Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Venus.
ein einfaches Mittel, die Zeiten aller folgenden Durchgänge zu
finden, wenn man einmal einen derselben kennt. Die unten fol-
gende Tafel gibt dieselben für mehrere Jahrhunderte mit aller
hier wünschenswerthen Genauigkeit an.

§. 64. (Die ersten beobachteten Durchgänge der Venus.) Kepler
war es, der diese Erscheinungen mit Hülfe seiner neuen Planeten-
tafeln, die er dem Kaiser Rudolph II. zu Ehren die Rudolphinischen
nannte, zuerst ankündigte, und die Astronomen auf diese wich-
tigen Beobachtungen aufmerksam machte. Ohne diese Vorausbe-
rechnungen würde man sie nicht gut haben beobachten können,
da man den Augenblick nicht weiß, wann sie statt haben. Aus
dieser Ursache sind auch alle früheren Erscheinungen dieser Art
verloren gegangen. Man würde sie aber wahrscheinlich auch mit
diesen Vorausbestimmungen nicht beobachtet haben, da wohl nur
wenige Augen so scharf sind, um die Venus selbst zu einer Zeit,
wo ihr Durchmesser am größten ist, und 58 Sec. beträgt, ohne
Fernrohr in der Sonne sehen zu können. Schon Gassendi hat
sich durch Erfahrung überzeugt, daß keiner seiner Freunde einen
schwarzen runden Flecken in der Sonne mit freien Augen sehen
konnte, obschon der Durchmesser derselben 80 Sec. betrug. -- Die
beiden Durchgänge der Venus, die Kepler i. J. 1627 auf diese
Weise ankündigte, waren die der Jahre 1631 und 1761, von
welchen der erste auf den 6. Dezember und der andere auf den
5. Junius von ihm berechnet wurden. Beide hatten auch in der
That statt, und zwar der erste nur wenige Tage nach seinem Tode,
da Kepler am 15. Nov. 1631 starb. Einen andern zwischen jene
beiden fallenden Durchgang, der am 4. Dezember 1639 eintrat,
hatte Kepler übersehen. Halley, welcher der erste die Wichtigkeit
dieser Erscheinungen eingesehen und auch bekannt gemacht hatte,
berechnete die 17 nächstfolgenden Durchgänge der Venus bis zu
dem Jahre 2117 voraus, und theilte sie den Astronomen in den
Philos. Transact. von 1691 und 1716 mit.

Eben dieser von Kepler in seiner Rechnung übersehene Durch-
gang des Jahres 1639 war der erste, der je von einem Astro-
nomen beobachtet worden ist. Horrox in England berechnete einige
Zeit zuvor eine astronomische Ephemeride, aber nach den Tafeln

Littrow's Himmel u. s. Wunder. II. 6

Venus.
ein einfaches Mittel, die Zeiten aller folgenden Durchgänge zu
finden, wenn man einmal einen derſelben kennt. Die unten fol-
gende Tafel gibt dieſelben für mehrere Jahrhunderte mit aller
hier wünſchenswerthen Genauigkeit an.

§. 64. (Die erſten beobachteten Durchgänge der Venus.) Kepler
war es, der dieſe Erſcheinungen mit Hülfe ſeiner neuen Planeten-
tafeln, die er dem Kaiſer Rudolph II. zu Ehren die Rudolphiniſchen
nannte, zuerſt ankündigte, und die Aſtronomen auf dieſe wich-
tigen Beobachtungen aufmerkſam machte. Ohne dieſe Vorausbe-
rechnungen würde man ſie nicht gut haben beobachten können,
da man den Augenblick nicht weiß, wann ſie ſtatt haben. Aus
dieſer Urſache ſind auch alle früheren Erſcheinungen dieſer Art
verloren gegangen. Man würde ſie aber wahrſcheinlich auch mit
dieſen Vorausbeſtimmungen nicht beobachtet haben, da wohl nur
wenige Augen ſo ſcharf ſind, um die Venus ſelbſt zu einer Zeit,
wo ihr Durchmeſſer am größten iſt, und 58 Sec. beträgt, ohne
Fernrohr in der Sonne ſehen zu können. Schon Gaſſendi hat
ſich durch Erfahrung überzeugt, daß keiner ſeiner Freunde einen
ſchwarzen runden Flecken in der Sonne mit freien Augen ſehen
konnte, obſchon der Durchmeſſer derſelben 80 Sec. betrug. — Die
beiden Durchgänge der Venus, die Kepler i. J. 1627 auf dieſe
Weiſe ankündigte, waren die der Jahre 1631 und 1761, von
welchen der erſte auf den 6. Dezember und der andere auf den
5. Junius von ihm berechnet wurden. Beide hatten auch in der
That ſtatt, und zwar der erſte nur wenige Tage nach ſeinem Tode,
da Kepler am 15. Nov. 1631 ſtarb. Einen andern zwiſchen jene
beiden fallenden Durchgang, der am 4. Dezember 1639 eintrat,
hatte Kepler überſehen. Halley, welcher der erſte die Wichtigkeit
dieſer Erſcheinungen eingeſehen und auch bekannt gemacht hatte,
berechnete die 17 nächſtfolgenden Durchgänge der Venus bis zu
dem Jahre 2117 voraus, und theilte ſie den Aſtronomen in den
Philos. Transact. von 1691 und 1716 mit.

Eben dieſer von Kepler in ſeiner Rechnung überſehene Durch-
gang des Jahres 1639 war der erſte, der je von einem Aſtro-
nomen beobachtet worden iſt. Horrox in England berechnete einige
Zeit zuvor eine aſtronomiſche Ephemeride, aber nach den Tafeln

Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. II. 6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0091" n="81"/><fw place="top" type="header">Venus.</fw><lb/>
ein einfaches Mittel, die Zeiten aller folgenden Durchgänge zu<lb/>
finden, wenn man einmal einen der&#x017F;elben kennt. Die unten fol-<lb/>
gende Tafel gibt die&#x017F;elben für mehrere Jahrhunderte mit aller<lb/>
hier wün&#x017F;chenswerthen Genauigkeit an.</p><lb/>
            <p>§. 64. (Die er&#x017F;ten beobachteten Durchgänge der Venus.) Kepler<lb/>
war es, der die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen mit Hülfe &#x017F;einer neuen Planeten-<lb/>
tafeln, die er dem Kai&#x017F;er Rudolph <hi rendition="#aq">II.</hi> zu Ehren die Rudolphini&#x017F;chen<lb/>
nannte, zuer&#x017F;t ankündigte, und die A&#x017F;tronomen auf die&#x017F;e wich-<lb/>
tigen Beobachtungen aufmerk&#x017F;am machte. Ohne die&#x017F;e Vorausbe-<lb/>
rechnungen würde man &#x017F;ie nicht gut haben beobachten können,<lb/>
da man den Augenblick nicht weiß, wann &#x017F;ie &#x017F;tatt haben. Aus<lb/>
die&#x017F;er Ur&#x017F;ache &#x017F;ind auch alle früheren Er&#x017F;cheinungen die&#x017F;er Art<lb/>
verloren gegangen. Man würde &#x017F;ie aber wahr&#x017F;cheinlich auch mit<lb/>
die&#x017F;en Vorausbe&#x017F;timmungen nicht beobachtet haben, da wohl nur<lb/>
wenige Augen &#x017F;o &#x017F;charf &#x017F;ind, um die Venus &#x017F;elb&#x017F;t zu einer Zeit,<lb/>
wo ihr Durchme&#x017F;&#x017F;er am größten i&#x017F;t, und 58 Sec. beträgt, ohne<lb/>
Fernrohr in der Sonne &#x017F;ehen zu können. Schon Ga&#x017F;&#x017F;endi hat<lb/>
&#x017F;ich durch Erfahrung überzeugt, daß keiner &#x017F;einer Freunde einen<lb/>
&#x017F;chwarzen runden Flecken in der Sonne mit freien Augen &#x017F;ehen<lb/>
konnte, ob&#x017F;chon der Durchme&#x017F;&#x017F;er der&#x017F;elben 80 Sec. betrug. &#x2014; Die<lb/>
beiden Durchgänge der Venus, die Kepler i. J. 1627 auf die&#x017F;e<lb/>
Wei&#x017F;e ankündigte, waren die der Jahre 1631 und 1761, von<lb/>
welchen der er&#x017F;te auf den 6. Dezember und der andere auf den<lb/>
5. Junius von ihm berechnet wurden. Beide hatten auch in der<lb/>
That &#x017F;tatt, und zwar der er&#x017F;te nur wenige Tage nach &#x017F;einem Tode,<lb/>
da Kepler am 15. Nov. 1631 &#x017F;tarb. Einen andern zwi&#x017F;chen jene<lb/>
beiden fallenden Durchgang, der am 4. Dezember 1639 eintrat,<lb/>
hatte Kepler über&#x017F;ehen. Halley, welcher der er&#x017F;te die Wichtigkeit<lb/>
die&#x017F;er Er&#x017F;cheinungen einge&#x017F;ehen und auch bekannt gemacht hatte,<lb/>
berechnete die 17 näch&#x017F;tfolgenden Durchgänge der Venus bis zu<lb/>
dem Jahre 2117 voraus, und theilte &#x017F;ie den A&#x017F;tronomen in den<lb/><hi rendition="#aq">Philos. Transact.</hi> von 1691 und 1716 mit.</p><lb/>
            <p>Eben die&#x017F;er von Kepler in &#x017F;einer Rechnung über&#x017F;ehene Durch-<lb/>
gang des Jahres 1639 war der <hi rendition="#g">er&#x017F;te</hi>, der je von einem A&#x017F;tro-<lb/>
nomen beobachtet worden i&#x017F;t. Horrox in England berechnete einige<lb/>
Zeit zuvor eine a&#x017F;tronomi&#x017F;che Ephemeride, aber nach den Tafeln<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Littrow&#x2019;s</hi> Himmel u. &#x017F;. Wunder. <hi rendition="#aq">II.</hi> 6</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0091] Venus. ein einfaches Mittel, die Zeiten aller folgenden Durchgänge zu finden, wenn man einmal einen derſelben kennt. Die unten fol- gende Tafel gibt dieſelben für mehrere Jahrhunderte mit aller hier wünſchenswerthen Genauigkeit an. §. 64. (Die erſten beobachteten Durchgänge der Venus.) Kepler war es, der dieſe Erſcheinungen mit Hülfe ſeiner neuen Planeten- tafeln, die er dem Kaiſer Rudolph II. zu Ehren die Rudolphiniſchen nannte, zuerſt ankündigte, und die Aſtronomen auf dieſe wich- tigen Beobachtungen aufmerkſam machte. Ohne dieſe Vorausbe- rechnungen würde man ſie nicht gut haben beobachten können, da man den Augenblick nicht weiß, wann ſie ſtatt haben. Aus dieſer Urſache ſind auch alle früheren Erſcheinungen dieſer Art verloren gegangen. Man würde ſie aber wahrſcheinlich auch mit dieſen Vorausbeſtimmungen nicht beobachtet haben, da wohl nur wenige Augen ſo ſcharf ſind, um die Venus ſelbſt zu einer Zeit, wo ihr Durchmeſſer am größten iſt, und 58 Sec. beträgt, ohne Fernrohr in der Sonne ſehen zu können. Schon Gaſſendi hat ſich durch Erfahrung überzeugt, daß keiner ſeiner Freunde einen ſchwarzen runden Flecken in der Sonne mit freien Augen ſehen konnte, obſchon der Durchmeſſer derſelben 80 Sec. betrug. — Die beiden Durchgänge der Venus, die Kepler i. J. 1627 auf dieſe Weiſe ankündigte, waren die der Jahre 1631 und 1761, von welchen der erſte auf den 6. Dezember und der andere auf den 5. Junius von ihm berechnet wurden. Beide hatten auch in der That ſtatt, und zwar der erſte nur wenige Tage nach ſeinem Tode, da Kepler am 15. Nov. 1631 ſtarb. Einen andern zwiſchen jene beiden fallenden Durchgang, der am 4. Dezember 1639 eintrat, hatte Kepler überſehen. Halley, welcher der erſte die Wichtigkeit dieſer Erſcheinungen eingeſehen und auch bekannt gemacht hatte, berechnete die 17 nächſtfolgenden Durchgänge der Venus bis zu dem Jahre 2117 voraus, und theilte ſie den Aſtronomen in den Philos. Transact. von 1691 und 1716 mit. Eben dieſer von Kepler in ſeiner Rechnung überſehene Durch- gang des Jahres 1639 war der erſte, der je von einem Aſtro- nomen beobachtet worden iſt. Horrox in England berechnete einige Zeit zuvor eine aſtronomiſche Ephemeride, aber nach den Tafeln Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. II. 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/91
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/91>, abgerufen am 28.11.2024.