Diener des Worts wäre. Auch ein ordentlicher Prediger ist nicht befugt, seine eigene Händel auf die Cantzel zu bringen. Thut er ers, so klopfft man ihm in allen wohleingerichteten Staaten auf die Finger. Was meint also der Hr. M. Sievers wohl, daß er vor einen Verweiß würde zu gewar- ten gehabt haben, wenn diejenigen, welche ihm denselben zu geben berechtiget sind, seinen Fehler nicht gütig übersehen hätten; theils weil er densel- ben zu einer Zeit begangen hat, da er nicht bey sich selbst war. Ira furor brevis est; theils weil sie wusten, daß man einen Betrübten nicht noch mehr betrüben müste? Jch habe mich nicht entbrechen können, durch diese ehrerbietige und glimpfliche Vorstellung dem Hn. M. Sievers zu zeigen, wie sehr er sich vergangen hat. Er kan glauben, daß es mir in der That sauer angekommen ist, einen Mann, der so viel Gutes an sich hat, und den ich, seiner Vortreflichkeit wegen, so hoch schätze, einer Ubereilung zu beschuldigen. Jch befürchte so we- nig, daß er die Erinnerung, die ich ihm aus gu- tem Hertzen gebe, übel aufnehmen werde, daß ich vielmehr mir die Hoffnung mache, es werde die Freymüthigkeit, mit welcher ich ihn bestraffe, ihm den ungegründeten Verdacht, als ob ich ihm durch ein hämisches und gezwungenes Lob zu schaden ge- suchet hätte, gäntzlich benehmen. Die Aufrich- tigkeit, die ich hier beweise, ist so groß, daß sie mich hoffentlich, nicht nur in dem Gemüthe des Hn. M. Sievers rechtfertigen, sondern auch an- dere bewegen wird, von meinen Absichten milder zu urtheilen.
Die
(o)
Diener des Worts waͤre. Auch ein ordentlicher Prediger iſt nicht befugt, ſeine eigene Haͤndel auf die Cantzel zu bringen. Thut er ers, ſo klopfft man ihm in allen wohleingerichteten Staaten auf die Finger. Was meint alſo der Hr. M. Sievers wohl, daß er vor einen Verweiß wuͤrde zu gewar- ten gehabt haben, wenn diejenigen, welche ihm denſelben zu geben berechtiget ſind, ſeinen Fehler nicht guͤtig uͤberſehen haͤtten; theils weil er denſel- ben zu einer Zeit begangen hat, da er nicht bey ſich ſelbſt war. Ira furor brevis eſt; theils weil ſie wuſten, daß man einen Betruͤbten nicht noch mehr betruͤben muͤſte? Jch habe mich nicht entbrechen koͤnnen, durch dieſe ehrerbietige und glimpfliche Vorſtellung dem Hn. M. Sievers zu zeigen, wie ſehr er ſich vergangen hat. Er kan glauben, daß es mir in der That ſauer angekommen iſt, einen Mann, der ſo viel Gutes an ſich hat, und den ich, ſeiner Vortreflichkeit wegen, ſo hoch ſchaͤtze, einer Ubereilung zu beſchuldigen. Jch befuͤrchte ſo we- nig, daß er die Erinnerung, die ich ihm aus gu- tem Hertzen gebe, uͤbel aufnehmen werde, daß ich vielmehr mir die Hoffnung mache, es werde die Freymuͤthigkeit, mit welcher ich ihn beſtraffe, ihm den ungegruͤndeten Verdacht, als ob ich ihm durch ein haͤmiſches und gezwungenes Lob zu ſchaden ge- ſuchet haͤtte, gaͤntzlich benehmen. Die Aufrich- tigkeit, die ich hier beweiſe, iſt ſo groß, daß ſie mich hoffentlich, nicht nur in dem Gemuͤthe des Hn. M. Sievers rechtfertigen, ſondern auch an- dere bewegen wird, von meinen Abſichten milder zu urtheilen.
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Diener des Worts waͤre. Auch ein ordentlicher
Prediger iſt nicht befugt, ſeine eigene Haͤndel auf
die Cantzel zu bringen. Thut er ers, ſo klopfft
man ihm in allen wohleingerichteten Staaten auf
die Finger. Was meint alſo der Hr. M. Sievers
wohl, daß er vor einen Verweiß wuͤrde zu gewar-
ten gehabt haben, wenn diejenigen, welche ihm
denſelben zu geben berechtiget ſind, ſeinen Fehler
nicht guͤtig uͤberſehen haͤtten; theils weil er denſel-
ben zu einer Zeit begangen hat, da er nicht bey ſich
ſelbſt war. Ira furor brevis eſt; theils weil ſie
wuſten, daß man einen Betruͤbten nicht noch mehr
betruͤben muͤſte? Jch habe mich nicht entbrechen
koͤnnen, durch dieſe ehrerbietige und glimpfliche
Vorſtellung dem Hn. M. Sievers zu zeigen, wie
ſehr er ſich vergangen hat. Er kan glauben, daß
es mir in der That ſauer angekommen iſt, einen
Mann, der ſo viel Gutes an ſich hat, und den ich,
ſeiner Vortreflichkeit wegen, ſo hoch ſchaͤtze, einer
Ubereilung zu beſchuldigen. Jch befuͤrchte ſo we-
nig, daß er die Erinnerung, die ich ihm aus gu-
tem Hertzen gebe, uͤbel aufnehmen werde, daß ich
vielmehr mir die Hoffnung mache, es werde die
Freymuͤthigkeit, mit welcher ich ihn beſtraffe, ihm
den ungegruͤndeten Verdacht, als ob ich ihm durch
ein haͤmiſches und gezwungenes Lob zu ſchaden ge-
ſuchet haͤtte, gaͤntzlich benehmen. Die Aufrich-
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mich hoffentlich, nicht nur in dem Gemuͤthe des
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/218>, abgerufen am 21.11.2024.
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