von Lansberg, die zwar viel weniger genau waren, als die Ru- dolphinischen Tafeln, die aber doch zufällig einen Durchgang der Venus für den 4. Dezember 1639 anzeigten, während die Kepler- schen Tafeln keinen gaben. Da er in die ersten Tafeln ein besonderes Vertrauen setzte, so schickte er sich zu der Beobachtung an, und er sah in der That durch nahe eine halbe Stunde die Venus in der Sonne, so wie auch sein Freund Crabtree, der nur wenige Meilen von ihm wohnte, und den er von dem Ereignisse benachrichtigt hatte. Allein diese Beobachtung hatte keine Folgen für die Wissenschaft, da sie, wie wir bald sehen werden, an zwei sehr weit von einander entlegenen Orten zugleich gemacht werden muß.
§. 65. (Durchgang von 1761.) Da Halley erst i. J. 1677 bei Gelegenheit seiner Beobachtung eines Merkurdurchganges, die er auf der später durch ein anderes Ereigniß berühmt gewordenen Insel St. Helena angestellt hatte, auf die Wichtigkeit dieser Er- scheinungen aufmerksam geworden war, so mußte man bis zu dem nächst folgenden Durchgange der Venus, am 5. Junius 1761, warten. Die Astronomen bereiteten sich zu dieser Beobachtung auf das eifrigste vor, und mehrere von ihnen reisten in sehr entfernte Gegenden, um ihren Zweck besser zu erreichen. Man findet die Geschichte dieser Vorbereitungen in den Mem. de l'Acad. de Paris 1757, 1761 und 1781. Die vorzüglichsten Beobachtungen dieses Durchganges sind die von Mason am Vorgebirge der guten Hoffnung, von Bergmann in Upsala, von Planmann zu Cajane- burg in Finnland, und die zu Stockholm und Tobolsk angestellten. Die Berechnungen dieser Beobachtungen geben die Horizontal- parallaxe der Sonne (I. §. 61) für ihre mittlere Entfernung von der Erde zwischen 8 und 9 Secunden. Wie man aber daraus diese Entfernung der Sonne selbst, die der eigentliche Hauptzweck dieser Beobachtungen ist, abzuleiten hat, wurde bereits oben (I. §. 63) gesagt. Wendet man die dort gegebenen Vorschriften auf diese beiden Zahlen an, so findet man für die mittlere Entfernung der Mittel- punkte der Sonne und der Erde entweder 25783 oder 22918 Halb- messer der Erde, je nachdem man die Parallaxe der Sonne zu 8 oder zu 9 Secunden annimmt. Die Differenz dieser beiden Resultate ist 2865 Erdhalbmesser, also nahe 2 1/2 Millionen Meilen, oder
Venus.
von Lansberg, die zwar viel weniger genau waren, als die Ru- dolphiniſchen Tafeln, die aber doch zufällig einen Durchgang der Venus für den 4. Dezember 1639 anzeigten, während die Kepler- ſchen Tafeln keinen gaben. Da er in die erſten Tafeln ein beſonderes Vertrauen ſetzte, ſo ſchickte er ſich zu der Beobachtung an, und er ſah in der That durch nahe eine halbe Stunde die Venus in der Sonne, ſo wie auch ſein Freund Crabtree, der nur wenige Meilen von ihm wohnte, und den er von dem Ereigniſſe benachrichtigt hatte. Allein dieſe Beobachtung hatte keine Folgen für die Wiſſenſchaft, da ſie, wie wir bald ſehen werden, an zwei ſehr weit von einander entlegenen Orten zugleich gemacht werden muß.
§. 65. (Durchgang von 1761.) Da Halley erſt i. J. 1677 bei Gelegenheit ſeiner Beobachtung eines Merkurdurchganges, die er auf der ſpäter durch ein anderes Ereigniß berühmt gewordenen Inſel St. Helena angeſtellt hatte, auf die Wichtigkeit dieſer Er- ſcheinungen aufmerkſam geworden war, ſo mußte man bis zu dem nächſt folgenden Durchgange der Venus, am 5. Junius 1761, warten. Die Aſtronomen bereiteten ſich zu dieſer Beobachtung auf das eifrigſte vor, und mehrere von ihnen reisten in ſehr entfernte Gegenden, um ihren Zweck beſſer zu erreichen. Man findet die Geſchichte dieſer Vorbereitungen in den Mem. de l’Acad. de Paris 1757, 1761 und 1781. Die vorzüglichſten Beobachtungen dieſes Durchganges ſind die von Maſon am Vorgebirge der guten Hoffnung, von Bergmann in Upſala, von Planmann zu Cajane- burg in Finnland, und die zu Stockholm und Tobolsk angeſtellten. Die Berechnungen dieſer Beobachtungen geben die Horizontal- parallaxe der Sonne (I. §. 61) für ihre mittlere Entfernung von der Erde zwiſchen 8 und 9 Secunden. Wie man aber daraus dieſe Entfernung der Sonne ſelbſt, die der eigentliche Hauptzweck dieſer Beobachtungen iſt, abzuleiten hat, wurde bereits oben (I. §. 63) geſagt. Wendet man die dort gegebenen Vorſchriften auf dieſe beiden Zahlen an, ſo findet man für die mittlere Entfernung der Mittel- punkte der Sonne und der Erde entweder 25783 oder 22918 Halb- meſſer der Erde, je nachdem man die Parallaxe der Sonne zu 8 oder zu 9 Secunden annimmt. Die Differenz dieſer beiden Reſultate iſt 2865 Erdhalbmeſſer, alſo nahe 2 ½ Millionen Meilen, oder
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Venus.
von Lansberg, die zwar viel weniger genau waren, als die Ru-
dolphiniſchen Tafeln, die aber doch zufällig einen Durchgang der
Venus für den 4. Dezember 1639 anzeigten, während die Kepler-
ſchen Tafeln keinen gaben. Da er in die erſten Tafeln ein beſonderes
Vertrauen ſetzte, ſo ſchickte er ſich zu der Beobachtung an, und er
ſah in der That durch nahe eine halbe Stunde die Venus in der
Sonne, ſo wie auch ſein Freund Crabtree, der nur wenige Meilen
von ihm wohnte, und den er von dem Ereigniſſe benachrichtigt
hatte. Allein dieſe Beobachtung hatte keine Folgen für die
Wiſſenſchaft, da ſie, wie wir bald ſehen werden, an zwei ſehr weit
von einander entlegenen Orten zugleich gemacht werden muß.
§. 65. (Durchgang von 1761.) Da Halley erſt i. J. 1677
bei Gelegenheit ſeiner Beobachtung eines Merkurdurchganges, die
er auf der ſpäter durch ein anderes Ereigniß berühmt gewordenen
Inſel St. Helena angeſtellt hatte, auf die Wichtigkeit dieſer Er-
ſcheinungen aufmerkſam geworden war, ſo mußte man bis zu dem
nächſt folgenden Durchgange der Venus, am 5. Junius 1761,
warten. Die Aſtronomen bereiteten ſich zu dieſer Beobachtung
auf das eifrigſte vor, und mehrere von ihnen reisten in ſehr
entfernte Gegenden, um ihren Zweck beſſer zu erreichen. Man
findet die Geſchichte dieſer Vorbereitungen in den Mem. de l’Acad.
de Paris 1757, 1761 und 1781. Die vorzüglichſten Beobachtungen
dieſes Durchganges ſind die von Maſon am Vorgebirge der guten
Hoffnung, von Bergmann in Upſala, von Planmann zu Cajane-
burg in Finnland, und die zu Stockholm und Tobolsk angeſtellten.
Die Berechnungen dieſer Beobachtungen geben die Horizontal-
parallaxe der Sonne (I. §. 61) für ihre mittlere Entfernung von
der Erde zwiſchen 8 und 9 Secunden. Wie man aber daraus dieſe
Entfernung der Sonne ſelbſt, die der eigentliche Hauptzweck dieſer
Beobachtungen iſt, abzuleiten hat, wurde bereits oben (I. §. 63)
geſagt. Wendet man die dort gegebenen Vorſchriften auf dieſe beiden
Zahlen an, ſo findet man für die mittlere Entfernung der Mittel-
punkte der Sonne und der Erde entweder 25783 oder 22918 Halb-
meſſer der Erde, je nachdem man die Parallaxe der Sonne zu 8
oder zu 9 Secunden annimmt. Die Differenz dieſer beiden Reſultate
iſt 2865 Erdhalbmeſſer, alſo nahe 2 ½ Millionen Meilen, oder
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/92>, abgerufen am 22.07.2024.
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