Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
ich Gelegenheit haben möchte, ihnen aus Christli-
cher Liebe, die wohlgemeynte Erinnerung zu geben,
daß es ihrer Ehre sehr zuträglich seyn würde, wenn
sie belieben wolten, sich auf einander mahl nicht so
zu übereilen, und eine Schrifft nicht eher vor ein
Pasquill auszugeben, als bis sie gelernet haben,
was eigentlich dieses Wort vor eine Bedeu-
tung haben. Jn Postillen und in - - - - -
- - - desunt non nulla - - - - - -. Dieses
ist es, was ich ihnen zu sagen habe. Wofern sie
klug sind, werden sie meinen Rath folgen, und
sich nicht durch ferneres Lästern des Glimpfs un-
würdig machen, den ich jetzo, in Betracht ihrer
Unwissenheit gegen sie gebrauche.

Jch wende mich zu denen, die meine Schrift vor
satyrisch angesehen haben. Deren ist nun eine grosse
Menge, und viele sind darunter, denen ich, ihres
Standes und ihrer Verdienste wegen, eine beson-
dere Ehrerbietung schuldig bin. Es ist mir dem-
nach sehr leyd, daß ich mich genöthiget sehe, ihnen
zu sagen, daß ihre Gedancken von der Absicht mei-
ner Anmerckungen über die Geschichte von der Zer-
stöhrung der Stadt Jerusalem, gantz und gar
irrig sind.

Es wird schwer halten, daß ich ihnen dieses be-
greiflich mache. Denn die falsche Einbildung, daß
ich ein Spötter sey, hat in den Gemüthern derer,
die meine Schrift gelesen haben, so tiefe Wurtzel
geschlagen, daß ich glaube, die meisten schwüren
einen Eyd, daß sie recht haben. Jch muß mich
wundern, wie so viele kluge Leute auf eine so we-
nig wahrscheinliche Meynung verfallen können, und

kan,

(o)
ich Gelegenheit haben moͤchte, ihnen aus Chriſtli-
cher Liebe, die wohlgemeynte Erinnerung zu geben,
daß es ihrer Ehre ſehr zutraͤglich ſeyn wuͤrde, wenn
ſie belieben wolten, ſich auf einander mahl nicht ſo
zu uͤbereilen, und eine Schrifft nicht eher vor ein
Pasquill auszugeben, als bis ſie gelernet haben,
was eigentlich dieſes Wort vor eine Bedeu-
tung haben. Jn Poſtillen und in ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
‒ ‒ ‒ deſunt non nulla ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒. Dieſes
iſt es, was ich ihnen zu ſagen habe. Wofern ſie
klug ſind, werden ſie meinen Rath folgen, und
ſich nicht durch ferneres Laͤſtern des Glimpfs un-
wuͤrdig machen, den ich jetzo, in Betracht ihrer
Unwiſſenheit gegen ſie gebrauche.

Jch wende mich zu denen, die meine Schrift vor
ſatyriſch angeſehen haben. Deren iſt nun eine groſſe
Menge, und viele ſind darunter, denen ich, ihres
Standes und ihrer Verdienſte wegen, eine beſon-
dere Ehrerbietung ſchuldig bin. Es iſt mir dem-
nach ſehr leyd, daß ich mich genoͤthiget ſehe, ihnen
zu ſagen, daß ihre Gedancken von der Abſicht mei-
ner Anmerckungen uͤber die Geſchichte von der Zer-
ſtoͤhrung der Stadt Jeruſalem, gantz und gar
irrig ſind.

Es wird ſchwer halten, daß ich ihnen dieſes be-
greiflich mache. Denn die falſche Einbildung, daß
ich ein Spoͤtter ſey, hat in den Gemuͤthern derer,
die meine Schrift geleſen haben, ſo tiefe Wurtzel
geſchlagen, daß ich glaube, die meiſten ſchwuͤren
einen Eyd, daß ſie recht haben. Jch muß mich
wundern, wie ſo viele kluge Leute auf eine ſo we-
nig wahrſcheinliche Meynung verfallen koͤnnen, und

kan,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0196" n="104"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
ich Gelegenheit haben mo&#x0364;chte, ihnen aus Chri&#x017F;tli-<lb/>
cher Liebe, die wohlgemeynte Erinnerung zu geben,<lb/>
daß es ihrer Ehre &#x017F;ehr zutra&#x0364;glich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn<lb/>
&#x017F;ie belieben wolten, &#x017F;ich auf einander mahl nicht &#x017F;o<lb/>
zu u&#x0364;bereilen, und eine Schrifft nicht eher vor ein<lb/><hi rendition="#fr">Pasquill</hi> auszugeben, als bis &#x017F;ie gelernet haben,<lb/>
was eigentlich die&#x017F;es Wort vor eine Bedeu-<lb/>
tung haben. Jn Po&#x017F;tillen und in &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012;<lb/>
&#x2012; &#x2012; &#x2012; <hi rendition="#aq">de&#x017F;unt non nulla</hi> &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012;. Die&#x017F;es<lb/>
i&#x017F;t es, was ich ihnen zu &#x017F;agen habe. Wofern &#x017F;ie<lb/>
klug &#x017F;ind, werden &#x017F;ie meinen Rath folgen, und<lb/>
&#x017F;ich nicht durch ferneres La&#x0364;&#x017F;tern des Glimpfs un-<lb/>
wu&#x0364;rdig machen, den ich jetzo, in Betracht ihrer<lb/>
Unwi&#x017F;&#x017F;enheit gegen &#x017F;ie gebrauche.</p><lb/>
          <p>Jch wende mich zu denen, die meine Schrift vor<lb/>
&#x017F;atyri&#x017F;ch ange&#x017F;ehen haben. Deren i&#x017F;t nun eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Menge, und viele &#x017F;ind darunter, denen ich, ihres<lb/>
Standes und ihrer Verdien&#x017F;te wegen, eine be&#x017F;on-<lb/>
dere Ehrerbietung &#x017F;chuldig bin. Es i&#x017F;t mir dem-<lb/>
nach &#x017F;ehr leyd, daß ich mich geno&#x0364;thiget &#x017F;ehe, ihnen<lb/>
zu &#x017F;agen, daß ihre Gedancken von der Ab&#x017F;icht mei-<lb/>
ner Anmerckungen u&#x0364;ber die Ge&#x017F;chichte von der Zer-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;hrung der Stadt Jeru&#x017F;alem, gantz und gar<lb/>
irrig &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Es wird &#x017F;chwer halten, daß ich ihnen die&#x017F;es be-<lb/>
greiflich mache. Denn die fal&#x017F;che Einbildung, daß<lb/>
ich ein Spo&#x0364;tter &#x017F;ey, hat in den Gemu&#x0364;thern derer,<lb/>
die meine Schrift gele&#x017F;en haben, &#x017F;o tiefe Wurtzel<lb/>
ge&#x017F;chlagen, daß ich glaube, die mei&#x017F;ten &#x017F;chwu&#x0364;ren<lb/>
einen Eyd, daß &#x017F;ie recht haben. Jch muß mich<lb/>
wundern, wie &#x017F;o viele kluge Leute auf eine &#x017F;o we-<lb/>
nig wahr&#x017F;cheinliche Meynung verfallen ko&#x0364;nnen, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kan,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0196] (o) ich Gelegenheit haben moͤchte, ihnen aus Chriſtli- cher Liebe, die wohlgemeynte Erinnerung zu geben, daß es ihrer Ehre ſehr zutraͤglich ſeyn wuͤrde, wenn ſie belieben wolten, ſich auf einander mahl nicht ſo zu uͤbereilen, und eine Schrifft nicht eher vor ein Pasquill auszugeben, als bis ſie gelernet haben, was eigentlich dieſes Wort vor eine Bedeu- tung haben. Jn Poſtillen und in ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ deſunt non nulla ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒. Dieſes iſt es, was ich ihnen zu ſagen habe. Wofern ſie klug ſind, werden ſie meinen Rath folgen, und ſich nicht durch ferneres Laͤſtern des Glimpfs un- wuͤrdig machen, den ich jetzo, in Betracht ihrer Unwiſſenheit gegen ſie gebrauche. Jch wende mich zu denen, die meine Schrift vor ſatyriſch angeſehen haben. Deren iſt nun eine groſſe Menge, und viele ſind darunter, denen ich, ihres Standes und ihrer Verdienſte wegen, eine beſon- dere Ehrerbietung ſchuldig bin. Es iſt mir dem- nach ſehr leyd, daß ich mich genoͤthiget ſehe, ihnen zu ſagen, daß ihre Gedancken von der Abſicht mei- ner Anmerckungen uͤber die Geſchichte von der Zer- ſtoͤhrung der Stadt Jeruſalem, gantz und gar irrig ſind. Es wird ſchwer halten, daß ich ihnen dieſes be- greiflich mache. Denn die falſche Einbildung, daß ich ein Spoͤtter ſey, hat in den Gemuͤthern derer, die meine Schrift geleſen haben, ſo tiefe Wurtzel geſchlagen, daß ich glaube, die meiſten ſchwuͤren einen Eyd, daß ſie recht haben. Jch muß mich wundern, wie ſo viele kluge Leute auf eine ſo we- nig wahrſcheinliche Meynung verfallen koͤnnen, und kan,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/196
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/196>, abgerufen am 26.04.2024.