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Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.

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Andres Hundert.
74.
Geduld.
Leichter träget was er träget/
Wer Geduld zur Bürde leget.
75.
Unbesonnene Sorgen.
Das Fleisch kocht langsam gar/ wenn Blei liegt in dem Topfe;
Zu nichts ist der geschickt/ dem Sorge steckt im Kopfe.
76.
Erde/ durch Versetzung/ Rede.
OB eine Red vns schön vnd künstlich gleich bedeucht
So ist sie doch ein W[i]nd/ d[e]r hin zum Winde zeucht:
Wer Erde liebt/ liebt das/ was endlich Angesichts/
Wann Gott gebeut/ zerst[e]ubt/ vnd wird ein lehres nichts.
77.
Die Welt ward nicht auß Sonnen-Staube/
sondern wird zu Sonnen-Staube.
JCh weiß nicht/ ob die Welt kan länger stehn vnd halten/
Weil da vnd dort jhr Baw nimt Brüche/ Risse/ Spalten?
Gott scheidet sich von vns/ wir scheiden vns von Gott/
Die Wolfahrt reumt das Land vnd bleibt vns nichts als Not.
Die Tugend fleucht seitab/ die alten Laster weichen
Der neuen Teuffeley. Es künnen sich nicht gleichen
Der Unterthan vnd Herr/ der Herr vnd Unterthan.
Der Man sucht fremdes Weib/ das Weib sucht fremden Man/
Der Himmel wil nicht mehr der Erde Saamen günnen/
Die Erde wil nicht mehr/ wie vor/ gebären künnen;
Das macht/ daß man zum theil dem Epicurus gläubt
Die Welt werd ehstes das/ was in der Sonne stäubt.
78.
Gezwungene Soldaten.
Wer seufftzend zeucht in Krieg/ ist kein gar gut Soldat;
Was dünckt dich nun von dem/ den man gezwungen hat.
79. Die
D iij
Andres Hundert.
74.
Geduld.
Leichter traͤget was er traͤget/
Wer Geduld zur Buͤrde leget.
75.
Unbeſonnene Sorgen.
Das Fleiſch kocht langſam gar/ wenn Blei liegt in dem Topfe;
Zu nichts iſt der geſchickt/ dem Sorge ſteckt im Kopfe.
76.
Erde/ durch Verſetzung/ Rede.
OB eine Red vns ſchoͤn vnd kuͤnſtlich gleich bedeucht
So iſt ſie doch ein W[i]nd/ d[e]r hin zum Winde zeucht:
Wer Erde liebt/ liebt das/ was endlich Angeſichts/
Wann Gott gebeut/ zerſt[e]ubt/ vnd wird ein lehres nichts.
77.
Die Welt ward nicht auß Sonnen-Staube/
ſondern wird zu Sonnen-Staube.
JCh weiß nicht/ ob die Welt kan laͤnger ſtehn vnd halten/
Weil da vnd dort jhr Baw nimt Bruͤche/ Riſſe/ Spalten?
Gott ſcheidet ſich von vns/ wir ſcheiden vns von Gott/
Die Wolfahrt reumt das Land vnd bleibt vns nichts als Not.
Die Tugend fleucht ſeitab/ die alten Laſter weichen
Der neuen Teuffeley. Es kuͤnnen ſich nicht gleichen
Der Unterthan vnd Herꝛ/ der Herꝛ vnd Unterthan.
Der Man ſucht fremdes Weib/ das Weib ſucht fremden Man/
Der Himmel wil nicht mehr der Erde Saamen guͤnnen/
Die Erde wil nicht mehr/ wie vor/ gebaͤren kuͤnnen;
Das macht/ daß man zum theil dem Epicurus glaͤubt
Die Welt werd ehſtes das/ was in der Sonne ſtaͤubt.
78.
Gezwungene Soldaten.
Wer ſeufftzend zeucht in Krieg/ iſt kein gar gut Soldat;
Was duͤnckt dich nun von dem/ den man gezwungen hat.
79. Die
D iij
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[45/0059] Andres Hundert. 74. Geduld. Leichter traͤget was er traͤget/ Wer Geduld zur Buͤrde leget. 75. Unbeſonnene Sorgen. Das Fleiſch kocht langſam gar/ wenn Blei liegt in dem Topfe; Zu nichts iſt der geſchickt/ dem Sorge ſteckt im Kopfe. 76. Erde/ durch Verſetzung/ Rede. OB eine Red vns ſchoͤn vnd kuͤnſtlich gleich bedeucht So iſt ſie doch ein Wind/ der hin zum Winde zeucht: Wer Erde liebt/ liebt das/ was endlich Angeſichts/ Wann Gott gebeut/ zerſteubt/ vnd wird ein lehres nichts. 77. Die Welt ward nicht auß Sonnen-Staube/ ſondern wird zu Sonnen-Staube. JCh weiß nicht/ ob die Welt kan laͤnger ſtehn vnd halten/ Weil da vnd dort jhr Baw nimt Bruͤche/ Riſſe/ Spalten? Gott ſcheidet ſich von vns/ wir ſcheiden vns von Gott/ Die Wolfahrt reumt das Land vnd bleibt vns nichts als Not. Die Tugend fleucht ſeitab/ die alten Laſter weichen Der neuen Teuffeley. Es kuͤnnen ſich nicht gleichen Der Unterthan vnd Herꝛ/ der Herꝛ vnd Unterthan. Der Man ſucht fremdes Weib/ das Weib ſucht fremden Man/ Der Himmel wil nicht mehr der Erde Saamen guͤnnen/ Die Erde wil nicht mehr/ wie vor/ gebaͤren kuͤnnen; Das macht/ daß man zum theil dem Epicurus glaͤubt Die Welt werd ehſtes das/ was in der Sonne ſtaͤubt. 78. Gezwungene Soldaten. Wer ſeufftzend zeucht in Krieg/ iſt kein gar gut Soldat; Was duͤnckt dich nun von dem/ den man gezwungen hat. 79. Die D iij

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Zitationshilfe: Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/logau_sinngetichte_1654/59>, abgerufen am 07.05.2024.