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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
schwindigkeit dieser Rotation mußte, nach dem Gesetze der Träg-
heit (S. 27) dieselbe bleiben, so lange die Größe, das Volum
der Erde dieselbe blieb. Aber eben dieses Volum nahm, durch
die allmählige Verkühlung der Erde, immerwährend ab, und
was ist die Folge dieser Abnahme? -- Offenbar eine Vermehrung
der Geschwindigkeit, eine schnellere Drehung der Erde um ihre
Axe. Ganz eben so wird ein Rad, mit derselben Kraft ange-
stoßen, sich desto geschwinder drehen, je kleiner dasselbe ist und
umgekehrt. -- Die Erde muß also, wenn alles Vorhergehende
richtig ist, sich jetzt schneller drehen, als in der Vorzeit, der Tag
muß jetzt kürzer seyn, als er ehedem gewesen ist, und wenn wir
wissen könnten, wie viel der Tag kürzer geworden ist, so würden
wir auch ein Mittel haben, zu messen, wie viel die Erde kleiner,
ja selbst wie viel sie kälter geworden ist, als sie vor einer bestimm-
ten Anzahl von Jahrtausenden gewesen seyn mag.

§. 139. (Diese Wirkung der Temperatur auf die Rotation der
Erde ist unmerklich.) Dieß würde uns demnach auf eine andere,
so oft aufgeworfene Frage führen, ob es wahr ist, wie die älteren
Leute vorzüglich so gern klagen, daß unsere Sommer nicht mehr
so warm sind, als sie in der Vorzeit gewesen seyn sollen.

Es könnte seyn, wenn nämlich der Tag jetzt in der That um
vieles kürzer ist, als er früher war. Allein wir haben oben (S. 176)
gefunden, daß die Länge des Tages seit dem Anfange unserer
Zeitrechnung gewiß nicht einmal um den hundertsten Theil einer
Sekunde kleiner geworden ist. -- Nehmen wir an, daß die mitt-
lere
Temperatur der ganzen Erde, nicht bloß die der Oberfläche
derselben, seit zwei Jahrtausenden um einen Grad des Thermo-
meters R. sich vermindert habe. Nehmen wir noch an, daß die
Masse, aus welcher die Erde besteht, sich im Allgemeinen nur so
wenig, als das Glas, d. h. um seinen hunderttausendsten Theil für
jeden Grad des Thermometers ausdehne, daß also auch das ganze
Volum der Erde seit jener Zeit um seinen hunderttausendsten Theil
kleiner geworden sey. Die Mechanik lehrt uns, daß bei einer solchen
Verminderung der Erdkugel die Geschwindigkeit der Umdrehung
derselben um ihre Axe um ihren 1/50000 Theil vergrößert, daß
also auch der Tag von 86400 Sekunden um seinen 86400/50000 sten
Theil, das heißt, um 1 7/10 Sekunde verkürzt würde. Allein

Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
ſchwindigkeit dieſer Rotation mußte, nach dem Geſetze der Träg-
heit (S. 27) dieſelbe bleiben, ſo lange die Größe, das Volum
der Erde dieſelbe blieb. Aber eben dieſes Volum nahm, durch
die allmählige Verkühlung der Erde, immerwährend ab, und
was iſt die Folge dieſer Abnahme? — Offenbar eine Vermehrung
der Geſchwindigkeit, eine ſchnellere Drehung der Erde um ihre
Axe. Ganz eben ſo wird ein Rad, mit derſelben Kraft ange-
ſtoßen, ſich deſto geſchwinder drehen, je kleiner daſſelbe iſt und
umgekehrt. — Die Erde muß alſo, wenn alles Vorhergehende
richtig iſt, ſich jetzt ſchneller drehen, als in der Vorzeit, der Tag
muß jetzt kürzer ſeyn, als er ehedem geweſen iſt, und wenn wir
wiſſen könnten, wie viel der Tag kürzer geworden iſt, ſo würden
wir auch ein Mittel haben, zu meſſen, wie viel die Erde kleiner,
ja ſelbſt wie viel ſie kälter geworden iſt, als ſie vor einer beſtimm-
ten Anzahl von Jahrtauſenden geweſen ſeyn mag.

§. 139. (Dieſe Wirkung der Temperatur auf die Rotation der
Erde iſt unmerklich.) Dieß würde uns demnach auf eine andere,
ſo oft aufgeworfene Frage führen, ob es wahr iſt, wie die älteren
Leute vorzüglich ſo gern klagen, daß unſere Sommer nicht mehr
ſo warm ſind, als ſie in der Vorzeit geweſen ſeyn ſollen.

Es könnte ſeyn, wenn nämlich der Tag jetzt in der That um
vieles kürzer iſt, als er früher war. Allein wir haben oben (S. 176)
gefunden, daß die Länge des Tages ſeit dem Anfange unſerer
Zeitrechnung gewiß nicht einmal um den hundertſten Theil einer
Sekunde kleiner geworden iſt. — Nehmen wir an, daß die mitt-
lere
Temperatur der ganzen Erde, nicht bloß die der Oberfläche
derſelben, ſeit zwei Jahrtauſenden um einen Grad des Thermo-
meters R. ſich vermindert habe. Nehmen wir noch an, daß die
Maſſe, aus welcher die Erde beſteht, ſich im Allgemeinen nur ſo
wenig, als das Glas, d. h. um ſeinen hunderttauſendſten Theil für
jeden Grad des Thermometers ausdehne, daß alſo auch das ganze
Volum der Erde ſeit jener Zeit um ſeinen hunderttauſendſten Theil
kleiner geworden ſey. Die Mechanik lehrt uns, daß bei einer ſolchen
Verminderung der Erdkugel die Geſchwindigkeit der Umdrehung
derſelben um ihre Axe um ihren 1/50000 Theil vergrößert, daß
alſo auch der Tag von 86400 Sekunden um ſeinen 86400/50000 ſten
Theil, das heißt, um 1 7/10 Sekunde verkürzt würde. Allein

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[184/0196] Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten. ſchwindigkeit dieſer Rotation mußte, nach dem Geſetze der Träg- heit (S. 27) dieſelbe bleiben, ſo lange die Größe, das Volum der Erde dieſelbe blieb. Aber eben dieſes Volum nahm, durch die allmählige Verkühlung der Erde, immerwährend ab, und was iſt die Folge dieſer Abnahme? — Offenbar eine Vermehrung der Geſchwindigkeit, eine ſchnellere Drehung der Erde um ihre Axe. Ganz eben ſo wird ein Rad, mit derſelben Kraft ange- ſtoßen, ſich deſto geſchwinder drehen, je kleiner daſſelbe iſt und umgekehrt. — Die Erde muß alſo, wenn alles Vorhergehende richtig iſt, ſich jetzt ſchneller drehen, als in der Vorzeit, der Tag muß jetzt kürzer ſeyn, als er ehedem geweſen iſt, und wenn wir wiſſen könnten, wie viel der Tag kürzer geworden iſt, ſo würden wir auch ein Mittel haben, zu meſſen, wie viel die Erde kleiner, ja ſelbſt wie viel ſie kälter geworden iſt, als ſie vor einer beſtimm- ten Anzahl von Jahrtauſenden geweſen ſeyn mag. §. 139. (Dieſe Wirkung der Temperatur auf die Rotation der Erde iſt unmerklich.) Dieß würde uns demnach auf eine andere, ſo oft aufgeworfene Frage führen, ob es wahr iſt, wie die älteren Leute vorzüglich ſo gern klagen, daß unſere Sommer nicht mehr ſo warm ſind, als ſie in der Vorzeit geweſen ſeyn ſollen. Es könnte ſeyn, wenn nämlich der Tag jetzt in der That um vieles kürzer iſt, als er früher war. Allein wir haben oben (S. 176) gefunden, daß die Länge des Tages ſeit dem Anfange unſerer Zeitrechnung gewiß nicht einmal um den hundertſten Theil einer Sekunde kleiner geworden iſt. — Nehmen wir an, daß die mitt- lere Temperatur der ganzen Erde, nicht bloß die der Oberfläche derſelben, ſeit zwei Jahrtauſenden um einen Grad des Thermo- meters R. ſich vermindert habe. Nehmen wir noch an, daß die Maſſe, aus welcher die Erde beſteht, ſich im Allgemeinen nur ſo wenig, als das Glas, d. h. um ſeinen hunderttauſendſten Theil für jeden Grad des Thermometers ausdehne, daß alſo auch das ganze Volum der Erde ſeit jener Zeit um ſeinen hunderttauſendſten Theil kleiner geworden ſey. Die Mechanik lehrt uns, daß bei einer ſolchen Verminderung der Erdkugel die Geſchwindigkeit der Umdrehung derſelben um ihre Axe um ihren 1/50000 Theil vergrößert, daß alſo auch der Tag von 86400 Sekunden um ſeinen 86400/50000 ſten Theil, das heißt, um 1 7/10 Sekunde verkürzt würde. Allein

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/196>, abgerufen am 09.11.2024.