Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
ne Verdienste nicht erkennen, so können sie es
bleiben lassen. Jch habe gethan, was ein ehrlie-
bender Scribent thun kan: Da alle meine Arbeit
vergebens ist, so schüttele ich den Staub von mei-
nen Füssen, und gehe von nun an rein zu den Sa-
mojeden.

Nehmen Sie mich auf, mein Herr, und glauben,
daß ich des Beyfalls einer so politen Nation, als die
Jhrige ist, nicht unwürdig bin. Jch werde gewiß
Jhre Gesellschafft nicht verunzieren. Dieser Brief,
den ich Jhnen schreibe, wird Sie von meiner Ge-
schicklichkeit überführen, und die Würckung haben,
die ich wünsche.

O wie werden meine Lands-Leute grißgrammen,
wenn ich mich hinfort Societatis Scientiarum Ar-
cticae, quae Beresovae est, Socium
nennen werde!
Es wird ihnen dieses durch die Seele gehen. Aber
wer kan ihnen helffen? Sie haben es um mich, und
alle Scribenten meiner Art wohl verdienet, daß ich
ihnen diesen Verdruß mache. Sie hassen uns, und
ich bin versichert, sie wünschen, daß uns der Teufel
alle nach Nova Zembla führte. Aber sie wissen
nicht was sie bitten. Sie solten uns wohl missen,
wenn wir nicht mehr vorhanden. Denn wären
wir nicht, womit wolten sie wohl ihre Zeit hinbrin-
gen? Wo wolten sie wohl etwas zu lachen und zu
spotten finden? Wo wolten sie wohl mit ihren
sinnreichen Einfällen hin? Jch sehe es nicht ab:
und mache dahero den Schluß, daß wir einem Lan-
de unentbehrlich sind. Abermahl ein Beweiß unserer

Vor-

(o)
ne Verdienſte nicht erkennen, ſo koͤnnen ſie es
bleiben laſſen. Jch habe gethan, was ein ehrlie-
bender Scribent thun kan: Da alle meine Arbeit
vergebens iſt, ſo ſchuͤttele ich den Staub von mei-
nen Fuͤſſen, und gehe von nun an rein zu den Sa-
mojeden.

Nehmen Sie mich auf, mein Herr, und glauben,
daß ich des Beyfalls einer ſo politen Nation, als die
Jhrige iſt, nicht unwuͤrdig bin. Jch werde gewiß
Jhre Geſellſchafft nicht verunzieren. Dieſer Brief,
den ich Jhnen ſchreibe, wird Sie von meiner Ge-
ſchicklichkeit uͤberfuͤhren, und die Wuͤrckung haben,
die ich wuͤnſche.

O wie werden meine Lands-Leute grißgrammen,
wenn ich mich hinfort Societatis Scientiarum Ar-
cticæ, quæ Bereſovæ eſt, Socium
nennen werde!
Es wird ihnen dieſes durch die Seele gehen. Aber
wer kan ihnen helffen? Sie haben es um mich, und
alle Scribenten meiner Art wohl verdienet, daß ich
ihnen dieſen Verdruß mache. Sie haſſen uns, und
ich bin verſichert, ſie wuͤnſchen, daß uns der Teufel
alle nach Nova Zembla fuͤhrte. Aber ſie wiſſen
nicht was ſie bitten. Sie ſolten uns wohl miſſen,
wenn wir nicht mehr vorhanden. Denn waͤren
wir nicht, womit wolten ſie wohl ihre Zeit hinbrin-
gen? Wo wolten ſie wohl etwas zu lachen und zu
ſpotten finden? Wo wolten ſie wohl mit ihren
ſinnreichen Einfaͤllen hin? Jch ſehe es nicht ab:
und mache dahero den Schluß, daß wir einem Lan-
de unentbehrlich ſind. Abermahl ein Beweiß unſerer

Vor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0180" n="88"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
ne Verdien&#x017F;te nicht erkennen, &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie es<lb/>
bleiben la&#x017F;&#x017F;en. Jch habe gethan, was ein ehrlie-<lb/>
bender Scribent thun kan: Da alle meine Arbeit<lb/>
vergebens i&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;chu&#x0364;ttele ich den Staub von mei-<lb/>
nen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und gehe von nun an rein zu den Sa-<lb/>
mojeden.</p><lb/>
          <p>Nehmen Sie mich auf, mein Herr, und glauben,<lb/>
daß ich des Beyfalls einer &#x017F;o politen Nation, als die<lb/>
Jhrige i&#x017F;t, nicht unwu&#x0364;rdig bin. Jch werde gewiß<lb/>
Jhre Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft nicht verunzieren. Die&#x017F;er Brief,<lb/>
den ich Jhnen &#x017F;chreibe, wird Sie von meiner Ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeit u&#x0364;berfu&#x0364;hren, und die Wu&#x0364;rckung haben,<lb/>
die ich wu&#x0364;n&#x017F;che.</p><lb/>
          <p>O wie werden meine Lands-Leute grißgrammen,<lb/>
wenn ich mich hinfort <hi rendition="#aq">Societatis Scientiarum Ar-<lb/>
cticæ, quæ Bere&#x017F;ovæ e&#x017F;t, Socium</hi> nennen werde!<lb/>
Es wird ihnen die&#x017F;es durch die Seele gehen. Aber<lb/>
wer kan ihnen helffen? Sie haben es um mich, und<lb/>
alle Scribenten meiner Art wohl verdienet, daß ich<lb/>
ihnen die&#x017F;en Verdruß mache. Sie ha&#x017F;&#x017F;en uns, und<lb/>
ich bin ver&#x017F;ichert, &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß uns der Teufel<lb/>
alle nach Nova Zembla fu&#x0364;hrte. Aber &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
nicht was &#x017F;ie bitten. Sie &#x017F;olten uns wohl mi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenn wir nicht mehr vorhanden. Denn wa&#x0364;ren<lb/>
wir nicht, womit wolten &#x017F;ie wohl ihre Zeit hinbrin-<lb/>
gen? Wo wolten &#x017F;ie wohl etwas zu lachen und zu<lb/>
&#x017F;potten finden? Wo wolten &#x017F;ie wohl mit ihren<lb/>
&#x017F;innreichen Einfa&#x0364;llen hin? Jch &#x017F;ehe es nicht ab:<lb/>
und mache dahero den Schluß, daß wir einem Lan-<lb/>
de unentbehrlich &#x017F;ind. Abermahl ein Beweiß un&#x017F;erer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vor-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0180] (o) ne Verdienſte nicht erkennen, ſo koͤnnen ſie es bleiben laſſen. Jch habe gethan, was ein ehrlie- bender Scribent thun kan: Da alle meine Arbeit vergebens iſt, ſo ſchuͤttele ich den Staub von mei- nen Fuͤſſen, und gehe von nun an rein zu den Sa- mojeden. Nehmen Sie mich auf, mein Herr, und glauben, daß ich des Beyfalls einer ſo politen Nation, als die Jhrige iſt, nicht unwuͤrdig bin. Jch werde gewiß Jhre Geſellſchafft nicht verunzieren. Dieſer Brief, den ich Jhnen ſchreibe, wird Sie von meiner Ge- ſchicklichkeit uͤberfuͤhren, und die Wuͤrckung haben, die ich wuͤnſche. O wie werden meine Lands-Leute grißgrammen, wenn ich mich hinfort Societatis Scientiarum Ar- cticæ, quæ Bereſovæ eſt, Socium nennen werde! Es wird ihnen dieſes durch die Seele gehen. Aber wer kan ihnen helffen? Sie haben es um mich, und alle Scribenten meiner Art wohl verdienet, daß ich ihnen dieſen Verdruß mache. Sie haſſen uns, und ich bin verſichert, ſie wuͤnſchen, daß uns der Teufel alle nach Nova Zembla fuͤhrte. Aber ſie wiſſen nicht was ſie bitten. Sie ſolten uns wohl miſſen, wenn wir nicht mehr vorhanden. Denn waͤren wir nicht, womit wolten ſie wohl ihre Zeit hinbrin- gen? Wo wolten ſie wohl etwas zu lachen und zu ſpotten finden? Wo wolten ſie wohl mit ihren ſinnreichen Einfaͤllen hin? Jch ſehe es nicht ab: und mache dahero den Schluß, daß wir einem Lan- de unentbehrlich ſind. Abermahl ein Beweiß unſerer Vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/180
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/180>, abgerufen am 20.04.2024.