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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
"übrige Zehe seines Landesvaters in Spiritus legen,
"und als eine köstliche Reliqvie bewahren.

Die hönischen Gebärden, Meine Herren, welche
ich ietzo an Jhnen wahrnehme, lassen mich hoffen,
Sie werden sich über solche läppische Spöttereien
nicht so sehr ärgern, als sich über die Uhrheber der-
selben erbarmen. Leute, Meine Herren, die ihrer
verderbten Vernunft zuviel Gehör geben, sind wahr-
lich zu beklagen, und die Vermessenheit, mit welcher
sie auch von Sachen urtheilen, die sie nicht verstehen,
und alles, was Jhnen etwan zu hoch ist, als unge-
reimt verwerfen, ist dadurch schon genug bestrafet,
daß sie desjenigen Vergnügens entbehren müssen,
welches eine stille und demüthige Bewunderudg er-
habener und unbegreiflicher Ausdrückungen mit sich
führet.

Wenn wir, Meine Herren, das Unglück hätten,
diesen Leuten gleich zu seyn, würden wir denn wohl in
den Reden des Herrn Prof. Philippi so viele Süs-
sigkeiten finden? Was würden uns nicht vor ver-
drießliche und schwermühtige Gedancken aufsteigen,
wenn wir lesen: Und wahrlich, da ein jeder
treu-gesinnete Sächsische Unterthan sein
Hertz gleichsam auf den Weg leget, den Jhro
Majestät zu nehmen allerhöchst gesonnen,
damit Selbe, als führen sie auf lauter Hertzen
ihrer getreuen Unterthanen dahin, und als
würden Sie von selbigen unterwegs getra-
gen, in höchst-erwünschtem Wohl zurückkeh-
ren, und so oft Sie, unter währender Reise, Ru-
hestart halten, auf eben solchen getreuen Her-

tzen
M 4

(o)
„uͤbrige Zehe ſeines Landesvaters in Spiritus legen,
„und als eine koͤſtliche Reliqvie bewahren.

Die hoͤniſchen Gebaͤrden, Meine Herren, welche
ich ietzo an Jhnen wahrnehme, laſſen mich hoffen,
Sie werden ſich uͤber ſolche laͤppiſche Spoͤttereien
nicht ſo ſehr aͤrgern, als ſich uͤber die Uhrheber der-
ſelben erbarmen. Leute, Meine Herren, die ihrer
verderbten Vernunft zuviel Gehoͤr geben, ſind wahr-
lich zu beklagen, und die Vermeſſenheit, mit welcher
ſie auch von Sachen urtheilen, die ſie nicht verſtehen,
und alles, was Jhnen etwan zu hoch iſt, als unge-
reimt verwerfen, iſt dadurch ſchon genug beſtrafet,
daß ſie desjenigen Vergnuͤgens entbehren muͤſſen,
welches eine ſtille und demuͤthige Bewunderudg er-
habener und unbegreiflicher Ausdruͤckungen mit ſich
fuͤhret.

Wenn wir, Meine Herren, das Ungluͤck haͤtten,
dieſen Leuten gleich zu ſeyn, wuͤrden wir denn wohl in
den Reden des Herrn Prof. Philippi ſo viele Suͤſ-
ſigkeiten finden? Was wuͤrden uns nicht vor ver-
drießliche und ſchwermuͤhtige Gedancken aufſteigen,
wenn wir leſen: Und wahrlich, da ein jeder
treu-geſinnete Saͤchſiſche Unterthan ſein
Hertz gleichſam auf den Weg leget, den Jhro
Majeſtaͤt zu nehmen allerhoͤchſt geſonnen,
damit Selbe, als fuͤhren ſie auf lauter Hertzen
ihrer getreuen Unterthanen dahin, und als
wuͤrden Sie von ſelbigen unterwegs getra-
gen, in hoͤchſt-erwuͤnſchtem Wohl zuruͤckkeh-
ren, uñ ſo oft Sie, unter waͤhrender Reiſe, Ru-
heſtart halten, auf eben ſolchen getreuen Her-

tzen
M 4
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[183/0275] (o) „uͤbrige Zehe ſeines Landesvaters in Spiritus legen, „und als eine koͤſtliche Reliqvie bewahren. Die hoͤniſchen Gebaͤrden, Meine Herren, welche ich ietzo an Jhnen wahrnehme, laſſen mich hoffen, Sie werden ſich uͤber ſolche laͤppiſche Spoͤttereien nicht ſo ſehr aͤrgern, als ſich uͤber die Uhrheber der- ſelben erbarmen. Leute, Meine Herren, die ihrer verderbten Vernunft zuviel Gehoͤr geben, ſind wahr- lich zu beklagen, und die Vermeſſenheit, mit welcher ſie auch von Sachen urtheilen, die ſie nicht verſtehen, und alles, was Jhnen etwan zu hoch iſt, als unge- reimt verwerfen, iſt dadurch ſchon genug beſtrafet, daß ſie desjenigen Vergnuͤgens entbehren muͤſſen, welches eine ſtille und demuͤthige Bewunderudg er- habener und unbegreiflicher Ausdruͤckungen mit ſich fuͤhret. Wenn wir, Meine Herren, das Ungluͤck haͤtten, dieſen Leuten gleich zu ſeyn, wuͤrden wir denn wohl in den Reden des Herrn Prof. Philippi ſo viele Suͤſ- ſigkeiten finden? Was wuͤrden uns nicht vor ver- drießliche und ſchwermuͤhtige Gedancken aufſteigen, wenn wir leſen: Und wahrlich, da ein jeder treu-geſinnete Saͤchſiſche Unterthan ſein Hertz gleichſam auf den Weg leget, den Jhro Majeſtaͤt zu nehmen allerhoͤchſt geſonnen, damit Selbe, als fuͤhren ſie auf lauter Hertzen ihrer getreuen Unterthanen dahin, und als wuͤrden Sie von ſelbigen unterwegs getra- gen, in hoͤchſt-erwuͤnſchtem Wohl zuruͤckkeh- ren, uñ ſo oft Sie, unter waͤhrender Reiſe, Ru- heſtart halten, auf eben ſolchen getreuen Her- tzen M 4

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/275>, abgerufen am 26.11.2024.