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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]
Die Welt hat eine Perl'/ und eine Sonn' an dir;
So soltestu nun zwar in Purpur-Schalen/
Ja nur an dem Saphirnen Himmel pralen;
Allein die Sonne schläfft auch neben Ochs' und Stier;
Und die beperlten Muscheln schämen/
Sich nicht in Sand und Schilff zu sämen.
Du wirst mein liebstes Schaf/ und ich dein Hirte seyn;
Jch werde dich mit Milch und Honig pflegen;
Den Mund dir auf/ die Hand dir unterlegen/
Die Schaare kommt zwar offt/ doch bleibt der Nutz gemein/
Und alle Müh dich zu vergnügen
Wird nur auff meinen Hüfften liegen.

Bey währendem Singen streichelte sie an-
fangs das Lamm mit den Händen/ hernach
hob sie es gar auff die Schoos. Sie färbte und
entfärbte mehrmahls das Antlitz; die Brüste
schwelleten sich zum öfftern von tieffem Athem-
holen auf; ja man konte genau wahrnehmen:
wie ihr Hertze schneller/ als vorhin zu schlagen
anfieng/ und ihr Gemüthe mit neuen Regun-
gen beunruhigt ward. Unterdessen verwen-
dete sie doch kein Auge von dem knienden Schä-
fer; aus' welchen nunmehr auch eine Anzahl
milder Thränen herfür brach; gleich als wenn
sie selbte vollkommen denen Steinen ähnlich
machen wolte; aus welchen so wol Wasser her-
für zu quellen; als man daraus Feuer zu schla-
gen pfleget. Sie aber nunmehr den mit ihren
Zähren kühlen wolte/ den sie vorher mit den
Strahlen angesteckt hatte. So bald aber dieser
Schäffer sein Lied endigte/ und gleichsam zwi-
schen Furcht und Hoffnung sein Todes- oder
Lebens-Urthel erwartete; hob sie mit einer
gleichsam Seele und Marck durchdringenden
Stimme zu singen an:

Weil Spinnen auch Gewebe ziehen/
Weil ieder Fischer Arglist braucht/
Jedwe des Feuer schwärtzt und raucht/
Dorn und Napel in Gärten blühen;
Weil Unschuld nur wohnt Schaffen bey/
Erkies' ich mir die Schäfferey.

Hiermit faste sie mit beyden Händen des
knienden Schäffers Haupt/ küste ihn auff die
Stirne; stand auf/ ergrieff den für ihr liegen-
[Spaltenumbruch] den Schäffer-Stab; und nöthigte den Schä-
fer sich auch wieder auf die Beine zu machen;
welcher schier unbeweglich worden war/ weil er
seine Glückseligkeit nicht begreiffen konte; und
die Zunge nicht mehr zu rühren vermochte/ in-
dem nichts minder ungemeine Freude/ als ü-
bermäßige Bestürtzung dieses bewegliche Glied
zu hemmen vermag. Die anwesenden Schä-
fer umgaben diese zwey Neulinge in der Liebe;
erfüllten die Lufft mit einem unglaublichen
Freuden-Geschrey/ unzehlbaren Lobsprüchen
beyder Verliebten/ und inbrünstigen Glück-
wünschungen. Ja welches denen Zuschauern
am wunderlichsten fürkam; verwandelten die
Neben-Buhler ihre vorige Liebe in Gewogen-
heit gegen den verliebten Schäffer; und an statt
der vermutheten Eyversucht/ urtheilten sie ihn
alleine würdig diese Perle des Landes zu besiz-
zen. Sie versicherten ihn: daß ihr Hertz durch
übermäßige Liebe bereit in todte Asche verkehrt
worden/ also selbtes keiner fernern Flamme fä-
hig wäre. Zwischen diesem allgemeinen Fro-
locken ward von vier schneeweißen Pferden ein
in Gestalt einer rundten Muschel gefertigter
Wagen herzu geführet; auff welchen sich die
Verliebten setzten. Diesem folgten noch viel
andere mit Laub und Blumen über und über
bewundene Wagen; welche die Frauen und
alle Neben-Buhler aufnahmen/ und gegen ei-
nem kaum zweytausend Schritte davon auf ei-
nem gähen Felsen liegenden Schlosse fort-
brachten. Marbod und seine zwey Ritter hat-
ten bey diesem Gedränge den guten Wurtzel-
Mann verlohren; und/ weil sie nicht begreif-
fen konten: wie in diesem Lande von Leuten so
niedriger Ankunfft so höfliche und geschickte
Bezeugungen aus geübt/ und so prächtige Auf-
züge erschwungen werden könten; ersuchten sie
einen/ den sie für einen Edlen des Landes an-
sahen/ um die Auslegung. Dieser bezeigte
gegen sie als Fremdlinge grosse Freundligkeit;
und vermeldete: daß bey den Marsingern/ und

zwar
D d d d d d d 2
Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch]
Die Welt hat eine Perl’/ und eine Sonn’ an dir;
So ſolteſtu nun zwar in Purpur-Schalen/
Ja nur an dem Saphirnen Himmel pralen;
Allein die Sonne ſchlaͤfft auch neben Ochſ’ und Stier;
Und die beperlten Muſcheln ſchaͤmen/
Sich nicht in Sand und Schilff zu ſaͤmen.
Du wirſt mein liebſtes Schaf/ und ich dein Hirte ſeyn;
Jch werde dich mit Milch und Honig pflegen;
Den Mund dir auf/ die Hand dir unterlegen/
Die Schaare kommt zwar offt/ doch bleibt der Nutz gemein/
Und alle Muͤh dich zu vergnuͤgen
Wird nur auff meinen Huͤfften liegen.

Bey waͤhrendem Singen ſtreichelte ſie an-
fangs das Lamm mit den Haͤnden/ hernach
hob ſie es gar auff die Schoos. Sie faͤrbte und
entfaͤrbte mehrmahls das Antlitz; die Bruͤſte
ſchwelleten ſich zum oͤfftern von tieffem Athem-
holen auf; ja man konte genau wahrnehmen:
wie ihr Hertze ſchneller/ als vorhin zu ſchlagen
anfieng/ und ihr Gemuͤthe mit neuen Regun-
gen beunruhigt ward. Unterdeſſen verwen-
dete ſie doch kein Auge von dem knienden Schaͤ-
fer; aus’ welchen nunmehr auch eine Anzahl
milder Thraͤnen herfuͤr brach; gleich als wenn
ſie ſelbte vollkommen denen Steinen aͤhnlich
machen wolte; aus welchen ſo wol Waſſer her-
fuͤr zu quellen; als man daraus Feuer zu ſchla-
gen pfleget. Sie aber nunmehr den mit ihren
Zaͤhren kuͤhlen wolte/ den ſie vorher mit den
Strahlen angeſteckt hatte. So bald aber dieſer
Schaͤffer ſein Lied endigte/ und gleichſam zwi-
ſchen Furcht und Hoffnung ſein Todes- oder
Lebens-Urthel erwartete; hob ſie mit einer
gleichſam Seele und Marck durchdringenden
Stimme zu ſingen an:

Weil Spinnen auch Gewebe ziehen/
Weil ieder Fiſcher Argliſt braucht/
Jedwe des Feuer ſchwaͤrtzt und raucht/
Dorn und Napel in Gaͤrten bluͤhen;
Weil Unſchuld nur wohnt Schaffen bey/
Erkieſ’ ich mir die Schaͤfferey.

Hiermit faſte ſie mit beyden Haͤnden des
knienden Schaͤffers Haupt/ kuͤſte ihn auff die
Stirne; ſtand auf/ ergrieff den fuͤr ihr liegen-
[Spaltenumbruch] den Schaͤffer-Stab; und noͤthigte den Schaͤ-
fer ſich auch wieder auf die Beine zu machen;
welcher ſchier unbeweglich worden war/ weil er
ſeine Gluͤckſeligkeit nicht begreiffen konte; und
die Zunge nicht mehr zu ruͤhren vermochte/ in-
dem nichts minder ungemeine Freude/ als uͤ-
bermaͤßige Beſtuͤrtzung dieſes bewegliche Glied
zu hemmen vermag. Die anweſenden Schaͤ-
fer umgaben dieſe zwey Neulinge in der Liebe;
erfuͤllten die Lufft mit einem unglaublichen
Freuden-Geſchrey/ unzehlbaren Lobſpruͤchen
beyder Verliebten/ und inbruͤnſtigen Gluͤck-
wuͤnſchungen. Ja welches denen Zuſchauern
am wunderlichſten fuͤrkam; verwandelten die
Neben-Buhler ihre vorige Liebe in Gewogen-
heit gegen den verliebten Schaͤffer; und an ſtatt
der vermutheten Eyverſucht/ urtheilten ſie ihn
alleine wuͤrdig dieſe Perle des Landes zu beſiz-
zen. Sie verſicherten ihn: daß ihr Hertz durch
uͤbermaͤßige Liebe bereit in todte Aſche verkehrt
worden/ alſo ſelbtes keiner fernern Flamme faͤ-
hig waͤre. Zwiſchen dieſem allgemeinen Fro-
locken ward von vier ſchneeweißen Pferden ein
in Geſtalt einer rundten Muſchel gefertigter
Wagen herzu gefuͤhret; auff welchen ſich die
Verliebten ſetzten. Dieſem folgten noch viel
andere mit Laub und Blumen uͤber und uͤber
bewundene Wagen; welche die Frauen und
alle Neben-Buhler aufnahmen/ und gegen ei-
nem kaum zweytauſend Schritte davon auf ei-
nem gaͤhen Felſen liegenden Schloſſe fort-
brachten. Marbod und ſeine zwey Ritter hat-
ten bey dieſem Gedraͤnge den guten Wurtzel-
Mann verlohren; und/ weil ſie nicht begreif-
fen konten: wie in dieſem Lande von Leuten ſo
niedriger Ankunfft ſo hoͤfliche und geſchickte
Bezeugungen aus geuͤbt/ und ſo praͤchtige Auf-
zuͤge erſchwungen werden koͤnten; erſuchten ſie
einen/ den ſie fuͤr einen Edlen des Landes an-
ſahen/ um die Auslegung. Dieſer bezeigte
gegen ſie als Fremdlinge groſſe Freundligkeit;
und vermeldete: daß bey den Marſingern/ und

zwar
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[1131[1133]/1195] Arminius und Thußnelda. Die Welt hat eine Perl’/ und eine Sonn’ an dir; So ſolteſtu nun zwar in Purpur-Schalen/ Ja nur an dem Saphirnen Himmel pralen; Allein die Sonne ſchlaͤfft auch neben Ochſ’ und Stier; Und die beperlten Muſcheln ſchaͤmen/ Sich nicht in Sand und Schilff zu ſaͤmen. Du wirſt mein liebſtes Schaf/ und ich dein Hirte ſeyn; Jch werde dich mit Milch und Honig pflegen; Den Mund dir auf/ die Hand dir unterlegen/ Die Schaare kommt zwar offt/ doch bleibt der Nutz gemein/ Und alle Muͤh dich zu vergnuͤgen Wird nur auff meinen Huͤfften liegen. Bey waͤhrendem Singen ſtreichelte ſie an- fangs das Lamm mit den Haͤnden/ hernach hob ſie es gar auff die Schoos. Sie faͤrbte und entfaͤrbte mehrmahls das Antlitz; die Bruͤſte ſchwelleten ſich zum oͤfftern von tieffem Athem- holen auf; ja man konte genau wahrnehmen: wie ihr Hertze ſchneller/ als vorhin zu ſchlagen anfieng/ und ihr Gemuͤthe mit neuen Regun- gen beunruhigt ward. Unterdeſſen verwen- dete ſie doch kein Auge von dem knienden Schaͤ- fer; aus’ welchen nunmehr auch eine Anzahl milder Thraͤnen herfuͤr brach; gleich als wenn ſie ſelbte vollkommen denen Steinen aͤhnlich machen wolte; aus welchen ſo wol Waſſer her- fuͤr zu quellen; als man daraus Feuer zu ſchla- gen pfleget. Sie aber nunmehr den mit ihren Zaͤhren kuͤhlen wolte/ den ſie vorher mit den Strahlen angeſteckt hatte. So bald aber dieſer Schaͤffer ſein Lied endigte/ und gleichſam zwi- ſchen Furcht und Hoffnung ſein Todes- oder Lebens-Urthel erwartete; hob ſie mit einer gleichſam Seele und Marck durchdringenden Stimme zu ſingen an: Weil Spinnen auch Gewebe ziehen/ Weil ieder Fiſcher Argliſt braucht/ Jedwe des Feuer ſchwaͤrtzt und raucht/ Dorn und Napel in Gaͤrten bluͤhen; Weil Unſchuld nur wohnt Schaffen bey/ Erkieſ’ ich mir die Schaͤfferey. Hiermit faſte ſie mit beyden Haͤnden des knienden Schaͤffers Haupt/ kuͤſte ihn auff die Stirne; ſtand auf/ ergrieff den fuͤr ihr liegen- den Schaͤffer-Stab; und noͤthigte den Schaͤ- fer ſich auch wieder auf die Beine zu machen; welcher ſchier unbeweglich worden war/ weil er ſeine Gluͤckſeligkeit nicht begreiffen konte; und die Zunge nicht mehr zu ruͤhren vermochte/ in- dem nichts minder ungemeine Freude/ als uͤ- bermaͤßige Beſtuͤrtzung dieſes bewegliche Glied zu hemmen vermag. Die anweſenden Schaͤ- fer umgaben dieſe zwey Neulinge in der Liebe; erfuͤllten die Lufft mit einem unglaublichen Freuden-Geſchrey/ unzehlbaren Lobſpruͤchen beyder Verliebten/ und inbruͤnſtigen Gluͤck- wuͤnſchungen. Ja welches denen Zuſchauern am wunderlichſten fuͤrkam; verwandelten die Neben-Buhler ihre vorige Liebe in Gewogen- heit gegen den verliebten Schaͤffer; und an ſtatt der vermutheten Eyverſucht/ urtheilten ſie ihn alleine wuͤrdig dieſe Perle des Landes zu beſiz- zen. Sie verſicherten ihn: daß ihr Hertz durch uͤbermaͤßige Liebe bereit in todte Aſche verkehrt worden/ alſo ſelbtes keiner fernern Flamme faͤ- hig waͤre. Zwiſchen dieſem allgemeinen Fro- locken ward von vier ſchneeweißen Pferden ein in Geſtalt einer rundten Muſchel gefertigter Wagen herzu gefuͤhret; auff welchen ſich die Verliebten ſetzten. Dieſem folgten noch viel andere mit Laub und Blumen uͤber und uͤber bewundene Wagen; welche die Frauen und alle Neben-Buhler aufnahmen/ und gegen ei- nem kaum zweytauſend Schritte davon auf ei- nem gaͤhen Felſen liegenden Schloſſe fort- brachten. Marbod und ſeine zwey Ritter hat- ten bey dieſem Gedraͤnge den guten Wurtzel- Mann verlohren; und/ weil ſie nicht begreif- fen konten: wie in dieſem Lande von Leuten ſo niedriger Ankunfft ſo hoͤfliche und geſchickte Bezeugungen aus geuͤbt/ und ſo praͤchtige Auf- zuͤge erſchwungen werden koͤnten; erſuchten ſie einen/ den ſie fuͤr einen Edlen des Landes an- ſahen/ um die Auslegung. Dieſer bezeigte gegen ſie als Fremdlinge groſſe Freundligkeit; und vermeldete: daß bey den Marſingern/ und zwar D d d d d d d 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1131[1133]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1195>, abgerufen am 23.11.2024.