Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] gobarden und andere feindliche Völcker in sei-
nen Schutz genommen hätte. Alle Römische
Flüchtlinge findeten bey ihm ihren Auffenthalt.
Er hätte auch nicht minder das Hertze/ als Kräf-
ten den Römern einen gewaltigen Streich zu
versetzen; welches er zweiffelsfrey schon längst
gewagt hätte/ wenn er nicht vorher gantz
Deutschland zu bemeistern im Schilde führte.
Erreichte er darinnen nun sein Ziel/ möchten
für einem so grossen Haupte die Römer nur
Gallien und Pannonien räumen/ und für den
Deutschen die Alpen/ als Vormauern Jtaliens/
besetzen. Alles dieses aber wäre zu unvermö-
gend gewest des mächtigen Tiberius Vorschlä-
gen das Gewichte zu halten; wenn nicht eine
mit der Fürstin Thusnelde sich ereignende Be-
gebnüs beym Tiberius einen absondern Haß
gegen den König Marbod erreget/ und ihn auff
Saturnins Meinung gebracht hätte. Hiermit
erlangte er: daß ihn Kayser August mit sechs
frischen Legionen verstärckte; welche er im
Früh-Jahre gegen der Donau führte/ in wil-
lens daselbst einzubrechen. Saturninus solte
auf der andern Seite mit fünff Legionen/ und
dreyßig tausend meist Gallischen Hülffs-Völ-
ckern bey den Catten den Durchzug erlangen/
sich durch den Hercinischen Wald hauen/ und in
das Hertze der Marckmänner/ nemlich in das
den Bojen abgenommene Land einbrechen.
König Marbod feyerte inzwischen auch nicht;
vereinbarte Rathschläge und Kriegs-Macht
mit der Quaden Könige Vannius; und solte
dieser gegen der Donau/ er selbst gegen der Saa-
le und Elbe den Römern die Spitze bieten. Ja
er stellte sich wol selbst an/ bald als wenn er in
das Cheruskische/ bald in das Norische/ bald in
das Pannonische Gebiete einfallen wolte; um
der Römer Macht zu zertheilen. Jnsonderheit
aber mühte er sich durch kostbare Bothschafften
die Pannonier/ Noricher/ Thracier/ Jllyrier/
Dalmatier wieder die Römer in Harnisch zu
bringen; weil ein Fürst doch keinen klügern
[Spaltenumbruch] Streich thun kan; als wenn er seinem Feinde
einen andern in die Haare schicket; und mit dem
nicht leichte anbindet; dessen Stärcke man
durch keinen Versuch nicht gemässen/ hernach
aber der einmahl überwundene nur ein zittern-
des/ die Sieger aber zwey feurige Hertzen ha-
ben. Dieser Streich glückte dem Marbod so
wol: daß/ als Tiberius mit seiner Krieges-
Macht schon zu Carmunt an der Donau/ Sa-
turnin nahe an der Saale zum Einbruche fer-
tig stand; beyden die unvermuthete Zeitung
kam: daß hinter ihnen die Dalmatier und Pan-
nonier/ in Hoffnung/ Marbod würde vorwerts
den Römern genung zu schaffen geben/ wieder
die Römer auffgestanden wären/ achthundert
tausend bewehrte Leute auf den Beinen hätten/
und zum Theil gar auf das aller Kriegs-Macht
entblöste Jtalien einzudringen Anstalt mach-
ten. Diese Zeitung verrückte dem Tiberius
alle seine Zirckel; Saturninus muste zurück/
um nur die Deutschen zwischen dem Rheine
und der Weser im Zaume zu halten/ Tiberius
aber nicht allein/ sondern Germanicus und der
junge Drusus wurden gezwungen aus allen
Ecken die eussersten Kräfften wieder diese
schwermenden Völcker/ für denen man schon zu
Rom erzitterte/ zusammen zu ziehen/ und anzu-
führen. Kayser August selbst muste den König
Marbod mit einer prächtigen Botschafft und
herrlichen Geschencken besänfftigen. Also muß
die Staats-Klugheit/ welche zuweilen mit tro-
tzigen Riesen-Schritten gegen einem hergetre-
ten/ die Achseln einziehen/ und mit Kniebeugen
den Rücken kehren.

Die Dalmatier und Pannonier/ welche
nicht verstunden: daß man schlauer Fürsten
Worte offt wie Träume nach dem Wiederspie-
le verstehen und auslegen müsse/ sahen sich über
Hoffen zwar in Krieg eingewickelt/ aber von
Marbod verlassen oder betrogen; welcher den
Pfad des Krieges selbst nicht erkiesete/ den er ih-
nen doch für so heilsam angewiesen hatte; und

den

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] gobarden und andere feindliche Voͤlcker in ſei-
nen Schutz genommen haͤtte. Alle Roͤmiſche
Fluͤchtlinge findeten bey ihm ihren Auffenthalt.
Er haͤtte auch nicht minder das Hertze/ als Kraͤf-
ten den Roͤmern einen gewaltigen Streich zu
verſetzen; welches er zweiffelsfrey ſchon laͤngſt
gewagt haͤtte/ wenn er nicht vorher gantz
Deutſchland zu bemeiſtern im Schilde fuͤhrte.
Erreichte er darinnen nun ſein Ziel/ moͤchten
fuͤr einem ſo groſſen Haupte die Roͤmer nur
Gallien und Pannonien raͤumen/ und fuͤr den
Deutſchen die Alpen/ als Vormaueꝛn Jtaliens/
beſetzen. Alles dieſes aber waͤre zu unvermoͤ-
gend geweſt des maͤchtigen Tiberius Vorſchlaͤ-
gen das Gewichte zu halten; wenn nicht eine
mit der Fuͤrſtin Thusnelde ſich ereignende Be-
gebnuͤs beym Tiberius einen abſondern Haß
gegen den Koͤnig Marbod erreget/ und ihn auff
Saturnins Meinung gebracht haͤtte. Hiermit
erlangte er: daß ihn Kayſer Auguſt mit ſechs
friſchen Legionen verſtaͤrckte; welche er im
Fruͤh-Jahre gegen der Donau fuͤhrte/ in wil-
lens daſelbſt einzubrechen. Saturninus ſolte
auf der andern Seite mit fuͤnff Legionen/ und
dreyßig tauſend meiſt Galliſchen Huͤlffs-Voͤl-
ckern bey den Catten den Durchzug erlangen/
ſich durch den Herciniſchen Wald hauen/ und in
das Hertze der Marckmaͤnner/ nemlich in das
den Bojen abgenommene Land einbrechen.
Koͤnig Marbod feyerte inzwiſchen auch nicht;
vereinbarte Rathſchlaͤge und Kriegs-Macht
mit der Quaden Koͤnige Vannius; und ſolte
dieſer gegen der Donau/ er ſelbſt gegen der Saa-
le und Elbe den Roͤmern die Spitze bieten. Ja
er ſtellte ſich wol ſelbſt an/ bald als wenn er in
das Cheruskiſche/ bald in das Noriſche/ bald in
das Pannoniſche Gebiete einfallen wolte; um
der Roͤmer Macht zu zertheilen. Jnſonderheit
aber muͤhte er ſich durch koſtbare Bothſchafften
die Pannonier/ Noricher/ Thracier/ Jllyrier/
Dalmatier wieder die Roͤmer in Harniſch zu
bringen; weil ein Fuͤrſt doch keinen kluͤgern
[Spaltenumbruch] Streich thun kan; als wenn er ſeinem Feinde
einen andern in die Haare ſchicket; und mit dem
nicht leichte anbindet; deſſen Staͤrcke man
durch keinen Verſuch nicht gemaͤſſen/ hernach
aber der einmahl uͤberwundene nur ein zittern-
des/ die Sieger aber zwey feurige Hertzen ha-
ben. Dieſer Streich gluͤckte dem Marbod ſo
wol: daß/ als Tiberius mit ſeiner Krieges-
Macht ſchon zu Carmunt an der Donau/ Sa-
turnin nahe an der Saale zum Einbruche fer-
tig ſtand; beyden die unvermuthete Zeitung
kam: daß hinter ihnen die Dalmatier und Pan-
nonier/ in Hoffnung/ Marbod wuͤrde vorwerts
den Roͤmern genung zu ſchaffen geben/ wieder
die Roͤmer auffgeſtanden waͤren/ achthundert
tauſend bewehrte Leute auf den Beinen haͤtten/
und zum Theil gar auf das aller Kriegs-Macht
entbloͤſte Jtalien einzudringen Anſtalt mach-
ten. Dieſe Zeitung verruͤckte dem Tiberius
alle ſeine Zirckel; Saturninus muſte zuruͤck/
um nur die Deutſchen zwiſchen dem Rheine
und der Weſer im Zaume zu halten/ Tiberius
aber nicht allein/ ſondern Germanicus und der
junge Druſus wurden gezwungen aus allen
Ecken die euſſerſten Kraͤfften wieder dieſe
ſchwermenden Voͤlcker/ fuͤr denen man ſchon zu
Rom erzitterte/ zuſammen zu ziehen/ und anzu-
fuͤhren. Kayſer Auguſt ſelbſt muſte den Koͤnig
Marbod mit einer praͤchtigen Botſchafft und
herꝛlichen Geſchencken beſaͤnfftigen. Alſo muß
die Staats-Klugheit/ welche zuweilen mit tro-
tzigen Rieſen-Schritten gegen einem hergetre-
ten/ die Achſeln einziehen/ und mit Kniebeugen
den Ruͤcken kehren.

Die Dalmatier und Pannonier/ welche
nicht verſtunden: daß man ſchlauer Fuͤrſten
Worte offt wie Traͤume nach dem Wiederſpie-
le verſtehen und auslegen muͤſſe/ ſahen ſich uͤber
Hoffen zwar in Krieg eingewickelt/ aber von
Marbod verlaſſen oder betrogen; welcher den
Pfad des Krieges ſelbſt nicht erkieſete/ den er ih-
nen doch fuͤr ſo heilſam angewieſen hatte; und

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1222" n="1158[1160]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
gobarden und andere feindliche Vo&#x0364;lcker in &#x017F;ei-<lb/>
nen Schutz genommen ha&#x0364;tte. Alle Ro&#x0364;mi&#x017F;che<lb/>
Flu&#x0364;chtlinge findeten bey ihm ihren Auffenthalt.<lb/>
Er ha&#x0364;tte auch nicht minder das Hertze/ als Kra&#x0364;f-<lb/>
ten den Ro&#x0364;mern einen gewaltigen Streich zu<lb/>
ver&#x017F;etzen; welches er zweiffelsfrey &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
gewagt ha&#x0364;tte/ wenn er nicht vorher gantz<lb/>
Deut&#x017F;chland zu bemei&#x017F;tern im Schilde fu&#x0364;hrte.<lb/>
Erreichte er darinnen nun &#x017F;ein Ziel/ mo&#x0364;chten<lb/>
fu&#x0364;r einem &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Haupte die Ro&#x0364;mer nur<lb/>
Gallien und Pannonien ra&#x0364;umen/ und fu&#x0364;r den<lb/>
Deut&#x017F;chen die Alpen/ als Vormaue&#xA75B;n Jtaliens/<lb/>
be&#x017F;etzen. Alles die&#x017F;es aber wa&#x0364;re zu unvermo&#x0364;-<lb/>
gend gewe&#x017F;t des ma&#x0364;chtigen Tiberius Vor&#x017F;chla&#x0364;-<lb/>
gen das Gewichte zu halten; wenn nicht eine<lb/>
mit der Fu&#x0364;r&#x017F;tin Thusnelde &#x017F;ich ereignende Be-<lb/>
gebnu&#x0364;s beym Tiberius einen ab&#x017F;ondern Haß<lb/>
gegen den Ko&#x0364;nig Marbod erreget/ und ihn auff<lb/>
Saturnins Meinung gebracht ha&#x0364;tte. Hiermit<lb/>
erlangte er: daß ihn Kay&#x017F;er Augu&#x017F;t mit &#x017F;echs<lb/>
fri&#x017F;chen Legionen ver&#x017F;ta&#x0364;rckte; welche er im<lb/>
Fru&#x0364;h-Jahre gegen der Donau fu&#x0364;hrte/ in wil-<lb/>
lens da&#x017F;elb&#x017F;t einzubrechen. Saturninus &#x017F;olte<lb/>
auf der andern Seite mit fu&#x0364;nff Legionen/ und<lb/>
dreyßig tau&#x017F;end mei&#x017F;t Galli&#x017F;chen Hu&#x0364;lffs-Vo&#x0364;l-<lb/>
ckern bey den Catten den Durchzug erlangen/<lb/>
&#x017F;ich durch den Hercini&#x017F;chen Wald hauen/ und in<lb/>
das Hertze der Marckma&#x0364;nner/ nemlich in das<lb/>
den Bojen abgenommene Land einbrechen.<lb/>
Ko&#x0364;nig Marbod feyerte inzwi&#x017F;chen auch nicht;<lb/>
vereinbarte Rath&#x017F;chla&#x0364;ge und Kriegs-Macht<lb/>
mit der Quaden Ko&#x0364;nige Vannius; und &#x017F;olte<lb/>
die&#x017F;er gegen der Donau/ er &#x017F;elb&#x017F;t gegen der Saa-<lb/>
le und Elbe den Ro&#x0364;mern die Spitze bieten. Ja<lb/>
er &#x017F;tellte &#x017F;ich wol &#x017F;elb&#x017F;t an/ bald als wenn er in<lb/>
das Cheruski&#x017F;che/ bald in das Nori&#x017F;che/ bald in<lb/>
das Pannoni&#x017F;che Gebiete einfallen wolte; um<lb/>
der Ro&#x0364;mer Macht zu zertheilen. Jn&#x017F;onderheit<lb/>
aber mu&#x0364;hte er &#x017F;ich durch ko&#x017F;tbare Both&#x017F;chafften<lb/>
die Pannonier/ Noricher/ Thracier/ Jllyrier/<lb/>
Dalmatier wieder die Ro&#x0364;mer in Harni&#x017F;ch zu<lb/>
bringen; weil ein Fu&#x0364;r&#x017F;t doch keinen klu&#x0364;gern<lb/><cb/>
Streich thun kan; als wenn er &#x017F;einem Feinde<lb/>
einen andern in die Haare &#x017F;chicket; und mit dem<lb/>
nicht leichte anbindet; de&#x017F;&#x017F;en Sta&#x0364;rcke man<lb/>
durch keinen Ver&#x017F;uch nicht gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ hernach<lb/>
aber der einmahl u&#x0364;berwundene nur ein zittern-<lb/>
des/ die Sieger aber zwey feurige Hertzen ha-<lb/>
ben. Die&#x017F;er Streich glu&#x0364;ckte dem Marbod &#x017F;o<lb/>
wol: daß/ als Tiberius mit &#x017F;einer Krieges-<lb/>
Macht &#x017F;chon zu Carmunt an der Donau/ Sa-<lb/>
turnin nahe an der Saale zum Einbruche fer-<lb/>
tig &#x017F;tand; beyden die unvermuthete Zeitung<lb/>
kam: daß hinter ihnen die Dalmatier und Pan-<lb/>
nonier/ in Hoffnung/ Marbod wu&#x0364;rde vorwerts<lb/>
den Ro&#x0364;mern genung zu &#x017F;chaffen geben/ wieder<lb/>
die Ro&#x0364;mer auffge&#x017F;tanden wa&#x0364;ren/ achthundert<lb/>
tau&#x017F;end bewehrte Leute auf den Beinen ha&#x0364;tten/<lb/>
und zum Theil gar auf das aller Kriegs-Macht<lb/>
entblo&#x0364;&#x017F;te Jtalien einzudringen An&#x017F;talt mach-<lb/>
ten. Die&#x017F;e Zeitung verru&#x0364;ckte dem Tiberius<lb/>
alle &#x017F;eine Zirckel; Saturninus mu&#x017F;te zuru&#x0364;ck/<lb/>
um nur die Deut&#x017F;chen zwi&#x017F;chen dem Rheine<lb/>
und der We&#x017F;er im Zaume zu halten/ Tiberius<lb/>
aber nicht allein/ &#x017F;ondern Germanicus und der<lb/>
junge Dru&#x017F;us wurden gezwungen aus allen<lb/>
Ecken die eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Kra&#x0364;fften wieder die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chwermenden Vo&#x0364;lcker/ fu&#x0364;r denen man &#x017F;chon zu<lb/>
Rom erzitterte/ zu&#x017F;ammen zu ziehen/ und anzu-<lb/>
fu&#x0364;hren. Kay&#x017F;er Augu&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t mu&#x017F;te den Ko&#x0364;nig<lb/>
Marbod mit einer pra&#x0364;chtigen Bot&#x017F;chafft und<lb/>
her&#xA75B;lichen Ge&#x017F;chencken be&#x017F;a&#x0364;nfftigen. Al&#x017F;o muß<lb/>
die Staats-Klugheit/ welche zuweilen mit tro-<lb/>
tzigen Rie&#x017F;en-Schritten gegen einem hergetre-<lb/>
ten/ die Ach&#x017F;eln einziehen/ und mit Kniebeugen<lb/>
den Ru&#x0364;cken kehren.</p><lb/>
          <p>Die Dalmatier und Pannonier/ welche<lb/>
nicht ver&#x017F;tunden: daß man &#x017F;chlauer Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
Worte offt wie Tra&#x0364;ume nach dem Wieder&#x017F;pie-<lb/>
le ver&#x017F;tehen und auslegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;ahen &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
Hoffen zwar in Krieg eingewickelt/ aber von<lb/>
Marbod verla&#x017F;&#x017F;en oder betrogen; welcher den<lb/>
Pfad des Krieges &#x017F;elb&#x017F;t nicht erkie&#x017F;ete/ den er ih-<lb/>
nen doch fu&#x0364;r &#x017F;o heil&#x017F;am angewie&#x017F;en hatte; und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1158[1160]/1222] Siebendes Buch gobarden und andere feindliche Voͤlcker in ſei- nen Schutz genommen haͤtte. Alle Roͤmiſche Fluͤchtlinge findeten bey ihm ihren Auffenthalt. Er haͤtte auch nicht minder das Hertze/ als Kraͤf- ten den Roͤmern einen gewaltigen Streich zu verſetzen; welches er zweiffelsfrey ſchon laͤngſt gewagt haͤtte/ wenn er nicht vorher gantz Deutſchland zu bemeiſtern im Schilde fuͤhrte. Erreichte er darinnen nun ſein Ziel/ moͤchten fuͤr einem ſo groſſen Haupte die Roͤmer nur Gallien und Pannonien raͤumen/ und fuͤr den Deutſchen die Alpen/ als Vormaueꝛn Jtaliens/ beſetzen. Alles dieſes aber waͤre zu unvermoͤ- gend geweſt des maͤchtigen Tiberius Vorſchlaͤ- gen das Gewichte zu halten; wenn nicht eine mit der Fuͤrſtin Thusnelde ſich ereignende Be- gebnuͤs beym Tiberius einen abſondern Haß gegen den Koͤnig Marbod erreget/ und ihn auff Saturnins Meinung gebracht haͤtte. Hiermit erlangte er: daß ihn Kayſer Auguſt mit ſechs friſchen Legionen verſtaͤrckte; welche er im Fruͤh-Jahre gegen der Donau fuͤhrte/ in wil- lens daſelbſt einzubrechen. Saturninus ſolte auf der andern Seite mit fuͤnff Legionen/ und dreyßig tauſend meiſt Galliſchen Huͤlffs-Voͤl- ckern bey den Catten den Durchzug erlangen/ ſich durch den Herciniſchen Wald hauen/ und in das Hertze der Marckmaͤnner/ nemlich in das den Bojen abgenommene Land einbrechen. Koͤnig Marbod feyerte inzwiſchen auch nicht; vereinbarte Rathſchlaͤge und Kriegs-Macht mit der Quaden Koͤnige Vannius; und ſolte dieſer gegen der Donau/ er ſelbſt gegen der Saa- le und Elbe den Roͤmern die Spitze bieten. Ja er ſtellte ſich wol ſelbſt an/ bald als wenn er in das Cheruskiſche/ bald in das Noriſche/ bald in das Pannoniſche Gebiete einfallen wolte; um der Roͤmer Macht zu zertheilen. Jnſonderheit aber muͤhte er ſich durch koſtbare Bothſchafften die Pannonier/ Noricher/ Thracier/ Jllyrier/ Dalmatier wieder die Roͤmer in Harniſch zu bringen; weil ein Fuͤrſt doch keinen kluͤgern Streich thun kan; als wenn er ſeinem Feinde einen andern in die Haare ſchicket; und mit dem nicht leichte anbindet; deſſen Staͤrcke man durch keinen Verſuch nicht gemaͤſſen/ hernach aber der einmahl uͤberwundene nur ein zittern- des/ die Sieger aber zwey feurige Hertzen ha- ben. Dieſer Streich gluͤckte dem Marbod ſo wol: daß/ als Tiberius mit ſeiner Krieges- Macht ſchon zu Carmunt an der Donau/ Sa- turnin nahe an der Saale zum Einbruche fer- tig ſtand; beyden die unvermuthete Zeitung kam: daß hinter ihnen die Dalmatier und Pan- nonier/ in Hoffnung/ Marbod wuͤrde vorwerts den Roͤmern genung zu ſchaffen geben/ wieder die Roͤmer auffgeſtanden waͤren/ achthundert tauſend bewehrte Leute auf den Beinen haͤtten/ und zum Theil gar auf das aller Kriegs-Macht entbloͤſte Jtalien einzudringen Anſtalt mach- ten. Dieſe Zeitung verruͤckte dem Tiberius alle ſeine Zirckel; Saturninus muſte zuruͤck/ um nur die Deutſchen zwiſchen dem Rheine und der Weſer im Zaume zu halten/ Tiberius aber nicht allein/ ſondern Germanicus und der junge Druſus wurden gezwungen aus allen Ecken die euſſerſten Kraͤfften wieder dieſe ſchwermenden Voͤlcker/ fuͤr denen man ſchon zu Rom erzitterte/ zuſammen zu ziehen/ und anzu- fuͤhren. Kayſer Auguſt ſelbſt muſte den Koͤnig Marbod mit einer praͤchtigen Botſchafft und herꝛlichen Geſchencken beſaͤnfftigen. Alſo muß die Staats-Klugheit/ welche zuweilen mit tro- tzigen Rieſen-Schritten gegen einem hergetre- ten/ die Achſeln einziehen/ und mit Kniebeugen den Ruͤcken kehren. Die Dalmatier und Pannonier/ welche nicht verſtunden: daß man ſchlauer Fuͤrſten Worte offt wie Traͤume nach dem Wiederſpie- le verſtehen und auslegen muͤſſe/ ſahen ſich uͤber Hoffen zwar in Krieg eingewickelt/ aber von Marbod verlaſſen oder betrogen; welcher den Pfad des Krieges ſelbſt nicht erkieſete/ den er ih- nen doch fuͤr ſo heilſam angewieſen hatte; und den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1222
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1158[1160]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1222>, abgerufen am 19.05.2024.