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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
ber zu steuren. Jch weiß nicht, ob es na-
türlicher ist, eine angethane Beleidigung
zu rächen, als über das, was lächerlich ist,
zu lachen! Man wird sprechen: "Die er-
"laubte Rache werde von der Obrigkeit
"ausgeübet, die das Schwerd nicht um-
"sonst führet: Hergegen würden die Sa-
"tyren von Leuten gemacht, die nicht das
"geringste Recht hätten, ihren Nechsten
"auszu höhnen." Aber man muß wissen,
daß ein Mensch der lesen und schreiben, und
von einem Buche urtheilen kan, auf seine
Art, eben so wohl ein geistlicher König ist,
als ein Christ, und seine Feder so wenig
umsonst führet, als die Obrigkeit ihr
Schwerd. Die Rache, die ein solcher an
einem elenden Scribenten ausübet, der
ihn ins besondere nicht beleidiget hat, und
den er oft gar nicht kennet, kan nicht als
eine privat Rache angesehen werden. Sie
ist folglich erlaubt, und gründet sich auf
ein Recht, welches ich in meiner unpar-
theyischen Untersuchung
so nachdrück-
lich behauptet habe, daß es nicht nöthig
ist, hier desfalls ein Wort mehr zu sagen.
Die Herren die so hurtig gewesen sind, mich
zu verdammen, werden indessen wohl thun,
wenn sie das, was ich bißher gesagt habe,

reiflich

(o)
ber zu ſteuren. Jch weiß nicht, ob es na-
tuͤrlicher iſt, eine angethane Beleidigung
zu raͤchen, als uͤber das, was laͤcherlich iſt,
zu lachen! Man wird ſprechen: „Die er-
„laubte Rache werde von der Obrigkeit
„ausgeuͤbet, die das Schwerd nicht um-
„ſonſt fuͤhret: Hergegen wuͤrden die Sa-
„tyren von Leuten gemacht, die nicht das
„geringſte Recht haͤtten, ihren Nechſten
„auszu hoͤhnen.‟ Aber man muß wiſſen,
daß ein Menſch der leſen und ſchreiben, und
von einem Buche urtheilen kan, auf ſeine
Art, eben ſo wohl ein geiſtlicher Koͤnig iſt,
als ein Chriſt, und ſeine Feder ſo wenig
umſonſt fuͤhret, als die Obrigkeit ihr
Schwerd. Die Rache, die ein ſolcher an
einem elenden Scribenten ausuͤbet, der
ihn ins beſondere nicht beleidiget hat, und
den er oft gar nicht kennet, kan nicht als
eine privat Rache angeſehen werden. Sie
iſt folglich erlaubt, und gruͤndet ſich auf
ein Recht, welches ich in meiner unpar-
theyiſchen Unterſuchung
ſo nachdruͤck-
lich behauptet habe, daß es nicht noͤthig
iſt, hier desfalls ein Wort mehr zu ſagen.
Die Herren die ſo hurtig geweſen ſind, mich
zu verdammen, werden indeſſen wohl thun,
wenn ſie das, was ich bißher geſagt habe,

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[70/0074] (o) ber zu ſteuren. Jch weiß nicht, ob es na- tuͤrlicher iſt, eine angethane Beleidigung zu raͤchen, als uͤber das, was laͤcherlich iſt, zu lachen! Man wird ſprechen: „Die er- „laubte Rache werde von der Obrigkeit „ausgeuͤbet, die das Schwerd nicht um- „ſonſt fuͤhret: Hergegen wuͤrden die Sa- „tyren von Leuten gemacht, die nicht das „geringſte Recht haͤtten, ihren Nechſten „auszu hoͤhnen.‟ Aber man muß wiſſen, daß ein Menſch der leſen und ſchreiben, und von einem Buche urtheilen kan, auf ſeine Art, eben ſo wohl ein geiſtlicher Koͤnig iſt, als ein Chriſt, und ſeine Feder ſo wenig umſonſt fuͤhret, als die Obrigkeit ihr Schwerd. Die Rache, die ein ſolcher an einem elenden Scribenten ausuͤbet, der ihn ins beſondere nicht beleidiget hat, und den er oft gar nicht kennet, kan nicht als eine privat Rache angeſehen werden. Sie iſt folglich erlaubt, und gruͤndet ſich auf ein Recht, welches ich in meiner unpar- theyiſchen Unterſuchung ſo nachdruͤck- lich behauptet habe, daß es nicht noͤthig iſt, hier desfalls ein Wort mehr zu ſagen. Die Herren die ſo hurtig geweſen ſind, mich zu verdammen, werden indeſſen wohl thun, wenn ſie das, was ich bißher geſagt habe, reiflich

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/74>, abgerufen am 23.04.2024.