eine metaphysische Deutlichkeit derselben den Kopf zerbrochen habe?
III. Der Hr. Prof. Manzel legt den ersten Menschen eine vollkommene Erkänntniß aller na- türlichen und moralischen Dinge bey. Dieses aber deucht mich ein Satz zu seyn, der eben so unbe- greiflich ist, als daß sie einen reinen Verstand sol- ten gehabt haben.
Jch habe schon gewiesen, daß der erste Mensch kei- nen andern Weg gehabt, zur Erkänntniß zu gelan- gen, als wir. Nihil est in intellectu, quod non antea fuerit in sensu ist ein Satz, der zu allen Zeiten wahr gewesen. Es hat also der erste Mensch nichts kennen können, als was er gesehen, und wohl betrachtet hatte. Da es nun unmöglich ist, daß der erste Mensch alle Geschöpfe auf einmahl sehen und betrachten können; Und hergegen sehr wahrscheinlich, daß ihm noch viele Dinge unbekannt seyn würden, wenn er gleich noch lebte; so hat er unmöglich eine vollkommene Erkännt- niß aller natürlichen Dinge haben können.
Zu dem ist es sehr glaublich, daß sich der erste Mensch um eine so weitläustige Wissenschaft keine sonderliche Mühe gegeben habe. Man stelle sich ein- mahl den Zustand einer Creatur vor, die, ohne zu wis- sen, wie ihr geschicht, sich plötzlich unter einer Menge von Dingen siehet, deren jedes ihr neu und unbekannt ist, und sage mir dann, ob man wohl anders dencken könne, als daß diese Creatur das gantze Welt Gebäu- de, wie die Kuh das neue Thor, angesehen habe. Der Hunger und der Durst machten, daß sie endlich zu- grif, und nach dem Trieb, der ihr gegeben war, einige von den ihr vorkommenden Dingen zu ihrer Nahrung
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eine metaphyſiſche Deutlichkeit derſelben den Kopf zerbrochen habe?
III. Der Hr. Prof. Manzel legt den erſten Menſchen eine vollkommene Erkaͤnntniß aller na- tuͤrlichen und moraliſchen Dinge bey. Dieſes aber deucht mich ein Satz zu ſeyn, der eben ſo unbe- greiflich iſt, als daß ſie einen reinen Verſtand ſol- ten gehabt haben.
Jch habe ſchon gewieſen, daß der erſte Menſch kei- nen andern Weg gehabt, zur Erkaͤnntniß zu gelan- gen, als wir. Nihil eſt in intellectu, quod non antea fuerit in ſenſu iſt ein Satz, der zu allen Zeiten wahr geweſen. Es hat alſo der erſte Menſch nichts kennen koͤnnen, als was er geſehen, und wohl betrachtet hatte. Da es nun unmoͤglich iſt, daß der erſte Menſch alle Geſchoͤpfe auf einmahl ſehen und betrachten koͤnnen; Und hergegen ſehr wahrſcheinlich, daß ihm noch viele Dinge unbekannt ſeyn wuͤrden, wenn er gleich noch lebte; ſo hat er unmoͤglich eine vollkommene Erkaͤnnt- niß aller natuͤrlichen Dinge haben koͤnnen.
Zu dem iſt es ſehr glaublich, daß ſich der erſte Menſch um eine ſo weitlaͤuſtige Wiſſenſchaft keine ſonderliche Muͤhe gegeben habe. Man ſtelle ſich ein- mahl den Zuſtand einer Creatur vor, die, ohne zu wiſ- ſen, wie ihr geſchicht, ſich ploͤtzlich unter einer Menge von Dingen ſiehet, deren jedes ihr neu und unbekannt iſt, und ſage mir dann, ob man wohl anders dencken koͤnne, als daß dieſe Creatur das gantze Welt Gebaͤu- de, wie die Kuh das neue Thor, angeſehen habe. Der Hunger und der Durſt machten, daß ſie endlich zu- grif, und nach dem Trieb, der ihr gegeben war, einige von den ihr voꝛkommenden Dingen zu ihrer Nahrung
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eine metaphyſiſche Deutlichkeit derſelben den Kopf
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III. Der Hr. Prof. Manzel legt den erſten
Menſchen eine vollkommene Erkaͤnntniß aller na-
tuͤrlichen und moraliſchen Dinge bey. Dieſes aber
deucht mich ein Satz zu ſeyn, der eben ſo unbe-
greiflich iſt, als daß ſie einen reinen Verſtand ſol-
ten gehabt haben.
Jch habe ſchon gewieſen, daß der erſte Menſch kei-
nen andern Weg gehabt, zur Erkaͤnntniß zu gelan-
gen, als wir. Nihil eſt in intellectu, quod non antea
fuerit in ſenſu iſt ein Satz, der zu allen Zeiten wahr
geweſen. Es hat alſo der erſte Menſch nichts kennen
koͤnnen, als was er geſehen, und wohl betrachtet hatte.
Da es nun unmoͤglich iſt, daß der erſte Menſch alle
Geſchoͤpfe auf einmahl ſehen und betrachten koͤnnen;
Und hergegen ſehr wahrſcheinlich, daß ihm noch viele
Dinge unbekannt ſeyn wuͤrden, wenn er gleich noch
lebte; ſo hat er unmoͤglich eine vollkommene Erkaͤnnt-
niß aller natuͤrlichen Dinge haben koͤnnen.
Zu dem iſt es ſehr glaublich, daß ſich der erſte
Menſch um eine ſo weitlaͤuſtige Wiſſenſchaft keine
ſonderliche Muͤhe gegeben habe. Man ſtelle ſich ein-
mahl den Zuſtand einer Creatur vor, die, ohne zu wiſ-
ſen, wie ihr geſchicht, ſich ploͤtzlich unter einer Menge
von Dingen ſiehet, deren jedes ihr neu und unbekannt
iſt, und ſage mir dann, ob man wohl anders dencken
koͤnne, als daß dieſe Creatur das gantze Welt Gebaͤu-
de, wie die Kuh das neue Thor, angeſehen habe. Der
Hunger und der Durſt machten, daß ſie endlich zu-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 725. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/817>, abgerufen am 22.11.2024.
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