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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch]
Jch mag kein ander Grab/ wil alle Quaal ausstehn;
Denn Lieb' und Flamme sind ja allzu wunder-schön.

Bey dem zwölfften Pfeiler ward eine Glut
von denen darein blasenden Winden auffge-
facht/ und derogestalt ausgelegt:

So Wind als Mißgunst muß zu Blase-Bälgen dienen;
Wenn sie die Lieb' und Glut zu tilgen sich erkühnen.

Auff der andern Seite des Tempels hatten
die Barden an denen zwölff übrigen Pfeilern
mit eitel aus dem Wasser genommenen Din-
gen/ und zwar entweder/ weil das weibliche
Geschlechte dem Mohnden/ als der Mutter
aller Feuchtigkeit/ untergeben wird; oder/ weil
sie durch diesen wässerichten Spiegel/ durch die
Perlen- und Purper-Schnecken/ durch die Ko-
rallen-Zancken und andere Wunderwercke des
Meeres nichts minder die Schönheit/ als die
keusche und beständige Liebe der Fürstin Thuß-
nelde andeuten wolten/ dieselbten in eben so viel
Sinnenbildern entworffen. An dem ersten Pfei-
ler lag eine eröffnete Muschel an dem Meer-
Strande/ in die sich der Thau zu Zeugung der
Perlen einflöste; welche die Perle dieser Welt
die wunderschöne Thußnelde derogestalt auff
dem aus dem Göttlichen Verhängnüße kom-
menden Uhrsprung ihrer Liebe also auslegte:

Die Perl' in Muscheln gleicht der Lieb' in meinem Hertzen.
Zeugt jene Morgen-Thau/ fleußt die von Himmels-Kertzen.

Am andern Pfeiler standen eben solche zu der
Empfängnüs der Perlen sich eröffnende Mu-
scheln; derer Geburt aber durch den darein
schimmernden Blitz zernichtet ward; darunter
aber drückte das viel mildere Feuer der Liebe
folgende Reymen aus:

Der Blitz stör't die Geburt der Perlen; Flamm' und Glut
Des Liebens aber ist auch zärt'sten Perlen gut.

Am dritten Pfeiler war eine Menge be-
fruchteter Perlen zu sehen; in derer aller
Schoß aber mehr nicht/ als eine Perle zu sehen
[Spaltenumbruch] war; sintemahl eine Muschel mehr nicht/ als
eine solche Tochter zu empfangen fähig ist.
Welches Thußnelde derogestalt ihr zueignete:

Die Purpur-Schnecke zeugt nur eine Perl' allein.
So schleust mein Hertz' ein Hertz auch eines Herrmanns ein.

Am vierdten Pfeiler mühte sich die Sonne
mit ihren kräfftigen Feuer-Stralen eine zu-
geschlossene Muschel zu eröffnen; ohne welcher
Würckung sich keine sonst auffthut; wordurch
die edle Thußnelde die Würdigkeit ihres Lieb-
habers mit diesen Worten erhob:

Die Muschel läßt sich nur durch kräfft'ge Wärmd' auffschlüs-
sen;
Und meine Sonne kan mich Perle nur genüssen.

Der fünffte Pfeiler stellte ein stürmende;
Meer für Augen/ welches mit seinen Wellen
die Perlen-Muscheln sonder einige Beschädi-
gung von allem Unflate sauber abspielte/ mir
der Beyschrifft:

Des Meeres trüber Schaum thut Perlen Schmach und Neid
Der zarten Seelen-Frucht der Liebe gar kein Leid.

Am sechsten Pfeiler war eine Murene/ die
sich die verbitterten Meer-Fluten an den Klip-
pen zu zerschmettern vergebens bemühten; als
welcher Fisch harte Schläge/ nicht aber gelinde
auszustehen vermag; wormit Thußnelde die
fruchtlose Bemühung des gewaltsamen Mar-
bods derogestalt zu verlachen schien:

Kein Schlag/ ein linder Streich kau die Murenen zwingen;
Und Liebe läßt sich nicht durch Zwang zu wege bringen.

Am siebenden Pfeiler sahe man/ wie ein Ko-
rallen-Gewächse/ so weit es das Meer-Wasser
benetzte/ einer weichen Pflantze gleichte/ so weit
es aber die Lufft trocknete/ sich versteinerte.
Wormit die Fürstin Thußnelde durch einen
Gegensatz die Erweichung ihres Hertzens de-
rogestalt zu entschuldigen meinte:

Die Zeit verkehr't Korall aus einem Kraut' in Stein;
Die Lieb' ein Hertz in Wachs/ das marmeln schien zu seyn.
Welcher
Achtes Buch
[Spaltenumbruch]
Jch mag kein ander Grab/ wil alle Quaal ausſtehn;
Denn Lieb’ und Flamme ſind ja allzu wunder-ſchoͤn.

Bey dem zwoͤlfften Pfeiler ward eine Glut
von denen darein blaſenden Winden auffge-
facht/ und derogeſtalt ausgelegt:

So Wind als Mißgunſt muß zu Blaſe-Baͤlgen dienen;
Wenn ſie die Lieb’ und Glut zu tilgen ſich erkuͤhnen.

Auff der andern Seite des Tempels hatten
die Barden an denen zwoͤlff uͤbrigen Pfeilern
mit eitel aus dem Waſſer genommenen Din-
gen/ und zwar entweder/ weil das weibliche
Geſchlechte dem Mohnden/ als der Mutter
aller Feuchtigkeit/ untergeben wird; oder/ weil
ſie durch dieſen waͤſſerichten Spiegel/ durch die
Perlen- und Purper-Schnecken/ durch die Ko-
rallen-Zancken und andere Wunderwercke des
Meeres nichts minder die Schoͤnheit/ als die
keuſche und beſtaͤndige Liebe der Fuͤrſtin Thuß-
nelde andeuten wolten/ dieſelbten in eben ſo viel
Siñenbildern entworffen. An dem erſten Pfei-
ler lag eine eroͤffnete Muſchel an dem Meer-
Strande/ in die ſich der Thau zu Zeugung der
Perlen einfloͤſte; welche die Perle dieſer Welt
die wunderſchoͤne Thußnelde derogeſtalt auff
dem aus dem Goͤttlichen Verhaͤngnuͤße kom-
menden Uhrſprung ihrer Liebe alſo auslegte:

Die Perl’ in Muſcheln gleicht der Lieb’ in meinem Hertzen.
Zeugt jene Morgen-Thau/ fleußt die von Himmels-Kertzen.

Am andern Pfeiler ſtanden eben ſolche zu der
Empfaͤngnuͤs der Perlen ſich eroͤffnende Mu-
ſcheln; derer Geburt aber durch den darein
ſchimmernden Blitz zernichtet ward; darunter
aber druͤckte das viel mildere Feuer der Liebe
folgende Reymen aus:

Der Blitz ſtoͤr’t die Geburt der Perlen; Flamm’ und Glut
Des Liebens aber iſt auch zaͤrt’ſten Perlen gut.

Am dritten Pfeiler war eine Menge be-
fruchteter Perlen zu ſehen; in derer aller
Schoß aber mehr nicht/ als eine Perle zu ſehen
[Spaltenumbruch] war; ſintemahl eine Muſchel mehr nicht/ als
eine ſolche Tochter zu empfangen faͤhig iſt.
Welches Thußnelde derogeſtalt ihr zueignete:

Die Purpur-Schnecke zeugt nur eine Perl’ allein.
So ſchleuſt mein Hertz’ ein Hertz auch eines Herrmanns ein.

Am vierdten Pfeiler muͤhte ſich die Sonne
mit ihren kraͤfftigen Feuer-Stralen eine zu-
geſchloſſene Muſchel zu eroͤffnen; ohne welcher
Wuͤrckung ſich keine ſonſt auffthut; wordurch
die edle Thußnelde die Wuͤrdigkeit ihres Lieb-
habers mit dieſen Worten erhob:

Die Muſchel laͤßt ſich nur durch kraͤfft’ge Waͤrmd’ auffſchluͤſ-
ſen;
Und meine Sonne kan mich Perle nur genuͤſſen.

Der fuͤnffte Pfeiler ſtellte ein ſtuͤrmende;
Meer fuͤr Augen/ welches mit ſeinen Wellen
die Perlen-Muſcheln ſonder einige Beſchaͤdi-
gung von allem Unflate ſauber abſpielte/ mir
der Beyſchrifft:

Des Meeres truͤber Schaum thut Perlen Schmach und Neid
Der zarten Seelen-Frucht der Liebe gar kein Leid.

Am ſechſten Pfeiler war eine Murene/ die
ſich die verbitterten Meer-Fluten an den Klip-
pen zu zerſchmettern vergebens bemuͤhten; als
welcher Fiſch harte Schlaͤge/ nicht aber gelinde
auszuſtehen vermag; wormit Thußnelde die
fruchtloſe Bemuͤhung des gewaltſamen Mar-
bods derogeſtalt zu verlachen ſchien:

Kein Schlag/ ein linder Streich kau die Murenen zwingen;
Und Liebe laͤßt ſich nicht durch Zwang zu wege bringen.

Am ſiebenden Pfeiler ſahe man/ wie ein Ko-
rallen-Gewaͤchſe/ ſo weit es das Meer-Waſſer
benetzte/ einer weichen Pflantze gleichte/ ſo weit
es aber die Lufft trocknete/ ſich verſteinerte.
Wormit die Fuͤrſtin Thußnelde durch einen
Gegenſatz die Erweichung ihres Hertzens de-
rogeſtalt zu entſchuldigen meinte:

Die Zeit verkehr’t Korall aus einem Kraut’ in Stein;
Die Lieb’ ein Hertz in Wachs/ das marmeln ſchien zu ſeyn.
Welcher
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[1178[1180]/1244] Achtes Buch Jch mag kein ander Grab/ wil alle Quaal ausſtehn; Denn Lieb’ und Flamme ſind ja allzu wunder-ſchoͤn. Bey dem zwoͤlfften Pfeiler ward eine Glut von denen darein blaſenden Winden auffge- facht/ und derogeſtalt ausgelegt: So Wind als Mißgunſt muß zu Blaſe-Baͤlgen dienen; Wenn ſie die Lieb’ und Glut zu tilgen ſich erkuͤhnen. Auff der andern Seite des Tempels hatten die Barden an denen zwoͤlff uͤbrigen Pfeilern mit eitel aus dem Waſſer genommenen Din- gen/ und zwar entweder/ weil das weibliche Geſchlechte dem Mohnden/ als der Mutter aller Feuchtigkeit/ untergeben wird; oder/ weil ſie durch dieſen waͤſſerichten Spiegel/ durch die Perlen- und Purper-Schnecken/ durch die Ko- rallen-Zancken und andere Wunderwercke des Meeres nichts minder die Schoͤnheit/ als die keuſche und beſtaͤndige Liebe der Fuͤrſtin Thuß- nelde andeuten wolten/ dieſelbten in eben ſo viel Siñenbildern entworffen. An dem erſten Pfei- ler lag eine eroͤffnete Muſchel an dem Meer- Strande/ in die ſich der Thau zu Zeugung der Perlen einfloͤſte; welche die Perle dieſer Welt die wunderſchoͤne Thußnelde derogeſtalt auff dem aus dem Goͤttlichen Verhaͤngnuͤße kom- menden Uhrſprung ihrer Liebe alſo auslegte: Die Perl’ in Muſcheln gleicht der Lieb’ in meinem Hertzen. Zeugt jene Morgen-Thau/ fleußt die von Himmels-Kertzen. Am andern Pfeiler ſtanden eben ſolche zu der Empfaͤngnuͤs der Perlen ſich eroͤffnende Mu- ſcheln; derer Geburt aber durch den darein ſchimmernden Blitz zernichtet ward; darunter aber druͤckte das viel mildere Feuer der Liebe folgende Reymen aus: Der Blitz ſtoͤr’t die Geburt der Perlen; Flamm’ und Glut Des Liebens aber iſt auch zaͤrt’ſten Perlen gut. Am dritten Pfeiler war eine Menge be- fruchteter Perlen zu ſehen; in derer aller Schoß aber mehr nicht/ als eine Perle zu ſehen war; ſintemahl eine Muſchel mehr nicht/ als eine ſolche Tochter zu empfangen faͤhig iſt. Welches Thußnelde derogeſtalt ihr zueignete: Die Purpur-Schnecke zeugt nur eine Perl’ allein. So ſchleuſt mein Hertz’ ein Hertz auch eines Herrmanns ein. Am vierdten Pfeiler muͤhte ſich die Sonne mit ihren kraͤfftigen Feuer-Stralen eine zu- geſchloſſene Muſchel zu eroͤffnen; ohne welcher Wuͤrckung ſich keine ſonſt auffthut; wordurch die edle Thußnelde die Wuͤrdigkeit ihres Lieb- habers mit dieſen Worten erhob: Die Muſchel laͤßt ſich nur durch kraͤfft’ge Waͤrmd’ auffſchluͤſ- ſen; Und meine Sonne kan mich Perle nur genuͤſſen. Der fuͤnffte Pfeiler ſtellte ein ſtuͤrmende; Meer fuͤr Augen/ welches mit ſeinen Wellen die Perlen-Muſcheln ſonder einige Beſchaͤdi- gung von allem Unflate ſauber abſpielte/ mir der Beyſchrifft: Des Meeres truͤber Schaum thut Perlen Schmach und Neid Der zarten Seelen-Frucht der Liebe gar kein Leid. Am ſechſten Pfeiler war eine Murene/ die ſich die verbitterten Meer-Fluten an den Klip- pen zu zerſchmettern vergebens bemuͤhten; als welcher Fiſch harte Schlaͤge/ nicht aber gelinde auszuſtehen vermag; wormit Thußnelde die fruchtloſe Bemuͤhung des gewaltſamen Mar- bods derogeſtalt zu verlachen ſchien: Kein Schlag/ ein linder Streich kau die Murenen zwingen; Und Liebe laͤßt ſich nicht durch Zwang zu wege bringen. Am ſiebenden Pfeiler ſahe man/ wie ein Ko- rallen-Gewaͤchſe/ ſo weit es das Meer-Waſſer benetzte/ einer weichen Pflantze gleichte/ ſo weit es aber die Lufft trocknete/ ſich verſteinerte. Wormit die Fuͤrſtin Thußnelde durch einen Gegenſatz die Erweichung ihres Hertzens de- rogeſtalt zu entſchuldigen meinte: Die Zeit verkehr’t Korall aus einem Kraut’ in Stein; Die Lieb’ ein Hertz in Wachs/ das marmeln ſchien zu ſeyn. Welcher

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1178[1180]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1244>, abgerufen am 19.05.2024.