Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
So ward er frohen Muhts,
Und kühlte den verschwiegnen Brand
Durch einen Kuß auf Clarimenens Hand,
"Auch drückte er mit allem Fleiß
"Sein gantzes Hertz in selbige hinein,
"Jch schwere aber drauf,
"Daß Clarimene selbst es itzo noch nicht weiß.
Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab,
Den Zucker-Mund zum erstenmahl zu küssen,
Ob gleich die Reihe rum es reine Küsse gab.
Nein! dacht er, dieser Nectar-Saft
Hat eine allzugrosse Kraft,
Denn wer ihn einmahl kost, will ihn noch mehr ge-
niessen.
Jetzt meynte er nun sey es Zeit und Ort,
Sie um ihr Hertze zu befragen,
Allein das schlaue aufgeweckte Kind,
Das an Lebhaftigkeit kaum seines gleichen findt,
Fieng also an zu sagen:

Soll ich einst lieben oder freyn,
Muß es was recht a partes seyn.
Die Rede schluge ihm fast alle Hofnung nieder,
Es war als wie bey einem schwülen Tag
Ein unversehner Donnerschlag.
Doch Zedena, die sich so gar freygebig wieß,
Und ihre Gäste nie in Grillen fallen ließ,
Erweckte den Briontes wieder,
Sie brachte die Gesundheit aus:
Freund!

(o)
So ward er frohen Muhts,
Und kuͤhlte den verſchwiegnen Brand
Durch einen Kuß auf Clarimenens Hand,
„Auch druͤckte er mit allem Fleiß
„Sein gantzes Hertz in ſelbige hinein,
„Jch ſchwere aber drauf,
„Daß Clarimene ſelbſt es itzo noch nicht weiß.
Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab,
Den Zucker-Mund zum erſtenmahl zu kuͤſſen,
Ob gleich die Reihe rum es reine Kuͤſſe gab.
Nein! dacht er, dieſer Nectar-Saft
Hat eine allzugroſſe Kraft,
Denn wer ihn einmahl koſt, will ihn noch mehr ge-
nieſſen.
Jetzt meynte er nun ſey es Zeit und Ort,
Sie um ihr Hertze zu befragen,
Allein das ſchlaue aufgeweckte Kind,
Das an Lebhaftigkeit kaum ſeines gleichen findt,
Fieng alſo an zu ſagen:

Soll ich einſt lieben oder freyn,
Muß es was recht à partes ſeyn.
Die Rede ſchluge ihm faſt alle Hofnung nieder,
Es war als wie bey einem ſchwuͤlen Tag
Ein unverſehner Donnerſchlag.
Doch Zedena, die ſich ſo gar freygebig wieß,
Und ihre Gaͤſte nie in Grillen fallen ließ,
Erweckte den Briontes wieder,
Sie brachte die Geſundheit aus:
Freund!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="9">
              <pb facs="#f0526" n="434"/>
              <fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
              <l>So ward er frohen Muhts,</l><lb/>
              <l>Und ku&#x0364;hlte den ver&#x017F;chwiegnen Brand</l><lb/>
              <l>Durch einen Kuß auf <hi rendition="#fr">Clarimenens</hi> Hand,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Auch dru&#x0364;ckte er mit allem Fleiß</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sein gantzes Hertz in &#x017F;elbige hinein,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jch &#x017F;chwere aber drauf,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß <hi rendition="#fr">Clarimene</hi> &#x017F;elb&#x017F;t es itzo noch nicht weiß.</l><lb/>
              <l>Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab,</l><lb/>
              <l>Den Zucker-Mund zum er&#x017F;tenmahl zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Ob gleich die Reihe rum es reine Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gab.</l><lb/>
              <l>Nein! dacht er, die&#x017F;er Nectar-Saft</l><lb/>
              <l>Hat eine allzugro&#x017F;&#x017F;e Kraft,</l><lb/>
              <l>Denn wer ihn einmahl ko&#x017F;t, will ihn noch mehr ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">nie&#x017F;&#x017F;en.</hi> </l><lb/>
              <l>Jetzt meynte er nun &#x017F;ey es Zeit und Ort,</l><lb/>
              <l>Sie um ihr Hertze zu befragen,</l><lb/>
              <l>Allein das &#x017F;chlaue aufgeweckte Kind,</l><lb/>
              <l>Das an Lebhaftigkeit kaum &#x017F;eines gleichen findt,</l><lb/>
              <l>Fieng al&#x017F;o an zu &#x017F;agen:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Soll ich ein&#x017F;t lieben oder freyn,</l><lb/>
              <l>Muß es was recht <hi rendition="#aq">à part</hi>es &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>Die Rede &#x017F;chluge ihm fa&#x017F;t alle Hofnung nieder,</l><lb/>
              <l>Es war als wie bey einem &#x017F;chwu&#x0364;len Tag</l><lb/>
              <l>Ein unver&#x017F;ehner Donner&#x017F;chlag.</l><lb/>
              <l>Doch <hi rendition="#fr">Zedena,</hi> die &#x017F;ich &#x017F;o gar freygebig wieß,</l><lb/>
              <l>Und ihre Ga&#x0364;&#x017F;te nie in Grillen fallen ließ,</l><lb/>
              <l>Erweckte den <hi rendition="#fr">Briontes</hi> wieder,</l><lb/>
              <l>Sie brachte die Ge&#x017F;undheit aus:</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Freund!</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0526] (o) So ward er frohen Muhts, Und kuͤhlte den verſchwiegnen Brand Durch einen Kuß auf Clarimenens Hand, „Auch druͤckte er mit allem Fleiß „Sein gantzes Hertz in ſelbige hinein, „Jch ſchwere aber drauf, „Daß Clarimene ſelbſt es itzo noch nicht weiß. Die Ehrfurcht hielt ihn dabey ab, Den Zucker-Mund zum erſtenmahl zu kuͤſſen, Ob gleich die Reihe rum es reine Kuͤſſe gab. Nein! dacht er, dieſer Nectar-Saft Hat eine allzugroſſe Kraft, Denn wer ihn einmahl koſt, will ihn noch mehr ge- nieſſen. Jetzt meynte er nun ſey es Zeit und Ort, Sie um ihr Hertze zu befragen, Allein das ſchlaue aufgeweckte Kind, Das an Lebhaftigkeit kaum ſeines gleichen findt, Fieng alſo an zu ſagen: Soll ich einſt lieben oder freyn, Muß es was recht à partes ſeyn. Die Rede ſchluge ihm faſt alle Hofnung nieder, Es war als wie bey einem ſchwuͤlen Tag Ein unverſehner Donnerſchlag. Doch Zedena, die ſich ſo gar freygebig wieß, Und ihre Gaͤſte nie in Grillen fallen ließ, Erweckte den Briontes wieder, Sie brachte die Geſundheit aus: Freund!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/526
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/526>, abgerufen am 21.05.2024.