gar zu viel einbilde.sich selbst haben, und sich allein vor weise hal- ten müsse. Jch untersuche hier nicht, ob die- ser Wahn gegründet sey: Jch mercke nur an, daß ein solcher Wahn ungemein geschickt ist, solche Bewegungen in den Hertzen derer, die eine Sache lesen, zu erregen, wodurch sie ver- hindert werden, dieselbe unpartheyisch zu be- urtheilen.
Der Hochmuht ist zwar allemahl eine ver- hasste Eigenschaft, nimmer aber unerträgli- cher, als wenn er von derjenigen Einbildung herrühret, die ein Mensch von seinem eigenen Verstande hat. Denn in Ansehung des Ver- standes, gönnt keiner dem andern den Vorzug. Niemand ist mit dem seinen übel zufrieden, und kan also denjenigen nicht anders, als mit scheelen Augen ansehen, von dem er glaubt, daß er thörigt genug, sich allein vor klug zu halten. Die Satyren-Schreiber haben das Unglück, daß der grösseste Haufe dieses von ihnen arg- wohnet, und folglich muß nothwendig die Zahl derer sehr groß seyn, die einen heimlichen Wie- derwillen gegen sie hegen. Ein ieder siehet leicht, was dieser Wiederwille, natürlicher Weise, vor Würckungen haben müsse, und daß es gar kein Wunder, wenn sich die meisten dadurch verleiten lassen, von den Absichten, und von dem Verfahren der Spötter aufs schlimmste zu urtheilen.
2) das Mit- leiden mit den Tho- ren.
Es wäre ein Glück vor diejenigen, die Sa- tyren schreiben, wenn die Urtheile über ihre Schriften nur allein aus dieser Qvelle flössen,
und
(o)
gar zu viel einbilde.ſich ſelbſt haben, und ſich allein vor weiſe hal- ten muͤſſe. Jch unterſuche hier nicht, ob die- ſer Wahn gegruͤndet ſey: Jch mercke nur an, daß ein ſolcher Wahn ungemein geſchickt iſt, ſolche Bewegungen in den Hertzen derer, die eine Sache leſen, zu erregen, wodurch ſie ver- hindert werden, dieſelbe unpartheyiſch zu be- urtheilen.
Der Hochmuht iſt zwar allemahl eine ver- haſſte Eigenſchaft, nimmer aber unertraͤgli- cher, als wenn er von derjenigen Einbildung herruͤhret, die ein Menſch von ſeinem eigenen Verſtande hat. Denn in Anſehung des Ver- ſtandes, goͤnnt keiner dem andern den Vorzug. Niemand iſt mit dem ſeinen uͤbel zufrieden, und kan alſo denjenigen nicht anders, als mit ſcheelen Augen anſehen, von dem er glaubt, daß er thoͤrigt genug, ſich allein vor klug zu halten. Die Satyren-Schreiber haben das Ungluͤck, daß der groͤſſeſte Haufe dieſes von ihnen arg- wohnet, und folglich muß nothwendig die Zahl derer ſehr groß ſeyn, die einen heimlichen Wie- derwillen gegen ſie hegen. Ein ieder ſiehet leicht, was dieſer Wiederwille, natuͤrlicher Weiſe, vor Wuͤrckungen haben muͤſſe, und daß es gar kein Wunder, wenn ſich die meiſten dadurch verleiten laſſen, von den Abſichten, und von dem Verfahren der Spoͤtter aufs ſchlimmſte zu urtheilen.
2) das Mit- leiden mit den Tho- ren.
Es waͤre ein Gluͤck vor diejenigen, die Sa- tyren ſchreiben, wenn die Urtheile uͤber ihre Schriften nur allein aus dieſer Qvelle floͤſſen,
und
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(o)
ſich ſelbſt haben, und ſich allein vor weiſe hal-
ten muͤſſe. Jch unterſuche hier nicht, ob die-
ſer Wahn gegruͤndet ſey: Jch mercke nur an,
daß ein ſolcher Wahn ungemein geſchickt iſt,
ſolche Bewegungen in den Hertzen derer, die
eine Sache leſen, zu erregen, wodurch ſie ver-
hindert werden, dieſelbe unpartheyiſch zu be-
urtheilen.
gar zu viel
einbilde.
Der Hochmuht iſt zwar allemahl eine ver-
haſſte Eigenſchaft, nimmer aber unertraͤgli-
cher, als wenn er von derjenigen Einbildung
herruͤhret, die ein Menſch von ſeinem eigenen
Verſtande hat. Denn in Anſehung des Ver-
ſtandes, goͤnnt keiner dem andern den Vorzug.
Niemand iſt mit dem ſeinen uͤbel zufrieden,
und kan alſo denjenigen nicht anders, als mit
ſcheelen Augen anſehen, von dem er glaubt, daß
er thoͤrigt genug, ſich allein vor klug zu halten.
Die Satyren-Schreiber haben das Ungluͤck,
daß der groͤſſeſte Haufe dieſes von ihnen arg-
wohnet, und folglich muß nothwendig die Zahl
derer ſehr groß ſeyn, die einen heimlichen Wie-
derwillen gegen ſie hegen. Ein ieder ſiehet
leicht, was dieſer Wiederwille, natuͤrlicher
Weiſe, vor Wuͤrckungen haben muͤſſe, und
daß es gar kein Wunder, wenn ſich die meiſten
dadurch verleiten laſſen, von den Abſichten,
und von dem Verfahren der Spoͤtter aufs
ſchlimmſte zu urtheilen.
Es waͤre ein Gluͤck vor diejenigen, die Sa-
tyren ſchreiben, wenn die Urtheile uͤber ihre
Schriften nur allein aus dieſer Qvelle floͤſſen,
und
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/294>, abgerufen am 24.11.2024.
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