Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Delikte gegen die Rechtspflege. §. 103.
II 2) ist im Falle der Verurteilung des Anzeigers (StGB.
§. 165)

1. dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, das Schuld-
urteil auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu
machen (die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist
zu derselben ist in dem Urteile zu bestimmen);
2. dem Verletzten auf Kosten des Schuldigen eine Aus-
fertigung des Urteils zu erteilen.

So lange ein in Folge der gemachten Anzeige einge-
leitetes Verfahren anhängig ist, soll mit dem Verfahren und
mit der Entscheidung über die falsche Anschuldigung innege-
halten werden (§. 164 2. Abs. StGB.).

VI. Begünstigung und Helerei.10 Begünsti-
gung
(StGB. §. 257)11 ist die wissentliche, nach Begehung
eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Teil-
nehmer gegenüber zu dem Zwecke erfolgende Beistandleistung,
um entweder

a) den Schuldigen der Bestrafung zu entziehen12 (persön-
liche Begünstigung), oder
b) demselben die Vorteile des Verbrechens oder Vergehens
zu sichern (sachliche Begünstigung).

Die Begünstigung erscheint in ihren beiden Formen als
eine Hemmung der staatlichen Rechtspflege; sie hindert, mag
sie als persönliche der strafenden Gerechtigkeit in die Arme
fallen, mag sie als sachliche die civilrechtliche Ausgleichung

10 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 236
Note 1; dazu Gretener Be-
günstigung und Hehlerei 1879;
Geyer HR. "Begünstigung".
11 [Spaltenumbruch] Vgl. auch Vereinszollgesetz
vom 1. Juli 1869 §. 149.
12 [Spaltenumbruch] Z. B. Verbüßung der
Freiheitsstrafe oder Zahlung der
Geldstrafe unter dem Namen
eines Anderen, falsche Angaben
in einem Zeugnisse oder Gna-
dengesuche usw.

Delikte gegen die Rechtspflege. §. 103.
II 2) iſt im Falle der Verurteilung des Anzeigers (StGB.
§. 165)

1. dem Verletzten die Befugnis zuzuſprechen, das Schuld-
urteil auf Koſten des Schuldigen öffentlich bekannt zu
machen (die Art der Bekanntmachung, ſowie die Friſt
zu derſelben iſt in dem Urteile zu beſtimmen);
2. dem Verletzten auf Koſten des Schuldigen eine Aus-
fertigung des Urteils zu erteilen.

So lange ein in Folge der gemachten Anzeige einge-
leitetes Verfahren anhängig iſt, ſoll mit dem Verfahren und
mit der Entſcheidung über die falſche Anſchuldigung innege-
halten werden (§. 164 2. Abſ. StGB.).

VI. Begünſtigung und Helerei.10 Begünſti-
gung
(StGB. §. 257)11 iſt die wiſſentliche, nach Begehung
eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Teil-
nehmer gegenüber zu dem Zwecke erfolgende Beiſtandleiſtung,
um entweder

a) den Schuldigen der Beſtrafung zu entziehen12 (perſön-
liche Begünſtigung), oder
b) demſelben die Vorteile des Verbrechens oder Vergehens
zu ſichern (ſachliche Begünſtigung).

Die Begünſtigung erſcheint in ihren beiden Formen als
eine Hemmung der ſtaatlichen Rechtspflege; ſie hindert, mag
ſie als perſönliche der ſtrafenden Gerechtigkeit in die Arme
fallen, mag ſie als ſachliche die civilrechtliche Ausgleichung

10 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 236
Note 1; dazu Gretener Be-
günſtigung und Hehlerei 1879;
Geyer HR. „Begünſtigung“.
11 [Spaltenumbruch] Vgl. auch Vereinszollgeſetz
vom 1. Juli 1869 §. 149.
12 [Spaltenumbruch] Z. B. Verbüßung der
Freiheitsſtrafe oder Zahlung der
Geldſtrafe unter dem Namen
eines Anderen, falſche Angaben
in einem Zeugniſſe oder Gna-
dengeſuche uſw.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0455" n="429"/><fw place="top" type="header">Delikte gegen die Rechtspflege. §. 103.</fw><lb/><hi rendition="#aq">II</hi> 2) i&#x017F;t im Falle der Verurteilung des Anzeigers (StGB.<lb/>
§. 165)</p><lb/>
                <list>
                  <item>1. dem Verletzten die Befugnis zuzu&#x017F;prechen, das Schuld-<lb/>
urteil auf Ko&#x017F;ten des Schuldigen öffentlich bekannt zu<lb/>
machen (die Art der Bekanntmachung, &#x017F;owie die Fri&#x017F;t<lb/>
zu der&#x017F;elben i&#x017F;t in dem Urteile zu be&#x017F;timmen);</item><lb/>
                  <item>2. dem Verletzten auf Ko&#x017F;ten des Schuldigen eine Aus-<lb/>
fertigung des Urteils zu erteilen.</item>
                </list><lb/>
                <p>So lange ein in Folge der gemachten Anzeige einge-<lb/>
leitetes Verfahren anhängig i&#x017F;t, &#x017F;oll mit dem Verfahren und<lb/>
mit der Ent&#x017F;cheidung über die fal&#x017F;che An&#x017F;chuldigung innege-<lb/>
halten werden (§. 164 2. Ab&#x017F;. StGB.).</p><lb/>
                <p><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#g">Begün&#x017F;tigung und Helerei</hi>.<note place="foot" n="10"><cb/>
Lit. bei <hi rendition="#g">Meyer</hi> S. 236<lb/>
Note 1; dazu <hi rendition="#g">Gretener</hi> Be-<lb/>
gün&#x017F;tigung und Hehlerei 1879;<lb/><hi rendition="#g">Geyer</hi> HR. &#x201E;Begün&#x017F;tigung&#x201C;.</note><hi rendition="#g">Begün&#x017F;ti-<lb/>
gung</hi> (StGB. §. 257)<note place="foot" n="11"><cb/>
Vgl. auch Vereinszollge&#x017F;etz<lb/>
vom 1. Juli 1869 §. 149.</note> i&#x017F;t die wi&#x017F;&#x017F;entliche, nach Begehung<lb/>
eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Teil-<lb/>
nehmer gegenüber zu dem Zwecke erfolgende Bei&#x017F;tandlei&#x017F;tung,<lb/>
um entweder</p><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#aq">a</hi>) den Schuldigen der Be&#x017F;trafung zu entziehen<note place="foot" n="12"><cb/>
Z. B. Verbüßung der<lb/>
Freiheits&#x017F;trafe oder Zahlung der<lb/>
Geld&#x017F;trafe unter dem Namen<lb/>
eines Anderen, fal&#x017F;che Angaben<lb/>
in einem Zeugni&#x017F;&#x017F;e oder Gna-<lb/>
denge&#x017F;uche u&#x017F;w.</note> (per&#x017F;ön-<lb/>
liche Begün&#x017F;tigung), oder</item><lb/>
                  <item><hi rendition="#aq">b</hi>) dem&#x017F;elben die Vorteile des Verbrechens oder Vergehens<lb/>
zu &#x017F;ichern (&#x017F;achliche Begün&#x017F;tigung).</item>
                </list><lb/>
                <p>Die Begün&#x017F;tigung er&#x017F;cheint in ihren beiden Formen als<lb/>
eine Hemmung der &#x017F;taatlichen Rechtspflege; &#x017F;ie hindert, mag<lb/>
&#x017F;ie als per&#x017F;önliche der &#x017F;trafenden Gerechtigkeit in die Arme<lb/>
fallen, mag &#x017F;ie als &#x017F;achliche die civilrechtliche Ausgleichung<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[429/0455] Delikte gegen die Rechtspflege. §. 103. II 2) iſt im Falle der Verurteilung des Anzeigers (StGB. §. 165) 1. dem Verletzten die Befugnis zuzuſprechen, das Schuld- urteil auf Koſten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen (die Art der Bekanntmachung, ſowie die Friſt zu derſelben iſt in dem Urteile zu beſtimmen); 2. dem Verletzten auf Koſten des Schuldigen eine Aus- fertigung des Urteils zu erteilen. So lange ein in Folge der gemachten Anzeige einge- leitetes Verfahren anhängig iſt, ſoll mit dem Verfahren und mit der Entſcheidung über die falſche Anſchuldigung innege- halten werden (§. 164 2. Abſ. StGB.). VI. Begünſtigung und Helerei. 10 Begünſti- gung (StGB. §. 257) 11 iſt die wiſſentliche, nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Teil- nehmer gegenüber zu dem Zwecke erfolgende Beiſtandleiſtung, um entweder a) den Schuldigen der Beſtrafung zu entziehen 12 (perſön- liche Begünſtigung), oder b) demſelben die Vorteile des Verbrechens oder Vergehens zu ſichern (ſachliche Begünſtigung). Die Begünſtigung erſcheint in ihren beiden Formen als eine Hemmung der ſtaatlichen Rechtspflege; ſie hindert, mag ſie als perſönliche der ſtrafenden Gerechtigkeit in die Arme fallen, mag ſie als ſachliche die civilrechtliche Ausgleichung 10 Lit. bei Meyer S. 236 Note 1; dazu Gretener Be- günſtigung und Hehlerei 1879; Geyer HR. „Begünſtigung“. 11 Vgl. auch Vereinszollgeſetz vom 1. Juli 1869 §. 149. 12 Z. B. Verbüßung der Freiheitsſtrafe oder Zahlung der Geldſtrafe unter dem Namen eines Anderen, falſche Angaben in einem Zeugniſſe oder Gna- dengeſuche uſw.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/455
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/455>, abgerufen am 02.05.2024.