Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
ner vom Kayser ankam/ und den Fürsten Herr-mann abforderte. Dieser traff den Kayser an Gebährden und Gesichte so verstellt an/ als er ihn vor niemahls gesehen hatte. Denn/ weil Eyversucht nichts anders/ als eine aus Liebe und Haß vermischte Mißgeburt/ ja ein rechter Centaurus ist; kan ihre Begegnung nicht ohne Ungebährdung/ und sonder Ausschüttung Feuer und Gifftes geschehen. Welche Ent- rüstung beym August so viel hefftiger war; weil Fürsten eben so empfindlich sind/ wenn man ih- nen ans Hertze rühret/ als wenn man ihnen an den Zepter greifft; ja auch die Eyversucht gegen eine heimliche Buhlschafft so viel hefftiger/ als gegen sein eigen Ehweib ist; so viel jene Liebe die- se an Hefftigkeit übertrifft. Daher wie sie vorher dem so holdseligen Gestirne des Bäres ähnlich gewesen/ also hatte nach ihrem Abfalle sie sich in die Grausamkeit eines Wald-Bäres verwan- delt; Gleichwol aber hatte die Gegenwart des beliebten Herrmanns noch so viel Nachdruck: daß der Kayser nichts thätliches entschloß/ son- dern diesen Fürsten beschwur/ ihm die War- heit nicht zu verschweigen; was zwischen ihm und Terentien/ welche ihre Untreu bereit mit ihrem eigenen Munde verrathen hätte/ für vertrauliche Gemeinschafft gepflogen worden wäre. Fürst Herrmann antwortete mit un- verändertem Antlitze: Er hätte sich der Wol- thaten des Mecenas gebrauchet; und Teren- tien mit derselben Ehrerbietung begegnet/ die eines so edlen Römers Frau/ und eines so gros- sen Fürsten Freundin verdiente. August ver- setzte: seine Unschuld dörffte keiner Vertheidi- gung; aber Terentiens Verbrechen eine un- verfälschte Entdeckung. Herrmann begegnete dem Kayser abermahls unerschrocken: Teren- tia hätte gegen ihn mehr Gewogenheit bezeu- get/ und ihm mehr Liebes gethan/ als er sich würdig schätzte; ob sie aber was unverantwort- liches darunter angezielet/ wäre er ein allzu unverständiger Ausleger; zumahl er niemahls [Spaltenumbruch] wahrgenommen: daß Terentia auch einem Knechte ein sauer Auge gegeben/ vielmehr aber auch dem gemeinen Pöfel mit aller Höfligkeit begegnet hätte. August ward hierüber so ver- wirret: daß er zu keiner gewissen Entschlüssung kommen konte. Endlich fieng er zum Herr- mann an: So solte er denn seine Auslegung für keinen Traum halten: daß Terentia unter dem Zucker ihrer Freundligkeit nichts anders/ als sein Hertze mit Galle/ Herrmanns mit Giffte anzufüllen bemüht gewest wäre. So bald nun der Kayser dem Fürsten Herrmann Urlaub gegeben/ befahl er seinem Geheim- Schreiber Thallo an den Mecenas diesen Be- fehl zu fertigen: daß er die Ehbrecherin Teren- tien für aller Menschen Augen verbergen/ dem Thallo aber alle in ihrem Zimmer befindliche Schrifften abfolgen lassen solte. Weil nun des Kaysers liebster freygelassener Proculus/ der auch selbst mit zu Tibur gewest war; aus Au- gustens Rückkehr und Gebährden was grosses besorgte; bestach er den Thallo mit fünffhundert Groschen: daß er ihm den Auffsatz des Kayser- lichen Befehls eröffnete. Proculus erschrack hierüber auffs hefftigste; und weil er ihm übel be- wust war; rennte er selbigen Augenblick Sporn- streichs voran Terentien zu warnigen. Sie hatte aber die gantze Nacht keinen Schlaff in ih- re Augen bracht; und auf den Morgen/ weil ihr gleichsam die Welt zu enge/ und die herrli- chen Lustgärte eine abscheuliche Wüsteney wa- ren/ sich in das raue Thal an dem Flusse Anio verstecket; also: daß der ängstige Proculus sie kaum in etlichen Stunden auffinden konte. Er traff sie auff der Erde gantz erstarrt an; und er selbst bebte wie ein Aspen-Laub; also: daß beyde einander ohn einig Wort schon ihr Bekümmer- nüs entdeckten. Endlich erzehlte Proculus des Kaysers ertheilten Befehl/ welcher genung zu verstehen gäbe: daß er hinter ein groß Geheim- nüs müste kommen seyn. Jtzt aber liedte es die Zeit nicht Weh zu klagen; sondern sie solte ohne Versäu-
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
ner vom Kayſer ankam/ und den Fuͤrſten Herr-mann abforderte. Dieſer traff den Kayſer an Gebaͤhrden und Geſichte ſo verſtellt an/ als er ihn vor niemahls geſehen hatte. Denn/ weil Eyverſucht nichts anders/ als eine aus Liebe und Haß vermiſchte Mißgeburt/ ja ein rechter Centaurus iſt; kan ihre Begegnung nicht ohne Ungebaͤhrdung/ und ſonder Ausſchuͤttung Feuer und Gifftes geſchehen. Welche Ent- ruͤſtung beym Auguſt ſo viel hefftiger war; weil Fuͤrſten eben ſo empfindlich ſind/ wenn man ih- nen ans Hertze ruͤhret/ als wenn man ihnen an den Zepter greifft; ja auch die Eyverſucht gegen eine heimliche Buhlſchafft ſo viel hefftiger/ als gegen ſein eigen Ehweib iſt; ſo viel jene Liebe die- ſe an Hefftigkeit uͤbertrifft. Daher wie ſie vorher dem ſo holdſeligen Geſtirne des Baͤres aͤhnlich geweſen/ alſo hatte nach ihrem Abfalle ſie ſich in die Grauſamkeit eines Wald-Baͤres verwan- delt; Gleichwol aber hatte die Gegenwart des beliebten Herrmanns noch ſo viel Nachdruck: daß der Kayſer nichts thaͤtliches entſchloß/ ſon- dern dieſen Fuͤrſten beſchwur/ ihm die War- heit nicht zu verſchweigen; was zwiſchen ihm und Terentien/ welche ihre Untreu bereit mit ihrem eigenen Munde verrathen haͤtte/ fuͤr vertrauliche Gemeinſchafft gepflogen worden waͤre. Fuͤrſt Herrmann antwortete mit un- veraͤndertem Antlitze: Er haͤtte ſich der Wol- thaten des Mecenas gebrauchet; und Teren- tien mit derſelben Ehrerbietung begegnet/ die eines ſo edlen Roͤmers Frau/ und eines ſo groſ- ſen Fuͤrſten Freundin verdiente. Auguſt ver- ſetzte: ſeine Unſchuld doͤrffte keiner Vertheidi- gung; aber Terentiens Verbrechen eine un- verfaͤlſchte Entdeckung. Herrmann begegnete dem Kayſer abermahls unerſchrocken: Teren- tia haͤtte gegen ihn mehr Gewogenheit bezeu- get/ und ihm mehr Liebes gethan/ als er ſich wuͤrdig ſchaͤtzte; ob ſie aber was unverantwort- liches darunter angezielet/ waͤre er ein allzu unverſtaͤndiger Ausleger; zumahl er niemahls [Spaltenumbruch] wahrgenommen: daß Terentia auch einem Knechte ein ſauer Auge gegeben/ vielmehr aber auch dem gemeinen Poͤfel mit aller Hoͤfligkeit begegnet haͤtte. Auguſt ward hieruͤber ſo ver- wirret: daß er zu keiner gewiſſen Entſchluͤſſung kommen konte. Endlich fieng er zum Herr- mann an: So ſolte er denn ſeine Auslegung fuͤr keinen Traum halten: daß Terentia unter dem Zucker ihrer Freundligkeit nichts anders/ als ſein Hertze mit Galle/ Herrmanns mit Giffte anzufuͤllen bemuͤht geweſt waͤre. So bald nun der Kayſer dem Fuͤrſten Herrmann Urlaub gegeben/ befahl er ſeinem Geheim- Schreiber Thallo an den Mecenas dieſen Be- fehl zu fertigen: daß er die Ehbrecherin Teren- tien fuͤr aller Menſchen Augen verbergen/ dem Thallo aber alle in ihrem Zimmer befindliche Schrifften abfolgen laſſen ſolte. Weil nun des Kayſers liebſter freygelaſſener Proculus/ der auch ſelbſt mit zu Tibur geweſt war; aus Au- guſtens Ruͤckkehr und Gebaͤhrden was groſſes beſorgte; beſtach er den Thallo mit fuͤnffhundert Groſchen: daß er ihm den Auffſatz des Kayſer- lichen Befehls eroͤffnete. Proculus erſchrack hieruͤber auffs hefftigſte; und weil er ihm uͤbel be- wuſt war; reñte er ſelbigen Augenblick Sporn- ſtreichs voran Terentien zu warnigen. Sie hatte aber die gantze Nacht keinen Schlaff in ih- re Augen bracht; und auf den Morgen/ weil ihr gleichſam die Welt zu enge/ und die herrli- chen Luſtgaͤrte eine abſcheuliche Wuͤſteney wa- ren/ ſich in das raue Thal an dem Fluſſe Anio verſtecket; alſo: daß der aͤngſtige Proculus ſie kaum in etlichen Stunden auffinden konte. Er traff ſie auff der Erde gantz erſtarrt an; und er ſelbſt bebte wie ein Aſpen-Laub; alſo: daß beyde einander ohn einig Wort ſchon ihr Bekuͤmmer- nuͤs entdeckten. Endlich erzehlte Proculus des Kayſers ertheilten Befehl/ welcher genung zu verſtehen gaͤbe: daß er hinter ein groß Geheim- nuͤs muͤſte kommen ſeyn. Jtzt aber liedte es die Zeit nicht Weh zu klagen; ſondern ſie ſolte ohne Verſaͤu-
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Achtes Buch
ner vom Kayſer ankam/ und den Fuͤrſten Herr-
mann abforderte. Dieſer traff den Kayſer an
Gebaͤhrden und Geſichte ſo verſtellt an/ als er
ihn vor niemahls geſehen hatte. Denn/ weil
Eyverſucht nichts anders/ als eine aus Liebe
und Haß vermiſchte Mißgeburt/ ja ein rechter
Centaurus iſt; kan ihre Begegnung nicht ohne
Ungebaͤhrdung/ und ſonder Ausſchuͤttung
Feuer und Gifftes geſchehen. Welche Ent-
ruͤſtung beym Auguſt ſo viel hefftiger war; weil
Fuͤrſten eben ſo empfindlich ſind/ wenn man ih-
nen ans Hertze ruͤhret/ als wenn man ihnen an
den Zepter greifft; ja auch die Eyverſucht gegen
eine heimliche Buhlſchafft ſo viel hefftiger/ als
gegen ſein eigen Ehweib iſt; ſo viel jene Liebe die-
ſe an Hefftigkeit uͤbertrifft. Daher wie ſie vorher
dem ſo holdſeligen Geſtirne des Baͤres aͤhnlich
geweſen/ alſo hatte nach ihrem Abfalle ſie ſich in
die Grauſamkeit eines Wald-Baͤres verwan-
delt; Gleichwol aber hatte die Gegenwart des
beliebten Herrmanns noch ſo viel Nachdruck:
daß der Kayſer nichts thaͤtliches entſchloß/ ſon-
dern dieſen Fuͤrſten beſchwur/ ihm die War-
heit nicht zu verſchweigen; was zwiſchen ihm
und Terentien/ welche ihre Untreu bereit mit
ihrem eigenen Munde verrathen haͤtte/ fuͤr
vertrauliche Gemeinſchafft gepflogen worden
waͤre. Fuͤrſt Herrmann antwortete mit un-
veraͤndertem Antlitze: Er haͤtte ſich der Wol-
thaten des Mecenas gebrauchet; und Teren-
tien mit derſelben Ehrerbietung begegnet/ die
eines ſo edlen Roͤmers Frau/ und eines ſo groſ-
ſen Fuͤrſten Freundin verdiente. Auguſt ver-
ſetzte: ſeine Unſchuld doͤrffte keiner Vertheidi-
gung; aber Terentiens Verbrechen eine un-
verfaͤlſchte Entdeckung. Herrmann begegnete
dem Kayſer abermahls unerſchrocken: Teren-
tia haͤtte gegen ihn mehr Gewogenheit bezeu-
get/ und ihm mehr Liebes gethan/ als er ſich
wuͤrdig ſchaͤtzte; ob ſie aber was unverantwort-
liches darunter angezielet/ waͤre er ein allzu
unverſtaͤndiger Ausleger; zumahl er niemahls
wahrgenommen: daß Terentia auch einem
Knechte ein ſauer Auge gegeben/ vielmehr aber
auch dem gemeinen Poͤfel mit aller Hoͤfligkeit
begegnet haͤtte. Auguſt ward hieruͤber ſo ver-
wirret: daß er zu keiner gewiſſen Entſchluͤſſung
kommen konte. Endlich fieng er zum Herr-
mann an: So ſolte er denn ſeine Auslegung
fuͤr keinen Traum halten: daß Terentia unter
dem Zucker ihrer Freundligkeit nichts anders/
als ſein Hertze mit Galle/ Herrmanns mit
Giffte anzufuͤllen bemuͤht geweſt waͤre. So
bald nun der Kayſer dem Fuͤrſten Herrmann
Urlaub gegeben/ befahl er ſeinem Geheim-
Schreiber Thallo an den Mecenas dieſen Be-
fehl zu fertigen: daß er die Ehbrecherin Teren-
tien fuͤr aller Menſchen Augen verbergen/ dem
Thallo aber alle in ihrem Zimmer befindliche
Schrifften abfolgen laſſen ſolte. Weil nun
des Kayſers liebſter freygelaſſener Proculus/
der auch ſelbſt mit zu Tibur geweſt war; aus Au-
guſtens Ruͤckkehr und Gebaͤhrden was groſſes
beſorgte; beſtach er den Thallo mit fuͤnffhundert
Groſchen: daß er ihm den Auffſatz des Kayſer-
lichen Befehls eroͤffnete. Proculus erſchrack
hieruͤber auffs hefftigſte; und weil er ihm uͤbel be-
wuſt war; reñte er ſelbigen Augenblick Sporn-
ſtreichs voran Terentien zu warnigen. Sie
hatte aber die gantze Nacht keinen Schlaff in ih-
re Augen bracht; und auf den Morgen/ weil
ihr gleichſam die Welt zu enge/ und die herrli-
chen Luſtgaͤrte eine abſcheuliche Wuͤſteney wa-
ren/ ſich in das raue Thal an dem Fluſſe Anio
verſtecket; alſo: daß der aͤngſtige Proculus ſie
kaum in etlichen Stunden auffinden konte. Er
traff ſie auff der Erde gantz erſtarrt an; und er
ſelbſt bebte wie ein Aſpen-Laub; alſo: daß beyde
einander ohn einig Wort ſchon ihr Bekuͤmmer-
nuͤs entdeckten. Endlich erzehlte Proculus des
Kayſers ertheilten Befehl/ welcher genung zu
verſtehen gaͤbe: daß er hinter ein groß Geheim-
nuͤs muͤſte kommen ſeyn. Jtzt aber liedte es die
Zeit nicht Weh zu klagen; ſondern ſie ſolte ohne
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