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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] nam folgenden Tag unter dem Vorwand sich
über ihrem Aufzuge mit einander zu bereden
Gelegenheit/ dem Fürsten Herrmann ihr Wol-
gefallen über dem/ was er für die tapferen Deut-
schen den Tag vorher geredet hatte/ zu bezeugen.
Worüber sie denn durch die diesem Volcke an-
gebohrne Verträuligkeit beyderseits ferner ver-
anlast wurden/ über die Bedrängungen
Deutschlands anfangs zu seuffzen/ hernach a-
ber ihren innerlichen Unwillen gegen die
herrschsüchtigen Römer auszulassen; ja ihr Un-
glück zu beklagen: daß sie das Verhängnüs in
solchen Stand und an einen solchen Ort versetzt
hätte; da sie ihren Feinden noch heucheln/ und
ihre Dienstbarkeit rühmen müsten. Endlich ließ
Thußnelda aus dem innersten ihres Hertzen ei-
nen tieffen Seuffzer aus/ und beschloß ihre Un-
terredung mit diesen Worten: Wolte GOtt!
Unsere deutsche Freyheit hätte sonst keine Fein-
de/ als die Ausländer; so würde ich mir über ih-
rer Gefahr kein graues Haar wachsen lassen. A-
ber leider! wir säugen den uns fressenden Krebs
mit unsern eigenen Brüsten/ und wormit ein
deutscher Fürst dem andern könne zu Kopffe
wachsen/ schämet er sich nicht ein Fußschemmel
der Fremden zu werden. Fürst Herrmann wol-
te für dißmahl Thußnelden nicht ferner in
Pulß fühlen; um durch frühzeitige Sorgfalt
ihr nicht Ursach zu Verschlüssung ihres Ge-
müthes zu geben; sondern redete allein ihrer
beyder künfftigen Aufzug derogestalt mit ihr
ab: daß sie wie die zwey Halb-Götter der Na-
harvaler/ Alcis genennt/ welche ohne diß die
Römer für den Castor und Pollux auslegten/
auf der Rennebahn erscheinen wolten. Auf die-
ser war zu dem einen Ziele auffgestellt das Bild
des Lynceus; welcher den Castor getödtet/ aber
von dem Pollux wieder durch eine ihm auf den
Hals gestürtzte Marmel-Seule erlegt worden.
Das andere Ziel war das Bild des vom Pol-
lux in einem Gefechte erschlagenen Anycus.
Das dritte Ziel war der vom Blitz in Asche
[Spaltenumbruch] verkehrte Jdas; als er den Pollux antasten
wollen. Nach dem ersten Ziele ward in vollem
Rennen mit dem Bogen/ nach dem andern mit
einem Wurff-Spiesse geschossen; nach dem
dritten aber mit einer Lantze gerennet. Alle
sassen auf schneeweißen Pferden; weil Castor
und Pollux in einer Schlacht unter dem Au-
lus Postumius wieder die Latiner auff solcher
Art Pferden für die Römer sollen gefochten; an
solche ihre Pferde zu Rom beym Heiligthume
der Vesta gebadet und den Sieg zum ersten an-
gekündiget haben. Derogleichen Beystand
und Ankündigung ihnen denn auch in dem
Macedonischen Kriege wieder den König Per-
ses nachgerühmet wird. Die Fürstin Thuß-
nelda gläntzte für allen andern in ihrem Him-
mel-blauen mit ein gewürckten güldenen Ster-
nen schimmernden Kleidern; gleich als wenn
eine solche Göttin nicht geringer als mit et-
was himmlischem bekleidet seyn könte; aber
vielmehr mit ihrer unvergleichlichen Schön-
heit und Lebhafftigkeit/ mit welcher letztern sie
nichts minder alle Römische Edelleute/ als mit
der ersten alles Frauen-Zimmer übertraff. Jn
dem Rennen erwieß sie: wie diß ihr leichtestes
Handwerck wäre. Fürst Herrmann und alle
andere thäten ihr Bestes; um sich nicht so wol
der aufgesetzten herrlichen Preisse/ als der dar-
aus erwachsenden Ehre fähig zu machen. Ger-
manicus gewan den Preiß in der Lantze/ Herr-
mann im Wurff-Spiesse; Thußnelde aber hat-
te dem Lynceus ins rechte Auge/ welches zum
innersten Hertz-Zwecke ausgesetzt war/ einen
mit folgenden Worten umschriebenen Pfeil zu-
geschossen:

Dem Lynceus in das Aug'. Es lehre dieser Schuß:
Daß Kunst der Tugend Magd/ das Glück' ihr Knecht seyn
muß.

Zu aller Anschauer höchster Verwunderung
aber steckte des Fürsten Herrmanns Pfeil ge-
rade auf Thußneldens Pfeile/ und stand daran
mit güldenen Buchstaben geetzt:

Nichts

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] nam folgenden Tag unter dem Vorwand ſich
uͤber ihrem Aufzuge mit einander zu bereden
Gelegenheit/ dem Fuͤrſten Herrmañ ihr Wol-
gefallen uͤber dem/ was er fuͤr die tapferen Deut-
ſchen den Tag vorher geredet hatte/ zu bezeugen.
Woruͤber ſie denn durch die dieſem Volcke an-
gebohrne Vertraͤuligkeit beyderſeits ferner ver-
anlaſt wurden/ uͤber die Bedraͤngungen
Deutſchlands anfangs zu ſeuffzen/ hernach a-
ber ihren innerlichen Unwillen gegen die
herrſchſuͤchtigen Roͤmer auszulaſſen; ja ihr Un-
gluͤck zu beklagen: daß ſie das Verhaͤngnuͤs in
ſolchen Stand und an einen ſolchen Ort verſetzt
haͤtte; da ſie ihren Feinden noch heucheln/ und
ihre Dienſtbarkeit ruͤhmen muͤſten. Endlich ließ
Thußnelda aus dem innerſten ihres Hertzen ei-
nen tieffen Seuffzer aus/ und beſchloß ihre Un-
terredung mit dieſen Worten: Wolte GOtt!
Unſere deutſche Freyheit haͤtte ſonſt keine Fein-
de/ als die Auslaͤnder; ſo wuͤrde ich mir uͤber ih-
rer Gefahr kein graues Haar wachſen laſſen. A-
ber leider! wir ſaͤugen den uns freſſenden Krebs
mit unſern eigenen Bruͤſten/ und wormit ein
deutſcher Fuͤrſt dem andern koͤnne zu Kopffe
wachſen/ ſchaͤmet er ſich nicht ein Fußſchemmel
der Fremden zu werden. Fuͤrſt Herrmann wol-
te fuͤr dißmahl Thußnelden nicht ferner in
Pulß fuͤhlen; um durch fruͤhzeitige Sorgfalt
ihr nicht Urſach zu Verſchluͤſſung ihres Ge-
muͤthes zu geben; ſondern redete allein ihrer
beyder kuͤnfftigen Aufzug derogeſtalt mit ihr
ab: daß ſie wie die zwey Halb-Goͤtter der Na-
harvaler/ Alcis genennt/ welche ohne diß die
Roͤmer fuͤr den Caſtor und Pollux auslegten/
auf der Rennebahn erſcheinen wolten. Auf die-
ſer war zu dem einen Ziele auffgeſtellt das Bild
des Lynceus; welcher den Caſtor getoͤdtet/ aber
von dem Pollux wieder durch eine ihm auf den
Hals geſtuͤrtzte Marmel-Seule erlegt worden.
Das andere Ziel war das Bild des vom Pol-
lux in einem Gefechte erſchlagenen Anycus.
Das dritte Ziel war der vom Blitz in Aſche
[Spaltenumbruch] verkehrte Jdas; als er den Pollux antaſten
wollen. Nach dem erſten Ziele ward in vollem
Rennen mit dem Bogen/ nach dem andern mit
einem Wurff-Spieſſe geſchoſſen; nach dem
dritten aber mit einer Lantze gerennet. Alle
ſaſſen auf ſchneeweißen Pferden; weil Caſtor
und Pollux in einer Schlacht unter dem Au-
lus Poſtumius wieder die Latiner auff ſolcher
Art Pferden fuͤr die Roͤmer ſollen gefochten; an
ſolche ihre Pferde zu Rom beym Heiligthume
der Veſta gebadet und den Sieg zum erſten an-
gekuͤndiget haben. Derogleichen Beyſtand
und Ankuͤndigung ihnen denn auch in dem
Macedoniſchen Kriege wieder den Koͤnig Per-
ſes nachgeruͤhmet wird. Die Fuͤrſtin Thuß-
nelda glaͤntzte fuͤr allen andern in ihrem Him-
mel-blauen mit ein gewuͤrckten guͤldenen Ster-
nen ſchimmernden Kleidern; gleich als wenn
eine ſolche Goͤttin nicht geringer als mit et-
was himmliſchem bekleidet ſeyn koͤnte; aber
vielmehr mit ihrer unvergleichlichen Schoͤn-
heit und Lebhafftigkeit/ mit welcher letztern ſie
nichts minder alle Roͤmiſche Edelleute/ als mit
der erſten alles Frauen-Zimmer uͤbertraff. Jn
dem Rennen erwieß ſie: wie diß ihr leichteſtes
Handwerck waͤre. Fuͤrſt Herrmann und alle
andere thaͤten ihr Beſtes; um ſich nicht ſo wol
der aufgeſetzten herrlichen Preiſſe/ als der dar-
aus erwachſenden Ehre faͤhig zu machen. Ger-
manicus gewan den Preiß in der Lantze/ Herr-
mann im Wurff-Spieſſe; Thußnelde aber hat-
te dem Lynceus ins rechte Auge/ welches zum
innerſten Hertz-Zwecke ausgeſetzt war/ einen
mit folgenden Worten umſchriebenen Pfeil zu-
geſchoſſen:

Dem Lynceus in das Aug’. Es lehre dieſer Schuß:
Daß Kunſt der Tugend Magd/ das Gluͤck’ ihr Knecht ſeyn
muß.

Zu aller Anſchauer hoͤchſter Verwunderung
aber ſteckte des Fuͤrſten Herrmanns Pfeil ge-
rade auf Thußneldens Pfeile/ und ſtand daran
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Nichts
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[1242[1244]/1308] Achtes Buch nam folgenden Tag unter dem Vorwand ſich uͤber ihrem Aufzuge mit einander zu bereden Gelegenheit/ dem Fuͤrſten Herrmañ ihr Wol- gefallen uͤber dem/ was er fuͤr die tapferen Deut- ſchen den Tag vorher geredet hatte/ zu bezeugen. Woruͤber ſie denn durch die dieſem Volcke an- gebohrne Vertraͤuligkeit beyderſeits ferner ver- anlaſt wurden/ uͤber die Bedraͤngungen Deutſchlands anfangs zu ſeuffzen/ hernach a- ber ihren innerlichen Unwillen gegen die herrſchſuͤchtigen Roͤmer auszulaſſen; ja ihr Un- gluͤck zu beklagen: daß ſie das Verhaͤngnuͤs in ſolchen Stand und an einen ſolchen Ort verſetzt haͤtte; da ſie ihren Feinden noch heucheln/ und ihre Dienſtbarkeit ruͤhmen muͤſten. Endlich ließ Thußnelda aus dem innerſten ihres Hertzen ei- nen tieffen Seuffzer aus/ und beſchloß ihre Un- terredung mit dieſen Worten: Wolte GOtt! Unſere deutſche Freyheit haͤtte ſonſt keine Fein- de/ als die Auslaͤnder; ſo wuͤrde ich mir uͤber ih- rer Gefahr kein graues Haar wachſen laſſen. A- ber leider! wir ſaͤugen den uns freſſenden Krebs mit unſern eigenen Bruͤſten/ und wormit ein deutſcher Fuͤrſt dem andern koͤnne zu Kopffe wachſen/ ſchaͤmet er ſich nicht ein Fußſchemmel der Fremden zu werden. Fuͤrſt Herrmann wol- te fuͤr dißmahl Thußnelden nicht ferner in Pulß fuͤhlen; um durch fruͤhzeitige Sorgfalt ihr nicht Urſach zu Verſchluͤſſung ihres Ge- muͤthes zu geben; ſondern redete allein ihrer beyder kuͤnfftigen Aufzug derogeſtalt mit ihr ab: daß ſie wie die zwey Halb-Goͤtter der Na- harvaler/ Alcis genennt/ welche ohne diß die Roͤmer fuͤr den Caſtor und Pollux auslegten/ auf der Rennebahn erſcheinen wolten. Auf die- ſer war zu dem einen Ziele auffgeſtellt das Bild des Lynceus; welcher den Caſtor getoͤdtet/ aber von dem Pollux wieder durch eine ihm auf den Hals geſtuͤrtzte Marmel-Seule erlegt worden. Das andere Ziel war das Bild des vom Pol- lux in einem Gefechte erſchlagenen Anycus. Das dritte Ziel war der vom Blitz in Aſche verkehrte Jdas; als er den Pollux antaſten wollen. Nach dem erſten Ziele ward in vollem Rennen mit dem Bogen/ nach dem andern mit einem Wurff-Spieſſe geſchoſſen; nach dem dritten aber mit einer Lantze gerennet. Alle ſaſſen auf ſchneeweißen Pferden; weil Caſtor und Pollux in einer Schlacht unter dem Au- lus Poſtumius wieder die Latiner auff ſolcher Art Pferden fuͤr die Roͤmer ſollen gefochten; an ſolche ihre Pferde zu Rom beym Heiligthume der Veſta gebadet und den Sieg zum erſten an- gekuͤndiget haben. Derogleichen Beyſtand und Ankuͤndigung ihnen denn auch in dem Macedoniſchen Kriege wieder den Koͤnig Per- ſes nachgeruͤhmet wird. Die Fuͤrſtin Thuß- nelda glaͤntzte fuͤr allen andern in ihrem Him- mel-blauen mit ein gewuͤrckten guͤldenen Ster- nen ſchimmernden Kleidern; gleich als wenn eine ſolche Goͤttin nicht geringer als mit et- was himmliſchem bekleidet ſeyn koͤnte; aber vielmehr mit ihrer unvergleichlichen Schoͤn- heit und Lebhafftigkeit/ mit welcher letztern ſie nichts minder alle Roͤmiſche Edelleute/ als mit der erſten alles Frauen-Zimmer uͤbertraff. Jn dem Rennen erwieß ſie: wie diß ihr leichteſtes Handwerck waͤre. Fuͤrſt Herrmann und alle andere thaͤten ihr Beſtes; um ſich nicht ſo wol der aufgeſetzten herrlichen Preiſſe/ als der dar- aus erwachſenden Ehre faͤhig zu machen. Ger- manicus gewan den Preiß in der Lantze/ Herr- mann im Wurff-Spieſſe; Thußnelde aber hat- te dem Lynceus ins rechte Auge/ welches zum innerſten Hertz-Zwecke ausgeſetzt war/ einen mit folgenden Worten umſchriebenen Pfeil zu- geſchoſſen: Dem Lynceus in das Aug’. Es lehre dieſer Schuß: Daß Kunſt der Tugend Magd/ das Gluͤck’ ihr Knecht ſeyn muß. Zu aller Anſchauer hoͤchſter Verwunderung aber ſteckte des Fuͤrſten Herrmanns Pfeil ge- rade auf Thußneldens Pfeile/ und ſtand daran mit guͤldenen Buchſtaben geetzt: Nichts

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1242[1244]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1308>, abgerufen am 07.05.2024.