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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Verkleinerung ihres Ansehens einbilden kan;
weil man die eigene Liebe zwar für eine unta-
delhaffte Würckung der vollkommensten See-
len; fremde aber allezeit für eine kleine
Schwachheit hält. Alldieweil aber die Verän-
derung gleichsam ihre tägliche Kurtzweil mit
der Liebe hat/ verwandelte sich seine Sorge
wieder in eine neue Hoffnung; da doch kein
Liebhaber leicht darauff fussen soll; nach dem
zwar die Abwechselung der Liebe gewiß/ ihre
Hoffnung aber sehr zweiffelhafft ist. Gleichwol
aber heuchelte seiner Hoffnung eine gewisse bey
der Einweihung eines Tempels sich zutragen-
de Begebnüs. Diesen baueten die zwey Brü-
der Germanicus und der junge Tiberius Ne-
ro ihrem verstorbenen Vater Drusus zu Ehren
auf; eigneten aber ihn dem Castor und Pollux
zu. Der Kayser/ Livia und alle Grossen/ wie
ingleichen die Fürstin Thußnelda fügten sich
mit grosser Pracht in diß neue Heiligthum/ und
bemeisterte diese des Römischen Volckes Au-
gen und Hertzen derogestalt: daß/ als die Bil-
der des Castors und Pollux mit ihren umflam-
meten Häuptern auf zwey Opffer-Tische ge-
hoben worden; selbtes dem obersten Priester
zurieff: Er solte ihrer Schwester der schönen
Helena nicht vergessen; welche nichts minder/
als ihre Brüder unter die Sternen wären ver-
setzt worden; und sich in der Gestalt dieser
Deutschen oder vielmehr himmlischen Fürstin
schauen liesse. Thußnelde ward hierüber be-
schämt; ersuchte daher den Fürsten Herrmann
ihr mit einem Zeugnüße beyzuspringen: daß
in Deutschland das Frauen-Zimmer ins ge-
mein ihre geringe Gestalt übertreffe; und man
ihr also ihre Gebrechen nicht durch übermäßi-
ges Lob fürrücken möchte. Fürst Herrmann
begegnete ihr mit tieffster Ehrerbietung; sie
versichernde: daß sie über ihn das Recht einer
vollkommenen Botmäßigkeit besässe; er aber
nicht über seine Augen/ welche weder in
[Spaltenumbruch] Deutschland/ noch sonst in der Welt eine ihr
nur biß an die Helffte kommende Schönheit
gesehen hätten: daß sie ihr fürlängst seiner
Seele gefälletes Urthel wiederruffen solten;
noch auch über ihre Zunge: daß sie dem etwas
unvernünfftig abbreche/ dessen Vollkommen-
heit seine Gedancken nicht zu begreiffen ver-
möchten. Diesemnach er denn dem Urthel der
Römer; mit welchen das sonst zwistige Deutsch-
land dißfalls zweiffelsfrey einstimmete/ un-
nachbleiblich beypflichten müste; wenn er nicht
einer Göttin ihres gleichen für anständiger
hielte: daß ihr lebhafftes Bild in das Heilig-
thum eines tugendhafften Hertzens; als ein
Ertztener Nachguß in ein marmelnes Hauß
versetzt würde. Thußnelde färbte sich hierüber
und versetzte ihm lächelnde: Sie hätte zwar
bey ihm als ihrem Landsmanne und einem so
vollkommenen Fürsten Hülffe und Beystand
zu finden gehoffet; sie müste aber ihre Vermes-
senheit nunmehr selbst erkennen/ weil sie sich
von Anfang bescheiden sollen: daß auch die
Deutschen/ wenn sie zu Rom wären/ der Rö-
mer Meynungen/ wenn schon irrig/ beypflich-
ten müsten. Herrmann antwortete: Er wol-
te in andern Dingen der Römer Wort nicht
reden; hierinnen aber wäre kein Jrrthum zu
vermuthen; sondern vielmehr/ weil iedes Volck
das andere übertreffen wolte/ etlicher Römer
unpartheyisches Urthel gantz Deutschlands
Meynung fürzuziehen; als welches an dem
Ruhme ihrer Vollkommenheit Theil hät-
te. Ja er wäre versichert: daß wenn sie
mit ihrem Ebenbilde gleich als wie das Eben-
bild der Sonne der gantzen Welt ihr schönes
Antlitz zeigen könte; ihres nichts weniger/ als
jenes allenthalben würde verehret werden; und
Xerxes/ welcher die Schwester des Ca-
stors aus so viel ausgelesenen Crotoniati-
schen Jungfrauen kaum zusammen setzen kön-
nen/ würde nach der schönen Thußnelda

so
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Verkleinerung ihres Anſehens einbilden kan;
weil man die eigene Liebe zwar fuͤr eine unta-
delhaffte Wuͤrckung der vollkommenſten See-
len; fremde aber allezeit fuͤr eine kleine
Schwachheit haͤlt. Alldieweil aber die Veraͤn-
derung gleichſam ihre taͤgliche Kurtzweil mit
der Liebe hat/ verwandelte ſich ſeine Sorge
wieder in eine neue Hoffnung; da doch kein
Liebhaber leicht darauff fuſſen ſoll; nach dem
zwar die Abwechſelung der Liebe gewiß/ ihre
Hoffnung aber ſehr zweiffelhafft iſt. Gleichwol
aber heuchelte ſeiner Hoffnung eine gewiſſe bey
der Einweihung eines Tempels ſich zutragen-
de Begebnuͤs. Dieſen baueten die zwey Bruͤ-
der Germanicus und der junge Tiberius Ne-
ro ihrem verſtorbenen Vater Druſus zu Ehren
auf; eigneten aber ihn dem Caſtor und Pollux
zu. Der Kayſer/ Livia und alle Groſſen/ wie
ingleichen die Fuͤrſtin Thußnelda fuͤgten ſich
mit groſſer Pracht in diß neue Heiligthum/ und
bemeiſterte dieſe des Roͤmiſchen Volckes Au-
gen und Hertzen derogeſtalt: daß/ als die Bil-
der des Caſtors und Pollux mit ihren umflam-
meten Haͤuptern auf zwey Opffer-Tiſche ge-
hoben worden; ſelbtes dem oberſten Prieſter
zurieff: Er ſolte ihrer Schweſter der ſchoͤnen
Helena nicht vergeſſen; welche nichts minder/
als ihre Bruͤder unter die Sternen waͤren ver-
ſetzt worden; und ſich in der Geſtalt dieſer
Deutſchen oder vielmehr himmliſchen Fuͤrſtin
ſchauen lieſſe. Thußnelde ward hieruͤber be-
ſchaͤmt; erſuchte daher den Fuͤrſten Herrmann
ihr mit einem Zeugnuͤße beyzuſpringen: daß
in Deutſchland das Frauen-Zimmer ins ge-
mein ihre geringe Geſtalt uͤbertreffe; und man
ihr alſo ihre Gebrechen nicht durch uͤbermaͤßi-
ges Lob fuͤrruͤcken moͤchte. Fuͤrſt Herrmann
begegnete ihr mit tieffſter Ehrerbietung; ſie
verſichernde: daß ſie uͤber ihn das Recht einer
vollkommenen Botmaͤßigkeit beſaͤſſe; er aber
nicht uͤber ſeine Augen/ welche weder in
[Spaltenumbruch] Deutſchland/ noch ſonſt in der Welt eine ihr
nur biß an die Helffte kommende Schoͤnheit
geſehen haͤtten: daß ſie ihr fuͤrlaͤngſt ſeiner
Seele gefaͤlletes Urthel wiederruffen ſolten;
noch auch uͤber ihre Zunge: daß ſie dem etwas
unvernuͤnfftig abbreche/ deſſen Vollkommen-
heit ſeine Gedancken nicht zu begreiffen ver-
moͤchten. Dieſemnach er denn dem Urthel der
Roͤmer; mit welchen das ſonſt zwiſtige Deutſch-
land dißfalls zweiffelsfrey einſtimmete/ un-
nachbleiblich beypflichten muͤſte; wenn er nicht
einer Goͤttin ihres gleichen fuͤr anſtaͤndiger
hielte: daß ihr lebhafftes Bild in das Heilig-
thum eines tugendhafften Hertzens; als ein
Ertztener Nachguß in ein marmelnes Hauß
verſetzt wuͤrde. Thußnelde faͤrbte ſich hieruͤber
und verſetzte ihm laͤchelnde: Sie haͤtte zwar
bey ihm als ihrem Landsmanne und einem ſo
vollkommenen Fuͤrſten Huͤlffe und Beyſtand
zu finden gehoffet; ſie muͤſte aber ihre Vermeſ-
ſenheit nunmehr ſelbſt erkennen/ weil ſie ſich
von Anfang beſcheiden ſollen: daß auch die
Deutſchen/ wenn ſie zu Rom waͤren/ der Roͤ-
mer Meynungen/ wenn ſchon irrig/ beypflich-
ten muͤſten. Herrmann antwortete: Er wol-
te in andern Dingen der Roͤmer Wort nicht
reden; hierinnen aber waͤre kein Jrrthum zu
vermuthen; ſondern vielmehr/ weil iedes Volck
das andere uͤbertreffen wolte/ etlicher Roͤmer
unpartheyiſches Urthel gantz Deutſchlands
Meynung fuͤrzuziehen; als welches an dem
Ruhme ihrer Vollkommenheit Theil haͤt-
te. Ja er waͤre verſichert: daß wenn ſie
mit ihrem Ebenbilde gleich als wie das Eben-
bild der Sonne der gantzen Welt ihr ſchoͤnes
Antlitz zeigen koͤnte; ihres nichts weniger/ als
jenes allenthalben wuͤrde verehret werden; und
Xerxes/ welcher die Schweſter des Ca-
ſtors aus ſo viel ausgeleſenen Crotoniati-
ſchen Jungfrauen kaum zuſammen ſetzen koͤn-
nen/ wuͤrde nach der ſchoͤnen Thußnelda

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[1237[1239]/1303] Arminius und Thußnelda. Verkleinerung ihres Anſehens einbilden kan; weil man die eigene Liebe zwar fuͤr eine unta- delhaffte Wuͤrckung der vollkommenſten See- len; fremde aber allezeit fuͤr eine kleine Schwachheit haͤlt. Alldieweil aber die Veraͤn- derung gleichſam ihre taͤgliche Kurtzweil mit der Liebe hat/ verwandelte ſich ſeine Sorge wieder in eine neue Hoffnung; da doch kein Liebhaber leicht darauff fuſſen ſoll; nach dem zwar die Abwechſelung der Liebe gewiß/ ihre Hoffnung aber ſehr zweiffelhafft iſt. Gleichwol aber heuchelte ſeiner Hoffnung eine gewiſſe bey der Einweihung eines Tempels ſich zutragen- de Begebnuͤs. Dieſen baueten die zwey Bruͤ- der Germanicus und der junge Tiberius Ne- ro ihrem verſtorbenen Vater Druſus zu Ehren auf; eigneten aber ihn dem Caſtor und Pollux zu. Der Kayſer/ Livia und alle Groſſen/ wie ingleichen die Fuͤrſtin Thußnelda fuͤgten ſich mit groſſer Pracht in diß neue Heiligthum/ und bemeiſterte dieſe des Roͤmiſchen Volckes Au- gen und Hertzen derogeſtalt: daß/ als die Bil- der des Caſtors und Pollux mit ihren umflam- meten Haͤuptern auf zwey Opffer-Tiſche ge- hoben worden; ſelbtes dem oberſten Prieſter zurieff: Er ſolte ihrer Schweſter der ſchoͤnen Helena nicht vergeſſen; welche nichts minder/ als ihre Bruͤder unter die Sternen waͤren ver- ſetzt worden; und ſich in der Geſtalt dieſer Deutſchen oder vielmehr himmliſchen Fuͤrſtin ſchauen lieſſe. Thußnelde ward hieruͤber be- ſchaͤmt; erſuchte daher den Fuͤrſten Herrmann ihr mit einem Zeugnuͤße beyzuſpringen: daß in Deutſchland das Frauen-Zimmer ins ge- mein ihre geringe Geſtalt uͤbertreffe; und man ihr alſo ihre Gebrechen nicht durch uͤbermaͤßi- ges Lob fuͤrruͤcken moͤchte. Fuͤrſt Herrmann begegnete ihr mit tieffſter Ehrerbietung; ſie verſichernde: daß ſie uͤber ihn das Recht einer vollkommenen Botmaͤßigkeit beſaͤſſe; er aber nicht uͤber ſeine Augen/ welche weder in Deutſchland/ noch ſonſt in der Welt eine ihr nur biß an die Helffte kommende Schoͤnheit geſehen haͤtten: daß ſie ihr fuͤrlaͤngſt ſeiner Seele gefaͤlletes Urthel wiederruffen ſolten; noch auch uͤber ihre Zunge: daß ſie dem etwas unvernuͤnfftig abbreche/ deſſen Vollkommen- heit ſeine Gedancken nicht zu begreiffen ver- moͤchten. Dieſemnach er denn dem Urthel der Roͤmer; mit welchen das ſonſt zwiſtige Deutſch- land dißfalls zweiffelsfrey einſtimmete/ un- nachbleiblich beypflichten muͤſte; wenn er nicht einer Goͤttin ihres gleichen fuͤr anſtaͤndiger hielte: daß ihr lebhafftes Bild in das Heilig- thum eines tugendhafften Hertzens; als ein Ertztener Nachguß in ein marmelnes Hauß verſetzt wuͤrde. Thußnelde faͤrbte ſich hieruͤber und verſetzte ihm laͤchelnde: Sie haͤtte zwar bey ihm als ihrem Landsmanne und einem ſo vollkommenen Fuͤrſten Huͤlffe und Beyſtand zu finden gehoffet; ſie muͤſte aber ihre Vermeſ- ſenheit nunmehr ſelbſt erkennen/ weil ſie ſich von Anfang beſcheiden ſollen: daß auch die Deutſchen/ wenn ſie zu Rom waͤren/ der Roͤ- mer Meynungen/ wenn ſchon irrig/ beypflich- ten muͤſten. Herrmann antwortete: Er wol- te in andern Dingen der Roͤmer Wort nicht reden; hierinnen aber waͤre kein Jrrthum zu vermuthen; ſondern vielmehr/ weil iedes Volck das andere uͤbertreffen wolte/ etlicher Roͤmer unpartheyiſches Urthel gantz Deutſchlands Meynung fuͤrzuziehen; als welches an dem Ruhme ihrer Vollkommenheit Theil haͤt- te. Ja er waͤre verſichert: daß wenn ſie mit ihrem Ebenbilde gleich als wie das Eben- bild der Sonne der gantzen Welt ihr ſchoͤnes Antlitz zeigen koͤnte; ihres nichts weniger/ als jenes allenthalben wuͤrde verehret werden; und Xerxes/ welcher die Schweſter des Ca- ſtors aus ſo viel ausgeleſenen Crotoniati- ſchen Jungfrauen kaum zuſammen ſetzen koͤn- nen/ wuͤrde nach der ſchoͤnen Thußnelda ſo R r r r r r r 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1237[1239]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1303>, abgerufen am 07.05.2024.