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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
seyn: Daß es unglaublich sey, daß einer den Hn.
M. Sievers im Ernst loben könne, weil er nichts
lobenswürdiges an sich habe. Jch gebe dem Hn.
M. zu bedencken, ob sein ärgster Feind wohl was
schlimmers von ihm sagen könne? Er mag selber
urtheilen, ob er Ursache habe auf mich, der ich
ihn lobe, zu zürnen, oder auf diejenigen, welche
sagen, das Lob, das ich ihm beylege, komme ihm
nicht zu. Mich deucht, es ist offenbahr, daß
nicht ich, sondern diese letzten ihn beschimpfen.
Jch kan mich dahero nicht genug wundern, wie
der Hr. M. Sievers diesen Leuten Beyfall geben,
und sich einbilden können, ich spotte seiner. Jhm,
als einem Weltweisen, der es unstreitig in der
Erkänntniß sein selbst hochgebracht hat, muß die
Grösse seiner Verdienste am besten bekannt seyn.
Wie kan er also glauben, daß man seiner spotte,
wenn man ihn lobt? Durch einen solchen Ver-
dacht beleidiget er sich selbst.

Jch habe Ursache zu vermuthen, daß der Herr
M. Sievers, nach der ihm beywohnenden Scharf-
sinnigkeit, die Wahrheit dessen, was ich hier schrei-
be, einiger massen erkenne. Denn ob man mir
gleich anfangs |gesagt hat, er sey so sehr auf den
X. Y. Z. erbittert, daß er gegen ihn schreiben wol-
le, so ist dieses doch noch zur Zeit nicht geschehen.
Jch glaube, er hat begrifen, daß er es nicht mit
Ehren thun könne. Einen Menschen widerlegen,
der uns lobet, heißt sich selbst schelten. Jch habe
gesagt, der Hr. M. Sievers sey ein vortreflicher
Mann, ein wackerer Mann; er sey scharfsinnig;
seine Anmerckungen über die Paßion würden gelobt

u.
H 3

(o)
ſeyn: Daß es unglaublich ſey, daß einer den Hn.
M. Sievers im Ernſt loben koͤnne, weil er nichts
lobenswuͤrdiges an ſich habe. Jch gebe dem Hn.
M. zu bedencken, ob ſein aͤrgſter Feind wohl was
ſchlimmers von ihm ſagen koͤnne? Er mag ſelber
urtheilen, ob er Urſache habe auf mich, der ich
ihn lobe, zu zuͤrnen, oder auf diejenigen, welche
ſagen, das Lob, das ich ihm beylege, komme ihm
nicht zu. Mich deucht, es iſt offenbahr, daß
nicht ich, ſondern dieſe letzten ihn beſchimpfen.
Jch kan mich dahero nicht genug wundern, wie
der Hr. M. Sievers dieſen Leuten Beyfall geben,
und ſich einbilden koͤnnen, ich ſpotte ſeiner. Jhm,
als einem Weltweiſen, der es unſtreitig in der
Erkaͤnntniß ſein ſelbſt hochgebracht hat, muß die
Groͤſſe ſeiner Verdienſte am beſten bekannt ſeyn.
Wie kan er alſo glauben, daß man ſeiner ſpotte,
wenn man ihn lobt? Durch einen ſolchen Ver-
dacht beleidiget er ſich ſelbſt.

Jch habe Urſache zu vermuthen, daß der Herr
M. Sievers, nach der ihm beywohnenden Scharf-
ſinnigkeit, die Wahrheit deſſen, was ich hier ſchrei-
be, einiger maſſen erkenne. Denn ob man mir
gleich anfangs |geſagt hat, er ſey ſo ſehr auf den
X. Y. Z. erbittert, daß er gegen ihn ſchreiben wol-
le, ſo iſt dieſes doch noch zur Zeit nicht geſchehen.
Jch glaube, er hat begrifen, daß er es nicht mit
Ehren thun koͤnne. Einen Menſchen widerlegen,
der uns lobet, heißt ſich ſelbſt ſchelten. Jch habe
geſagt, der Hr. M. Sievers ſey ein vortreflicher
Mann, ein wackerer Mann; er ſey ſcharfſinnig;
ſeine Anmerckungen uͤber die Paßion wuͤrden gelobt

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[117/0209] (o) ſeyn: Daß es unglaublich ſey, daß einer den Hn. M. Sievers im Ernſt loben koͤnne, weil er nichts lobenswuͤrdiges an ſich habe. Jch gebe dem Hn. M. zu bedencken, ob ſein aͤrgſter Feind wohl was ſchlimmers von ihm ſagen koͤnne? Er mag ſelber urtheilen, ob er Urſache habe auf mich, der ich ihn lobe, zu zuͤrnen, oder auf diejenigen, welche ſagen, das Lob, das ich ihm beylege, komme ihm nicht zu. Mich deucht, es iſt offenbahr, daß nicht ich, ſondern dieſe letzten ihn beſchimpfen. Jch kan mich dahero nicht genug wundern, wie der Hr. M. Sievers dieſen Leuten Beyfall geben, und ſich einbilden koͤnnen, ich ſpotte ſeiner. Jhm, als einem Weltweiſen, der es unſtreitig in der Erkaͤnntniß ſein ſelbſt hochgebracht hat, muß die Groͤſſe ſeiner Verdienſte am beſten bekannt ſeyn. Wie kan er alſo glauben, daß man ſeiner ſpotte, wenn man ihn lobt? Durch einen ſolchen Ver- dacht beleidiget er ſich ſelbſt. Jch habe Urſache zu vermuthen, daß der Herr M. Sievers, nach der ihm beywohnenden Scharf- ſinnigkeit, die Wahrheit deſſen, was ich hier ſchrei- be, einiger maſſen erkenne. Denn ob man mir gleich anfangs |geſagt hat, er ſey ſo ſehr auf den X. Y. Z. erbittert, daß er gegen ihn ſchreiben wol- le, ſo iſt dieſes doch noch zur Zeit nicht geſchehen. Jch glaube, er hat begrifen, daß er es nicht mit Ehren thun koͤnne. Einen Menſchen widerlegen, der uns lobet, heißt ſich ſelbſt ſchelten. Jch habe geſagt, der Hr. M. Sievers ſey ein vortreflicher Mann, ein wackerer Mann; er ſey ſcharfſinnig; ſeine Anmerckungen uͤber die Paßion wuͤrden gelobt u. H 3

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/209>, abgerufen am 24.11.2024.