Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] schändliche Verstellung des weiblichen Ge-
schlechtes die sonst trostlose Ceres zu Elevsis er-
freuet haben soll/ entblösseten/ theils das abscheu-
liche Bild des Mutinus; in welches bey den
unzüchtigen Römern die Bräute für ihrer Ver-
mählung künftiger Fruchtbarkeit wegen gesetzt
werden; herum zur Schaue trugen. Die keu-
sche Asblaste entsetzte sich über dem ersten An-
blicke dieses schandbaren Aufzugs; und suchte
die Einsamkeit der finstersten Neben-Höle/ um
auch nicht durch die Augen ihre reine Seele zu
besudeln. Gleichwol waren die Ohren ver-
drüßliche Bothen der in so finsterer Verwir-
rung fürgehender Uppigkeit; welche nicht un-
billich in diese höllische Grufft verdammt war;
weil sie das Tage - Licht zu genüssen nicht
verdiente. Alleine die tugendhaffte Asblaste
blieb in ihrer gesuchten Einsamkeit nicht unbe-
leidigt. Denn das an ihrer Stirne vergessene
Band von gläntzenden Edelsteinen ward ihr
endlich zum Verräther/ und dem nach ihr lech-
senden August zum Wegweiser. Welcher denn
anfangs mit allem ersinnlichen Liebkosen/ und
den grösten Versprechungen an ihre Keuschheit
setzte; fürnemlich aber die wieder der Fürstin As-
blaste ausgelassene Verschmähung so heßliche
Laster darmit zu beschönen vermeinte: daß die
Götter bey dem Elevsinischen Feyer denen Ge-
brechen der Menschen und so schönen Sünden
durch die Finger sehen; welche ohne diß mehr/
als denen vollkommensten Leuten anhängende
Schwachheiten zu übersehen/ denn als Laster zu
bestraffen wären. Asblaste aber setzte ihm mit ei-
ner ernsthafften Hefftigkeit entgegen: Gott wä-
re allezeit und allenthalben ein keuscher Geist;
und ein gerechter Rächer der Mißhandlungen;
kein grösser Kirchen-Raub aber wäre/ als wenn
man einem Gottesdienste diß Heiligthum näh-
me; und mit der Andacht die schändlichsten La-
ster überfirnste. Tugenden wären so reine Per-
len/ welche keinen schlimmen Beysatz der Geil-
heit vertrügen. Sie vermählten sich niemahls/
[Spaltenumbruch] als mit ihres gleichen. Ja wenn nur eine wurm-
stichig würde; so würden sie alle anbrüchig. Da-
her sollte der Kayser seinen bey der Welt erwor-
benen Ruhm; noch auch ihre Seele mit diesem
Schandflecke nicht besudeln; sondern vielmehr
feste glauben: daß ein so kaltsinniger Gottes-
dienst dem Gewissen hernach den Schweiß
heraus triebe/ und der beleidigte GOtt seine
Rache zwar anstehen liesse/ aber niemahls ver-
gässe. Ja wenn auch weder GOtt/ noch Straffe
des Bösen wären; solte der Kayser sich dieser
Schmach entschlagen. Denn alle andere Laster
hätten an sich was männliches; Dieses aber wä-
re durchaus weibisch/ oder vielmehr gar viehisch.
Allein weil die Begierden nicht nur die mensch-
liche Vernunfft bethören; sondern auch die al-
len Thieren gemeine Sinnen rauben; predig-
te Asblaste einem Tauben. Ja weil die Be-
gierde bey leicht genoßbaren Dingen verrau-
chet; gegen denen aber/ die schwer zu erlangen
sind/ auffs hefftigste sich entzündet; gerieth Au-
gust in Raserey: daß er Asblasten zu küssen un-
terfieng. Welches Asblasten so sehr aufbrachte:
daß sie Augusten von sich stieß; und ihm unter
Augen sagte: das Glücke hätte ihm zwar über
ihr Leben/ der Himmel ihm aber keines Weges
über ihre Keuschheit eine Botmäßigkeit einge-
räumt. Daher möchte er nur lieber ihr einen
gewaltsamen Tod verordnen; als durch solche
Zumuthungen das innerste ihrer Seele tödten/
und die köstlichste Uberbleibung ihres Besitz-
thums/ nehmlich die Ehre rauben. August/
welcher ungewohnt war: daß ihm einiger
Mensch etwas abschlüge/ weniger ihm seine
Meinung so hertzhafft und mit einer tugend-
hafften Entrüstung unter Augen sagte; erstarr-
te über dieser Begegnung; und lernte nunmehr:
daß die Lilgen der Keuschheit keine bloß in der
Schneefarbe bestehende Blume ohne Waffen/
sondern vielmehr eine Rose wäre; welche zwar
verschämt/ aber auch mit Dornen ausgerüstet
stünde; und ob zwar ihre Feinde sie meist nur

mit
Erster Theil. N n n n n n n

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſchaͤndliche Verſtellung des weiblichen Ge-
ſchlechtes die ſonſt troſtloſe Ceres zu Elevſis er-
freuet haben ſoll/ entbloͤſſeten/ theils das abſcheu-
liche Bild des Mutinus; in welches bey den
unzuͤchtigen Roͤmern die Braͤute fuͤr ihrer Ver-
maͤhlung kuͤnftiger Fruchtbarkeit wegen geſetzt
werden; herum zur Schaue trugen. Die keu-
ſche Asblaſte entſetzte ſich uͤber dem erſten An-
blicke dieſes ſchandbaren Aufzugs; und ſuchte
die Einſamkeit der finſterſten Neben-Hoͤle/ um
auch nicht durch die Augen ihre reine Seele zu
beſudeln. Gleichwol waren die Ohren ver-
druͤßliche Bothen der in ſo finſterer Verwir-
rung fuͤrgehender Uppigkeit; welche nicht un-
billich in dieſe hoͤlliſche Grufft verdammt war;
weil ſie das Tage - Licht zu genuͤſſen nicht
verdiente. Alleine die tugendhaffte Asblaſte
blieb in ihrer geſuchten Einſamkeit nicht unbe-
leidigt. Denn das an ihrer Stirne vergeſſene
Band von glaͤntzenden Edelſteinen ward ihr
endlich zum Verraͤther/ und dem nach ihr lech-
ſenden Auguſt zum Wegweiſer. Welcher denn
anfangs mit allem erſinnlichen Liebkoſen/ und
den groͤſten Verſprechungen an ihre Keuſchheit
ſetzte; fuͤrnemlich aber die wieder der Fuͤrſtin As-
blaſte ausgelaſſene Verſchmaͤhung ſo heßliche
Laſter darmit zu beſchoͤnen vermeinte: daß die
Goͤtter bey dem Elevſiniſchen Feyer denen Ge-
brechen der Menſchen und ſo ſchoͤnen Suͤnden
durch die Finger ſehen; welche ohne diß mehr/
als denen vollkommenſten Leuten anhaͤngende
Schwachheiten zu uͤberſehen/ denn als Laſter zu
beſtraffen waͤren. Asblaſte aber ſetzte ihm mit ei-
ner ernſthafften Hefftigkeit entgegen: Gott waͤ-
re allezeit und allenthalben ein keuſcher Geiſt;
und ein gerechter Raͤcher der Mißhandlungen;
kein groͤſſer Kirchen-Raub aber waͤre/ als wenn
man einem Gottesdienſte diß Heiligthum naͤh-
me; und mit der Andacht die ſchaͤndlichſten La-
ſter uͤberfirnſte. Tugenden waͤren ſo reine Per-
len/ welche keinen ſchlimmen Beyſatz der Geil-
heit vertruͤgen. Sie vermaͤhlten ſich niemahls/
[Spaltenumbruch] als mit ihres gleichen. Ja wenn nur eine wurm-
ſtichig wuͤrde; ſo wuͤrden ſie alle anbruͤchig. Da-
her ſollte der Kayſer ſeinen bey der Welt erwor-
benen Ruhm; noch auch ihre Seele mit dieſem
Schandflecke nicht beſudeln; ſondern vielmehr
feſte glauben: daß ein ſo kaltſinniger Gottes-
dienſt dem Gewiſſen hernach den Schweiß
heraus triebe/ und der beleidigte GOtt ſeine
Rache zwar anſtehen lieſſe/ aber niemahls ver-
gaͤſſe. Ja wenn auch weder GOtt/ noch Straffe
des Boͤſen waͤren; ſolte der Kayſer ſich dieſer
Schmach entſchlagen. Denn alle andere Laſter
haͤtten an ſich was maͤnnliches; Dieſes aber waͤ-
re durchaus weibiſch/ oder vielmehr gar viehiſch.
Allein weil die Begierden nicht nur die menſch-
liche Vernunfft bethoͤren; ſondern auch die al-
len Thieren gemeine Sinnen rauben; predig-
te Asblaſte einem Tauben. Ja weil die Be-
gierde bey leicht genoßbaren Dingen verrau-
chet; gegen denen aber/ die ſchwer zu erlangen
ſind/ auffs hefftigſte ſich entzuͤndet; gerieth Au-
guſt in Raſerey: daß er Asblaſten zu kuͤſſen un-
terfieng. Welches Asblaſten ſo ſehr aufbrachte:
daß ſie Auguſten von ſich ſtieß; und ihm unter
Augen ſagte: das Gluͤcke haͤtte ihm zwar uͤber
ihr Leben/ der Himmel ihm aber keines Weges
uͤber ihre Keuſchheit eine Botmaͤßigkeit einge-
raͤumt. Daher moͤchte er nur lieber ihr einen
gewaltſamen Tod verordnen; als durch ſolche
Zumuthungen das innerſte ihrer Seele toͤdten/
und die koͤſtlichſte Uberbleibung ihres Beſitz-
thums/ nehmlich die Ehre rauben. Auguſt/
welcher ungewohnt war: daß ihm einiger
Menſch etwas abſchluͤge/ weniger ihm ſeine
Meinung ſo hertzhafft und mit einer tugend-
hafften Entruͤſtung unter Augen ſagte; erſtarr-
te uͤber dieſer Begegnung; und lernte nunmehr:
daß die Lilgen der Keuſchheit keine bloß in der
Schneefarbe beſtehende Blume ohne Waffen/
ſondern vielmehr eine Roſe waͤre; welche zwar
verſchaͤmt/ aber auch mit Dornen ausgeruͤſtet
ſtuͤnde; und ob zwar ihre Feinde ſie meiſt nur

mit
Erſter Theil. N n n n n n n
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1267" n="1201[1203]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndliche Ver&#x017F;tellung des weiblichen Ge-<lb/>
&#x017F;chlechtes die &#x017F;on&#x017F;t tro&#x017F;tlo&#x017F;e Ceres zu Elev&#x017F;is er-<lb/>
freuet haben &#x017F;oll/ entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;eten/ theils das ab&#x017F;cheu-<lb/>
liche Bild des Mutinus; in welches bey den<lb/>
unzu&#x0364;chtigen Ro&#x0364;mern die Bra&#x0364;ute fu&#x0364;r ihrer Ver-<lb/>
ma&#x0364;hlung ku&#x0364;nftiger Fruchtbarkeit wegen ge&#x017F;etzt<lb/>
werden; herum zur Schaue trugen. Die keu-<lb/>
&#x017F;che Asbla&#x017F;te ent&#x017F;etzte &#x017F;ich u&#x0364;ber dem er&#x017F;ten An-<lb/>
blicke die&#x017F;es &#x017F;chandbaren Aufzugs; und &#x017F;uchte<lb/>
die Ein&#x017F;amkeit der fin&#x017F;ter&#x017F;ten Neben-Ho&#x0364;le/ um<lb/>
auch nicht durch die Augen ihre reine Seele zu<lb/>
be&#x017F;udeln. Gleichwol waren die Ohren ver-<lb/>
dru&#x0364;ßliche Bothen der in &#x017F;o fin&#x017F;terer Verwir-<lb/>
rung fu&#x0364;rgehender Uppigkeit; welche nicht un-<lb/>
billich in die&#x017F;e ho&#x0364;lli&#x017F;che Grufft verdammt war;<lb/>
weil &#x017F;ie das Tage - Licht zu genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nicht<lb/>
verdiente. Alleine die tugendhaffte Asbla&#x017F;te<lb/>
blieb in ihrer ge&#x017F;uchten Ein&#x017F;amkeit nicht unbe-<lb/>
leidigt. Denn das an ihrer Stirne verge&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Band von gla&#x0364;ntzenden Edel&#x017F;teinen ward ihr<lb/>
endlich zum Verra&#x0364;ther/ und dem nach ihr lech-<lb/>
&#x017F;enden Augu&#x017F;t zum Wegwei&#x017F;er. Welcher denn<lb/>
anfangs mit allem er&#x017F;innlichen Liebko&#x017F;en/ und<lb/>
den gro&#x0364;&#x017F;ten Ver&#x017F;prechungen an ihre Keu&#x017F;chheit<lb/>
&#x017F;etzte; fu&#x0364;rnemlich aber die wieder der Fu&#x0364;r&#x017F;tin As-<lb/>
bla&#x017F;te ausgela&#x017F;&#x017F;ene Ver&#x017F;chma&#x0364;hung &#x017F;o heßliche<lb/>
La&#x017F;ter darmit zu be&#x017F;cho&#x0364;nen vermeinte: daß die<lb/>
Go&#x0364;tter bey dem Elev&#x017F;ini&#x017F;chen Feyer denen Ge-<lb/>
brechen der Men&#x017F;chen und &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;nen Su&#x0364;nden<lb/>
durch die Finger &#x017F;ehen; welche ohne diß mehr/<lb/>
als denen vollkommen&#x017F;ten Leuten anha&#x0364;ngende<lb/>
Schwachheiten zu u&#x0364;ber&#x017F;ehen/ denn als La&#x017F;ter zu<lb/>
be&#x017F;traffen wa&#x0364;ren. Asbla&#x017F;te aber &#x017F;etzte ihm mit ei-<lb/>
ner ern&#x017F;thafften Hefftigkeit entgegen: Gott wa&#x0364;-<lb/>
re allezeit und allenthalben ein keu&#x017F;cher Gei&#x017F;t;<lb/>
und ein gerechter Ra&#x0364;cher der Mißhandlungen;<lb/>
kein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Kirchen-Raub aber wa&#x0364;re/ als wenn<lb/>
man einem Gottesdien&#x017F;te diß Heiligthum na&#x0364;h-<lb/>
me; und mit der Andacht die &#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;ten La-<lb/>
&#x017F;ter u&#x0364;berfirn&#x017F;te. Tugenden wa&#x0364;ren &#x017F;o reine Per-<lb/>
len/ welche keinen &#x017F;chlimmen Bey&#x017F;atz der Geil-<lb/>
heit vertru&#x0364;gen. Sie verma&#x0364;hlten &#x017F;ich niemahls/<lb/><cb/>
als mit ihres gleichen. Ja wenn nur eine wurm-<lb/>
&#x017F;tichig wu&#x0364;rde; &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie alle anbru&#x0364;chig. Da-<lb/>
her &#x017F;ollte der Kay&#x017F;er &#x017F;einen bey der Welt erwor-<lb/>
benen Ruhm; noch auch ihre Seele mit die&#x017F;em<lb/>
Schandflecke nicht be&#x017F;udeln; &#x017F;ondern vielmehr<lb/>
fe&#x017F;te glauben: daß ein &#x017F;o kalt&#x017F;inniger Gottes-<lb/>
dien&#x017F;t dem Gewi&#x017F;&#x017F;en hernach den Schweiß<lb/>
heraus triebe/ und der beleidigte GOtt &#x017F;eine<lb/>
Rache zwar an&#x017F;tehen lie&#x017F;&#x017F;e/ aber niemahls ver-<lb/>
ga&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Ja wenn auch weder GOtt/ noch Straffe<lb/>
des Bo&#x0364;&#x017F;en wa&#x0364;ren; &#x017F;olte der Kay&#x017F;er &#x017F;ich die&#x017F;er<lb/>
Schmach ent&#x017F;chlagen. Denn alle andere La&#x017F;ter<lb/>
ha&#x0364;tten an &#x017F;ich was ma&#x0364;nnliches; Die&#x017F;es aber wa&#x0364;-<lb/>
re durchaus weibi&#x017F;ch/ oder vielmehr gar viehi&#x017F;ch.<lb/>
Allein weil die Begierden nicht nur die men&#x017F;ch-<lb/>
liche Vernunfft betho&#x0364;ren; &#x017F;ondern auch die al-<lb/>
len Thieren gemeine Sinnen rauben; predig-<lb/>
te Asbla&#x017F;te einem Tauben. Ja weil die Be-<lb/>
gierde bey leicht genoßbaren Dingen verrau-<lb/>
chet; gegen denen aber/ die &#x017F;chwer zu erlangen<lb/>
&#x017F;ind/ auffs hefftig&#x017F;te &#x017F;ich entzu&#x0364;ndet; gerieth Au-<lb/>
gu&#x017F;t in Ra&#x017F;erey: daß er Asbla&#x017F;ten zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en un-<lb/>
terfieng. Welches Asbla&#x017F;ten &#x017F;o &#x017F;ehr aufbrachte:<lb/>
daß &#x017F;ie Augu&#x017F;ten von &#x017F;ich &#x017F;tieß; und ihm unter<lb/>
Augen &#x017F;agte: das Glu&#x0364;cke ha&#x0364;tte ihm zwar u&#x0364;ber<lb/>
ihr Leben/ der Himmel ihm aber keines Weges<lb/>
u&#x0364;ber ihre Keu&#x017F;chheit eine Botma&#x0364;ßigkeit einge-<lb/>
ra&#x0364;umt. Daher mo&#x0364;chte er nur lieber ihr einen<lb/>
gewalt&#x017F;amen Tod verordnen; als durch &#x017F;olche<lb/>
Zumuthungen das inner&#x017F;te ihrer Seele to&#x0364;dten/<lb/>
und die ko&#x0364;&#x017F;tlich&#x017F;te Uberbleibung ihres Be&#x017F;itz-<lb/>
thums/ nehmlich die Ehre rauben. Augu&#x017F;t/<lb/>
welcher ungewohnt war: daß ihm einiger<lb/>
Men&#x017F;ch etwas ab&#x017F;chlu&#x0364;ge/ weniger ihm &#x017F;eine<lb/>
Meinung &#x017F;o hertzhafft und mit einer tugend-<lb/>
hafften Entru&#x0364;&#x017F;tung unter Augen &#x017F;agte; er&#x017F;tarr-<lb/>
te u&#x0364;ber die&#x017F;er Begegnung; und lernte nunmehr:<lb/>
daß die Lilgen der Keu&#x017F;chheit keine bloß in der<lb/>
Schneefarbe be&#x017F;tehende Blume ohne Waffen/<lb/>
&#x017F;ondern vielmehr eine Ro&#x017F;e wa&#x0364;re; welche zwar<lb/>
ver&#x017F;cha&#x0364;mt/ aber auch mit Dornen ausgeru&#x0364;&#x017F;tet<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nde; und ob zwar ihre Feinde &#x017F;ie mei&#x017F;t nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. N n n n n n n</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1201[1203]/1267] Arminius und Thußnelda. ſchaͤndliche Verſtellung des weiblichen Ge- ſchlechtes die ſonſt troſtloſe Ceres zu Elevſis er- freuet haben ſoll/ entbloͤſſeten/ theils das abſcheu- liche Bild des Mutinus; in welches bey den unzuͤchtigen Roͤmern die Braͤute fuͤr ihrer Ver- maͤhlung kuͤnftiger Fruchtbarkeit wegen geſetzt werden; herum zur Schaue trugen. Die keu- ſche Asblaſte entſetzte ſich uͤber dem erſten An- blicke dieſes ſchandbaren Aufzugs; und ſuchte die Einſamkeit der finſterſten Neben-Hoͤle/ um auch nicht durch die Augen ihre reine Seele zu beſudeln. Gleichwol waren die Ohren ver- druͤßliche Bothen der in ſo finſterer Verwir- rung fuͤrgehender Uppigkeit; welche nicht un- billich in dieſe hoͤlliſche Grufft verdammt war; weil ſie das Tage - Licht zu genuͤſſen nicht verdiente. Alleine die tugendhaffte Asblaſte blieb in ihrer geſuchten Einſamkeit nicht unbe- leidigt. Denn das an ihrer Stirne vergeſſene Band von glaͤntzenden Edelſteinen ward ihr endlich zum Verraͤther/ und dem nach ihr lech- ſenden Auguſt zum Wegweiſer. Welcher denn anfangs mit allem erſinnlichen Liebkoſen/ und den groͤſten Verſprechungen an ihre Keuſchheit ſetzte; fuͤrnemlich aber die wieder der Fuͤrſtin As- blaſte ausgelaſſene Verſchmaͤhung ſo heßliche Laſter darmit zu beſchoͤnen vermeinte: daß die Goͤtter bey dem Elevſiniſchen Feyer denen Ge- brechen der Menſchen und ſo ſchoͤnen Suͤnden durch die Finger ſehen; welche ohne diß mehr/ als denen vollkommenſten Leuten anhaͤngende Schwachheiten zu uͤberſehen/ denn als Laſter zu beſtraffen waͤren. Asblaſte aber ſetzte ihm mit ei- ner ernſthafften Hefftigkeit entgegen: Gott waͤ- re allezeit und allenthalben ein keuſcher Geiſt; und ein gerechter Raͤcher der Mißhandlungen; kein groͤſſer Kirchen-Raub aber waͤre/ als wenn man einem Gottesdienſte diß Heiligthum naͤh- me; und mit der Andacht die ſchaͤndlichſten La- ſter uͤberfirnſte. Tugenden waͤren ſo reine Per- len/ welche keinen ſchlimmen Beyſatz der Geil- heit vertruͤgen. Sie vermaͤhlten ſich niemahls/ als mit ihres gleichen. Ja wenn nur eine wurm- ſtichig wuͤrde; ſo wuͤrden ſie alle anbruͤchig. Da- her ſollte der Kayſer ſeinen bey der Welt erwor- benen Ruhm; noch auch ihre Seele mit dieſem Schandflecke nicht beſudeln; ſondern vielmehr feſte glauben: daß ein ſo kaltſinniger Gottes- dienſt dem Gewiſſen hernach den Schweiß heraus triebe/ und der beleidigte GOtt ſeine Rache zwar anſtehen lieſſe/ aber niemahls ver- gaͤſſe. Ja wenn auch weder GOtt/ noch Straffe des Boͤſen waͤren; ſolte der Kayſer ſich dieſer Schmach entſchlagen. Denn alle andere Laſter haͤtten an ſich was maͤnnliches; Dieſes aber waͤ- re durchaus weibiſch/ oder vielmehr gar viehiſch. Allein weil die Begierden nicht nur die menſch- liche Vernunfft bethoͤren; ſondern auch die al- len Thieren gemeine Sinnen rauben; predig- te Asblaſte einem Tauben. Ja weil die Be- gierde bey leicht genoßbaren Dingen verrau- chet; gegen denen aber/ die ſchwer zu erlangen ſind/ auffs hefftigſte ſich entzuͤndet; gerieth Au- guſt in Raſerey: daß er Asblaſten zu kuͤſſen un- terfieng. Welches Asblaſten ſo ſehr aufbrachte: daß ſie Auguſten von ſich ſtieß; und ihm unter Augen ſagte: das Gluͤcke haͤtte ihm zwar uͤber ihr Leben/ der Himmel ihm aber keines Weges uͤber ihre Keuſchheit eine Botmaͤßigkeit einge- raͤumt. Daher moͤchte er nur lieber ihr einen gewaltſamen Tod verordnen; als durch ſolche Zumuthungen das innerſte ihrer Seele toͤdten/ und die koͤſtlichſte Uberbleibung ihres Beſitz- thums/ nehmlich die Ehre rauben. Auguſt/ welcher ungewohnt war: daß ihm einiger Menſch etwas abſchluͤge/ weniger ihm ſeine Meinung ſo hertzhafft und mit einer tugend- hafften Entruͤſtung unter Augen ſagte; erſtarr- te uͤber dieſer Begegnung; und lernte nunmehr: daß die Lilgen der Keuſchheit keine bloß in der Schneefarbe beſtehende Blume ohne Waffen/ ſondern vielmehr eine Roſe waͤre; welche zwar verſchaͤmt/ aber auch mit Dornen ausgeruͤſtet ſtuͤnde; und ob zwar ihre Feinde ſie meiſt nur mit Erſter Theil. N n n n n n n

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1267
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1201[1203]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1267>, abgerufen am 18.05.2024.