den Processen gleiches Recht wiederfah- ren lässet Thut man dieses nicht, so sa- ge ich, daß man Mücken seiget, und Ca- meele verschlucket.
Es kömmt wahrlich lächerlich heraus, daß man sich stellet, als könne man ein unschuldiges Spotten mit dem Sinne des Christenthums nicht reimen; Da man doch so künstlich ist, daß man Krieg und Blutvergiessen, Aufruhr und Zwietracht als Dinge vorstellen kan, die mit dem Christenthum gar wohl bestehen können. Jch habe wider die Gründe, die man zu dem Ende anführet, nichts einzuwen- den. Jch bekenne, Krieg und Processe sind ein nothwendiges Ubel, und werden durch die vorhergegangene Beleidigung so erlaubt und unschuldig, als sie sonst an sich verwerflich sind. Aber ich bin auch versichert, daß eine Satyre wieder ein närrisches Buch (denn von solchen rede ich nur) durch die Thorheit des Scribenten, der ein solches Buch heraus giebt, gantz und gar entsündiget wird. Benimmt uns das Christenthum das Recht nicht, uns wieder Unrecht zu wehren; so wird es uns auch ja die Befugniß lassen, der Uberhand nehmenden Schmiersucht alberner Schrei-
ber
e 3
(o)
den Proceſſen gleiches Recht wiederfah- ren laͤſſet Thut man dieſes nicht, ſo ſa- ge ich, daß man Muͤcken ſeiget, und Ca- meele verſchlucket.
Es koͤmmt wahrlich laͤcherlich heraus, daß man ſich ſtellet, als koͤnne man ein unſchuldiges Spotten mit dem Sinne des Chriſtenthums nicht reimen; Da man doch ſo kuͤnſtlich iſt, daß man Krieg und Blutvergieſſen, Aufruhr und Zwietracht als Dinge vorſtellen kan, die mit dem Chriſtenthum gar wohl beſtehen koͤnnen. Jch habe wider die Gruͤnde, die man zu dem Ende anfuͤhret, nichts einzuwen- den. Jch bekenne, Krieg und Proceſſe ſind ein nothwendiges Ubel, und werden durch die vorhergegangene Beleidigung ſo erlaubt und unſchuldig, als ſie ſonſt an ſich verwerflich ſind. Aber ich bin auch verſichert, daß eine Satyre wieder ein naͤrriſches Buch (denn von ſolchen rede ich nur) durch die Thorheit des Scribenten, der ein ſolches Buch heraus giebt, gantz und gar entſuͤndiget wird. Benimmt uns das Chriſtenthum das Recht nicht, uns wieder Unrecht zu wehren; ſo wird es uns auch ja die Befugniß laſſen, der Uberhand nehmenden Schmierſucht alberner Schrei-
ber
e 3
<TEI><text><front><divtype="preface"n="1"><p><pbfacs="#f0073"n="69"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
den Proceſſen gleiches Recht wiederfah-<lb/>
ren laͤſſet Thut man dieſes nicht, ſo ſa-<lb/>
ge ich, daß man Muͤcken ſeiget, und Ca-<lb/>
meele verſchlucket.</p><lb/><p>Es koͤmmt wahrlich laͤcherlich heraus,<lb/>
daß man ſich ſtellet, als koͤnne man ein<lb/>
unſchuldiges Spotten mit dem Sinne des<lb/>
Chriſtenthums nicht reimen; Da man<lb/>
doch ſo kuͤnſtlich iſt, daß man Krieg und<lb/>
Blutvergieſſen, Aufruhr und Zwietracht<lb/>
als Dinge vorſtellen kan, die mit dem<lb/>
Chriſtenthum gar wohl beſtehen koͤnnen.<lb/>
Jch habe wider die Gruͤnde, die man zu<lb/>
dem Ende anfuͤhret, nichts einzuwen-<lb/>
den. Jch bekenne, Krieg und Proceſſe<lb/>ſind ein nothwendiges Ubel, und werden<lb/>
durch die vorhergegangene Beleidigung<lb/>ſo erlaubt und unſchuldig, als ſie ſonſt an<lb/>ſich verwerflich ſind. Aber ich bin auch<lb/>
verſichert, daß eine Satyre wieder ein<lb/>
naͤrriſches Buch (denn von ſolchen rede ich<lb/>
nur) durch die Thorheit des Scribenten,<lb/>
der ein ſolches Buch heraus giebt, gantz<lb/>
und gar entſuͤndiget wird. Benimmt uns<lb/>
das Chriſtenthum das Recht nicht, uns<lb/>
wieder Unrecht zu wehren; ſo wird es uns<lb/>
auch ja die Befugniß laſſen, der Uberhand<lb/>
nehmenden Schmierſucht alberner Schrei-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">e 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ber</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[69/0073]
(o)
den Proceſſen gleiches Recht wiederfah-
ren laͤſſet Thut man dieſes nicht, ſo ſa-
ge ich, daß man Muͤcken ſeiget, und Ca-
meele verſchlucket.
Es koͤmmt wahrlich laͤcherlich heraus,
daß man ſich ſtellet, als koͤnne man ein
unſchuldiges Spotten mit dem Sinne des
Chriſtenthums nicht reimen; Da man
doch ſo kuͤnſtlich iſt, daß man Krieg und
Blutvergieſſen, Aufruhr und Zwietracht
als Dinge vorſtellen kan, die mit dem
Chriſtenthum gar wohl beſtehen koͤnnen.
Jch habe wider die Gruͤnde, die man zu
dem Ende anfuͤhret, nichts einzuwen-
den. Jch bekenne, Krieg und Proceſſe
ſind ein nothwendiges Ubel, und werden
durch die vorhergegangene Beleidigung
ſo erlaubt und unſchuldig, als ſie ſonſt an
ſich verwerflich ſind. Aber ich bin auch
verſichert, daß eine Satyre wieder ein
naͤrriſches Buch (denn von ſolchen rede ich
nur) durch die Thorheit des Scribenten,
der ein ſolches Buch heraus giebt, gantz
und gar entſuͤndiget wird. Benimmt uns
das Chriſtenthum das Recht nicht, uns
wieder Unrecht zu wehren; ſo wird es uns
auch ja die Befugniß laſſen, der Uberhand
nehmenden Schmierſucht alberner Schrei-
ber
e 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/73>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.