Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
punkte der Erde sich erklären ließ, die sich allmählig gegen diesen Punkt zurückgezogen habe, während die anfangs flüssige Oberfläche derselben durch Verkühlung sich erhärtete.
Diese Verkühlung, welche bisher bloß auf die Oberfläche und die ihr zunächst liegenden Theile der Erde gewirkt hat, mußte aber auch noch eine andere Wirkung, die sich über die ganze Erde erstreckte, gehabt haben. Alle Körper dehnen sich bekanntlich aus, wenn sie erwärmt werden, so wie sie sich wieder durch die Kälte zusammen ziehen. Dasselbe mußte also auch mit der Erde geschehen seyn. Zu der Zeit ihrer Entstehung, wo sie von einem sehr hohen Grad der Temperatur durchdrungen war, muß sie auch viel größer gewesen seyn, als jetzt, sie muß sich durch die seit so vielen Jahrtausenden auf ihrer Oberfläche vorgegangene Verkühlung auf einen viel kleineren Raum zurück- gezogen haben, als der ist, den sie ursprünglich eingenommen hat. Wir werden weiter unten noch einen anderen, wichtigern Grund für diese allmählige Zusammenziehung der Erde finden. Daß aber die anfängliche Temperatur der ganzen Erde sehr hoch ge- wesen seyn muß, wird man nicht leicht in Abrede stellen können, wenn man bemerkt, daß nach dem angegebenen Verhältnisse der Zunahme der Wärme in größeren Nähen bei dem Mittelpunkte der Erde, für eine Tiefe von einer deutschen Meile unter der Ober- fläche der Erde die Zunahme der Temperatur schon 381 Grad R. betragen müsse, bei welcher Hitze schon das Blei im flüssigen Zu- stande sich erhält. In der Tiefe von 3 7/10 Meilen unter der Oberfläche der Erde würde Gold, und in einer Tiefe von 34 Meilen würde selbst Eisen und Platin schmelzen, und wahrschein- lich nimmt die Temperatur in den größern Tiefen noch schneller zu, als in den geringen, in welchen allein wir sie bisher zu beobachten Gelegenheit hatten, so daß man also mit Recht in dem Mittelpunkte der Erde auch jetzt noch eine alle unsere Be- griffe übersteigende Hitze annehmen kann.
§. 138. (Wirkung dieser Abnahme der Temperatur der Erde auf ihre Rotation.) Diese mit der Zeit an Volum abnehmende kugelförmige Erde dreht sich aber um ihre Axe. Welches immer die Kraft gewesen seyn mag, die diese Drehung hervorgebracht hat, ihre Wirkung auf die Rotation der Erde, d. h. die Ge-
Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
punkte der Erde ſich erklären ließ, die ſich allmählig gegen dieſen Punkt zurückgezogen habe, während die anfangs flüſſige Oberfläche derſelben durch Verkühlung ſich erhärtete.
Dieſe Verkühlung, welche bisher bloß auf die Oberfläche und die ihr zunächſt liegenden Theile der Erde gewirkt hat, mußte aber auch noch eine andere Wirkung, die ſich über die ganze Erde erſtreckte, gehabt haben. Alle Körper dehnen ſich bekanntlich aus, wenn ſie erwärmt werden, ſo wie ſie ſich wieder durch die Kälte zuſammen ziehen. Daſſelbe mußte alſo auch mit der Erde geſchehen ſeyn. Zu der Zeit ihrer Entſtehung, wo ſie von einem ſehr hohen Grad der Temperatur durchdrungen war, muß ſie auch viel größer geweſen ſeyn, als jetzt, ſie muß ſich durch die ſeit ſo vielen Jahrtauſenden auf ihrer Oberfläche vorgegangene Verkühlung auf einen viel kleineren Raum zurück- gezogen haben, als der iſt, den ſie urſprünglich eingenommen hat. Wir werden weiter unten noch einen anderen, wichtigern Grund für dieſe allmählige Zuſammenziehung der Erde finden. Daß aber die anfängliche Temperatur der ganzen Erde ſehr hoch ge- weſen ſeyn muß, wird man nicht leicht in Abrede ſtellen können, wenn man bemerkt, daß nach dem angegebenen Verhältniſſe der Zunahme der Wärme in größeren Nähen bei dem Mittelpunkte der Erde, für eine Tiefe von einer deutſchen Meile unter der Ober- fläche der Erde die Zunahme der Temperatur ſchon 381 Grad R. betragen müſſe, bei welcher Hitze ſchon das Blei im flüſſigen Zu- ſtande ſich erhält. In der Tiefe von 3 7/10 Meilen unter der Oberfläche der Erde würde Gold, und in einer Tiefe von 34 Meilen würde ſelbſt Eiſen und Platin ſchmelzen, und wahrſchein- lich nimmt die Temperatur in den größern Tiefen noch ſchneller zu, als in den geringen, in welchen allein wir ſie bisher zu beobachten Gelegenheit hatten, ſo daß man alſo mit Recht in dem Mittelpunkte der Erde auch jetzt noch eine alle unſere Be- griffe überſteigende Hitze annehmen kann.
§. 138. (Wirkung dieſer Abnahme der Temperatur der Erde auf ihre Rotation.) Dieſe mit der Zeit an Volum abnehmende kugelförmige Erde dreht ſich aber um ihre Axe. Welches immer die Kraft geweſen ſeyn mag, die dieſe Drehung hervorgebracht hat, ihre Wirkung auf die Rotation der Erde, d. h. die Ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0195"n="183"/><fwplace="top"type="header">Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.</fw><lb/>
punkte der Erde ſich erklären ließ, die ſich allmählig gegen dieſen<lb/>
Punkt zurückgezogen habe, während die anfangs flüſſige Oberfläche<lb/>
derſelben durch Verkühlung ſich erhärtete.</p><lb/><p>Dieſe Verkühlung, welche bisher bloß auf die Oberfläche<lb/>
und die ihr zunächſt liegenden Theile der Erde gewirkt hat,<lb/>
mußte aber auch noch eine andere Wirkung, die ſich über die<lb/><hirendition="#g">ganze</hi> Erde erſtreckte, gehabt haben. Alle Körper dehnen ſich<lb/>
bekanntlich aus, wenn ſie erwärmt werden, ſo wie ſie ſich wieder<lb/>
durch die Kälte zuſammen ziehen. Daſſelbe mußte alſo auch<lb/>
mit der Erde geſchehen ſeyn. Zu der Zeit ihrer Entſtehung, wo<lb/>ſie von einem ſehr hohen Grad der Temperatur durchdrungen<lb/>
war, muß ſie auch viel größer geweſen ſeyn, als jetzt, ſie muß<lb/>ſich durch die ſeit ſo vielen Jahrtauſenden auf ihrer Oberfläche<lb/>
vorgegangene Verkühlung auf einen viel kleineren Raum zurück-<lb/>
gezogen haben, als der iſt, den ſie urſprünglich eingenommen hat.<lb/>
Wir werden weiter unten noch einen anderen, wichtigern Grund<lb/>
für dieſe allmählige Zuſammenziehung der Erde finden. Daß<lb/>
aber die anfängliche Temperatur der ganzen Erde ſehr hoch ge-<lb/>
weſen ſeyn muß, wird man nicht leicht in Abrede ſtellen können,<lb/>
wenn man bemerkt, daß nach dem angegebenen Verhältniſſe der<lb/>
Zunahme der Wärme in größeren Nähen bei dem Mittelpunkte<lb/>
der Erde, für eine Tiefe von einer deutſchen Meile unter der Ober-<lb/>
fläche der Erde die Zunahme der Temperatur ſchon 381 Grad R.<lb/>
betragen müſſe, bei welcher Hitze ſchon das Blei im flüſſigen Zu-<lb/>ſtande ſich erhält. In der Tiefe von 3 7/10 Meilen unter der<lb/>
Oberfläche der Erde würde Gold, und in einer Tiefe von 34<lb/>
Meilen würde ſelbſt Eiſen und Platin ſchmelzen, und wahrſchein-<lb/>
lich nimmt die Temperatur in den größern Tiefen noch ſchneller<lb/>
zu, als in den geringen, in welchen allein wir ſie bisher zu<lb/>
beobachten Gelegenheit hatten, ſo daß man alſo mit Recht in<lb/>
dem Mittelpunkte der Erde auch jetzt noch eine alle unſere Be-<lb/>
griffe überſteigende Hitze annehmen kann.</p><lb/><p>§. 138. (Wirkung dieſer Abnahme der Temperatur der Erde<lb/>
auf ihre Rotation.) Dieſe mit der Zeit an Volum abnehmende<lb/>
kugelförmige Erde dreht ſich aber um ihre Axe. Welches immer<lb/>
die Kraft geweſen ſeyn mag, die dieſe Drehung hervorgebracht<lb/>
hat, ihre Wirkung auf die Rotation der Erde, d. h. die Ge-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[183/0195]
Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
punkte der Erde ſich erklären ließ, die ſich allmählig gegen dieſen
Punkt zurückgezogen habe, während die anfangs flüſſige Oberfläche
derſelben durch Verkühlung ſich erhärtete.
Dieſe Verkühlung, welche bisher bloß auf die Oberfläche
und die ihr zunächſt liegenden Theile der Erde gewirkt hat,
mußte aber auch noch eine andere Wirkung, die ſich über die
ganze Erde erſtreckte, gehabt haben. Alle Körper dehnen ſich
bekanntlich aus, wenn ſie erwärmt werden, ſo wie ſie ſich wieder
durch die Kälte zuſammen ziehen. Daſſelbe mußte alſo auch
mit der Erde geſchehen ſeyn. Zu der Zeit ihrer Entſtehung, wo
ſie von einem ſehr hohen Grad der Temperatur durchdrungen
war, muß ſie auch viel größer geweſen ſeyn, als jetzt, ſie muß
ſich durch die ſeit ſo vielen Jahrtauſenden auf ihrer Oberfläche
vorgegangene Verkühlung auf einen viel kleineren Raum zurück-
gezogen haben, als der iſt, den ſie urſprünglich eingenommen hat.
Wir werden weiter unten noch einen anderen, wichtigern Grund
für dieſe allmählige Zuſammenziehung der Erde finden. Daß
aber die anfängliche Temperatur der ganzen Erde ſehr hoch ge-
weſen ſeyn muß, wird man nicht leicht in Abrede ſtellen können,
wenn man bemerkt, daß nach dem angegebenen Verhältniſſe der
Zunahme der Wärme in größeren Nähen bei dem Mittelpunkte
der Erde, für eine Tiefe von einer deutſchen Meile unter der Ober-
fläche der Erde die Zunahme der Temperatur ſchon 381 Grad R.
betragen müſſe, bei welcher Hitze ſchon das Blei im flüſſigen Zu-
ſtande ſich erhält. In der Tiefe von 3 7/10 Meilen unter der
Oberfläche der Erde würde Gold, und in einer Tiefe von 34
Meilen würde ſelbſt Eiſen und Platin ſchmelzen, und wahrſchein-
lich nimmt die Temperatur in den größern Tiefen noch ſchneller
zu, als in den geringen, in welchen allein wir ſie bisher zu
beobachten Gelegenheit hatten, ſo daß man alſo mit Recht in
dem Mittelpunkte der Erde auch jetzt noch eine alle unſere Be-
griffe überſteigende Hitze annehmen kann.
§. 138. (Wirkung dieſer Abnahme der Temperatur der Erde
auf ihre Rotation.) Dieſe mit der Zeit an Volum abnehmende
kugelförmige Erde dreht ſich aber um ihre Axe. Welches immer
die Kraft geweſen ſeyn mag, die dieſe Drehung hervorgebracht
hat, ihre Wirkung auf die Rotation der Erde, d. h. die Ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/195>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.