Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
er ein Gegenstand aufmerksamer Beobachtung und Berechnung ge-
worden.

Dieselbe Regelmäßigkeit aber, die wir in der Bewegung der
Kometen kennen gelernt haben, wird ohne Zweifel auch bei allen
übrigen Erscheinungen der Natur uns sichtbar werden, wenn wir
auch von ihnen die Gesetze, nach welchen sie fortgehen, einmal
kennen werden. Die krummen Linien, welche der Staub oder
die, welche die Elemente der Luft um uns her beschreiben, sind
gewiß eben so geordnet und eben so bestimmten und unveränderlichen
Gesetzen unterworfen, als die großen Bahnen, welche von jenen
Himmelskörpern in dem Weltraume beschrieben werden, und der
Unterschied, der zwischen beiden für uns noch statt hat, liegt
nicht in ihnen, sondern einzig nur in uns selbst, in unserer Be-
schränktheit, in unserer Unkenntniß dieser Gegenstände. Denn
ohne Zweifel ist der gegenwärtige Zustand des Universums in al-
len seinen, auch den geringfügigsten Theilen, nur die Folge eines
vorhergegangenen, so wie zugleich die Ursache eines künftigen Zu-
standes desselben; und ein Geist, der alle Kräfte kennt, von wel-
chen die Natur belebt ist, und der den gegenwärtigen Zustand
aller Wesen in ihren Wechselwirkungen übersieht, wird mit Einem
Blicke, vielleicht mit einem einzigen Ausdrucke seiner höheren Ana-
lyse, alle vergangenen und künftigen Phänomene der Natur zu
umfassen im Stande seyn. Er würde ohne Zweifel die vergangenen und
künftigen Bewegungen der Wassertropfen im Weltmeere und der
Sonnenstäubchen in der Atmosphäre ebenso, wie die der Planeten
und Kometen im Himmelsraume übersehen, für ihn würde kein Zu-
fall, sondern alles nothwendige Folge, für ihn würde keine Wahr-
scheinlichkeit, sondern alles nur Wahrheit seyn und die Vergan-
heit, wie die Zukunft, würde klar und offen vor seinen Augen
liegen.

§. 64. (Hinneigung aller Erscheinungen der Natur zu einer ge-
wissen Ordnung.) Mitten unter den höchst veränderlichen und uns
meistens zufällig erscheinenden Phänomenen der Natur bemerken wir,
daß die Unregelmäßigkeit derselben in dem Maaße abnimmt, je
öfter sie vorkommen, und daß daher dort, wo anfangs der Zu-
fall
allein zu walten schien, eine Art von fester Ordnung immer
mehr sichtbar zu werden scheint, die wir dann, vielleicht mit dem-

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
er ein Gegenſtand aufmerkſamer Beobachtung und Berechnung ge-
worden.

Dieſelbe Regelmäßigkeit aber, die wir in der Bewegung der
Kometen kennen gelernt haben, wird ohne Zweifel auch bei allen
übrigen Erſcheinungen der Natur uns ſichtbar werden, wenn wir
auch von ihnen die Geſetze, nach welchen ſie fortgehen, einmal
kennen werden. Die krummen Linien, welche der Staub oder
die, welche die Elemente der Luft um uns her beſchreiben, ſind
gewiß eben ſo geordnet und eben ſo beſtimmten und unveränderlichen
Geſetzen unterworfen, als die großen Bahnen, welche von jenen
Himmelskörpern in dem Weltraume beſchrieben werden, und der
Unterſchied, der zwiſchen beiden für uns noch ſtatt hat, liegt
nicht in ihnen, ſondern einzig nur in uns ſelbſt, in unſerer Be-
ſchränktheit, in unſerer Unkenntniß dieſer Gegenſtände. Denn
ohne Zweifel iſt der gegenwärtige Zuſtand des Univerſums in al-
len ſeinen, auch den geringfügigſten Theilen, nur die Folge eines
vorhergegangenen, ſo wie zugleich die Urſache eines künftigen Zu-
ſtandes deſſelben; und ein Geiſt, der alle Kräfte kennt, von wel-
chen die Natur belebt iſt, und der den gegenwärtigen Zuſtand
aller Weſen in ihren Wechſelwirkungen überſieht, wird mit Einem
Blicke, vielleicht mit einem einzigen Ausdrucke ſeiner höheren Ana-
lyſe, alle vergangenen und künftigen Phänomene der Natur zu
umfaſſen im Stande ſeyn. Er würde ohne Zweifel die vergangenen und
künftigen Bewegungen der Waſſertropfen im Weltmeere und der
Sonnenſtäubchen in der Atmoſphäre ebenſo, wie die der Planeten
und Kometen im Himmelsraume überſehen, für ihn würde kein Zu-
fall, ſondern alles nothwendige Folge, für ihn würde keine Wahr-
ſcheinlichkeit, ſondern alles nur Wahrheit ſeyn und die Vergan-
heit, wie die Zukunft, würde klar und offen vor ſeinen Augen
liegen.

§. 64. (Hinneigung aller Erſcheinungen der Natur zu einer ge-
wiſſen Ordnung.) Mitten unter den höchſt veränderlichen und uns
meiſtens zufällig erſcheinenden Phänomenen der Natur bemerken wir,
daß die Unregelmäßigkeit derſelben in dem Maaße abnimmt, je
öfter ſie vorkommen, und daß daher dort, wo anfangs der Zu-
fall
allein zu walten ſchien, eine Art von feſter Ordnung immer
mehr ſichtbar zu werden ſcheint, die wir dann, vielleicht mit dem-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0423" n="411"/><fw place="top" type="header">Be&#x017F;chreibung und Gebrauch der a&#x017F;tronom. In&#x017F;trumente.</fw><lb/>
er ein Gegen&#x017F;tand aufmerk&#x017F;amer Beobachtung und Berechnung ge-<lb/>
worden.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;elbe Regelmäßigkeit aber, die wir in der Bewegung der<lb/>
Kometen kennen gelernt haben, wird ohne Zweifel auch bei allen<lb/>
übrigen Er&#x017F;cheinungen der Natur uns &#x017F;ichtbar werden, wenn wir<lb/>
auch von ihnen die Ge&#x017F;etze, nach welchen &#x017F;ie fortgehen, einmal<lb/>
kennen werden. Die krummen Linien, welche der Staub oder<lb/>
die, welche die Elemente der Luft um <choice><sic>nns</sic><corr>uns</corr></choice> her be&#x017F;chreiben, &#x017F;ind<lb/>
gewiß eben &#x017F;o geordnet und eben &#x017F;o be&#x017F;timmten und unveränderlichen<lb/>
Ge&#x017F;etzen unterworfen, als die großen Bahnen, welche von jenen<lb/>
Himmelskörpern in dem Weltraume be&#x017F;chrieben werden, und der<lb/>
Unter&#x017F;chied, der zwi&#x017F;chen beiden <hi rendition="#g">für uns</hi> noch &#x017F;tatt hat, liegt<lb/>
nicht <hi rendition="#g">in ihnen</hi>, &#x017F;ondern einzig nur in uns &#x017F;elb&#x017F;t, in un&#x017F;erer Be-<lb/>
&#x017F;chränktheit, in un&#x017F;erer Unkenntniß die&#x017F;er Gegen&#x017F;tände. Denn<lb/>
ohne Zweifel i&#x017F;t der gegenwärtige Zu&#x017F;tand des Univer&#x017F;ums in al-<lb/>
len &#x017F;einen, auch den geringfügig&#x017F;ten Theilen, nur die Folge eines<lb/>
vorhergegangenen, &#x017F;o wie zugleich die Ur&#x017F;ache eines künftigen Zu-<lb/>
&#x017F;tandes de&#x017F;&#x017F;elben; und ein Gei&#x017F;t, der alle Kräfte kennt, von wel-<lb/>
chen die Natur belebt i&#x017F;t, und der den gegenwärtigen Zu&#x017F;tand<lb/>
aller We&#x017F;en in ihren Wech&#x017F;elwirkungen über&#x017F;ieht, wird mit Einem<lb/>
Blicke, vielleicht mit einem einzigen Ausdrucke &#x017F;einer höheren Ana-<lb/>
ly&#x017F;e, alle vergangenen und künftigen Phänomene der Natur zu<lb/>
umfa&#x017F;&#x017F;en im Stande &#x017F;eyn. Er würde ohne Zweifel die vergangenen und<lb/>
künftigen Bewegungen der Wa&#x017F;&#x017F;ertropfen im Weltmeere und der<lb/>
Sonnen&#x017F;täubchen in der Atmo&#x017F;phäre eben&#x017F;o, wie die der Planeten<lb/>
und Kometen im Himmelsraume über&#x017F;ehen, für ihn würde kein Zu-<lb/>
fall, &#x017F;ondern alles nothwendige Folge, für ihn würde keine Wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlichkeit, &#x017F;ondern alles nur Wahrheit &#x017F;eyn und die Vergan-<lb/>
heit, wie die Zukunft, würde klar und offen vor &#x017F;einen Augen<lb/>
liegen.</p><lb/>
            <p>§. 64. (Hinneigung aller Er&#x017F;cheinungen der Natur zu einer ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Ordnung.) Mitten unter den höch&#x017F;t veränderlichen und uns<lb/>
mei&#x017F;tens zufällig er&#x017F;cheinenden Phänomenen der Natur bemerken wir,<lb/>
daß die Unregelmäßigkeit der&#x017F;elben in dem Maaße abnimmt, je<lb/>
öfter &#x017F;ie vorkommen, und daß daher dort, wo anfangs der <hi rendition="#g">Zu-<lb/>
fall</hi> allein zu walten &#x017F;chien, eine Art von fe&#x017F;ter Ordnung immer<lb/>
mehr &#x017F;ichtbar zu werden &#x017F;cheint, die wir dann, vielleicht mit dem-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0423] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. er ein Gegenſtand aufmerkſamer Beobachtung und Berechnung ge- worden. Dieſelbe Regelmäßigkeit aber, die wir in der Bewegung der Kometen kennen gelernt haben, wird ohne Zweifel auch bei allen übrigen Erſcheinungen der Natur uns ſichtbar werden, wenn wir auch von ihnen die Geſetze, nach welchen ſie fortgehen, einmal kennen werden. Die krummen Linien, welche der Staub oder die, welche die Elemente der Luft um uns her beſchreiben, ſind gewiß eben ſo geordnet und eben ſo beſtimmten und unveränderlichen Geſetzen unterworfen, als die großen Bahnen, welche von jenen Himmelskörpern in dem Weltraume beſchrieben werden, und der Unterſchied, der zwiſchen beiden für uns noch ſtatt hat, liegt nicht in ihnen, ſondern einzig nur in uns ſelbſt, in unſerer Be- ſchränktheit, in unſerer Unkenntniß dieſer Gegenſtände. Denn ohne Zweifel iſt der gegenwärtige Zuſtand des Univerſums in al- len ſeinen, auch den geringfügigſten Theilen, nur die Folge eines vorhergegangenen, ſo wie zugleich die Urſache eines künftigen Zu- ſtandes deſſelben; und ein Geiſt, der alle Kräfte kennt, von wel- chen die Natur belebt iſt, und der den gegenwärtigen Zuſtand aller Weſen in ihren Wechſelwirkungen überſieht, wird mit Einem Blicke, vielleicht mit einem einzigen Ausdrucke ſeiner höheren Ana- lyſe, alle vergangenen und künftigen Phänomene der Natur zu umfaſſen im Stande ſeyn. Er würde ohne Zweifel die vergangenen und künftigen Bewegungen der Waſſertropfen im Weltmeere und der Sonnenſtäubchen in der Atmoſphäre ebenſo, wie die der Planeten und Kometen im Himmelsraume überſehen, für ihn würde kein Zu- fall, ſondern alles nothwendige Folge, für ihn würde keine Wahr- ſcheinlichkeit, ſondern alles nur Wahrheit ſeyn und die Vergan- heit, wie die Zukunft, würde klar und offen vor ſeinen Augen liegen. §. 64. (Hinneigung aller Erſcheinungen der Natur zu einer ge- wiſſen Ordnung.) Mitten unter den höchſt veränderlichen und uns meiſtens zufällig erſcheinenden Phänomenen der Natur bemerken wir, daß die Unregelmäßigkeit derſelben in dem Maaße abnimmt, je öfter ſie vorkommen, und daß daher dort, wo anfangs der Zu- fall allein zu walten ſchien, eine Art von feſter Ordnung immer mehr ſichtbar zu werden ſcheint, die wir dann, vielleicht mit dem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/423
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/423>, abgerufen am 06.05.2024.