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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] der die Deutschen seinen Ruhm noch einmahl in
Gefahr zu setzen; sondern als er ermordet ward/
berathschlagte er sich gleich/ wie er den Parthen
und Geten eines versetzen möchte.

Derogestalt hatten die Deutschen nunmehr
wol die Hand in den Römischen/ die Römer a-
ber nicht in den Deutschen Händen. Alleine
wie die Sommer-Wärmde die gifftigen Feuch-
tigkeiten in die Lufft empor zeucht; welche die
Kälte des Winters in der Erde verschlossen
hielt; als öffnete die verschwundene Gefahr für
den Römern in Deutschland die alten Regun-
gen der Herrsch und Eyversucht. Die Cat-
ten waren den Cheruskern niemahls auffsetziger
gewest/ als itzt; da ihr Glück und Ansehen
gleichsam wieder sichtbarlich zunahm. Denn
der Neid hat die Eigenschafft der nur den vol-
len Mohnden anbellenden Hunde; und ist ein
Gifft/ welches nicht wircket/ wo es keine Wärm-
de findet. Denn ob zwar einige die Todfeind-
schafft der Catten und Cherusker/ wie auch etli-
cher andern Völcker einem wiedrigen Ein-
fluße der Gestirne/ oder einer andern geheimen
Würckung der Natur zueignen; auch etliche
gar getichtet haben: daß beyder Blut in einem
Becken sich wie der Rhodan in dem Lemanni-
schen See nicht mit einander vermischten; da-
her auch selbte mit der Mutter-Milch gleich-
sam denen Kindern eingeflößet würden; so ist
doch der Warheit vielmehr gemäßer: daß die
Ober-Herrschafft in Deutschland der Cherus-
kisch- und Cattischen Häuser Zanck-Eisen/ und
die Uberschlagung der Zunge in der Wage
Deutschlandes stets der Uhrsprung eines neuen
Krieges/ wie für Zeiten zwischen den Grichen
und Persen/ Asien/ zwischen Rom und Cartha-
go das Mittelländische Meer mit seinen Ey-
landen der Zanck-Apffel gewest wäre. Dieser
Eigen-Nutz wäre das Geheimnüß/ das die
Naturkündiger nicht zu nennen wüsten; und
das nicht nur die Menschen/ sondern auch Thie-
re und Gewächse gegen einander zwistig mach-
[Spaltenumbruch] te. Die Feindschafft zwischen der Eiche und
dem Oel-Baume/ zwischen Kohl und dem
Weinstocke/ zwischen Rosen und Knoblauch/
rühret aus nichts anderm her/ als daß eines dem
andern die Nahrung raubt. Der Adler und
Drache führen einen ewigen Krieg der Schlan-
gen halber mit einander/ die beyde zu ihrer
Speise/ wie die Catten und Cherusker die Deut-
sche Herrschafft allein haben wollen. Weil aber
weder ein noch das andere Hauß wegen der an-
dern Deutschen Fürsten Eyversucht ihm nach
diesem Bissen die Zähne darff lassen wässericht
werden; ist inzwischen die Feldherrschafft die
Braut/ darum beyde tantzen. Denn ob selbte
zwar mehr Schatten der Ehre/ als wesentliche
Macht an sich hat; so ist doch die Ehrsucht nach
einem Lorber-Blate offt lüsterner/ als nach ei-
nem Granat-Apffel; und der Adler um die
Herrschafft der Lufft alleine zu behaupten/ ver-
folget den ohnmächtigen Schnee-König nur
seines ihm verdächtigen Nahmens halber biß
auff den Tod. Daher rückten die Catten dem
Cheruskischen Hause auff: daß selbtes nicht so
wol durch Tapfferkeit/ als durch vortheilhaff-
tige Heyrathen sich vergrössert/ und in Deutsch-
land so viel Leut und Länder unter sich gebracht
hätte; dessen ungeachtet verschmäheten nun-
mehr von geraumer Zeit her die Cheruskischen
Fürsten andere ältere Geschlechter/ und ver-
mählten sich entweder nur mit ihren Bluts-
verwandten/ oder gantz fremden Weibern. Se-
gimer hätte so gar eines Parthischen Leibeige-
nen des Surena Tochter geheyrathet; da doch
voriger Zeit die deutschen Fürsten auch selbst de-
nen Persischen Königen ihre Kinder versagt
hätten. Uber diß stellten sie Asblasten/ Segi-
mers Gemahlin eine übrige Zärtligkeit zum
Mangel aus/ wordurch der Morgenländer
weichliche Sitten und Lebens-Art in Deutsch-
land unvermerckt eingeschleppt/ und der alten
Tugend/ welche unter Schweiß und Staub
einen sicheren Auffenthalt hätte/ als Balsam

und

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] der die Deutſchen ſeinen Ruhm noch einmahl in
Gefahr zu ſetzen; ſondern als er ermordet ward/
berathſchlagte er ſich gleich/ wie er den Parthen
und Geten eines verſetzen moͤchte.

Derogeſtalt hatten die Deutſchen nunmehr
wol die Hand in den Roͤmiſchen/ die Roͤmer a-
ber nicht in den Deutſchen Haͤnden. Alleine
wie die Sommer-Waͤrmde die gifftigen Feuch-
tigkeiten in die Lufft empor zeucht; welche die
Kaͤlte des Winters in der Erde verſchloſſen
hielt; als oͤffnete die verſchwundene Gefahr fuͤr
den Roͤmern in Deutſchland die alten Regun-
gen der Herꝛſch und Eyverſucht. Die Cat-
ten waren den Cheruskern niemahls auffſetziger
geweſt/ als itzt; da ihr Gluͤck und Anſehen
gleichſam wieder ſichtbarlich zunahm. Denn
der Neid hat die Eigenſchafft der nur den vol-
len Mohnden anbellenden Hunde; und iſt ein
Gifft/ welches nicht wiꝛcket/ wo es keine Waͤrm-
de findet. Denn ob zwar einige die Todfeind-
ſchafft der Catten und Cherusker/ wie auch etli-
cher andern Voͤlcker einem wiedrigen Ein-
fluße der Geſtirne/ oder einer andern geheimen
Wuͤrckung der Natur zueignen; auch etliche
gar getichtet haben: daß beyder Blut in einem
Becken ſich wie der Rhodan in dem Lemanni-
ſchen See nicht mit einander vermiſchten; da-
her auch ſelbte mit der Mutter-Milch gleich-
ſam denen Kindern eingefloͤßet wuͤrden; ſo iſt
doch der Warheit vielmehr gemaͤßer: daß die
Ober-Herꝛſchafft in Deutſchland der Cherus-
kiſch- und Cattiſchen Haͤuſer Zanck-Eiſen/ und
die Uberſchlagung der Zunge in der Wage
Deutſchlandes ſtets der Uhrſprung eines neuen
Krieges/ wie fuͤr Zeiten zwiſchen den Grichen
und Perſen/ Aſien/ zwiſchen Rom und Cartha-
go das Mittellaͤndiſche Meer mit ſeinen Ey-
landen der Zanck-Apffel geweſt waͤre. Dieſer
Eigen-Nutz waͤre das Geheimnuͤß/ das die
Naturkuͤndiger nicht zu nennen wuͤſten; und
das nicht nur die Menſchen/ ſondern auch Thie-
re und Gewaͤchſe gegen einander zwiſtig mach-
[Spaltenumbruch] te. Die Feindſchafft zwiſchen der Eiche und
dem Oel-Baume/ zwiſchen Kohl und dem
Weinſtocke/ zwiſchen Roſen und Knoblauch/
ruͤhret aus nichts anderm her/ als daß eines dem
andern die Nahrung raubt. Der Adler und
Drache fuͤhren einen ewigen Krieg der Schlan-
gen halber mit einander/ die beyde zu ihrer
Speiſe/ wie die Catten und Cherusker die Deut-
ſche Herꝛſchafft allein haben wollen. Weil aber
weder ein noch das andere Hauß wegen der an-
dern Deutſchen Fuͤrſten Eyverſucht ihm nach
dieſem Biſſen die Zaͤhne darff laſſen waͤſſericht
werden; iſt inzwiſchen die Feldherꝛſchafft die
Braut/ darum beyde tantzen. Denn ob ſelbte
zwar mehr Schatten der Ehre/ als weſentliche
Macht an ſich hat; ſo iſt doch die Ehrſucht nach
einem Lorber-Blate offt luͤſterner/ als nach ei-
nem Granat-Apffel; und der Adler um die
Herꝛſchafft der Lufft alleine zu behaupten/ ver-
folget den ohnmaͤchtigen Schnee-Koͤnig nur
ſeines ihm verdaͤchtigen Nahmens halber biß
auff den Tod. Daher ruͤckten die Catten dem
Cheruskiſchen Hauſe auff: daß ſelbtes nicht ſo
wol durch Tapfferkeit/ als durch vortheilhaff-
tige Heyrathen ſich vergroͤſſert/ und in Deutſch-
land ſo viel Leut und Laͤnder unter ſich gebracht
haͤtte; deſſen ungeachtet verſchmaͤheten nun-
mehr von geraumer Zeit her die Cheruskiſchen
Fuͤrſten andere aͤltere Geſchlechter/ und ver-
maͤhlten ſich entweder nur mit ihren Bluts-
verwandten/ oder gantz fremden Weibern. Se-
gimer haͤtte ſo gar eines Parthiſchen Leibeige-
nen des Surena Tochter geheyrathet; da doch
voriger Zeit die deutſchen Fuͤrſten auch ſelbſt de-
nen Perſiſchen Koͤnigen ihre Kinder verſagt
haͤtten. Uber diß ſtellten ſie Asblaſten/ Segi-
mers Gemahlin eine uͤbrige Zaͤrtligkeit zum
Mangel aus/ wordurch der Morgenlaͤnder
weichliche Sitten und Lebens-Art in Deutſch-
land unvermerckt eingeſchleppt/ und der alten
Tugend/ welche unter Schweiß und Staub
einen ſicheren Auffenthalt haͤtte/ als Balſam

und
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1038[1040]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1102>, abgerufen am 23.11.2024.