Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente. ist, was wir Zufall nennen, nur der Ausdruck unserer Unkennt-niß der Dinge. Vor der höchsten Erkenntniß der Welt muß alles als Zusammenhang, und nichts als Zufall erscheinen und auch für uns selbst werden diese sogenannten zufälligen Erscheinungen, mit der Erweiterung unserer Kenntniß der Dinge, immer mehr verschwinden und die nächste Folge davon wird seyn, daß sich auch das Heer von Vorurtheilen vermindern wird, die so lange schon die Plage des armen Menschengeschlechtes sind, und gegen die es, wie gegen den Moder der Verwesung, kein besseres Mittel gibt, als das helle Licht der Sonne, als das Licht der Aufklärung und der Crkenntniß. Noch ist es nicht so lange her, daß jede Finsterniß, jedes Von jenen Erscheinungen aber, die nur selten wiederkamen Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. iſt, was wir Zufall nennen, nur der Ausdruck unſerer Unkennt-niß der Dinge. Vor der höchſten Erkenntniß der Welt muß alles als Zuſammenhang, und nichts als Zufall erſcheinen und auch für uns ſelbſt werden dieſe ſogenannten zufälligen Erſcheinungen, mit der Erweiterung unſerer Kenntniß der Dinge, immer mehr verſchwinden und die nächſte Folge davon wird ſeyn, daß ſich auch das Heer von Vorurtheilen vermindern wird, die ſo lange ſchon die Plage des armen Menſchengeſchlechtes ſind, und gegen die es, wie gegen den Moder der Verweſung, kein beſſeres Mittel gibt, als das helle Licht der Sonne, als das Licht der Aufklärung und der Crkenntniß. Noch iſt es nicht ſo lange her, daß jede Finſterniß, jedes Von jenen Erſcheinungen aber, die nur ſelten wiederkamen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0422" n="410"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/> iſt, was wir Zufall nennen, nur der Ausdruck unſerer Unkennt-<lb/> niß der Dinge. Vor der höchſten Erkenntniß der Welt muß alles<lb/> als Zuſammenhang, und nichts als Zufall erſcheinen und auch<lb/> für uns ſelbſt werden dieſe ſogenannten zufälligen Erſcheinungen,<lb/> mit der Erweiterung unſerer Kenntniß der Dinge, immer mehr<lb/> verſchwinden und die nächſte Folge davon wird ſeyn, daß ſich auch<lb/> das Heer von Vorurtheilen vermindern wird, die ſo lange ſchon<lb/> die Plage des armen Menſchengeſchlechtes ſind, und gegen die es,<lb/> wie gegen den Moder der Verweſung, kein beſſeres Mittel gibt, als<lb/> das helle Licht der Sonne, als das Licht der Aufklärung und der<lb/> Crkenntniß.</p><lb/> <p>Noch iſt es nicht ſo lange her, daß jede Finſterniß, jedes<lb/> Nordlicht, jeder Komet, daß überhaupt jede ungewöhnliche Er-<lb/> ſcheinung der Natur die Menſchen in Furcht und Schrecken ſetzte,<lb/> weil ſie in ihren Augen als eben ſo viele Zeichen des göttlichen<lb/> Zorns galten. Sie flehten zitternd zu dem Himmel, um dadurch<lb/> die verhängte Strafe von ſich abzuwenden. — Warum bitten ſie<lb/> aber nicht auch denſelben Himmel, den Lauf der Sonne und der<lb/> Planeten zu ändern? — Weil ſie die Urſache dieſer Bewegungen<lb/> kannten oder doch zu kennen glaubten, und weil ſie dieſe Plane-<lb/> ten immer vor ſich hatten.</p><lb/> <p>Von jenen Erſcheinungen aber, die nur ſelten wiederkamen<lb/> und von deren Auftreten ſie ſich keine Rechenſchaft geben konnten,<lb/> nahm jeder an, was ihm gut dünkte oder was ſeine erſchreckte<lb/> Einbildungskraft ihm eben eingeben wollte. So haben wir ge-<lb/> ſehen, daß der große Komet des Jahres 1456 Entſetzen über ganz<lb/> Europa verbreitete, das ohnehin ſchon durch eine verheerende Peſt und<lb/> durch die Verwüſtungen, welche die Türken um ſich verbreiteten,<lb/> geängſtiget wurde. Wie ganz anders wurde die Erſcheinung deſ-<lb/> ſelben Kometen zwei Jahrhunderte ſpäter aufgenommen, als New-<lb/> ton das Geſetz des Weltſyſtems gefunden und uns gelehrt hatte,<lb/> daß die Kometen, gleich allen andern Körpern unſeres Sonnen-<lb/> ſyſtems, dieſem Geſetze gehorchen, und daß ſich die Bahnen, wel-<lb/> che ſie am Himmel beſchreiben, beſtimmen und ihre Wiederkunft<lb/> voraus berechnen laſſen. Früher war der Komet der Gegenſtand<lb/> einer grundloſen Furcht, der Bote drohenden Unglücks, und jetzt iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [410/0422]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
iſt, was wir Zufall nennen, nur der Ausdruck unſerer Unkennt-
niß der Dinge. Vor der höchſten Erkenntniß der Welt muß alles
als Zuſammenhang, und nichts als Zufall erſcheinen und auch
für uns ſelbſt werden dieſe ſogenannten zufälligen Erſcheinungen,
mit der Erweiterung unſerer Kenntniß der Dinge, immer mehr
verſchwinden und die nächſte Folge davon wird ſeyn, daß ſich auch
das Heer von Vorurtheilen vermindern wird, die ſo lange ſchon
die Plage des armen Menſchengeſchlechtes ſind, und gegen die es,
wie gegen den Moder der Verweſung, kein beſſeres Mittel gibt, als
das helle Licht der Sonne, als das Licht der Aufklärung und der
Crkenntniß.
Noch iſt es nicht ſo lange her, daß jede Finſterniß, jedes
Nordlicht, jeder Komet, daß überhaupt jede ungewöhnliche Er-
ſcheinung der Natur die Menſchen in Furcht und Schrecken ſetzte,
weil ſie in ihren Augen als eben ſo viele Zeichen des göttlichen
Zorns galten. Sie flehten zitternd zu dem Himmel, um dadurch
die verhängte Strafe von ſich abzuwenden. — Warum bitten ſie
aber nicht auch denſelben Himmel, den Lauf der Sonne und der
Planeten zu ändern? — Weil ſie die Urſache dieſer Bewegungen
kannten oder doch zu kennen glaubten, und weil ſie dieſe Plane-
ten immer vor ſich hatten.
Von jenen Erſcheinungen aber, die nur ſelten wiederkamen
und von deren Auftreten ſie ſich keine Rechenſchaft geben konnten,
nahm jeder an, was ihm gut dünkte oder was ſeine erſchreckte
Einbildungskraft ihm eben eingeben wollte. So haben wir ge-
ſehen, daß der große Komet des Jahres 1456 Entſetzen über ganz
Europa verbreitete, das ohnehin ſchon durch eine verheerende Peſt und
durch die Verwüſtungen, welche die Türken um ſich verbreiteten,
geängſtiget wurde. Wie ganz anders wurde die Erſcheinung deſ-
ſelben Kometen zwei Jahrhunderte ſpäter aufgenommen, als New-
ton das Geſetz des Weltſyſtems gefunden und uns gelehrt hatte,
daß die Kometen, gleich allen andern Körpern unſeres Sonnen-
ſyſtems, dieſem Geſetze gehorchen, und daß ſich die Bahnen, wel-
che ſie am Himmel beſchreiben, beſtimmen und ihre Wiederkunft
voraus berechnen laſſen. Früher war der Komet der Gegenſtand
einer grundloſen Furcht, der Bote drohenden Unglücks, und jetzt iſt
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