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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
und es nicht Leute gebe, deren Mißfallen über
eine Satyre noch aus einer andern Ursache
herrührete. Allein so zeigt es die Erfahrung,
daß ein unvernünftiges Mitleiden, mit denen
Thoren, die in einer Satyre lächerlich ge-
macht werden, den meisten auch die glücklich-
sten Einfälle, und unschuldigsten Reden ver-
hasst und verdächtig mache.

Man darf nicht lange nachsinnen, wo-Ursachen
dieses Mit-
leidens:
1) die Men-
ge der Tho-
ren.

her doch immer dieses Mitleiden entstehe. Ei-
ne Satyre greift allemahl eine gewisse Art
der Thorheit an, und macht dieienigen lä-
cherlich, welche damit behaftet sind. Dieses
muß nothwendig vielen nicht anstehen, weil
die Menge der Thoren unzählig ist. Es ist
demnach etwas gar natürliches, daß derieni-
ge, der in einer Satyre angegriffen wird, ei-
nen grössern Anhang findet, als derienige, der
sie geschrieben hat. Dieser ist ein gemeiner
Feind, und iener ein bedrängtes Brüder-
gen,
dessen Nothstand ein ieder zu Hertzen
nimmt. Wie muß es also dem frechen
Spötter, der in der Person desienigen, wie-
der welchen er seinen Gift ausgelassen, so vie-
le ehrliche Leute beleidiget hat, nicht ergehen,
und wie kan man mit Vernunft hofen, daß
man, einiger lustigen Einfälle halber, seine
Schmäh-Schrift nicht aufs schärfste richten
werde?

Quum sibi quisque timet, quanquam
est intactus, & odit.
Horat. Lib. II. Sat. I.

Das

(o)
und es nicht Leute gebe, deren Mißfallen uͤber
eine Satyre noch aus einer andern Urſache
herruͤhrete. Allein ſo zeigt es die Erfahrung,
daß ein unvernuͤnftiges Mitleiden, mit denen
Thoren, die in einer Satyre laͤcherlich ge-
macht werden, den meiſten auch die gluͤcklich-
ſten Einfaͤlle, und unſchuldigſten Reden ver-
haſſt und verdaͤchtig mache.

Man darf nicht lange nachſinnen, wo-Urſachen
dieſes Mit-
leidens:
1) die Men-
ge der Tho-
ren.

her doch immer dieſes Mitleiden entſtehe. Ei-
ne Satyre greift allemahl eine gewiſſe Art
der Thorheit an, und macht dieienigen laͤ-
cherlich, welche damit behaftet ſind. Dieſes
muß nothwendig vielen nicht anſtehen, weil
die Menge der Thoren unzaͤhlig iſt. Es iſt
demnach etwas gar natuͤrliches, daß derieni-
ge, der in einer Satyre angegriffen wird, ei-
nen groͤſſern Anhang findet, als derienige, der
ſie geſchrieben hat. Dieſer iſt ein gemeiner
Feind, und iener ein bedraͤngtes Bruͤder-
gen,
deſſen Nothſtand ein ieder zu Hertzen
nimmt. Wie muß es alſo dem frechen
Spoͤtter, der in der Perſon desienigen, wie-
der welchen er ſeinen Gift ausgelaſſen, ſo vie-
le ehrliche Leute beleidiget hat, nicht ergehen,
und wie kan man mit Vernunft hofen, daß
man, einiger luſtigen Einfaͤlle halber, ſeine
Schmaͤh-Schrift nicht aufs ſchaͤrfſte richten
werde?

Quum ſibi quisque timet, quanquam
eſt intactus, & odit.
Horat. Lib. II. Sat. I.

Das
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[203/0295] (o) und es nicht Leute gebe, deren Mißfallen uͤber eine Satyre noch aus einer andern Urſache herruͤhrete. Allein ſo zeigt es die Erfahrung, daß ein unvernuͤnftiges Mitleiden, mit denen Thoren, die in einer Satyre laͤcherlich ge- macht werden, den meiſten auch die gluͤcklich- ſten Einfaͤlle, und unſchuldigſten Reden ver- haſſt und verdaͤchtig mache. Man darf nicht lange nachſinnen, wo- her doch immer dieſes Mitleiden entſtehe. Ei- ne Satyre greift allemahl eine gewiſſe Art der Thorheit an, und macht dieienigen laͤ- cherlich, welche damit behaftet ſind. Dieſes muß nothwendig vielen nicht anſtehen, weil die Menge der Thoren unzaͤhlig iſt. Es iſt demnach etwas gar natuͤrliches, daß derieni- ge, der in einer Satyre angegriffen wird, ei- nen groͤſſern Anhang findet, als derienige, der ſie geſchrieben hat. Dieſer iſt ein gemeiner Feind, und iener ein bedraͤngtes Bruͤder- gen, deſſen Nothſtand ein ieder zu Hertzen nimmt. Wie muß es alſo dem frechen Spoͤtter, der in der Perſon desienigen, wie- der welchen er ſeinen Gift ausgelaſſen, ſo vie- le ehrliche Leute beleidiget hat, nicht ergehen, und wie kan man mit Vernunft hofen, daß man, einiger luſtigen Einfaͤlle halber, ſeine Schmaͤh-Schrift nicht aufs ſchaͤrfſte richten werde? Urſachen dieſes Mit- leidens: 1) die Men- ge der Tho- ren. Quum ſibi quisque timet, quanquam eſt intactus, & odit. Horat. Lib. II. Sat. I. Das

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/295>, abgerufen am 24.11.2024.