Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Erstes Buch. II. Das Verbrechen als Handlung. omissionem commissum von der unter 1 besprochenen Gruppe.Die Pflicht zum Handeln aber kann liegen: a) in einer Rechtsnorm, die einem anderen als dem b) in der vorhergegangenen Uebernahme oder An- Alle diese Fälle -- Gruppe I und Gruppe II a und b III. Eine nach dem Gesagten selbstverständliche Konse- 4 [Spaltenumbruch]
Aehnlich Binding Normen
II S. 259 ff. Auch Merkel (krimin. Abhandlgn. I) verlangt, daß der Thäter "die Interessen[Spaltenumbruch] Anderer in zurechenbarer (?) Weise auf die Vornahme ent- sprechender Handlungen gestellt habe." Erſtes Buch. II. Das Verbrechen als Handlung. omissionem commissum von der unter 1 beſprochenen Gruppe.Die Pflicht zum Handeln aber kann liegen: a) in einer Rechtsnorm, die einem anderen als dem b) in der vorhergegangenen Uebernahme oder An- Alle dieſe Fälle — Gruppe I und Gruppe II a und b III. Eine nach dem Geſagten ſelbſtverſtändliche Konſe- 4 [Spaltenumbruch]
Aehnlich Binding Normen
II S. 259 ff. Auch Merkel (krimin. Abhandlgn. I) verlangt, daß der Thäter „die Intereſſen[Spaltenumbruch] Anderer in zurechenbarer (?) Weiſe auf die Vornahme ent- ſprechender Handlungen geſtellt habe.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0108" n="82"/><fw place="top" type="header">Erſtes Buch. <hi rendition="#aq">II.</hi> Das Verbrechen als Handlung.</fw><lb/><hi rendition="#aq">omissionem commissum</hi> von der unter 1 beſprochenen Gruppe.<lb/> Die Pflicht zum Handeln aber kann liegen:</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a)</hi> in einer <hi rendition="#g">Rechtsnorm,</hi> die einem anderen als dem<lb/> ſtrafrechtlichen Gebiete angehört (Pflicht der Eltern zur Er-<lb/> nährung der Kinder, die vertragsmäßige Verpflichtung des<lb/> Eiſenbahnperſonales, die Dienſtpflicht des Gefangenaufſehers,<lb/> die Amtspflicht des Beamten uſw.);</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b)</hi> in der vorhergegangenen <hi rendition="#g">Uebernahme oder An-<lb/> maßung der Herrſchaft über den Ablauf der Kau-<lb/> ſalitätsreihe,</hi> ſo daß das ſpätere „Unterlaſſen“ als Auf-<lb/> geben dieſer Herrſchaft, als ein Fahrenlaſſen der ergriffenen<lb/> Zügel erſcheint.<note place="foot" n="4"><cb/> Aehnlich <hi rendition="#g">Binding</hi> Normen<lb/><hi rendition="#aq">II</hi> S. 259 ff. Auch <hi rendition="#g">Merkel</hi><lb/> (krimin. Abhandlgn. <hi rendition="#aq">I</hi>) verlangt,<lb/> daß der Thäter „die Intereſſen<cb/> Anderer in zurechenbarer (?)<lb/> Weiſe auf die Vornahme ent-<lb/> ſprechender Handlungen geſtellt<lb/> habe.“</note> Die gewöhnlichen Beiſpiele: der gute<lb/> Schwimmer <hi rendition="#aq">A</hi> hat den ſchlechten Schwimmer <hi rendition="#aq">B</hi> durch das<lb/> Verſprechen eventueller Hülfeleiſtung zu einer Schwimmpartie<lb/> beſtimmt; in dem Augenblicke als <hi rendition="#aq">B’</hi>s Kräfte nachlaſſen, faßt<lb/><hi rendition="#aq">A</hi> den Tötungsvorſatz, und läßt <hi rendition="#aq">B</hi> unterſinken. Oder:<lb/> der Kutſcher läßt die Pferde über den im Wege liegenden<lb/> Betrunkenen hinweg gehen.</p><lb/> <p>Alle dieſe Fälle — Gruppe <hi rendition="#aq">I</hi> und Gruppe <hi rendition="#aq">II a</hi> und <hi rendition="#aq">b</hi><lb/> — ſind ihrem innerſten Weſen nach gleich; ſcheinbar „Un-<lb/> terlaſſungen“ ſind ſie in Wahrheit Handlungen. Ihr Unter-<lb/> ſchied liegt einzig und allein in dem verſchiedenen Grunde<lb/> der Verpflichtung zu einem ganz beſtimmten Handeln. Sie<lb/> wären kauſal auch ohne die Pflicht; aber ſie wären für den<lb/> Kriminaliſten dann nicht <hi rendition="#g">ſtrafbare Unterlaſſungen,</hi> ſon-<lb/> dern <hi rendition="#g">rechtlich indifferente Handlungen</hi>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Eine nach dem Geſagten ſelbſtverſtändliche Konſe-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0108]
Erſtes Buch. II. Das Verbrechen als Handlung.
omissionem commissum von der unter 1 beſprochenen Gruppe.
Die Pflicht zum Handeln aber kann liegen:
a) in einer Rechtsnorm, die einem anderen als dem
ſtrafrechtlichen Gebiete angehört (Pflicht der Eltern zur Er-
nährung der Kinder, die vertragsmäßige Verpflichtung des
Eiſenbahnperſonales, die Dienſtpflicht des Gefangenaufſehers,
die Amtspflicht des Beamten uſw.);
b) in der vorhergegangenen Uebernahme oder An-
maßung der Herrſchaft über den Ablauf der Kau-
ſalitätsreihe, ſo daß das ſpätere „Unterlaſſen“ als Auf-
geben dieſer Herrſchaft, als ein Fahrenlaſſen der ergriffenen
Zügel erſcheint. 4 Die gewöhnlichen Beiſpiele: der gute
Schwimmer A hat den ſchlechten Schwimmer B durch das
Verſprechen eventueller Hülfeleiſtung zu einer Schwimmpartie
beſtimmt; in dem Augenblicke als B’s Kräfte nachlaſſen, faßt
A den Tötungsvorſatz, und läßt B unterſinken. Oder:
der Kutſcher läßt die Pferde über den im Wege liegenden
Betrunkenen hinweg gehen.
Alle dieſe Fälle — Gruppe I und Gruppe II a und b
— ſind ihrem innerſten Weſen nach gleich; ſcheinbar „Un-
terlaſſungen“ ſind ſie in Wahrheit Handlungen. Ihr Unter-
ſchied liegt einzig und allein in dem verſchiedenen Grunde
der Verpflichtung zu einem ganz beſtimmten Handeln. Sie
wären kauſal auch ohne die Pflicht; aber ſie wären für den
Kriminaliſten dann nicht ſtrafbare Unterlaſſungen, ſon-
dern rechtlich indifferente Handlungen.
III. Eine nach dem Geſagten ſelbſtverſtändliche Konſe-
4
Aehnlich Binding Normen
II S. 259 ff. Auch Merkel
(krimin. Abhandlgn. I) verlangt,
daß der Thäter „die Intereſſen
Anderer in zurechenbarer (?)
Weiſe auf die Vornahme ent-
ſprechender Handlungen geſtellt
habe.“
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