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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Armen des Lepidus verfallen; und nach dem
sie gleicher Gestalt in der Stille sich mit ein an-
der in dem Neben-Zimmer abgemattet/ lernten
sie auch allererst einander kennen. Lepidus er-
schrack so sehr in diesem/ als Servilia im andern
Zimmer: daß er mit Julien so weit sich vergan-
gen; und auf allen Fall mit dem Grimme des
Kaysers und des Tiberius seinen Untergang
ihm auf den Hals gezogen hatte. Die nichts
minder schlaue als unzüchtige Julia aber rede-
te den Lepidus an: Glaube: daß zwar du in dei-
ner Liebe geirret habest; ich aber bin heute mei-
nes fürlängst begehrten Zweckes durch deinen
Jrrthum gewehret worden. Lasse dir diesen
Fehler nicht mißfällig seyn/ welcher dir und
mir einen Grundstein zu besserem Glücke ab-
geben/ ja nicht nur den Genüß einer von so
viel andern angebeteten Schönheiten zueig-
nen; sondern dich auch in die Würde deines
vom August arglistig gestürtzten Vaters verse-
tzen; also Gelegenheit an die Hand geben kan/
das unter das Bild des Julius schimpflich ge-
worffene Haupt deines Oheims/ des unver-
gleichlichen Brutus/ über die Ehren-Maale
beyder Kayser zu erhöhen. Der von Brunst
noch rauchende/ und wieder den Kayser im
Hertzen noch immer Rache und Galle kochen-
de Lepidus wuste/ seinem Bedüncken nach/ sein
Glücke nicht zu begreiffen; verschwur sich also
in allem Julien aufihr blosses Wincken zu Ge-
bote zu stehen. Nach diesen seltzamen Bege-
benheiten schieden alle bey später Nacht von
sammen; und verfolgte Antonius bey Julien/
Lepidus bey Servilien und Julien ihre ein-
mahl angesponnene Liebe. Servilia sahe den
Antonius von aller Eyversucht entfernet/ ja er
selbst gab ihr mehrmahls Gelegenheit an die
Hand sich mit dem Lepidus zu vergnügen. Al-
so ist die Ehrsucht die Sonne der Gemüths-
Begierden/ welche mit ihrem Feuer alle ande-
re verdüstert/ und alle vorige Regungen/ wie
das Koloquinten-Kraut alle Kräuter tödtet.
[Spaltenumbruch] Diesemnach bestellte sie den Lepidus auff eine
gewisse Zeit in den Servilischen Garten; gab
dem Antonius aber Wind und Schlüssel: daß
er beyde beysammen in einem warmen Bade
daselbst betrat. Antonius gebehrdete sich an-
fangs/ als wenn er von Rache glüete/ und das
Qvell mit beyder Blute mehr wärmen wolte;
als aber der nackte/ und aller Waffen entblöste
Lepidus sich gegen ihm auffs tieffste demüthig-
te; sich auch erbot für das ihm geschenckte Leben
mit eben der Pflicht/ als ein freygelassener ver-
bunden zu bleiben/ mäßigte er seinen ohne diß
nur zum Schein angenommenen Grimm; und
schwur endlich dem Antonius zu seiner angeziel-
ten Herrschafft über die Römer auch mit Dar-
setzung seines Blutes beförderlich zu seyn. Wel-
ches Lepidus so viel leichter entschloß; weil er
Julien eben diß so theuer angelobt hatte. Jn-
mittelst war diß eine ungemeine Begebnüs:
daß Lepidus aus einem Nebenbuhler des An-
tonius vertrauter ward; als welchem durch die
seltzame Würckung der Rache die Wermuth
süsse schmeckte/ die ärgste Beschimpffung un-
empfindlich fiel/ da er nur Hoffnung hatte sei-
nem doch so wohlthätigen Feinde so weh zu
thun.

Durch das Band dieser Laster ward endlich
eine vollkommene Verschwerung wieder Au-
gusten und sein gantzes Hauß zu wege gebracht;
Zumahl es denen Zusammenverschwornen am
Anfange nicht fehlete. Sie hätten auch durch
Hinrichtung des Kaysers solche bewerckstelligt/
wenn nicht Fürst Herrmann/ welcher fünfftau-
send Mann von der Leibwache meist Deutsche/
und darunter tausend Batavische Reuter un-
ter seiner Obsicht/ und den Ruhm einer unver-
änderlichen Treue hatte/ sie geschreckt und zu-
rück gehalten hätte. Julia/ welche den Anto-
nius und Lepidus durch Unzucht in ihr Garn
bracht; stellte dem Fürsten Herrmann auf viel-
fältige Art ein Fallbret; aber er stopffte die
Ohren für diesem geilen Weibe sorgfältiger/

als
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Armen des Lepidus verfallen; und nach dem
ſie gleicher Geſtalt in der Stille ſich mit ein an-
der in dem Neben-Zimmer abgemattet/ lernten
ſie auch allererſt einander kennen. Lepidus er-
ſchrack ſo ſehr in dieſem/ als Servilia im andern
Zimmer: daß er mit Julien ſo weit ſich vergan-
gen; und auf allen Fall mit dem Grimme des
Kayſers und des Tiberius ſeinen Untergang
ihm auf den Hals gezogen hatte. Die nichts
minder ſchlaue als unzuͤchtige Julia aber rede-
te den Lepidus an: Glaube: daß zwar du in dei-
ner Liebe geirret habeſt; ich aber bin heute mei-
nes fuͤrlaͤngſt begehrten Zweckes durch deinen
Jrrthum gewehret worden. Laſſe dir dieſen
Fehler nicht mißfaͤllig ſeyn/ welcher dir und
mir einen Grundſtein zu beſſerem Gluͤcke ab-
geben/ ja nicht nur den Genuͤß einer von ſo
viel andern angebeteten Schoͤnheiten zueig-
nen; ſondern dich auch in die Wuͤrde deines
vom Auguſt argliſtig geſtuͤrtzten Vaters verſe-
tzen; alſo Gelegenheit an die Hand geben kan/
das unter das Bild des Julius ſchimpflich ge-
worffene Haupt deines Oheims/ des unver-
gleichlichen Brutus/ uͤber die Ehren-Maale
beyder Kayſer zu erhoͤhen. Der von Brunſt
noch rauchende/ und wieder den Kayſer im
Hertzen noch immer Rache und Galle kochen-
de Lepidus wuſte/ ſeinem Beduͤncken nach/ ſein
Gluͤcke nicht zu begreiffen; verſchwur ſich alſo
in allem Julien aufihr bloſſes Wincken zu Ge-
bote zu ſtehen. Nach dieſen ſeltzamen Bege-
benheiten ſchieden alle bey ſpaͤter Nacht von
ſammen; und verfolgte Antonius bey Julien/
Lepidus bey Servilien und Julien ihre ein-
mahl angeſponnene Liebe. Servilia ſahe den
Antonius von aller Eyverſucht entfernet/ ja er
ſelbſt gab ihr mehrmahls Gelegenheit an die
Hand ſich mit dem Lepidus zu vergnuͤgen. Al-
ſo iſt die Ehrſucht die Sonne der Gemuͤths-
Begierden/ welche mit ihrem Feuer alle ande-
re verduͤſtert/ und alle vorige Regungen/ wie
das Koloquinten-Kraut alle Kraͤuter toͤdtet.
[Spaltenumbruch] Dieſemnach beſtellte ſie den Lepidus auff eine
gewiſſe Zeit in den Serviliſchen Garten; gab
dem Antonius aber Wind und Schluͤſſel: daß
er beyde beyſammen in einem warmen Bade
daſelbſt betrat. Antonius gebehrdete ſich an-
fangs/ als wenn er von Rache gluͤete/ und das
Qvell mit beyder Blute mehr waͤrmen wolte;
als aber der nackte/ und aller Waffen entbloͤſte
Lepidus ſich gegen ihm auffs tieffſte demuͤthig-
te; ſich auch erbot fuͤr das ihm geſchenckte Leben
mit eben der Pflicht/ als ein freygelaſſener ver-
bunden zu bleiben/ maͤßigte er ſeinen ohne diß
nur zum Schein angenommenen Grimm; und
ſchwur endlich dem Antonius zu ſeiner angeziel-
ten Herrſchafft uͤber die Roͤmer auch mit Dar-
ſetzung ſeines Blutes befoͤrderlich zu ſeyn. Wel-
ches Lepidus ſo viel leichter entſchloß; weil er
Julien eben diß ſo theuer angelobt hatte. Jn-
mittelſt war diß eine ungemeine Begebnuͤs:
daß Lepidus aus einem Nebenbuhler des An-
tonius vertrauter ward; als welchem durch die
ſeltzame Wuͤrckung der Rache die Wermuth
ſuͤſſe ſchmeckte/ die aͤrgſte Beſchimpffung un-
empfindlich fiel/ da er nur Hoffnung hatte ſei-
nem doch ſo wohlthaͤtigen Feinde ſo weh zu
thun.

Durch das Band dieſer Laſter ward endlich
eine vollkommene Verſchwerung wieder Au-
guſten und ſein gantzes Hauß zu wege gebracht;
Zumahl es denen Zuſammenverſchwornen am
Anfange nicht fehlete. Sie haͤtten auch durch
Hinrichtung des Kayſers ſolche bewerckſtelligt/
wenn nicht Fuͤrſt Herrmann/ welcher fuͤnfftau-
ſend Mann von der Leibwache meiſt Deutſche/
und darunter tauſend Bataviſche Reuter un-
ter ſeiner Obſicht/ und den Ruhm einer unver-
aͤnderlichen Treue hatte/ ſie geſchreckt und zu-
ruͤck gehalten haͤtte. Julia/ welche den Anto-
nius und Lepidus durch Unzucht in ihr Garn
bracht; ſtellte dem Fuͤrſten Herrmann auf viel-
faͤltige Art ein Fallbret; aber er ſtopffte die
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1227[1229]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1293>, abgerufen am 23.11.2024.