Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
heit gehabt, zu schreiben: "Der Hr. M. Sievers,
"der sich vor grosser Begierde berühmt zu seyn, nicht
"zu lassen weiß,
- - - - - - - - & calet uno
"Scribendi studio - - - - Horat. Lib. II. Ep. I.

"hat die Paßion mit Anmerckungen herausgegeben.
"Diese Anmerckungen sind im höchsten Grad al-
"bern. Um dieses recht lebhaft vorzustellen, will
"ich die Historie von der Zerstöhrung der Stadt
"Jerusalem mit eben so läppischen Anmerckungen
"erläutern, und zugleich dem Hn. M. Sievers
"wohlmeynentlich gerahten haben, sich hinführo
"des Bücher-Schreibens zu enthalten, und sich
"erst in den Wissenschaften, die einem Menschen,
"der sich mit Ehren in der gelehrten Welt sehen
"lassen will, nöthig sind, noch einige Jahre um-
"zusehen, u. s. w.

Wir wollen, sage ich, den Fall setzen, ich hät-
te so geschrieben. So würde doch der Hr. M. Sie-
vers, wie plump auch das Compliment gewesen
wäre, und wie sehr ich auch der Wahrheit so wohl
als dem Hn. Mag. dadurch zu nahe getreten hätte,
nicht christlich gehandelt haben, wenn er mich des-
falls auf der Cantzel hätte verfluchen wollen. Es
wären dieses kleine Händel zwischen uns beyden ge-
wesen, um welche sich kein Mensch in der Welt,
am wenigsten die Leute in St. Annen-Kloster zu
bekümmern gehabt hätten, und die gar nicht auf
die Cantzel gehören. Ja es würde dem Hn. Mag.
gar nicht erlaubt gewesen seyn, einen so heiligen
Ort mit solchen Kleinigkeiten zu entweihen, und
wenn er gleich schon ein beruffener und verordneter

Diener

(o)
heit gehabt, zu ſchreiben: „Der Hr. M. Sievers,
„der ſich vor groſſer Begierde beruͤhmt zu ſeyn, nicht
„zu laſſen weiß,
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ & calet uno
„Scribendi ſtudio ‒ ‒ ‒ ‒ Horat. Lib. II. Ep. I.

„hat die Paßion mit Anmerckungen herausgegeben.
„Dieſe Anmerckungen ſind im hoͤchſten Grad al-
„bern. Um dieſes recht lebhaft vorzuſtellen, will
„ich die Hiſtorie von der Zerſtoͤhrung der Stadt
„Jeruſalem mit eben ſo laͤppiſchen Anmerckungen
„erlaͤutern, und zugleich dem Hn. M. Sievers
„wohlmeynentlich gerahten haben, ſich hinfuͤhro
„des Buͤcher-Schreibens zu enthalten, und ſich
„erſt in den Wiſſenſchaften, die einem Menſchen,
„der ſich mit Ehren in der gelehrten Welt ſehen
„laſſen will, noͤthig ſind, noch einige Jahre um-
„zuſehen, u. ſ. w.

Wir wollen, ſage ich, den Fall ſetzen, ich haͤt-
te ſo geſchrieben. So wuͤrde doch der Hr. M. Sie-
vers, wie plump auch das Compliment geweſen
waͤre, und wie ſehr ich auch der Wahrheit ſo wohl
als dem Hn. Mag. dadurch zu nahe getreten haͤtte,
nicht chriſtlich gehandelt haben, wenn er mich des-
falls auf der Cantzel haͤtte verfluchen wollen. Es
waͤren dieſes kleine Haͤndel zwiſchen uns beyden ge-
weſen, um welche ſich kein Menſch in der Welt,
am wenigſten die Leute in St. Annen-Kloſter zu
bekuͤmmern gehabt haͤtten, und die gar nicht auf
die Cantzel gehoͤren. Ja es wuͤrde dem Hn. Mag.
gar nicht erlaubt geweſen ſeyn, einen ſo heiligen
Ort mit ſolchen Kleinigkeiten zu entweihen, und
wenn er gleich ſchon ein beruffener und verordneter

Diener
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0217" n="125"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
heit gehabt, zu &#x017F;chreiben: &#x201E;Der Hr. M. Sievers,<lb/>
&#x201E;der &#x017F;ich vor gro&#x017F;&#x017F;er Begierde beru&#x0364;hmt zu &#x017F;eyn, nicht<lb/>
&#x201E;zu la&#x017F;&#x017F;en weiß,<lb/><cit><quote><hi rendition="#aq">&#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &amp; calet uno<lb/>
&#x201E;Scribendi &#x017F;tudio &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; <hi rendition="#i">Horat. Lib. II. Ep. I.</hi></hi></quote></cit><lb/>
&#x201E;hat die Paßion mit Anmerckungen herausgegeben.<lb/>
&#x201E;Die&#x017F;e Anmerckungen &#x017F;ind im ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grad al-<lb/>
&#x201E;bern. Um die&#x017F;es recht lebhaft vorzu&#x017F;tellen, will<lb/>
&#x201E;ich die Hi&#x017F;torie von der Zer&#x017F;to&#x0364;hrung der Stadt<lb/>
&#x201E;Jeru&#x017F;alem mit eben &#x017F;o la&#x0364;ppi&#x017F;chen Anmerckungen<lb/>
&#x201E;erla&#x0364;utern, und zugleich dem Hn. M. Sievers<lb/>
&#x201E;wohlmeynentlich gerahten haben, &#x017F;ich hinfu&#x0364;hro<lb/>
&#x201E;des Bu&#x0364;cher-Schreibens zu enthalten, und &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;er&#x017F;t in den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, die einem Men&#x017F;chen,<lb/>
&#x201E;der &#x017F;ich mit Ehren in der gelehrten Welt &#x017F;ehen<lb/>
&#x201E;la&#x017F;&#x017F;en will, no&#x0364;thig &#x017F;ind, noch einige Jahre um-<lb/>
&#x201E;zu&#x017F;ehen, u. &#x017F;. w.</p><lb/>
          <p>Wir wollen, &#x017F;age ich, den Fall &#x017F;etzen, ich ha&#x0364;t-<lb/>
te &#x017F;o ge&#x017F;chrieben. So wu&#x0364;rde doch der Hr. M. Sie-<lb/>
vers, wie plump auch das Compliment gewe&#x017F;en<lb/>
wa&#x0364;re, und wie &#x017F;ehr ich auch der Wahrheit &#x017F;o wohl<lb/>
als dem Hn. Mag. dadurch zu nahe getreten ha&#x0364;tte,<lb/>
nicht chri&#x017F;tlich gehandelt haben, wenn er mich des-<lb/>
falls auf der Cantzel ha&#x0364;tte verfluchen wollen. Es<lb/>
wa&#x0364;ren die&#x017F;es kleine Ha&#x0364;ndel zwi&#x017F;chen uns beyden ge-<lb/>
we&#x017F;en, um welche &#x017F;ich kein Men&#x017F;ch in der Welt,<lb/>
am wenig&#x017F;ten die Leute in St. Annen-Klo&#x017F;ter zu<lb/>
beku&#x0364;mmern gehabt ha&#x0364;tten, und die gar nicht auf<lb/>
die Cantzel geho&#x0364;ren. Ja es wu&#x0364;rde dem Hn. Mag.<lb/>
gar nicht erlaubt gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, einen &#x017F;o heiligen<lb/>
Ort mit &#x017F;olchen Kleinigkeiten zu entweihen, und<lb/>
wenn er gleich &#x017F;chon ein beruffener und verordneter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Diener</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0217] (o) heit gehabt, zu ſchreiben: „Der Hr. M. Sievers, „der ſich vor groſſer Begierde beruͤhmt zu ſeyn, nicht „zu laſſen weiß, ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ & calet uno „Scribendi ſtudio ‒ ‒ ‒ ‒ Horat. Lib. II. Ep. I. „hat die Paßion mit Anmerckungen herausgegeben. „Dieſe Anmerckungen ſind im hoͤchſten Grad al- „bern. Um dieſes recht lebhaft vorzuſtellen, will „ich die Hiſtorie von der Zerſtoͤhrung der Stadt „Jeruſalem mit eben ſo laͤppiſchen Anmerckungen „erlaͤutern, und zugleich dem Hn. M. Sievers „wohlmeynentlich gerahten haben, ſich hinfuͤhro „des Buͤcher-Schreibens zu enthalten, und ſich „erſt in den Wiſſenſchaften, die einem Menſchen, „der ſich mit Ehren in der gelehrten Welt ſehen „laſſen will, noͤthig ſind, noch einige Jahre um- „zuſehen, u. ſ. w. Wir wollen, ſage ich, den Fall ſetzen, ich haͤt- te ſo geſchrieben. So wuͤrde doch der Hr. M. Sie- vers, wie plump auch das Compliment geweſen waͤre, und wie ſehr ich auch der Wahrheit ſo wohl als dem Hn. Mag. dadurch zu nahe getreten haͤtte, nicht chriſtlich gehandelt haben, wenn er mich des- falls auf der Cantzel haͤtte verfluchen wollen. Es waͤren dieſes kleine Haͤndel zwiſchen uns beyden ge- weſen, um welche ſich kein Menſch in der Welt, am wenigſten die Leute in St. Annen-Kloſter zu bekuͤmmern gehabt haͤtten, und die gar nicht auf die Cantzel gehoͤren. Ja es wuͤrde dem Hn. Mag. gar nicht erlaubt geweſen ſeyn, einen ſo heiligen Ort mit ſolchen Kleinigkeiten zu entweihen, und wenn er gleich ſchon ein beruffener und verordneter Diener

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/217
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/217>, abgerufen am 28.03.2024.