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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge-
gangen ist; wohin er doch niemahlen kom-
men würde, wenn er so gesinnet wäre, als
die ersten Christen zu Jerusalem: Ja der
Priester thut diese Vorbitte zuweilen aus
Absichten, die er nicht haben würde, wenn
der Geist der Apostel auf ihm ruhete. Ein
Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein
Fechtmeister, ein Tantzmeister, das sind
alles Leute, von denen niemand glaubt,
daß ihre Profeßion sie ungeschickt mache
zum Reiche GOttes. Und wer verdam-
met die Gelehrten?

Man muß also gestehen, daß man ohne
Sünde etwas thun könne, das mit der Voll-
kommenheit, welche die Regeln des Chri-
stenthums zum Endzweck haben, nicht be-
stehen kan, und welches nimmer geschehen
würde, wenn alle Welt diese Regeln genau be-
obachtete. Jch verlange nichts mehr, als
daß man nach diesem Satz, den man, ohne
sich zu wiedersprechen, und, ohne die gantze
heutige Christenheit zu verdammen, nicht
leugnen kan, die satyrische Schreibart beur-
theile. Jch bin sehr höflich: Aber es sey
darum. Jch will zu frieden seyn, wenn
man nur so billig ist, und dieser unschul-
digen Schreibart mit dem Kriege und mit

den

(o)
mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge-
gangen iſt; wohin er doch niemahlen kom-
men wuͤrde, wenn er ſo geſinnet waͤre, als
die erſten Chriſten zu Jeruſalem: Ja der
Prieſter thut dieſe Vorbitte zuweilen aus
Abſichten, die er nicht haben wuͤrde, wenn
der Geiſt der Apoſtel auf ihm ruhete. Ein
Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein
Fechtmeiſter, ein Tantzmeiſter, das ſind
alles Leute, von denen niemand glaubt,
daß ihre Profeßion ſie ungeſchickt mache
zum Reiche GOttes. Und wer verdam-
met die Gelehrten?

Man muß alſo geſtehen, daß man ohne
Suͤnde etwas thun koͤnne, das mit der Voll-
kommenheit, welche die Regeln des Chri-
ſtenthums zum Endzweck haben, nicht be-
ſtehen kan, und welches nimmer geſchehen
wuͤrde, weñ alle Welt dieſe Regeln genau be-
obachtete. Jch verlange nichts mehr, als
daß man nach dieſem Satz, den man, ohne
ſich zu wiederſprechen, und, ohne die gantze
heutige Chriſtenheit zu verdammen, nicht
leugnen kan, die ſatyriſche Schreibart beur-
theile. Jch bin ſehr hoͤflich: Aber es ſey
darum. Jch will zu frieden ſeyn, wenn
man nur ſo billig iſt, und dieſer unſchul-
digen Schreibart mit dem Kriege und mit

den
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[68/0072] (o) mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge- gangen iſt; wohin er doch niemahlen kom- men wuͤrde, wenn er ſo geſinnet waͤre, als die erſten Chriſten zu Jeruſalem: Ja der Prieſter thut dieſe Vorbitte zuweilen aus Abſichten, die er nicht haben wuͤrde, wenn der Geiſt der Apoſtel auf ihm ruhete. Ein Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein Fechtmeiſter, ein Tantzmeiſter, das ſind alles Leute, von denen niemand glaubt, daß ihre Profeßion ſie ungeſchickt mache zum Reiche GOttes. Und wer verdam- met die Gelehrten? Man muß alſo geſtehen, daß man ohne Suͤnde etwas thun koͤnne, das mit der Voll- kommenheit, welche die Regeln des Chri- ſtenthums zum Endzweck haben, nicht be- ſtehen kan, und welches nimmer geſchehen wuͤrde, weñ alle Welt dieſe Regeln genau be- obachtete. Jch verlange nichts mehr, als daß man nach dieſem Satz, den man, ohne ſich zu wiederſprechen, und, ohne die gantze heutige Chriſtenheit zu verdammen, nicht leugnen kan, die ſatyriſche Schreibart beur- theile. Jch bin ſehr hoͤflich: Aber es ſey darum. Jch will zu frieden ſeyn, wenn man nur ſo billig iſt, und dieſer unſchul- digen Schreibart mit dem Kriege und mit den

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/72>, abgerufen am 24.04.2024.