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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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Wir woll'n in des für uns und ihre Wohlfarth sorgen.
Nero. Agrippinens Geist. Burrhus.
Die Trabanten. Etliche Hauptleuthe.
Nero. So ist nunmehr gemacht/ der längst-erwog'ne
Schluß:
380.Octavie sol fort/ wo sie nicht sterben muß.
Octavie sol fort? Ja/ wenn so schöne Sonnen
Geliebter Augen sind mit Thränen-Saltz umbronnen;
So zih'n sie ander werts meist Finsternüs nach sich.
Die Trauer-Wolcke schläg't/ Octavie, auf dich
385.Den Blitz des Untergang's. Was wird sie uns gebehren?
Der Hochzeit-Fackeln Licht? Der Strom verliebter Zeh-
ren
Versamlet solch ein Meer/ auf dem der Libes-West/
So leicht uns auf die Syrt' als in den Hafen bläs't.
Warumb/ was zittern wir den Schluß in's Werck zu
richten?
390.Für was entsetz' ich mich? Für schattichten Gesichten?
Warumb beb't Hand und Fuß? Der Angst-Schweis
bricht mir aus.
Jch wath' in Sand und Flutt/ und steh' auf Brand und
Graus!
Welch Schauer überläuff't die Eiß-gefrornen Glieder?
Das Haar steh't mir zu Berg'/ ich sincke Kraft-loß nie-
der.
395.Hilf Himmel! ich erstarr'! ach. Was hab' ich gethan?
Der Tod und Abgrund greift den Mutter-Mörder an!
Jst Agrippine todt? und sie lebt uns zur Rache?
Schaut! Wie die Bluttige das Mordschwerd fertig ma-
che!
Schaut! Wie ihr nackter Arm das Eisen auf uns wetz't.
400.Und uns die Faust an Halß/ den Dolth ans Hertze setz't!
Agripp. Geist.) Schreck't dich nunmehr der todten Mut-
ter Schatten?
Die dich lebendig nicht zu zähmen mächtig war?
Ein Tiger hat mit mir sich müssen gatten:
Daß dieser Leib solch einen Wurm gebahr.
405.Die Natter reist' der Mutter Eingeweide
Nicht
Wir woll’n in des fuͤr uns und ihre Wohlfarth ſorgen.
Nero. Agrippinens Geiſt. Burrhus.
Die Trabanten. Etliche Hauptleuthe.
Nero. So iſt nunmehr gemacht/ der laͤngſt-erwog’ne
Schluß:
380.Octavie ſol fort/ wo ſie nicht ſterben muß.
Octavie ſol fort? Ja/ wenn ſo ſchoͤne Sonnen
Geliebter Augen ſind mit Thraͤnen-Saltz umbronnen;
So zih’n ſie ander werts meiſt Finſternuͤs nach ſich.
Die Trauer-Wolcke ſchlaͤg’t/ Octavie, auf dich
385.Den Blitz des Untergang’s. Was wird ſie uns gebehren?
Der Hochzeit-Fackeln Licht? Der Strom verliebter Zeh-
ren
Verſamlet ſolch ein Meer/ auf dem der Libes-Weſt/
So leicht uns auf die Syrt’ als in den Hafen blaͤſ’t.
Warumb/ was zittern wir den Schluß in’s Werck zu
richten?
390.Fuͤr was entſetz’ ich mich? Fuͤr ſchattichten Geſichten?
Warumb beb’t Hand und Fuß? Der Angſt-Schweis
bricht mir aus.
Jch wath’ in Sand und Flutt/ und ſteh’ auf Brand und
Graus!
Welch Schauer uͤberlaͤuff’t die Eiß-gefrornen Glieder?
Das Haar ſteh’t mir zu Berg’/ ich ſincke Kraft-loß nie-
der.
395.Hilf Himmel! ich erſtarr’! ach. Was hab’ ich gethan?
Der Tod und Abgrund greift den Mutter-Moͤrder an!
Jſt Agrippine todt? und ſie lebt uns zur Rache?
Schaut! Wie die Bluttige das Mordſchwerd fertig ma-
che!
Schaut! Wie ihr nackter Arm das Eiſen auf uns wetz’t.
400.Und uns die Fauſt an Halß/ den Dolth ans Hertze ſetz’t!
Agripp. Geiſt.) Schreck’t dich nunmehr der todten Mut-
ter Schatten?
Die dich lebendig nicht zu zaͤhmen maͤchtig war?
Ein Tiger hat mit mir ſich muͤſſen gatten:
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405.Die Natter reiſt’ der Mutter Eingeweide
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[96./0114] Wir woll’n in des fuͤr uns und ihre Wohlfarth ſorgen. Nero. Agrippinens Geiſt. Burrhus. Die Trabanten. Etliche Hauptleuthe. Nero. So iſt nunmehr gemacht/ der laͤngſt-erwog’ne Schluß: Octavie ſol fort/ wo ſie nicht ſterben muß. Octavie ſol fort? Ja/ wenn ſo ſchoͤne Sonnen Geliebter Augen ſind mit Thraͤnen-Saltz umbronnen; So zih’n ſie ander werts meiſt Finſternuͤs nach ſich. Die Trauer-Wolcke ſchlaͤg’t/ Octavie, auf dich Den Blitz des Untergang’s. Was wird ſie uns gebehren? Der Hochzeit-Fackeln Licht? Der Strom verliebter Zeh- ren Verſamlet ſolch ein Meer/ auf dem der Libes-Weſt/ So leicht uns auf die Syrt’ als in den Hafen blaͤſ’t. Warumb/ was zittern wir den Schluß in’s Werck zu richten? Fuͤr was entſetz’ ich mich? Fuͤr ſchattichten Geſichten? Warumb beb’t Hand und Fuß? Der Angſt-Schweis bricht mir aus. Jch wath’ in Sand und Flutt/ und ſteh’ auf Brand und Graus! Welch Schauer uͤberlaͤuff’t die Eiß-gefrornen Glieder? Das Haar ſteh’t mir zu Berg’/ ich ſincke Kraft-loß nie- der. Hilf Himmel! ich erſtarr’! ach. Was hab’ ich gethan? Der Tod und Abgrund greift den Mutter-Moͤrder an! Jſt Agrippine todt? und ſie lebt uns zur Rache? Schaut! Wie die Bluttige das Mordſchwerd fertig ma- che! Schaut! Wie ihr nackter Arm das Eiſen auf uns wetz’t. Und uns die Fauſt an Halß/ den Dolth ans Hertze ſetz’t! Agripp. Geiſt.) Schreck’t dich nunmehr der todten Mut- ter Schatten? Die dich lebendig nicht zu zaͤhmen maͤchtig war? Ein Tiger hat mit mir ſich muͤſſen gatten: Daß dieſer Leib ſolch einen Wurm gebahr. Die Natter reiſt’ der Mutter Eingeweide Nicht

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 96.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/114>, abgerufen am 05.05.2024.