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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
für beide Partheien gleich billig seyn sollen, ebenso wie die W.
des Gewinns einer jeden Parthei also hier wie 1 zu 5 sich verhalten,
oder die Wette muß, wenn sie richtig gestellt seyn soll, so ausge-
drückt werden, daß er mir, wenn ich 7 werfe, fünf Gulden zu geben
habe, während ich ihm, wenn ich nicht 7 werfe, nur einen Gulden
gebe.

Wenn nun die Wette in der That so gestellt wird, was
wird dann die Folge davon seyn? -- Daß nach 10 oder 50 oder
100 solchen wiederholten Würfen, nach deren jedem entweder ich
einen oder der Andere fünf Gulden gegeben hat, die Summe der Ge-
winnste und Verluste bei beiden Partheien sehr nahe einander
gleich und zwar um so gewisser einander gleich seyn werde, je
größer die Anzahl der Würfe gewesen ist, während im Gegen-
theile, wenn ich mehr als einen Gulden für jeden mir ungün-
stigen Wurf gebe, mein Verlust, und ebenso, wenn mein Gegner
mehr als fünf Gulden für jeden ihm ungünstigen Wurf gibt,
sein Verlust immer um so gewisser seyn wird, je mehr die Zahl
der Würfe anwächst oder je länger das Spiel fortgesetzt wird.

Auf diese Weise ist also unsere Wahrscheinlichkeits-Rechnung
zu verstehen. Nämlich erstens wird die Wahrscheinlichkeit des
Eintretens eines Ereignisses immer in der Gestalt eines Bruches
dargestellt, dessen Zähler die Summe aller günstigen und dessen
Nenner die Summe aller möglichen Fälle enthält. Ebenso wird
also auch die Wahrscheinlichkeit des Nichteintretens dieses Ereig-
nisses die Form eines Bruches haben, dessen Zähler die Summe
der ungünstigen und dessen Nenner wieder die Summe aller
möglichen Fälle enthält. Jener erste Bruch nähert sich der Ein-
heit desto mehr, je größer die Zahl der günstigen Fälle ist und
wenn endlich, unter allen möglichen Fehlern, gar kein ungünstiger
ist, d. h. wenn alle möglichen Fälle zugleich günstige Fälle sind, so
wird dieser Bruch zur Einheit und die Wahrscheinlichkeit zur Ge-
wißheit
, so daß also die Einheit gleichsam das Symbol der Gewiß-
heit ist. Beide Brüche zusammen geben zu ihrer Summe immer die
Einheit, weil es gewiß ist, daß bei jedem Wurfe entweder ein
günstiger oder ein ungünstiger Fall eintreffen muß. Ist der erste
Bruch gleich 1/2, so sind die günstigen Fälle gleich zahlreich mit

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
für beide Partheien gleich billig ſeyn ſollen, ebenſo wie die W.
des Gewinns einer jeden Parthei alſo hier wie 1 zu 5 ſich verhalten,
oder die Wette muß, wenn ſie richtig geſtellt ſeyn ſoll, ſo ausge-
drückt werden, daß er mir, wenn ich 7 werfe, fünf Gulden zu geben
habe, während ich ihm, wenn ich nicht 7 werfe, nur einen Gulden
gebe.

Wenn nun die Wette in der That ſo geſtellt wird, was
wird dann die Folge davon ſeyn? — Daß nach 10 oder 50 oder
100 ſolchen wiederholten Würfen, nach deren jedem entweder ich
einen oder der Andere fünf Gulden gegeben hat, die Summe der Ge-
winnſte und Verluſte bei beiden Partheien ſehr nahe einander
gleich und zwar um ſo gewiſſer einander gleich ſeyn werde, je
größer die Anzahl der Würfe geweſen iſt, während im Gegen-
theile, wenn ich mehr als einen Gulden für jeden mir ungün-
ſtigen Wurf gebe, mein Verluſt, und ebenſo, wenn mein Gegner
mehr als fünf Gulden für jeden ihm ungünſtigen Wurf gibt,
ſein Verluſt immer um ſo gewiſſer ſeyn wird, je mehr die Zahl
der Würfe anwächst oder je länger das Spiel fortgeſetzt wird.

Auf dieſe Weiſe iſt alſo unſere Wahrſcheinlichkeits-Rechnung
zu verſtehen. Nämlich erſtens wird die Wahrſcheinlichkeit des
Eintretens eines Ereigniſſes immer in der Geſtalt eines Bruches
dargeſtellt, deſſen Zähler die Summe aller günſtigen und deſſen
Nenner die Summe aller möglichen Fälle enthält. Ebenſo wird
alſo auch die Wahrſcheinlichkeit des Nichteintretens dieſes Ereig-
niſſes die Form eines Bruches haben, deſſen Zähler die Summe
der ungünſtigen und deſſen Nenner wieder die Summe aller
möglichen Fälle enthält. Jener erſte Bruch nähert ſich der Ein-
heit deſto mehr, je größer die Zahl der günſtigen Fälle iſt und
wenn endlich, unter allen möglichen Fehlern, gar kein ungünſtiger
iſt, d. h. wenn alle möglichen Fälle zugleich günſtige Fälle ſind, ſo
wird dieſer Bruch zur Einheit und die Wahrſcheinlichkeit zur Ge-
wißheit
, ſo daß alſo die Einheit gleichſam das Symbol der Gewiß-
heit iſt. Beide Brüche zuſammen geben zu ihrer Summe immer die
Einheit, weil es gewiß iſt, daß bei jedem Wurfe entweder ein
günſtiger oder ein ungünſtiger Fall eintreffen muß. Iſt der erſte
Bruch gleich ½, ſo ſind die günſtigen Fälle gleich zahlreich mit

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[398/0410] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. für beide Partheien gleich billig ſeyn ſollen, ebenſo wie die W. des Gewinns einer jeden Parthei alſo hier wie 1 zu 5 ſich verhalten, oder die Wette muß, wenn ſie richtig geſtellt ſeyn ſoll, ſo ausge- drückt werden, daß er mir, wenn ich 7 werfe, fünf Gulden zu geben habe, während ich ihm, wenn ich nicht 7 werfe, nur einen Gulden gebe. Wenn nun die Wette in der That ſo geſtellt wird, was wird dann die Folge davon ſeyn? — Daß nach 10 oder 50 oder 100 ſolchen wiederholten Würfen, nach deren jedem entweder ich einen oder der Andere fünf Gulden gegeben hat, die Summe der Ge- winnſte und Verluſte bei beiden Partheien ſehr nahe einander gleich und zwar um ſo gewiſſer einander gleich ſeyn werde, je größer die Anzahl der Würfe geweſen iſt, während im Gegen- theile, wenn ich mehr als einen Gulden für jeden mir ungün- ſtigen Wurf gebe, mein Verluſt, und ebenſo, wenn mein Gegner mehr als fünf Gulden für jeden ihm ungünſtigen Wurf gibt, ſein Verluſt immer um ſo gewiſſer ſeyn wird, je mehr die Zahl der Würfe anwächst oder je länger das Spiel fortgeſetzt wird. Auf dieſe Weiſe iſt alſo unſere Wahrſcheinlichkeits-Rechnung zu verſtehen. Nämlich erſtens wird die Wahrſcheinlichkeit des Eintretens eines Ereigniſſes immer in der Geſtalt eines Bruches dargeſtellt, deſſen Zähler die Summe aller günſtigen und deſſen Nenner die Summe aller möglichen Fälle enthält. Ebenſo wird alſo auch die Wahrſcheinlichkeit des Nichteintretens dieſes Ereig- niſſes die Form eines Bruches haben, deſſen Zähler die Summe der ungünſtigen und deſſen Nenner wieder die Summe aller möglichen Fälle enthält. Jener erſte Bruch nähert ſich der Ein- heit deſto mehr, je größer die Zahl der günſtigen Fälle iſt und wenn endlich, unter allen möglichen Fehlern, gar kein ungünſtiger iſt, d. h. wenn alle möglichen Fälle zugleich günſtige Fälle ſind, ſo wird dieſer Bruch zur Einheit und die Wahrſcheinlichkeit zur Ge- wißheit, ſo daß alſo die Einheit gleichſam das Symbol der Gewiß- heit iſt. Beide Brüche zuſammen geben zu ihrer Summe immer die Einheit, weil es gewiß iſt, daß bei jedem Wurfe entweder ein günſtiger oder ein ungünſtiger Fall eintreffen muß. Iſt der erſte Bruch gleich ½, ſo ſind die günſtigen Fälle gleich zahlreich mit

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/410>, abgerufen am 07.05.2024.