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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
daß man, wenn es mit dem Eyfer, mit der
Andacht, mit der Selbst-Verleugnung,
und mit der Entfernung von aller Eitel-
keit, welche die Christen in der ersten Hi-
tze von sich blicken liessen, Bestand ge-
habt hätte, von Processen, von Ost-und
Westindischen Compagnien, von Manu-
facturen, Tantzen, Fechten und derglei-
chen nicht das geringste wissen würde? Es
würde niemand Bücher schreiben, und
sich in Wissenschaften vertiefen, die so
viel Zerstreuung in sich fassen; Die Sal-
bung würde uns alles lehren, und wir
die Zeit, die wir vom Ackerbau, und von
anderer unumgänglich nöthiger Hand-
Arbeit übrig hätten, mit Wercken der
Liebe, und im Gebet zubringen. Dar-
um aber hält niemand, als ein Qväcker-
und Wiedertäufer, den Krieg vor uner-
laubt und sündlich. Die Priester zwoer
im Krieg verwickelter christlichen Republi-
cken bitten von beyden Seiten, GOtt mö-
ge die Waffen der ihrigen gesegnen, und
singen, ohne Scrupel, das Te Deum,
wenn ihre Parthey einen Sieg erhalten
hat. Kein Priester in einer Handels-
Stadt macht sich ein Gewissen, auf der
Cantzel vor einen Schiffer zu beten, der

mit
e 2

(o)
daß man, wenn es mit dem Eyfer, mit der
Andacht, mit der Selbſt-Verleugnung,
und mit der Entfernung von aller Eitel-
keit, welche die Chriſten in der erſten Hi-
tze von ſich blicken lieſſen, Beſtand ge-
habt haͤtte, von Proceſſen, von Oſt-und
Weſtindiſchen Compagnien, von Manu-
facturen, Tantzen, Fechten und derglei-
chen nicht das geringſte wiſſen wuͤrde? Es
wuͤrde niemand Buͤcher ſchreiben, und
ſich in Wiſſenſchaften vertiefen, die ſo
viel Zerſtreuung in ſich faſſen; Die Sal-
bung wuͤrde uns alles lehren, und wir
die Zeit, die wir vom Ackerbau, und von
anderer unumgaͤnglich noͤthiger Hand-
Arbeit uͤbrig haͤtten, mit Wercken der
Liebe, und im Gebet zubringen. Dar-
um aber haͤlt niemand, als ein Qvaͤcker-
und Wiedertaͤufer, den Krieg vor uner-
laubt und ſuͤndlich. Die Prieſter zwoer
im Krieg verwickelter chriſtlichen Republi-
cken bitten von beyden Seiten, GOtt moͤ-
ge die Waffen der ihrigen geſegnen, und
ſingen, ohne Scrupel, das Te Deum,
wenn ihre Parthey einen Sieg erhalten
hat. Kein Prieſter in einer Handels-
Stadt macht ſich ein Gewiſſen, auf der
Cantzel vor einen Schiffer zu beten, der

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[67/0071] (o) daß man, wenn es mit dem Eyfer, mit der Andacht, mit der Selbſt-Verleugnung, und mit der Entfernung von aller Eitel- keit, welche die Chriſten in der erſten Hi- tze von ſich blicken lieſſen, Beſtand ge- habt haͤtte, von Proceſſen, von Oſt-und Weſtindiſchen Compagnien, von Manu- facturen, Tantzen, Fechten und derglei- chen nicht das geringſte wiſſen wuͤrde? Es wuͤrde niemand Buͤcher ſchreiben, und ſich in Wiſſenſchaften vertiefen, die ſo viel Zerſtreuung in ſich faſſen; Die Sal- bung wuͤrde uns alles lehren, und wir die Zeit, die wir vom Ackerbau, und von anderer unumgaͤnglich noͤthiger Hand- Arbeit uͤbrig haͤtten, mit Wercken der Liebe, und im Gebet zubringen. Dar- um aber haͤlt niemand, als ein Qvaͤcker- und Wiedertaͤufer, den Krieg vor uner- laubt und ſuͤndlich. Die Prieſter zwoer im Krieg verwickelter chriſtlichen Republi- cken bitten von beyden Seiten, GOtt moͤ- ge die Waffen der ihrigen geſegnen, und ſingen, ohne Scrupel, das Te Deum, wenn ihre Parthey einen Sieg erhalten hat. Kein Prieſter in einer Handels- Stadt macht ſich ein Gewiſſen, auf der Cantzel vor einen Schiffer zu beten, der mit e 2

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/71>, abgerufen am 21.11.2024.