Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Mangelnde Rechtswidrigkeit im Allgemeinen. §. 22. quenz sei ausdrücklich betont: Im Augenblicke des Unter-lassens, d. h. in dem Augenblicke, in welchem das bestimmte Thun vorzunehmen war, muß Schuld -- d. h. Zurechnungs- fähigkeit einerseits, Vorsatz oder Fahrlässigkeit andrerseits -- vorgelegen haben. Zurückbeziehung auf einen früheren Zeit- punkt ist hier wie überall unbedingt unzulässig. III. Das Verbrechen als rechtswidrige Handlung. §. 22. Die Ausschließungsgründe der Rechtswidrigkeit im allgemeinen. I. Das Verbrechen ist wie das Delikt rechtswidrige Die Norm ist aber eine Regel mit Ausnahmen. Sie Solche Ausnahmen sind im modernen Rechte meist aus- Das StGB. behandelt die Lehre von der Normwidrig- Mangelnde Rechtswidrigkeit im Allgemeinen. §. 22. quenz ſei ausdrücklich betont: Im Augenblicke des Unter-laſſens, d. h. in dem Augenblicke, in welchem das beſtimmte Thun vorzunehmen war, muß Schuld — d. h. Zurechnungs- fähigkeit einerſeits, Vorſatz oder Fahrläſſigkeit andrerſeits — vorgelegen haben. Zurückbeziehung auf einen früheren Zeit- punkt iſt hier wie überall unbedingt unzuläſſig. III. Das Verbrechen als rechtswidrige Handlung. §. 22. Die Ausſchließungsgründe der Rechtswidrigkeit im allgemeinen. I. Das Verbrechen iſt wie das Delikt rechtswidrige Die Norm iſt aber eine Regel mit Ausnahmen. Sie Solche Ausnahmen ſind im modernen Rechte meiſt aus- Das StGB. behandelt die Lehre von der Normwidrig- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0109" n="83"/><fw place="top" type="header">Mangelnde Rechtswidrigkeit im Allgemeinen. §. 22.</fw><lb/> quenz ſei ausdrücklich betont: Im Augenblicke des Unter-<lb/> laſſens, d. h. in dem Augenblicke, in welchem das beſtimmte<lb/> Thun vorzunehmen war, muß Schuld — d. h. Zurechnungs-<lb/> fähigkeit einerſeits, Vorſatz oder Fahrläſſigkeit andrerſeits —<lb/> vorgelegen haben. Zurückbeziehung auf einen früheren Zeit-<lb/> punkt iſt hier wie überall unbedingt unzuläſſig.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">III.</hi> Das Verbrechen als rechtswidrige Handlung.</head><lb/> <div n="4"> <head>§. 22.<lb/><hi rendition="#b">Die Ausſchließungsgründe der Rechtswidrigkeit<lb/> im allgemeinen.</hi></head><lb/> <p><hi rendition="#aq">I.</hi> Das Verbrechen iſt wie das Delikt <hi rendition="#g">rechtswidrige<lb/> Handlung;</hi> genauer: willkürliche Körperbewegung mit rechts-<lb/> widrigem Erfolge. Die Handlung führt herbei oder ver-<lb/> hindert, was die Norm vermieden oder bewirkt wiſſen will.<lb/> Der Erfolg muß alſo der Norm widerſprechen.</p><lb/> <p>Die Norm iſt aber eine Regel mit Ausnahmen. Sie<lb/> verlangt nicht unbedingt und in allen Fällen Gehorſam, ſon-<lb/> dern verzichtet unter gewiſſen Vorausſetzungen auf ihre bin-<lb/> dende Kraft und hört damit, da ein nicht imperativer Im-<lb/> perativ nicht denkbar iſt, auf, Norm zu ſein. Der Erfolg<lb/> darf mithin nicht einer Ausnahme von der Herrſchaft der<lb/> Norm entſprechen.</p><lb/> <p>Solche Ausnahmen ſind im modernen Rechte meiſt aus-<lb/> drücklich, hie und da aber auch — leider — ſtillſchweigend<lb/> ausgeſprochen. Sie finden ſich teils im Strafgeſetzbuch<lb/> ſelbſt, teils auf anderen Rechtsgebieten.</p><lb/> <p>Das StGB. behandelt die Lehre von der Normwidrig-<lb/> keit ohne jede innere Folgerichtigkeit. Es hebt bei einer ein-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [83/0109]
Mangelnde Rechtswidrigkeit im Allgemeinen. §. 22.
quenz ſei ausdrücklich betont: Im Augenblicke des Unter-
laſſens, d. h. in dem Augenblicke, in welchem das beſtimmte
Thun vorzunehmen war, muß Schuld — d. h. Zurechnungs-
fähigkeit einerſeits, Vorſatz oder Fahrläſſigkeit andrerſeits —
vorgelegen haben. Zurückbeziehung auf einen früheren Zeit-
punkt iſt hier wie überall unbedingt unzuläſſig.
III. Das Verbrechen als rechtswidrige Handlung.
§. 22.
Die Ausſchließungsgründe der Rechtswidrigkeit
im allgemeinen.
I. Das Verbrechen iſt wie das Delikt rechtswidrige
Handlung; genauer: willkürliche Körperbewegung mit rechts-
widrigem Erfolge. Die Handlung führt herbei oder ver-
hindert, was die Norm vermieden oder bewirkt wiſſen will.
Der Erfolg muß alſo der Norm widerſprechen.
Die Norm iſt aber eine Regel mit Ausnahmen. Sie
verlangt nicht unbedingt und in allen Fällen Gehorſam, ſon-
dern verzichtet unter gewiſſen Vorausſetzungen auf ihre bin-
dende Kraft und hört damit, da ein nicht imperativer Im-
perativ nicht denkbar iſt, auf, Norm zu ſein. Der Erfolg
darf mithin nicht einer Ausnahme von der Herrſchaft der
Norm entſprechen.
Solche Ausnahmen ſind im modernen Rechte meiſt aus-
drücklich, hie und da aber auch — leider — ſtillſchweigend
ausgeſprochen. Sie finden ſich teils im Strafgeſetzbuch
ſelbſt, teils auf anderen Rechtsgebieten.
Das StGB. behandelt die Lehre von der Normwidrig-
keit ohne jede innere Folgerichtigkeit. Es hebt bei einer ein-
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