ſein Verſprechen zu erfuͤl-<lb/> len mehr maͤchtig waͤre; nach dem die ihn<lb/> in Haͤnden habende Livia und Tiberius eben<lb/> diß und ein mehrers Segeſthen mit vielen<lb/> Betheuerungen verfprochen haͤtten; deſſen ſie<lb/> beyde zugleich unmoͤglich habhafft ſeyn koͤn-<lb/> ten. Dieſemnach waͤre es nichts minder in<lb/> dieſem Falle rathſam/ als durchgehends ei-<lb/> ne groſſe Klugheit ſich eines ſolchen Herrn<lb/> entbrechen/ der ſich durch Vergeltung von<lb/> Wolthaten nicht entbinden kan. Denn die-<lb/> ſe wuͤrden zwar iederzeit gerne angenommen/<lb/> der Wolthaͤter aber nicht gerne fuͤr Augen<lb/> geſehen; ja wenn einem ſeine Schwaͤche vol-<lb/> lends die Hoffnung treue Dienſte auszuglei-<lb/> chen benehme/ verwandelte ſich das erſte Er-<lb/> kaͤntnuͤs in eine Abſcheu; und weil die Ver-<lb/> bindligkeit nicht auszuleſchen waͤre/ trachtete<lb/> man gar den Glaͤubiger zu vertilgen. Wenn<lb/> aber auch Auguſt ſo wol den Vorſatz als das<lb/><cb/> Vermoͤgen haͤtte dem Fuͤrſten Herrmann wol<lb/> zu thun; wuͤrde doch der vom Segeſthes neu<lb/> entworffene Vorſchlag die Chautzen zu bemei-<lb/> ſtern dem Kayſer die Haͤnde binden; und fuͤr<lb/> dieſen zur Dienſtbarkeit geneigten Fuͤrſten et-<lb/> was auffzuheben/ mit deſſen Schatten Auguſt<lb/> immer fort ſeine Hoffnung ſpeiſen; ihn ſelbſt<lb/> aber an der Angel fuͤhren koͤnne. Woruͤber<lb/> ihr/ wenn ſie daran gedaͤchte/ das Hertze in<lb/> tauſend Stuͤcke zerſpringen moͤchte; auch nichts<lb/> anders glaubte: denn das die Stieff-Mutter<lb/> Sentia ihren Vater bezaubert/ oder wenig-<lb/> ſtens verblaͤndet haͤtte. Herrmann befließ ſich<lb/> der beſtuͤrtzten Thußnelde zu Liebe auff aller-<lb/> ley Weiſe die Schuld von Segeſthen auff ſei-<lb/> ne Gemahlin zu ſchieben/ und zu behaup-<lb/> ten: daß es leichter waͤre gegen ein gewaff-<lb/> netes Heer/ als ein liebreitzendes/ und zu-<lb/> gleich Ehrſuͤchtiges Weib beſtehen. Denn<lb/> ihre Herrſchafft bemaͤchtigte ſich ihrer eigenen<lb/> Gebieter; und dehnete ihre Gewalt uͤber al-<lb/> le Schrancken der Leibeigenſchafft aus. Sie<lb/> verwechſelte den Genuͤß ihres Leibes mit der<lb/> Botmaͤßigkeit uͤber ſeine Seele; ſie vergaͤll-<lb/> te das Hertz gegen ſeine Kinder; ſie verhaͤrte-<lb/> te ſein Gemuͤthe wieder ſeine eigene Wol-<lb/> farth; und weil die groͤſſeſten Rieſen fuͤr ih-<lb/> rer Schwaͤche erliegen muͤſten/ wenn ſie<lb/> ſchon alle ihre Vernunfft und Kraͤfften zuſam-<lb/> men faſten; waͤre ſie keinem Dinge beſſer/ als<lb/> dem kleinen Fiſche zu vergleichen/ der ein mit<lb/> vollem Segel durch Schaum und Wellen ſtrei-<lb/> chendes Schiff/ wie der Kapzaum ein ſchaͤumen-<lb/> des Pferd hemmete und anhielte. Hierauf gab<lb/> er beſcheidentlich nach: daß Thußneldens Rath<lb/> auff unumſtoßliche Seulen gegruͤndet; und es<lb/> in Geheim von Rom ſich zu machen ſicherer waͤ-<lb/> re; wiewol Auguſt deßhalben eine Urſache vom<lb/> Zaune zu brechen/ und Gelegenheit ihn fuͤr<lb/> Feind zu erklaͤren nehmen koͤnte. Allein es<lb/> laͤge ihm ein ander Stein auff dem Hertzen;<lb/> <fw place="bottom" type="sig">S s s s s s s 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1245[1247]/1311]
Arminius und Thußnelda.
ihr/ wiewol der Treue und Verſchwiegenheit
halber genungſam gepruͤfftes Frauen-Zimmer
ſehen laſſen wolte/ noͤthigte den Fuͤrſten zum
Wiederauffſtehen; und kamen ſie hieruͤber in
Berathſchlagung: Ob Fuͤrſt Herrmann heim-
lich; oder mit Vorbewuſt und Einwilligung in
Deutſchland reiſen ſolte? Dieſes letztere hielt
Herrmann fuͤr rathſamer; weil der ihm fuͤr ſo
viel treue Dienſte verbundene Auguſt ihn mehr-
mahls verſichert haͤtte: daß er auff Segimers
Todes-Fall ihm nicht nur zur Herrſchafft der
vaͤterlichen Lande/ ſondern gar zu allen Vor-
Elterlichen Wuͤrden behuͤlflich ſeyn wolte.
Diß aber wiederrieth Thußnelda beſtaͤndig.
Denn/ ſagte ſie/ weil die Wolthaten zeitlicher
ihr Andencken/ als die Roſen ihre Blaͤtter ver-
lieren; die Staatsſucht auch mit keiner Tu-
gend groͤſſere Unvertraͤgligkeit hat/ als mit der
Danckbarkeit; doͤrffte die Hoffnung auff Au-
guſtens groſſe Vertroͤſtungen ein ſchlechtes
Gebaͤue auffuͤhren. Zumahl der Kayſer we-
der ſein ſelbſt/ noch ſein Verſprechen zu erfuͤl-
len mehr maͤchtig waͤre; nach dem die ihn
in Haͤnden habende Livia und Tiberius eben
diß und ein mehrers Segeſthen mit vielen
Betheuerungen verfprochen haͤtten; deſſen ſie
beyde zugleich unmoͤglich habhafft ſeyn koͤn-
ten. Dieſemnach waͤre es nichts minder in
dieſem Falle rathſam/ als durchgehends ei-
ne groſſe Klugheit ſich eines ſolchen Herrn
entbrechen/ der ſich durch Vergeltung von
Wolthaten nicht entbinden kan. Denn die-
ſe wuͤrden zwar iederzeit gerne angenommen/
der Wolthaͤter aber nicht gerne fuͤr Augen
geſehen; ja wenn einem ſeine Schwaͤche vol-
lends die Hoffnung treue Dienſte auszuglei-
chen benehme/ verwandelte ſich das erſte Er-
kaͤntnuͤs in eine Abſcheu; und weil die Ver-
bindligkeit nicht auszuleſchen waͤre/ trachtete
man gar den Glaͤubiger zu vertilgen. Wenn
aber auch Auguſt ſo wol den Vorſatz als das
Vermoͤgen haͤtte dem Fuͤrſten Herrmann wol
zu thun; wuͤrde doch der vom Segeſthes neu
entworffene Vorſchlag die Chautzen zu bemei-
ſtern dem Kayſer die Haͤnde binden; und fuͤr
dieſen zur Dienſtbarkeit geneigten Fuͤrſten et-
was auffzuheben/ mit deſſen Schatten Auguſt
immer fort ſeine Hoffnung ſpeiſen; ihn ſelbſt
aber an der Angel fuͤhren koͤnne. Woruͤber
ihr/ wenn ſie daran gedaͤchte/ das Hertze in
tauſend Stuͤcke zerſpringen moͤchte; auch nichts
anders glaubte: denn das die Stieff-Mutter
Sentia ihren Vater bezaubert/ oder wenig-
ſtens verblaͤndet haͤtte. Herrmann befließ ſich
der beſtuͤrtzten Thußnelde zu Liebe auff aller-
ley Weiſe die Schuld von Segeſthen auff ſei-
ne Gemahlin zu ſchieben/ und zu behaup-
ten: daß es leichter waͤre gegen ein gewaff-
netes Heer/ als ein liebreitzendes/ und zu-
gleich Ehrſuͤchtiges Weib beſtehen. Denn
ihre Herrſchafft bemaͤchtigte ſich ihrer eigenen
Gebieter; und dehnete ihre Gewalt uͤber al-
le Schrancken der Leibeigenſchafft aus. Sie
verwechſelte den Genuͤß ihres Leibes mit der
Botmaͤßigkeit uͤber ſeine Seele; ſie vergaͤll-
te das Hertz gegen ſeine Kinder; ſie verhaͤrte-
te ſein Gemuͤthe wieder ſeine eigene Wol-
farth; und weil die groͤſſeſten Rieſen fuͤr ih-
rer Schwaͤche erliegen muͤſten/ wenn ſie
ſchon alle ihre Vernunfft und Kraͤfften zuſam-
men faſten; waͤre ſie keinem Dinge beſſer/ als
dem kleinen Fiſche zu vergleichen/ der ein mit
vollem Segel durch Schaum und Wellen ſtrei-
chendes Schiff/ wie der Kapzaum ein ſchaͤumen-
des Pferd hemmete und anhielte. Hierauf gab
er beſcheidentlich nach: daß Thußneldens Rath
auff unumſtoßliche Seulen gegruͤndet; und es
in Geheim von Rom ſich zu machen ſicherer waͤ-
re; wiewol Auguſt deßhalben eine Urſache vom
Zaune zu brechen/ und Gelegenheit ihn fuͤr
Feind zu erklaͤren nehmen koͤnte. Allein es
laͤge ihm ein ander Stein auff dem Hertzen;
der
S s s s s s s 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |