Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.CLEOPATRA. Nu euer Vorwitz uns schier dreimal sterben heist/Weil schon zum andern mal mein einverlibter Geist/ Jm sterbenden Anton des Todes Schatten küsset. 490.Geht/ weil ihr doch kein Heil für meine Wunde wisset/ Geht eilt dem Fürsten nur mit Stärckungs-Sästen zu: Mir bring't nur Gift: daß mans in mein Geträncke thu' Ein Sklave mag den Kopf in Fesseln ihm zerdrücken; Und ihr dürft mir den Todt den Port der Noth verstrücken? Iras. Man trägt/ Prinzessin/ gleich den Fürsten zu ihr her. Cleop. Sind alle Wolcken denn itzt alles Blitzes leer? Sind keine Scillen nicht in diser See zufinden? Und kan kein Dolch kein Gift des Lebens mich entbinden? O Himmel! daß dis Leid wir nimals dörffen schaun; 500.Hieß unsre bange Furcht uns dis Begräbnüs baun? Ach! aber was uns hat den Anblick soll'n verhütten/ Dis hat di tiefste Wund' ihm in das Hertz geschnitten! Ach Gott! si bringen ihn! mein Fürst/ mein Haupt/ mein Licht! Lebt er/ erblickt er uns? besinnet er sich nicht? 505.Welch Sturmwind schmettert uus auf dise Schifbruchs Klippen/ Er athmet/ er blickt auf/ er rührt di blassen Lippen/ Das Wort erstirbt im Mund/ es bricht der Angstschweiß für. Anton. Mein Schatz! Cleop. Mein Fürst? Ant. Mein Licht! Cleop. Mein Haupt? Ant. Si drücke mir/ Di starren Augen zu/ nun si mein Geist gesegnet. 510.Wenn diser letzte Trost noch meiner Angst begegnet: Daß ihre Schoß mir kan mein Sterbe-Küssen sein/ So schift Anton mit Lust in Todt und Hafen ein. Cleopatr. Ach! sol Cleopatra deß Fürsten Tod erleben? Sol der gesalbte Leib ihm eine Baar abgeben? 515.Jhr Götter gebet nicht so herben Unfall zu! Gift/ Dolch/ und Messer her! Anton. Si gebe sich zu ruh. Si weiger' uns mein Schatz nicht unser letztes bitten. Cleopatr. Kan keine Schlange mehr kein tödtlich Gift aus- brütten? Lebt
CLEOPATRA. Nu euer Vorwitz uns ſchier dreimal ſterben heiſt/Weil ſchon zum andern mal mein einverlibter Geiſt/ Jm ſterbenden Anton des Todes Schatten kuͤſſet. 490.Geht/ weil ihr doch kein Heil fuͤr meine Wunde wiſſet/ Geht eilt dem Fuͤrſten nur mit Staͤrckungs-Saͤſten zu: Mir bring’t nur Gift: daß mans in mein Getraͤncke thu’ Ein Sklave mag den Kopf in Feſſeln ihm zerdruͤcken; Und ihr duͤrft mir den Todt den Port der Noth verſtruͤcken? Iras. Man traͤgt/ Prinzeſſin/ gleich den Fuͤrſten zu ihr her. Cleop. Sind alle Wolcken denn itzt alles Blitzes leer? Sind keine Scillen nicht in diſer See zufinden? Und kan kein Dolch kein Gift des Lebens mich entbinden? O Himmel! daß dis Leid wir nimals doͤrffen ſchaun; 500.Hieß unſre bange Furcht uns dis Begraͤbnuͤs baun? Ach! aber was uns hat den Anblick ſoll’n verhuͤtten/ Dis hat di tiefſte Wund’ ihm in das Hertz geſchnitten! Ach Gott! ſi bringen ihn! mein Fuͤrſt/ mein Haupt/ mein Licht! Lebt er/ erblickt er uns? beſinnet er ſich nicht? 505.Welch Sturmwind ſchmettert uus auf diſe Schifbruchs Klippen/ Er athmet/ er blickt auf/ er ruͤhrt di blaſſen Lippen/ Das Wort erſtirbt im Mund/ es bricht der Angſtſchweiß fuͤr. Anton. Mein Schatz! Cleop. Mein Fuͤrſt? Ant. Mein Licht! Cleop. Mein Haupt? Ant. Si druͤcke mir/ Di ſtarren Augen zu/ nun ſi mein Geiſt geſegnet. 510.Wenn diſer letzte Troſt noch meiner Angſt begegnet: Daß ihre Schoß mir kan mein Sterbe-Kuͤſſen ſein/ So ſchift Anton mit Luſt in Todt und Hafen ein. Cleopatr. Ach! ſol Cleopatra deß Fuͤrſten Tod erleben? Sol der geſalbte Leib ihm eine Baar abgeben? 515.Jhr Goͤtter gebet nicht ſo herben Unfall zu! Gift/ Dolch/ und Meſſer her! Anton. Si gebe ſich zu ruh. Si weiger’ uns mein Schatz nicht unſer letztes bitten. Cleopatr. Kan keine Schlange mehr kein toͤdtlich Gift aus- bruͤtten? Lebt
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Weil ſchon zum andern mal mein einverlibter Geiſt/
Jm ſterbenden Anton des Todes Schatten kuͤſſet.
Geht/ weil ihr doch kein Heil fuͤr meine Wunde wiſſet/
Geht eilt dem Fuͤrſten nur mit Staͤrckungs-Saͤſten zu:
Mir bring’t nur Gift: daß mans in mein Getraͤncke thu’
Ein Sklave mag den Kopf in Feſſeln ihm zerdruͤcken;
Und ihr duͤrft mir den Todt den Port der Noth verſtruͤcken?
Iras. Man traͤgt/ Prinzeſſin/ gleich den Fuͤrſten zu ihr her.
Cleop. Sind alle Wolcken denn itzt alles Blitzes leer?
Sind keine Scillen nicht in diſer See zufinden?
Und kan kein Dolch kein Gift des Lebens mich entbinden?
O Himmel! daß dis Leid wir nimals doͤrffen ſchaun;
Hieß unſre bange Furcht uns dis Begraͤbnuͤs baun?
Ach! aber was uns hat den Anblick ſoll’n verhuͤtten/
Dis hat di tiefſte Wund’ ihm in das Hertz geſchnitten!
Ach Gott! ſi bringen ihn! mein Fuͤrſt/ mein Haupt/ mein
Licht!
Lebt er/ erblickt er uns? beſinnet er ſich nicht?
Welch Sturmwind ſchmettert uus auf diſe Schifbruchs
Klippen/
Er athmet/ er blickt auf/ er ruͤhrt di blaſſen Lippen/
Das Wort erſtirbt im Mund/ es bricht der Angſtſchweiß fuͤr.
Anton. Mein Schatz!
Cleop. Mein Fuͤrſt?
Ant. Mein
Licht!
Cleop. Mein Haupt?
Ant. Si druͤcke mir/
Di ſtarren Augen zu/ nun ſi mein Geiſt geſegnet.
Wenn diſer letzte Troſt noch meiner Angſt begegnet:
Daß ihre Schoß mir kan mein Sterbe-Kuͤſſen ſein/
So ſchift Anton mit Luſt in Todt und Hafen ein.
Cleopatr. Ach! ſol Cleopatra deß Fuͤrſten Tod erleben?
Sol der geſalbte Leib ihm eine Baar abgeben?
Jhr Goͤtter gebet nicht ſo herben Unfall zu!
Gift/ Dolch/ und Meſſer her!
Anton. Si gebe ſich zu ruh.
Si weiger’ uns mein Schatz nicht unſer letztes bitten.
Cleopatr. Kan keine Schlange mehr kein toͤdtlich Gift aus-
bruͤtten?
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