Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
lichere Art vorrücken können, als wenn Er sagt:
Justinianus habe nicht nur das A. B. C. verstan-
den, sondern er sey biß in den Donat, ja gar biß in
die Fabeln des Esopus gekommen22)?

Wie artig stehet dem Herrn Prof. nicht der an-
genommene Eyfer, mit welchem Er den Anbetern
des Römischen Rechts es als ein grosses Versehen
vorwirft, daß sie in dem blutigen Kriege wegen der
Spanischen Nachfolge, nicht eine condictionem
ex lege
wider den König in Franckreich anzustellen
gerathen haben23)? Dieser Eyfer kömmt so natürlich
heraus, und die unter demselben verborgene Spötte-
rey ist so fein, daß der Herr Prof. Philippi es vor nö-
thig erachtet hat, seinen Lesern in einer eigenen Anmer-
ckung zu sagen, daß er spotten wollen.

Sie ist aber zugleich eine recht heroische Spötte-
rey. Der Herr Prof. legt zum Grunde derselben,
daß der König von Franckreich in dem Kriege we-
gen der Spanischen Nachfolge, eben dergleichen
Theilungstractat vorgehabt habe, als dort der
Löwe in der Fabel. Ein gemeiner Redner, der bloß sei-
ner Vernunft gefolget, und die Freyheiten und Rech-
te eines heroischen Redners nicht gewust hätte, wür-
de Bedencken getragen haben, seine Spötterey auf
einen Satz zu gründen, der so übel mit der Historie
überein kömmt. Er würde sich erinnert haben, daß
zwar der König in Franckreich noch bey Lebzeiten des

andern
22) S. die sechs deutschen Reden p. 6.
23) ibid. p. 7.

(o)
lichere Art vorruͤcken koͤnnen, als wenn Er ſagt:
Juſtinianus habe nicht nur das A. B. C. verſtan-
den, ſondern er ſey biß in den Donat, ja gar biß in
die Fabeln des Eſopus gekommen22)?

Wie artig ſtehet dem Herrn Prof. nicht der an-
genommene Eyfer, mit welchem Er den Anbetern
des Roͤmiſchen Rechts es als ein groſſes Verſehen
vorwirft, daß ſie in dem blutigen Kriege wegen der
Spaniſchen Nachfolge, nicht eine condictionem
ex lege
wider den Koͤnig in Franckreich anzuſtellen
gerathen haben23)? Dieſer Eyfer koͤmmt ſo natuͤrlich
heraus, und die unter demſelben verborgene Spoͤtte-
rey iſt ſo fein, daß der Herr Prof. Philippi es vor noͤ-
thig erachtet hat, ſeinen Leſern in einer eigenen Anmer-
ckung zu ſagen, daß er ſpotten wollen.

Sie iſt aber zugleich eine recht heroiſche Spoͤtte-
rey. Der Herr Prof. legt zum Grunde derſelben,
daß der Koͤnig von Franckreich in dem Kriege we-
gen der Spaniſchen Nachfolge, eben dergleichen
Theilungstractat vorgehabt habe, als dort der
Loͤwe in der Fabel. Ein gemeiner Redner, der bloß ſei-
ner Vernunft gefolget, und die Freyheiten und Rech-
te eines heroiſchen Redners nicht gewuſt haͤtte, wuͤr-
de Bedencken getragen haben, ſeine Spoͤtterey auf
einen Satz zu gruͤnden, der ſo uͤbel mit der Hiſtorie
uͤberein koͤmmt. Er wuͤrde ſich erinnert haben, daß
zwar der Koͤnig in Franckreich noch bey Lebzeiten des

andern
22) S. die ſechs deutſchen Reden p. 6.
23) ibid. p. 7.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0249" n="157"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
lichere Art vorru&#x0364;cken ko&#x0364;nnen, als wenn Er &#x017F;agt:<lb/>
Ju&#x017F;tinianus habe nicht nur das A. B. C. ver&#x017F;tan-<lb/>
den, &#x017F;ondern er &#x017F;ey biß in den Donat, ja gar biß in<lb/>
die Fabeln des E&#x017F;opus gekommen<note place="foot" n="22)">S. die &#x017F;echs deut&#x017F;chen Reden <hi rendition="#aq">p.</hi> 6.</note>?</p><lb/>
            <p>Wie artig &#x017F;tehet dem Herrn Prof. nicht der an-<lb/>
genommene Eyfer, mit welchem Er den Anbetern<lb/>
des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechts es als ein gro&#x017F;&#x017F;es Ver&#x017F;ehen<lb/>
vorwirft, daß &#x017F;ie in dem blutigen Kriege wegen der<lb/>
Spani&#x017F;chen Nachfolge, nicht eine <hi rendition="#aq">condictionem<lb/>
ex lege</hi> wider den Ko&#x0364;nig in Franckreich anzu&#x017F;tellen<lb/>
gerathen haben<note place="foot" n="23)"><hi rendition="#aq">ibid. p.</hi> 7.</note>? Die&#x017F;er Eyfer ko&#x0364;mmt &#x017F;o natu&#x0364;rlich<lb/>
heraus, und die unter dem&#x017F;elben verborgene Spo&#x0364;tte-<lb/>
rey i&#x017F;t &#x017F;o fein, daß der Herr Prof. Philippi es vor no&#x0364;-<lb/>
thig erachtet hat, &#x017F;einen Le&#x017F;ern in einer eigenen Anmer-<lb/>
ckung zu &#x017F;agen, daß er &#x017F;potten wollen.</p><lb/>
            <p>Sie i&#x017F;t aber zugleich eine recht heroi&#x017F;che Spo&#x0364;tte-<lb/>
rey. Der Herr Prof. legt zum Grunde der&#x017F;elben,<lb/>
daß der Ko&#x0364;nig von Franckreich in dem Kriege we-<lb/>
gen der Spani&#x017F;chen Nachfolge, eben dergleichen<lb/>
Theilungstractat vorgehabt habe, als dort der<lb/>
Lo&#x0364;we in der Fabel. Ein gemeiner Redner, der bloß &#x017F;ei-<lb/>
ner Vernunft gefolget, und die Freyheiten und Rech-<lb/>
te eines heroi&#x017F;chen Redners nicht gewu&#x017F;t ha&#x0364;tte, wu&#x0364;r-<lb/>
de Bedencken getragen haben, &#x017F;eine Spo&#x0364;tterey auf<lb/>
einen Satz zu gru&#x0364;nden, der &#x017F;o u&#x0364;bel mit der Hi&#x017F;torie<lb/>
u&#x0364;berein ko&#x0364;mmt. Er wu&#x0364;rde &#x017F;ich erinnert haben, daß<lb/>
zwar der Ko&#x0364;nig in Franckreich noch bey Lebzeiten des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0249] (o) lichere Art vorruͤcken koͤnnen, als wenn Er ſagt: Juſtinianus habe nicht nur das A. B. C. verſtan- den, ſondern er ſey biß in den Donat, ja gar biß in die Fabeln des Eſopus gekommen 22)? Wie artig ſtehet dem Herrn Prof. nicht der an- genommene Eyfer, mit welchem Er den Anbetern des Roͤmiſchen Rechts es als ein groſſes Verſehen vorwirft, daß ſie in dem blutigen Kriege wegen der Spaniſchen Nachfolge, nicht eine condictionem ex lege wider den Koͤnig in Franckreich anzuſtellen gerathen haben 23)? Dieſer Eyfer koͤmmt ſo natuͤrlich heraus, und die unter demſelben verborgene Spoͤtte- rey iſt ſo fein, daß der Herr Prof. Philippi es vor noͤ- thig erachtet hat, ſeinen Leſern in einer eigenen Anmer- ckung zu ſagen, daß er ſpotten wollen. Sie iſt aber zugleich eine recht heroiſche Spoͤtte- rey. Der Herr Prof. legt zum Grunde derſelben, daß der Koͤnig von Franckreich in dem Kriege we- gen der Spaniſchen Nachfolge, eben dergleichen Theilungstractat vorgehabt habe, als dort der Loͤwe in der Fabel. Ein gemeiner Redner, der bloß ſei- ner Vernunft gefolget, und die Freyheiten und Rech- te eines heroiſchen Redners nicht gewuſt haͤtte, wuͤr- de Bedencken getragen haben, ſeine Spoͤtterey auf einen Satz zu gruͤnden, der ſo uͤbel mit der Hiſtorie uͤberein koͤmmt. Er wuͤrde ſich erinnert haben, daß zwar der Koͤnig in Franckreich noch bey Lebzeiten des andern 22) S. die ſechs deutſchen Reden p. 6. 23) ibid. p. 7.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/249
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/249>, abgerufen am 27.04.2024.