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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
Leute kan ich wohl beten: Aber überzeu-
gen kan ich sie nicht.

Herr Reimmann spricht ferner: Jch
suchte so gar die Regenten und die Lehrer
der Kirche lächerlich zu machen. Aber er
thut mir Unrecht. Jch sage von den Re-
genten nichts, als was Salomon und Ju-
venal vor mir gesagt haben. Nicht in
der Absicht, die Majestäten zu lästern,
wie Herr Reimmann meinet; sondern
bloß den Mangel der Vernunft zu ent-
schuldigen, den man meinen Brüdern,
den elenden Scribenten, vorwirft. Mein
Character verband mich dazu, und gab mir
ein unstreitiges Recht, alles zusammen zu
suchen, was in meinen Kram dienete.
Da ich nun beym Salomo fand, daß Un-
verstand unter den Gewaltigen gemein
sey, und sahe, daß Juvenal den Günst-
lingen der Grossen fast alle Vernunft ab-
sprach: So darf man sich nicht wundern,
daß ich mir dieses zu Nutze gemacht habe.
Man kan mir dieses um so viel weni-
ger verdencken, weil ich gar die Be-
hutsahmkeit gebrauchet habe, die harten
Ausdrückungen der Scribenten welche
ich anführe, zu mildern, und nichts mehr
sage, als daß nicht allemahl die Klügsten

am

(o)
Leute kan ich wohl beten: Aber uͤberzeu-
gen kan ich ſie nicht.

Herr Reimmann ſpricht ferner: Jch
ſuchte ſo gar die Regenten und die Lehrer
der Kirche laͤcherlich zu machen. Aber er
thut mir Unrecht. Jch ſage von den Re-
genten nichts, als was Salomon und Ju-
venal vor mir geſagt haben. Nicht in
der Abſicht, die Majeſtaͤten zu laͤſtern,
wie Herr Reimmann meinet; ſondern
bloß den Mangel der Vernunft zu ent-
ſchuldigen, den man meinen Bruͤdern,
den elenden Scribenten, vorwirft. Mein
Character verband mich dazu, und gab mir
ein unſtreitiges Recht, alles zuſammen zu
ſuchen, was in meinen Kram dienete.
Da ich nun beym Salomo fand, daß Un-
verſtand unter den Gewaltigen gemein
ſey, und ſahe, daß Juvenal den Guͤnſt-
lingen der Groſſen faſt alle Vernunft ab-
ſprach: So darf man ſich nicht wundern,
daß ich mir dieſes zu Nutze gemacht habe.
Man kan mir dieſes um ſo viel weni-
ger verdencken, weil ich gar die Be-
hutſahmkeit gebrauchet habe, die harten
Ausdruͤckungen der Scribenten welche
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[54/0058] (o) Leute kan ich wohl beten: Aber uͤberzeu- gen kan ich ſie nicht. Herr Reimmann ſpricht ferner: Jch ſuchte ſo gar die Regenten und die Lehrer der Kirche laͤcherlich zu machen. Aber er thut mir Unrecht. Jch ſage von den Re- genten nichts, als was Salomon und Ju- venal vor mir geſagt haben. Nicht in der Abſicht, die Majeſtaͤten zu laͤſtern, wie Herr Reimmann meinet; ſondern bloß den Mangel der Vernunft zu ent- ſchuldigen, den man meinen Bruͤdern, den elenden Scribenten, vorwirft. Mein Character verband mich dazu, und gab mir ein unſtreitiges Recht, alles zuſammen zu ſuchen, was in meinen Kram dienete. Da ich nun beym Salomo fand, daß Un- verſtand unter den Gewaltigen gemein ſey, und ſahe, daß Juvenal den Guͤnſt- lingen der Groſſen faſt alle Vernunft ab- ſprach: So darf man ſich nicht wundern, daß ich mir dieſes zu Nutze gemacht habe. Man kan mir dieſes um ſo viel weni- ger verdencken, weil ich gar die Be- hutſahmkeit gebrauchet habe, die harten Ausdruͤckungen der Scribenten welche ich anfuͤhre, zu mildern, und nichts mehr ſage, als daß nicht allemahl die Kluͤgſten am

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/58>, abgerufen am 26.04.2024.