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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] mit Blumen-Peitschen antasteten; dennoch ih-
re Anfechtung gefährlicher/ als Feuer und Ei-
sen; und derogestalt ihr Sieg auch so viel herr-
licher/ als derer wäre/ welche sich mit ihrem und
des Feindes Blute bespritzten. Wie denn As-
blaste mit ihrer Schamhafftigkeit dißmahls den
beschämte; welchem das gröste Theil der Welt
zu Gebote stand. Sintemahl er nicht nur für
ihrer Hertzhafftigkeit gantz verwirrt und ver-
zweiffelt ward; sondern auch/ weil etliche Stü-
cke Felsen von dem Gewölbe dieser Grufft her-
unter fielen; alle dem Eingange dieser Höle
zudrangen; und nach dem sie das böse Gewissen
ihrer Ubelthaten schon verdammete/ mit Beben
und Zittern den Verfolg ihrer Uppigkeiten ab-
brachen. Die Königin Erato brach der Grä-
fin von der Lippe hierüber ein; vermeldende:
Sie könte sich über des Kaysers August un-
ziemlichem Beginnen nicht genüglich verwun-
dern; und wüste sie bey so gestalten Sachen
nicht; wie ein so lasterhaffter Fürst in der Welt
einen so grossen Ruhm der Tugend erworben
hätte. Adgandester nahm sich der Gräfin an/
und antwortete: hätten doch unter gemeinen
Leuten ihrer viel das Glücke berühmt zu seyn/
nicht aber das Verdienst. Wie viel schwerer
wäre es in die verschlossenen Zimmer und un-
möglich in die Hertzen der alles unter dem
Scheine der Tugend und dem Vorwand des
gemeinen Besten verdeckenden Fürsten zu
schauen. Zugeschweigen: daß auch die/ wel-
che sonst in Erforschung anderer Fehler Luchs-
Augen hätten; solche gegen die Fürsten wie
Maulwürffe zuzuschlüssen; ja die Heuchler gar
ihre schwärtzesten Gemüths-Flecken in die rei-
nesten Vollkommenheiten zu verwandeln pfleg-
ten. August hätte allerdinges so/ wie ins ge-
mein die neuen Fürsten/ sich meisterlich mit dem
Scheine beholffen; und der Stadt Rom einen
blauen Dunst für die Augen; und aus denen
Orten/ wo sich etwas denckwürdiges mit ihm
begeben/ Heiligthümer gemacht; gleich als wenn
[Spaltenumbruch] er den Göttern in der Schoß sässe/ die Tugend
aber in ihm ihren eigenthümlichen Sitz hätte.
Uber welcher Scheinheiligkeit der Fürsten man
sich so viel weniger zu verwundern hätte; nach
dem ihre Sinnenbilder die Berge mit gleich-
mäßiger Heucheley behafftet wären; Derer viel
sich eusserlich in Schnee kleideten/ inwendig
Schwefel und Flamme verdeckten. Also wiese
man bey Velitre Augustens geringe Geburts-
Stelle/ in einem zwar schlechten Gewölbe;
welches man aber nicht anders/ als den heilig-
sten Tempel mit keuschem Leibe und mit grosser
Ehrerbietung betreten dörffte; auch die Ein-
fältigen überredete: daß die Geister darinnen so
wenig/ als in andern Heiligthümern einigen
Entkleideten vertrüge; ja ein neuer und un-
vorsichtiger Bewohner selbigen Ortes des
Nachts von einer über natürlichen Gewalt halb
todt wäre heraus geworffen worden. Alleine
Augustens Thun hätte in eitel Scheinheilig-
keit/ und sein Leben nicht nur in einer uner-
sättlichen Unzucht/ sondern in einem Kreiße der
ärgsten Laster bestanden. Zum Merckmahle
seiner Grausamkeit diente: daß er des überwun-
denen Brutus Kopff unter die Seule des Kay-
sers Julius werffen/ aus denen Gefangenen
Vater und Sohn ums Leben kämpffen; und
denen Fußfälligen den Trost gelassen: Sie
würde ihr Begräbnüs in denen Magen der
Raubvögel finden. Er hätte aller Götter ge-
spottet/ nach zerscheiterter Schiff-Flotte des
Neptunus Bild von seinem Sitze gerissen und
sich verlauten lassen: er wolte auch wieder dieses
Meer-Gottes Willen dem Pompejus den
Sieg zur See abzwingen. Wiewol er auch
zwar aus angenommener Demuth ihm zu Rom
keinen Tempel zu bauen verstatten wollen;
hätte er doch solches in andern Ländern/ und
allenthalben mit dem Beysatze der Stadt
Rom/ als einer ihm vermählten Göttin; wie
auch: daß alle Stände zu Rom jährlich in die
Grube des Curtius für seine Wolfarth ein

grosses

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] mit Blumen-Peitſchen antaſteten; dennoch ih-
re Anfechtung gefaͤhrlicher/ als Feuer und Ei-
ſen; und derogeſtalt ihr Sieg auch ſo viel herr-
licher/ als derer waͤre/ welche ſich mit ihrem und
des Feindes Blute beſpritzten. Wie denn As-
blaſte mit ihrer Schamhafftigkeit dißmahls den
beſchaͤmte; welchem das groͤſte Theil der Welt
zu Gebote ſtand. Sintemahl er nicht nur fuͤr
ihrer Hertzhafftigkeit gantz verwirrt und ver-
zweiffelt ward; ſondern auch/ weil etliche Stuͤ-
cke Felſen von dem Gewoͤlbe dieſer Grufft her-
unter fielen; alle dem Eingange dieſer Hoͤle
zudrangen; und nach dem ſie das boͤſe Gewiſſen
ihrer Ubelthaten ſchon verdammete/ mit Beben
und Zittern den Verfolg ihrer Uppigkeiten ab-
brachen. Die Koͤnigin Erato brach der Graͤ-
fin von der Lippe hieruͤber ein; vermeldende:
Sie koͤnte ſich uͤber des Kayſers Auguſt un-
ziemlichem Beginnen nicht genuͤglich verwun-
dern; und wuͤſte ſie bey ſo geſtalten Sachen
nicht; wie ein ſo laſterhaffter Fuͤrſt in der Welt
einen ſo groſſen Ruhm der Tugend erworben
haͤtte. Adgandeſter nahm ſich der Graͤfin an/
und antwortete: haͤtten doch unter gemeinen
Leuten ihrer viel das Gluͤcke beruͤhmt zu ſeyn/
nicht aber das Verdienſt. Wie viel ſchwerer
waͤre es in die verſchloſſenen Zimmer und un-
moͤglich in die Hertzen der alles unter dem
Scheine der Tugend und dem Vorwand des
gemeinen Beſten verdeckenden Fuͤrſten zu
ſchauen. Zugeſchweigen: daß auch die/ wel-
che ſonſt in Erforſchung anderer Fehler Luchs-
Augen haͤtten; ſolche gegen die Fuͤrſten wie
Maulwuͤrffe zuzuſchluͤſſen; ja die Heuchler gar
ihre ſchwaͤrtzeſten Gemuͤths-Flecken in die rei-
neſten Vollkommenheiten zu verwandeln pfleg-
ten. Auguſt haͤtte allerdinges ſo/ wie ins ge-
mein die neuen Fuͤrſten/ ſich meiſterlich mit dem
Scheine beholffen; und der Stadt Rom einen
blauen Dunſt fuͤr die Augen; und aus denen
Orten/ wo ſich etwas denckwuͤrdiges mit ihm
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[Spaltenumbruch] er den Goͤttern in der Schoß ſaͤſſe/ die Tugend
aber in ihm ihren eigenthuͤmlichen Sitz haͤtte.
Uber welcher Scheinheiligkeit der Fuͤrſten man
ſich ſo viel weniger zu verwundern haͤtte; nach
dem ihre Sinnenbilder die Berge mit gleich-
maͤßiger Heucheley behafftet waͤren; Derer viel
ſich euſſerlich in Schnee kleideten/ inwendig
Schwefel und Flamme verdeckten. Alſo wieſe
man bey Velitre Auguſtens geringe Geburts-
Stelle/ in einem zwar ſchlechten Gewoͤlbe;
welches man aber nicht anders/ als den heilig-
ſten Tempel mit keuſchem Leibe und mit groſſer
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faͤltigen uͤberredete: daß die Geiſter darinnen ſo
wenig/ als in andern Heiligthuͤmern einigen
Entkleideten vertruͤge; ja ein neuer und un-
vorſichtiger Bewohner ſelbigen Ortes des
Nachts von einer uͤber natuͤrlichen Gewalt halb
todt waͤre heraus geworffen worden. Alleine
Auguſtens Thun haͤtte in eitel Scheinheilig-
keit/ und ſein Leben nicht nur in einer uner-
ſaͤttlichen Unzucht/ ſondern in einem Kreiße der
aͤrgſten Laſter beſtanden. Zum Merckmahle
ſeiner Grauſamkeit diente: daß er des uͤberwun-
denen Brutus Kopff unter die Seule des Kay-
ſers Julius werffen/ aus denen Gefangenen
Vater und Sohn ums Leben kaͤmpffen; und
denen Fußfaͤlligen den Troſt gelaſſen: Sie
wuͤrde ihr Begraͤbnuͤs in denen Magen der
Raubvoͤgel finden. Er haͤtte aller Goͤtter ge-
ſpottet/ nach zerſcheiterter Schiff-Flotte des
Neptunus Bild von ſeinem Sitze geriſſen und
ſich verlauten laſſen: er wolte auch wieder dieſes
Meer-Gottes Willen dem Pompejus den
Sieg zur See abzwingen. Wiewol er auch
zwar aus angenom̃ener Demuth ihm zu Rom
keinen Tempel zu bauen verſtatten wollen;
haͤtte er doch ſolches in andern Laͤndern/ und
allenthalben mit dem Beyſatze der Stadt
Rom/ als einer ihm vermaͤhlten Goͤttin; wie
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[1202[1204]/1268] Achtes Buch mit Blumen-Peitſchen antaſteten; dennoch ih- re Anfechtung gefaͤhrlicher/ als Feuer und Ei- ſen; und derogeſtalt ihr Sieg auch ſo viel herr- licher/ als derer waͤre/ welche ſich mit ihrem und des Feindes Blute beſpritzten. Wie denn As- blaſte mit ihrer Schamhafftigkeit dißmahls den beſchaͤmte; welchem das groͤſte Theil der Welt zu Gebote ſtand. Sintemahl er nicht nur fuͤr ihrer Hertzhafftigkeit gantz verwirrt und ver- zweiffelt ward; ſondern auch/ weil etliche Stuͤ- cke Felſen von dem Gewoͤlbe dieſer Grufft her- unter fielen; alle dem Eingange dieſer Hoͤle zudrangen; und nach dem ſie das boͤſe Gewiſſen ihrer Ubelthaten ſchon verdammete/ mit Beben und Zittern den Verfolg ihrer Uppigkeiten ab- brachen. Die Koͤnigin Erato brach der Graͤ- fin von der Lippe hieruͤber ein; vermeldende: Sie koͤnte ſich uͤber des Kayſers Auguſt un- ziemlichem Beginnen nicht genuͤglich verwun- dern; und wuͤſte ſie bey ſo geſtalten Sachen nicht; wie ein ſo laſterhaffter Fuͤrſt in der Welt einen ſo groſſen Ruhm der Tugend erworben haͤtte. Adgandeſter nahm ſich der Graͤfin an/ und antwortete: haͤtten doch unter gemeinen Leuten ihrer viel das Gluͤcke beruͤhmt zu ſeyn/ nicht aber das Verdienſt. Wie viel ſchwerer waͤre es in die verſchloſſenen Zimmer und un- moͤglich in die Hertzen der alles unter dem Scheine der Tugend und dem Vorwand des gemeinen Beſten verdeckenden Fuͤrſten zu ſchauen. Zugeſchweigen: daß auch die/ wel- che ſonſt in Erforſchung anderer Fehler Luchs- Augen haͤtten; ſolche gegen die Fuͤrſten wie Maulwuͤrffe zuzuſchluͤſſen; ja die Heuchler gar ihre ſchwaͤrtzeſten Gemuͤths-Flecken in die rei- neſten Vollkommenheiten zu verwandeln pfleg- ten. Auguſt haͤtte allerdinges ſo/ wie ins ge- mein die neuen Fuͤrſten/ ſich meiſterlich mit dem Scheine beholffen; und der Stadt Rom einen blauen Dunſt fuͤr die Augen; und aus denen Orten/ wo ſich etwas denckwuͤrdiges mit ihm begeben/ Heiligthuͤmer gemacht; gleich als weñ er den Goͤttern in der Schoß ſaͤſſe/ die Tugend aber in ihm ihren eigenthuͤmlichen Sitz haͤtte. Uber welcher Scheinheiligkeit der Fuͤrſten man ſich ſo viel weniger zu verwundern haͤtte; nach dem ihre Sinnenbilder die Berge mit gleich- maͤßiger Heucheley behafftet waͤren; Derer viel ſich euſſerlich in Schnee kleideten/ inwendig Schwefel und Flamme verdeckten. Alſo wieſe man bey Velitre Auguſtens geringe Geburts- Stelle/ in einem zwar ſchlechten Gewoͤlbe; welches man aber nicht anders/ als den heilig- ſten Tempel mit keuſchem Leibe und mit groſſer Ehrerbietung betreten doͤrffte; auch die Ein- faͤltigen uͤberredete: daß die Geiſter darinnen ſo wenig/ als in andern Heiligthuͤmern einigen Entkleideten vertruͤge; ja ein neuer und un- vorſichtiger Bewohner ſelbigen Ortes des Nachts von einer uͤber natuͤrlichen Gewalt halb todt waͤre heraus geworffen worden. Alleine Auguſtens Thun haͤtte in eitel Scheinheilig- keit/ und ſein Leben nicht nur in einer uner- ſaͤttlichen Unzucht/ ſondern in einem Kreiße der aͤrgſten Laſter beſtanden. Zum Merckmahle ſeiner Grauſamkeit diente: daß er des uͤberwun- denen Brutus Kopff unter die Seule des Kay- ſers Julius werffen/ aus denen Gefangenen Vater und Sohn ums Leben kaͤmpffen; und denen Fußfaͤlligen den Troſt gelaſſen: Sie wuͤrde ihr Begraͤbnuͤs in denen Magen der Raubvoͤgel finden. Er haͤtte aller Goͤtter ge- ſpottet/ nach zerſcheiterter Schiff-Flotte des Neptunus Bild von ſeinem Sitze geriſſen und ſich verlauten laſſen: er wolte auch wieder dieſes Meer-Gottes Willen dem Pompejus den Sieg zur See abzwingen. Wiewol er auch zwar aus angenom̃ener Demuth ihm zu Rom keinen Tempel zu bauen verſtatten wollen; haͤtte er doch ſolches in andern Laͤndern/ und allenthalben mit dem Beyſatze der Stadt Rom/ als einer ihm vermaͤhlten Goͤttin; wie auch: daß alle Staͤnde zu Rom jaͤhrlich in die Grube des Curtius fuͤr ſeine Wolfarth ein groſſes

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1202[1204]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1268>, abgerufen am 18.05.2024.