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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
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Nichts seltzam's: daß ein Pfeil den Pfeil trifft nicht so fern'.
Erzielt doch der Magnet den weitern Angelftern.

Denn die Gewonheit der Persen: da nemlich
alle Pfeile der in Krieg ziehenden für dem An-
gesichte des Königs auf gewisse Art bezeichnet
wurden; war bey denen Römern nunmehr
auch/ insonderheit bey derogleichen Lust-Spie-
len eingeführet; wormit ein ieder den seinigen
von Fremden unterscheiden konte. Die über
dieses Rennen gesetzte Richter verwunderten
sich nicht wenig über diese Begebnüs/ sonder-
lich/ da die an denen zwey Pfeilen befindliche
Schrifft klar genung erhärtete: daß beyde
Schüsse nicht ungefähr/ sondern aus rechter
Kunst und Vorsatz geschehen wären; Gleich-
wol aber waren sie über der Zueigung des
Preisses nicht wenig zweiffelhafft; ja dardurch
am allermeisten verwirret: daß so wol Thußnel-
de/ als Herrmann mit Anführung vieler die-
nenden Ursachen sich des Preißes enteusserten.
Diesemnach sie denn nach selbst eigener Bera-
thung des Kaysers beyde veranlasten mit ein-
ander durch ein neues Bogenschüssen zu glei-
chen. Viel tausend begierige Augen waren
gleichsam an das Ziel angehefftet; da denn die
Fürstin in ihrem Vorrennen dem Lynceus
recht durch das lincke Auge/ Fürst Herrmann
aber recht durchs Hertze schoß; aus welchem ein
derogestalt bezeichneter Pfeil gezogen ward:

Mein Pfeil fehlt zwar den Zweck/ doch trifft er/ was ich wil.
Denn Aug' und Hertz hat offt ein unterschieden Ziel.

Jedermann verwunderte sich abermahls ü-
ber beyde so künstliche Schüsse; und zohe sie des
Asterius Meisterstücke für; welcher in der
Schlacht dem Könige Philippus Vermöge der
daran befindlichen Schrifft einen ins Auge be-
stimmten Pfeil gleichfalls glücklich anbrachte.
Weil aber die Augen einmahl zum Hertzzwecke
ausgesetzt waren/ und die Fürstin Thußnelde
diesen Lynceus auf beyden Augen blind gemacht
hatte/ ward ihr im Pfeil-Schüssen der Preiß
[Spaltenumbruch] zugesprochen/ und unter dem Zuruffen des
Römischen Volckes von Livien überreichet.
Hierbey aber nahm die kluge Thußnelda ge-
nungsam wahr: wie Fürst Herrmann ihr nicht
nur mit Fleiße diesen Preiß zugelassen/ sondern
auch dardurch seine absondere Zuneigung mehr
und mehr gegen sie bestärcket hatte. Weil nun
die Unempfindligkeit nur gefrorner Hertzen/
die Bewegung einer zarten Seele Eigenschafft
ist/ und ihr Zunder Feuer zu fangen nur einen
Funcken darff/ spielte sich in Thußneldens Her-
tze nach und nach eine solche Gemüths-Regung/
von der sie selbst nicht wuste: ob ihr der Nahme
der Gewogenheit/ oder der Liebe anstünde.
Denn diese zwey Bewegungen gräntzen so ge-
nau und nahe an einander: daß ihre Eigen-
thums-Herren sie selbst so lange Zeit nicht zu
unterscheiden wissen; wo anders ein Mensch
sich über die Gemüths-Regungen/ und nicht
vielmehr diese über ihn sich einer Herrschafft zu
rühmen hat. Man nehme sie nur für eines
oder das ander an/ so würckte sie keine geringe
Merckmaale ihrer Zuneigung. Denn als der
gantze Hof mit dem Kayser zu Lanuvium sich
aufhielt/ und sie aus Deutschland Schreiben
und Nachricht erhielt: daß Tiberius biß über
die Weser gesetzt/ denen Cheruskern nicht ge-
ringen Abbruch gethan/ zum grösten Unglücke
Deutschlands aber der großmüthige Feldherr
Segimer Todes verblichen wäre; meinte die
treuhertzige Thußnelda allerdings unverant-
wortlich zu seyn diese Nachricht dem Fürsten
Herrmann/ als welchem hieran so viel gelegen
wäre/ zu verschweigen; zumahl sie besorgte: daß
doch August Segimers Todes-Fall für ihm so
viel möglich verborgen halten würde. Dahero
wie der Kayser und Livia nach erhaltener Post
aus Deutschland Rath hielten/ veranlaste
Thußnelda in Gesellschafft nur zweyer aus
ihrem Frauen-Zimmer den Fürsten Herrmann
mit ihr den eingefallenen Schau Platz der al-
ten Lateinischen Könige und Evanders Burg

zu
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]
Nichts ſeltzam’s: daß ein Pfeil den Pfeil trifft nicht ſo fern’.
Erzielt doch der Magnet den weitern Angelftern.

Denn die Gewonheit der Perſen: da nemlich
alle Pfeile der in Krieg ziehenden fuͤr dem An-
geſichte des Koͤnigs auf gewiſſe Art bezeichnet
wurden; war bey denen Roͤmern nunmehr
auch/ inſonderheit bey derogleichen Luſt-Spie-
len eingefuͤhret; wormit ein ieder den ſeinigen
von Fremden unterſcheiden konte. Die uͤber
dieſes Rennen geſetzte Richter verwunderten
ſich nicht wenig uͤber dieſe Begebnuͤs/ ſonder-
lich/ da die an denen zwey Pfeilen befindliche
Schrifft klar genung erhaͤrtete: daß beyde
Schuͤſſe nicht ungefaͤhr/ ſondern aus rechter
Kunſt und Vorſatz geſchehen waͤren; Gleich-
wol aber waren ſie uͤber der Zueigung des
Preiſſes nicht wenig zweiffelhafft; ja dardurch
am allermeiſten verwirret: daß ſo wol Thußnel-
de/ als Herrmann mit Anfuͤhrung vieler die-
nenden Urſachen ſich des Preißes enteuſſerten.
Dieſemnach ſie denn nach ſelbſt eigener Bera-
thung des Kayſers beyde veranlaſten mit ein-
ander durch ein neues Bogenſchuͤſſen zu glei-
chen. Viel tauſend begierige Augen waren
gleichſam an das Ziel angehefftet; da denn die
Fuͤrſtin in ihrem Vorrennen dem Lynceus
recht durch das lincke Auge/ Fuͤrſt Herrmann
aber recht durchs Hertze ſchoß; aus welchem ein
derogeſtalt bezeichneter Pfeil gezogen ward:

Mein Pfeil fehlt zwar den Zweck/ doch trifft er/ was ich wil.
Denn Aug’ und Hertz hat offt ein unterſchieden Ziel.

Jedermann verwunderte ſich abermahls uͤ-
ber beyde ſo kuͤnſtliche Schuͤſſe; und zohe ſie des
Aſterius Meiſterſtuͤcke fuͤr; welcher in der
Schlacht dem Koͤnige Philippus Vermoͤge der
daran befindlichen Schrifft einen ins Auge be-
ſtimmten Pfeil gleichfalls gluͤcklich anbrachte.
Weil aber die Augen einmahl zum Hertzzwecke
ausgeſetzt waren/ und die Fuͤrſtin Thußnelde
dieſen Lynceus auf beyden Augen blind gemacht
hatte/ ward ihr im Pfeil-Schuͤſſen der Preiß
[Spaltenumbruch] zugeſprochen/ und unter dem Zuruffen des
Roͤmiſchen Volckes von Livien uͤberreichet.
Hierbey aber nahm die kluge Thußnelda ge-
nungſam wahr: wie Fuͤrſt Herrmann ihr nicht
nur mit Fleiße dieſen Preiß zugelaſſen/ ſondern
auch dardurch ſeine abſondere Zuneigung mehr
und mehr gegen ſie beſtaͤrcket hatte. Weil nun
die Unempfindligkeit nur gefrorner Hertzen/
die Bewegung einer zarten Seele Eigenſchafft
iſt/ und ihr Zunder Feuer zu fangen nur einen
Funcken darff/ ſpielte ſich in Thußneldens Her-
tze nach und nach eine ſolche Gemuͤths-Regung/
von der ſie ſelbſt nicht wuſte: ob ihr der Nahme
der Gewogenheit/ oder der Liebe anſtuͤnde.
Denn dieſe zwey Bewegungen graͤntzen ſo ge-
nau und nahe an einander: daß ihre Eigen-
thums-Herren ſie ſelbſt ſo lange Zeit nicht zu
unterſcheiden wiſſen; wo anders ein Menſch
ſich uͤber die Gemuͤths-Regungen/ und nicht
vielmehr dieſe uͤber ihn ſich einer Herrſchafft zu
ruͤhmen hat. Man nehme ſie nur fuͤr eines
oder das ander an/ ſo wuͤrckte ſie keine geringe
Merckmaale ihrer Zuneigung. Denn als der
gantze Hof mit dem Kayſer zu Lanuvium ſich
aufhielt/ und ſie aus Deutſchland Schreiben
und Nachricht erhielt: daß Tiberius biß uͤber
die Weſer geſetzt/ denen Cheruskern nicht ge-
ringen Abbruch gethan/ zum groͤſten Ungluͤcke
Deutſchlands aber der großmuͤthige Feldherr
Segimer Todes verblichen waͤre; meinte die
treuhertzige Thußnelda allerdings unverant-
wortlich zu ſeyn dieſe Nachricht dem Fuͤrſten
Herrmann/ als welchem hieran ſo viel gelegen
waͤre/ zu verſchweigen; zumahl ſie beſorgte: daß
doch Auguſt Segimers Todes-Fall fuͤr ihm ſo
viel moͤglich verborgen halten wuͤrde. Dahero
wie der Kayſer und Livia nach erhaltener Poſt
aus Deutſchland Rath hielten/ veranlaſte
Thußnelda in Geſellſchafft nur zweyer aus
ihrem Frauen-Zimmer den Fuͤrſten Herrmañ
mit ihr den eingefallenen Schau Platz der al-
ten Lateiniſchen Koͤnige und Evanders Burg

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[1243[1245]/1309] Arminius und Thußnelda. Nichts ſeltzam’s: daß ein Pfeil den Pfeil trifft nicht ſo fern’. Erzielt doch der Magnet den weitern Angelftern. Denn die Gewonheit der Perſen: da nemlich alle Pfeile der in Krieg ziehenden fuͤr dem An- geſichte des Koͤnigs auf gewiſſe Art bezeichnet wurden; war bey denen Roͤmern nunmehr auch/ inſonderheit bey derogleichen Luſt-Spie- len eingefuͤhret; wormit ein ieder den ſeinigen von Fremden unterſcheiden konte. Die uͤber dieſes Rennen geſetzte Richter verwunderten ſich nicht wenig uͤber dieſe Begebnuͤs/ ſonder- lich/ da die an denen zwey Pfeilen befindliche Schrifft klar genung erhaͤrtete: daß beyde Schuͤſſe nicht ungefaͤhr/ ſondern aus rechter Kunſt und Vorſatz geſchehen waͤren; Gleich- wol aber waren ſie uͤber der Zueigung des Preiſſes nicht wenig zweiffelhafft; ja dardurch am allermeiſten verwirret: daß ſo wol Thußnel- de/ als Herrmann mit Anfuͤhrung vieler die- nenden Urſachen ſich des Preißes enteuſſerten. Dieſemnach ſie denn nach ſelbſt eigener Bera- thung des Kayſers beyde veranlaſten mit ein- ander durch ein neues Bogenſchuͤſſen zu glei- chen. Viel tauſend begierige Augen waren gleichſam an das Ziel angehefftet; da denn die Fuͤrſtin in ihrem Vorrennen dem Lynceus recht durch das lincke Auge/ Fuͤrſt Herrmann aber recht durchs Hertze ſchoß; aus welchem ein derogeſtalt bezeichneter Pfeil gezogen ward: Mein Pfeil fehlt zwar den Zweck/ doch trifft er/ was ich wil. Denn Aug’ und Hertz hat offt ein unterſchieden Ziel. Jedermann verwunderte ſich abermahls uͤ- ber beyde ſo kuͤnſtliche Schuͤſſe; und zohe ſie des Aſterius Meiſterſtuͤcke fuͤr; welcher in der Schlacht dem Koͤnige Philippus Vermoͤge der daran befindlichen Schrifft einen ins Auge be- ſtimmten Pfeil gleichfalls gluͤcklich anbrachte. Weil aber die Augen einmahl zum Hertzzwecke ausgeſetzt waren/ und die Fuͤrſtin Thußnelde dieſen Lynceus auf beyden Augen blind gemacht hatte/ ward ihr im Pfeil-Schuͤſſen der Preiß zugeſprochen/ und unter dem Zuruffen des Roͤmiſchen Volckes von Livien uͤberreichet. Hierbey aber nahm die kluge Thußnelda ge- nungſam wahr: wie Fuͤrſt Herrmann ihr nicht nur mit Fleiße dieſen Preiß zugelaſſen/ ſondern auch dardurch ſeine abſondere Zuneigung mehr und mehr gegen ſie beſtaͤrcket hatte. Weil nun die Unempfindligkeit nur gefrorner Hertzen/ die Bewegung einer zarten Seele Eigenſchafft iſt/ und ihr Zunder Feuer zu fangen nur einen Funcken darff/ ſpielte ſich in Thußneldens Her- tze nach und nach eine ſolche Gemuͤths-Regung/ von der ſie ſelbſt nicht wuſte: ob ihr der Nahme der Gewogenheit/ oder der Liebe anſtuͤnde. Denn dieſe zwey Bewegungen graͤntzen ſo ge- nau und nahe an einander: daß ihre Eigen- thums-Herren ſie ſelbſt ſo lange Zeit nicht zu unterſcheiden wiſſen; wo anders ein Menſch ſich uͤber die Gemuͤths-Regungen/ und nicht vielmehr dieſe uͤber ihn ſich einer Herrſchafft zu ruͤhmen hat. Man nehme ſie nur fuͤr eines oder das ander an/ ſo wuͤrckte ſie keine geringe Merckmaale ihrer Zuneigung. Denn als der gantze Hof mit dem Kayſer zu Lanuvium ſich aufhielt/ und ſie aus Deutſchland Schreiben und Nachricht erhielt: daß Tiberius biß uͤber die Weſer geſetzt/ denen Cheruskern nicht ge- ringen Abbruch gethan/ zum groͤſten Ungluͤcke Deutſchlands aber der großmuͤthige Feldherr Segimer Todes verblichen waͤre; meinte die treuhertzige Thußnelda allerdings unverant- wortlich zu ſeyn dieſe Nachricht dem Fuͤrſten Herrmann/ als welchem hieran ſo viel gelegen waͤre/ zu verſchweigen; zumahl ſie beſorgte: daß doch Auguſt Segimers Todes-Fall fuͤr ihm ſo viel moͤglich verborgen halten wuͤrde. Dahero wie der Kayſer und Livia nach erhaltener Poſt aus Deutſchland Rath hielten/ veranlaſte Thußnelda in Geſellſchafft nur zweyer aus ihrem Frauen-Zimmer den Fuͤrſten Herrmañ mit ihr den eingefallenen Schau Platz der al- ten Lateiniſchen Koͤnige und Evanders Burg zu S s s s s s s 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1243[1245]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1309>, abgerufen am 23.11.2024.