Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.
350.Jst Schwefel/ fettes Hartzt/ das auch von fernen Ker- tzen Begierdens-Feuer fäng't. Und er mein süsses Licht/ Der so viel Zeit schon glimm't/ wil noch recht brennen nicht/ Und frembder Schälsucht Rauch durch helle Glutt zer- trennen? Ob diese Lippen gleich stets voller Flammen brennen/ 355.Ob gleich die | Anmuth blitzt' aus dieser schwartzen Nacht Der Augen/ ob die Brust gleich Lieb' und Glutt auffacht. Wo Nebel übrig bleibt/ und Schälsucht unvertrieben/ Muß wahrer Sonnenschein und unbeflecktes Lieben Nicht Luft und Brustbeseel'n. Er fleucht sein süsses Ziel/ 360.Weil er kein sauer Aug' in Rom bekommen wil/ Weil er Octavien den Wurm nicht wil erherben. Dis Thier/ das in der Brunst des Liehens doch muß ster- ben/ Lieb't süsses Lieben doch. Wie daß denn dir/ mein Kind/ Die Geister so erschreck't/ die Sinnen eysern sind? 365.Kan Anmuths-Oele nicht dein Marmeln-Hertz' außhö- len; So opfr' ich Thränen dir das Blutt verliebter Seelen. Mit diesem zwing't man ja der Hertzen Diamant. Nero. Mein lebend Antzlitz mahl't den heissen Seelen- Brand/ Mein Schatz/ dir besser ab; als leichter Worte Schat- ten. 370.Man muß den Früchten ja zu reiffen Zeit verstatten. Sie ist des Käysers Gunst versichert allzu wol. Popp. Die Gutthat/ die der Werth begier'ger Hoffnung sol So theuer erst bezahl'n/ ist ein verkaufft Geschencke. Am besten daß man nicht bey Dürstenden gedencke 375.Des Nectars/ den man erst nach vieler Zeit gewehr't. Nero. Wir woll'n schnur stracks vollzieh'n was sie/ mein Licht/ begehr't. Sie füge sich zur Ruh biß an den frohen Morgen. Wir
350.Jſt Schwefel/ fettes Hartzt/ das auch von fernen Ker- tzen Begierdens-Feuer faͤng’t. Und er mein ſuͤſſes Licht/ Der ſo viel Zeit ſchon glimm’t/ wil noch recht brennen nicht/ Und frembder Schaͤlſucht Rauch durch helle Glutt zer- trennen? Ob dieſe Lippen gleich ſtets voller Flammen brennen/ 355.Ob gleich die | Anmuth blitzt’ aus dieſer ſchwartzen Nacht Der Augen/ ob die Bruſt gleich Lieb’ und Glutt auffacht. Wo Nebel uͤbrig bleibt/ und Schaͤlſucht unvertrieben/ Muß wahrer Sonnenſchein und unbeflecktes Lieben Nicht Luft und Bruſtbeſeel’n. Er fleucht ſein ſuͤſſes Ziel/ 360.Weil er kein ſauer Aug’ in Rom bekommen wil/ Weil er Octavien den Wurm nicht wil erherben. Dis Thier/ das in der Brunſt des Liehens doch muß ſter- ben/ Lieb’t ſuͤſſes Lieben doch. Wie daß denn dir/ mein Kind/ Die Geiſter ſo erſchreck’t/ die Sinnen eyſern ſind? 365.Kan Anmuths-Oele nicht dein Marmeln-Hertz’ außhoͤ- len; So opfr’ ich Thraͤnen dir das Blutt verliebter Seelen. Mit dieſem zwing’t man ja der Hertzen Diamant. Nero. Mein lebend Antzlitz mahl’t den heiſſen Seelen- Brand/ Mein Schatz/ dir beſſer ab; als leichter Worte Schat- ten. 370.Man muß den Fruͤchten ja zu reiffen Zeit verſtatten. Sie iſt des Kaͤyſers Gunſt verſichert allzu wol. Popp. Die Gutthat/ die der Werth begier’ger Hoffnung ſol So theuer erſt bezahl’n/ iſt ein verkaufft Geſchencke. Am beſten daß man nicht bey Duͤrſtenden gedencke 375.Des Nectars/ den man erſt nach vieler Zeit gewehr’t. Nero. Wir woll’n ſchnur ſtracks vollzieh’n was ſie/ mein Licht/ begehr’t. Sie fuͤge ſich zur Ruh biß an den frohen Morgen. Wir
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Jſt Schwefel/ fettes Hartzt/ das auch von fernen Ker-
tzen
Begierdens-Feuer faͤng’t. Und er mein ſuͤſſes Licht/
Der ſo viel Zeit ſchon glimm’t/ wil noch recht brennen
nicht/
Und frembder Schaͤlſucht Rauch durch helle Glutt zer-
trennen?
Ob dieſe Lippen gleich ſtets voller Flammen brennen/
Ob gleich die | Anmuth blitzt’ aus dieſer ſchwartzen
Nacht
Der Augen/ ob die Bruſt gleich Lieb’ und Glutt auffacht.
Wo Nebel uͤbrig bleibt/ und Schaͤlſucht unvertrieben/
Muß wahrer Sonnenſchein und unbeflecktes Lieben
Nicht Luft und Bruſtbeſeel’n. Er fleucht ſein ſuͤſſes Ziel/
Weil er kein ſauer Aug’ in Rom bekommen wil/
Weil er Octavien den Wurm nicht wil erherben.
Dis Thier/ das in der Brunſt des Liehens doch muß ſter-
ben/
Lieb’t ſuͤſſes Lieben doch. Wie daß denn dir/ mein Kind/
Die Geiſter ſo erſchreck’t/ die Sinnen eyſern ſind?
Kan Anmuths-Oele nicht dein Marmeln-Hertz’ außhoͤ-
len;
So opfr’ ich Thraͤnen dir das Blutt verliebter Seelen.
Mit dieſem zwing’t man ja der Hertzen Diamant.
Nero. Mein lebend Antzlitz mahl’t den heiſſen Seelen-
Brand/
Mein Schatz/ dir beſſer ab; als leichter Worte Schat-
ten.
Man muß den Fruͤchten ja zu reiffen Zeit verſtatten.
Sie iſt des Kaͤyſers Gunſt verſichert allzu wol.
Popp. Die Gutthat/ die der Werth begier’ger Hoffnung
ſol
So theuer erſt bezahl’n/ iſt ein verkaufft Geſchencke.
Am beſten daß man nicht bey Duͤrſtenden gedencke
Des Nectars/ den man erſt nach vieler Zeit gewehr’t.
Nero. Wir woll’n ſchnur ſtracks vollzieh’n was ſie/ mein
Licht/ begehr’t.
Sie fuͤge ſich zur Ruh biß an den frohen Morgen.
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 95.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/113>, abgerufen am 16.02.2025. |