Logau, Friedrich von: Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend. Breslau. 1654.Andres Tausend 36. Menschliche Thorheit. Wann keine Thorheit mehr wird seyn/ So wird die Menschheit gehen ein. 37. Hofe-Verdienst. WEr diß bey Hofe hat gethan Was man jhm nicht verdancken kan/ Der geh bey Zeiten selbst davon/ Der Haß/ ist sonst gewiß sein Lohn. 38. Jrrdische Güter. Die Güter dieser Welt/ hat nimmer keiner gar/ Und das/ was einer hat/ bleibt nimmer wie es war. 39. Vom Mißbrauch der Sing-Kunst. WAs denckstu/ lieber Gott? Wann jetzund dei-Cornel. Agrip. d. Vanit. Scient. ne Christen Jn deinem Hause dir/ nach jhres Ohres Lüsten Bestellen Sang vnd Klang? Die krause Melodey Wird angestimmt zum Tantz vnd süsser Buhlerey/ Die Andacht acht man nicht: Der geilen Brunst Gefieder Erwächst vnd steigt empor durch vnsre freche Lieder Der stille Geist er sitzt: Wir hören viel Geschrey Die Einfalt weiß nicht viel obs süß/ obs sauer sey/ Obs Thier/ obs Menschen sind/ die ohne Sinn so klingen/ Ob seuffzen einer soll/ ob einer so soll springen. Man wiegert den Discant, man brüllet den Tenor, Man billt den Contrapunct, man heult den Alt hervor/ Man brummt den tieffen Baß, vnd wann es wol soll klingen/ So klingt es ohne Wort/ wil keine Meinung bringen; Man weiß nicht ob es Danck/ man weiß nicht ob es Preis/ Man weiß nicht obs Gebet/ vnd was es sonsten heiß. Was
Andres Tauſend 36. Menſchliche Thorheit. Wann keine Thorheit mehr wird ſeyn/ So wird die Menſchheit gehen ein. 37. Hofe-Verdienſt. WEr diß bey Hofe hat gethan Was man jhm nicht verdancken kan/ Der geh bey Zeiten ſelbſt davon/ Der Haß/ iſt ſonſt gewiß ſein Lohn. 38. Jrꝛdiſche Guͤter. Die Guͤter dieſer Welt/ hat nimmer keiner gar/ Und das/ was einer hat/ bleibt nimmer wie es war. 39. Vom Mißbrauch der Sing-Kunſt. WAs denckſtu/ lieber Gott? Wann jetzund dei-Cornel. Agrip. d. Vanit. Scient. ne Chriſten Jn deinem Hauſe dir/ nach jhres Ohres Luͤſten Beſtellen Sang vnd Klang? Die krauſe Melodey Wird angeſtimmt zum Tantz vnd ſuͤſſer Buhlerey/ Die Andacht acht man nicht: Der geilen Brunſt Gefieder Erwaͤchſt vnd ſteigt empor durch vnſre freche Lieder Der ſtille Geiſt er ſitzt: Wir hoͤren viel Geſchrey Die Einfalt weiß nicht viel obs ſuͤß/ obs ſauer ſey/ Obs Thier/ obs Menſchen ſind/ die ohne Sinn ſo klingen/ Ob ſeuffzen einer ſoll/ ob einer ſo ſoll ſpringen. Man wiegert den Diſcant, man bruͤllet den Tenor, Man billt den Contrapunct, man heult den Alt hervor/ Man brummt den tieffen Baß, vnd wann es wol ſoll klingen/ So klingt es ohne Wort/ wil keine Meinung bringen; Man weiß nicht ob es Danck/ man weiß nicht ob es Preis/ Man weiß nicht obs Gebet/ vnd was es ſonſten heiß. Was
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Andres Tauſend
36.
Menſchliche Thorheit.
Wann keine Thorheit mehr wird ſeyn/
So wird die Menſchheit gehen ein.
37.
Hofe-Verdienſt.
WEr diß bey Hofe hat gethan
Was man jhm nicht verdancken kan/
Der geh bey Zeiten ſelbſt davon/
Der Haß/ iſt ſonſt gewiß ſein Lohn.
38.
Jrꝛdiſche Guͤter.
Die Guͤter dieſer Welt/ hat nimmer keiner gar/
Und das/ was einer hat/ bleibt nimmer wie es war.
39.
Vom Mißbrauch der Sing-Kunſt.
WAs denckſtu/ lieber Gott? Wann jetzund dei-
ne Chriſten
Jn deinem Hauſe dir/ nach jhres Ohres Luͤſten
Beſtellen Sang vnd Klang? Die krauſe Melodey
Wird angeſtimmt zum Tantz vnd ſuͤſſer Buhlerey/
Die Andacht acht man nicht: Der geilen Brunſt Gefieder
Erwaͤchſt vnd ſteigt empor durch vnſre freche Lieder
Der ſtille Geiſt er ſitzt: Wir hoͤren viel Geſchrey
Die Einfalt weiß nicht viel obs ſuͤß/ obs ſauer ſey/
Obs Thier/ obs Menſchen ſind/ die ohne Sinn ſo klingen/
Ob ſeuffzen einer ſoll/ ob einer ſo ſoll ſpringen.
Man wiegert den Diſcant, man bruͤllet den Tenor,
Man billt den Contrapunct, man heult den Alt hervor/
Man brummt den tieffen Baß, vnd wann es wol ſoll klingen/
So klingt es ohne Wort/ wil keine Meinung bringen;
Man weiß nicht ob es Danck/ man weiß nicht ob es Preis/
Man weiß nicht obs Gebet/ vnd was es ſonſten heiß.
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