aber, als ein gefährliches Thier fliehen. Zu geschwei- gen, daß viele wilde Thiere so geartet sind, daß der Mensch keine grosse Ursache hat, sich nach ihrer Ge- sellschaft zu sehnen, und also dieselbe ja so sehr, als sie ihn, meidet.
Gleich wie nun die Gewohnheit leicht zur andern Natur wird, so ist es nicht zu verwundern, daß dieje- nigen Thiere, welche wir wild nennen, so schwer von ihrer Lebens-Art abzubringen sind, und ihre Frey- heit so hertzlich lieben: Hergegen die zahmen den Menschen ungerne und selten verlassen. Jndessen, da die Liebe dieser letzten Art Thiere zu dem Menschen sich auf die Wohlthaten, die sie von ihm empfangen; der Abscheu aber vor der Gesellschaft des Menschen, den wir an den wilden Thieren wahrnehmen, sich theils auf die Verfolgung, so sie von ihm ausstehen, theils darauf gründet, daß sie seiner nicht bedürfen; So begreift man auch leicht, woher es komme, daß, wann der Mensch seine Gutthätigkeit gegen die zah- men, und die Verfolgung der wilden Thieren ein- stellet, und ihnen Gutes thut, jene wild, und die- se zahm werden.
Hieraus folget aber nun, daß der Unterscheid un- ter den wilden und zahmen Thieren nicht so groß sey, daß er uns bedencklich fallen, oder Anlaß geben kön- ne, zu dencken, er gründe sich auf eine gewaltsame Veränderung der Natur. Man kan mit Händen greifen, daß er eine natürliche Folge der unterschiede- nen Natur der Thiere ist. Da nun auch im Stande der Unschuld unterschiedene Arten von Thieren wür- den gewesen seyn, so ist kein Zweifel, daß, wenn auch der Mensch nicht gesündiget hätte, sich einige Thie-
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aber, als ein gefaͤhrliches Thier fliehen. Zu geſchwei- gen, daß viele wilde Thiere ſo geartet ſind, daß der Menſch keine groſſe Urſache hat, ſich nach ihrer Ge- ſellſchaft zu ſehnen, und alſo dieſelbe ja ſo ſehr, als ſie ihn, meidet.
Gleich wie nun die Gewohnheit leicht zur andern Natur wird, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß dieje- nigen Thiere, welche wir wild nennen, ſo ſchwer von ihrer Lebens-Art abzubringen ſind, und ihre Frey- heit ſo hertzlich lieben: Hergegen die zahmen den Menſchen ungerne und ſelten verlaſſen. Jndeſſen, da die Liebe dieſer letzten Art Thiere zu dem Menſchen ſich auf die Wohlthaten, die ſie von ihm empfangen; der Abſcheu aber vor der Geſellſchaft des Menſchen, den wir an den wilden Thieren wahrnehmen, ſich theils auf die Verfolgung, ſo ſie von ihm ausſtehen, theils darauf gruͤndet, daß ſie ſeiner nicht beduͤrfen; So begreift man auch leicht, woher es komme, daß, wann der Menſch ſeine Gutthaͤtigkeit gegen die zah- men, und die Verfolgung der wilden Thieren ein- ſtellet, und ihnen Gutes thut, jene wild, und die- ſe zahm werden.
Hieraus folget aber nun, daß der Unterſcheid un- ter den wilden und zahmen Thieren nicht ſo groß ſey, daß er uns bedencklich fallen, oder Anlaß geben koͤn- ne, zu dencken, er gruͤnde ſich auf eine gewaltſame Veraͤnderung der Natur. Man kan mit Haͤnden greifen, daß er eine natuͤrliche Folge der unterſchiede- nen Natur der Thiere iſt. Da nun auch im Stande der Unſchuld unterſchiedene Arten von Thieren wuͤr- den geweſen ſeyn, ſo iſt kein Zweifel, daß, wenn auch der Menſch nicht geſuͤndiget haͤtte, ſich einige Thie-
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aber, als ein gefaͤhrliches Thier fliehen. Zu geſchwei-
gen, daß viele wilde Thiere ſo geartet ſind, daß der
Menſch keine groſſe Urſache hat, ſich nach ihrer Ge-
ſellſchaft zu ſehnen, und alſo dieſelbe ja ſo ſehr, als
ſie ihn, meidet.
Gleich wie nun die Gewohnheit leicht zur andern
Natur wird, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß dieje-
nigen Thiere, welche wir wild nennen, ſo ſchwer von
ihrer Lebens-Art abzubringen ſind, und ihre Frey-
heit ſo hertzlich lieben: Hergegen die zahmen den
Menſchen ungerne und ſelten verlaſſen. Jndeſſen, da
die Liebe dieſer letzten Art Thiere zu dem Menſchen
ſich auf die Wohlthaten, die ſie von ihm empfangen;
der Abſcheu aber vor der Geſellſchaft des Menſchen,
den wir an den wilden Thieren wahrnehmen, ſich
theils auf die Verfolgung, ſo ſie von ihm ausſtehen,
theils darauf gruͤndet, daß ſie ſeiner nicht beduͤrfen;
So begreift man auch leicht, woher es komme, daß,
wann der Menſch ſeine Gutthaͤtigkeit gegen die zah-
men, und die Verfolgung der wilden Thieren ein-
ſtellet, und ihnen Gutes thut, jene wild, und die-
ſe zahm werden.
Hieraus folget aber nun, daß der Unterſcheid un-
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daß er uns bedencklich fallen, oder Anlaß geben koͤn-
ne, zu dencken, er gruͤnde ſich auf eine gewaltſame
Veraͤnderung der Natur. Man kan mit Haͤnden
greifen, daß er eine natuͤrliche Folge der unterſchiede-
nen Natur der Thiere iſt. Da nun auch im Stande
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/782>, abgerufen am 22.11.2024.
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