mit einem Manne zu verfahren, der von so grossen Verdiensten ist, als der Hr. Makewind? Mit einem Manne, dem, auch nach dem Zeugniß seiner Feinde, unsere gantze Nation unendlich verbunden ist? Jch habe gar offt gehöret, daß man gesagt hat, die Schrif- ten des Hn. Makewind bewegten die Leser zum Mit- leiden und Lachen. Mich deucht, ein Scribent, der diese zwo Gemüths-Bewegungen bey einer Nation erregen kan, die, ihrer Schwermüthigkeit und Grau- samkeit wegen, so rüchtig ist, verdienet die Ehrerbie- tung eines gantzen Volcks, und eine öffentliche Belohnung.
Allein statt dieser Belohnung hat man dem Herrn Makewind den empfindlichsten Schimpff angethan. Sie können leicht erachten, wie sehr den ehrlichen Mann dieses schmertzen müsse. Er war Anfangs untröstbar, und flohe alle menschliche Gesellschaft. Ja er hatte so böse Stunden, daß man besorgte, er möchte gar von Sinnen kommen; und es fehlte nicht viel, so wäre er seinem Vater, der vor Kummer über den Unfall seines Sohnes, wie die Mutter vor Freu- den über dessen Glück, plötzlich gestorben ist, in die Ewigkeit gefolget.
Noch lebet er: und fängt an, sich in sein Un- glück zu finden. Er thut wohl daran: Und mich deucht, ich thue auch nicht übel, wenn ich mich an seinem Exempel spiegle, und nicht ferner vergebliche Mühe anwende, meinen eigensinnigen und undanck- baren Landes-Leuten zu gefallen. Wollen sie mei-
ne
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mit einem Manne zu verfahren, der von ſo groſſen Verdienſten iſt, als der Hr. Makewind? Mit einem Manne, dem, auch nach dem Zeugniß ſeiner Feinde, unſere gantze Nation unendlich verbunden iſt? Jch habe gar offt gehoͤret, daß man geſagt hat, die Schrif- ten des Hn. Makewind bewegten die Leſer zum Mit- leiden und Lachen. Mich deucht, ein Scribent, der dieſe zwo Gemuͤths-Bewegungen bey einer Nation erregen kan, die, ihrer Schwermuͤthigkeit und Grau- ſamkeit wegen, ſo ruͤchtig iſt, verdienet die Ehrerbie- tung eines gantzen Volcks, und eine oͤffentliche Belohnung.
Allein ſtatt dieſer Belohnung hat man dem Herrn Makewind den empfindlichſten Schimpff angethan. Sie koͤnnen leicht erachten, wie ſehr den ehrlichen Mann dieſes ſchmertzen muͤſſe. Er war Anfangs untroͤſtbar, und flohe alle menſchliche Geſellſchaft. Ja er hatte ſo boͤſe Stunden, daß man beſorgte, er moͤchte gar von Sinnen kommen; und es fehlte nicht viel, ſo waͤre er ſeinem Vater, der vor Kummer uͤber den Unfall ſeines Sohnes, wie die Mutter vor Freu- den uͤber deſſen Gluͤck, ploͤtzlich geſtorben iſt, in die Ewigkeit gefolget.
Noch lebet er: und faͤngt an, ſich in ſein Un- gluͤck zu finden. Er thut wohl daran: Und mich deucht, ich thue auch nicht uͤbel, wenn ich mich an ſeinem Exempel ſpiegle, und nicht ferner vergebliche Muͤhe anwende, meinen eigenſinnigen und undanck- baren Landes-Leuten zu gefallen. Wollen ſie mei-
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mit einem Manne zu verfahren, der von ſo groſſen
Verdienſten iſt, als der Hr. Makewind? Mit einem
Manne, dem, auch nach dem Zeugniß ſeiner Feinde,
unſere gantze Nation unendlich verbunden iſt? Jch
habe gar offt gehoͤret, daß man geſagt hat, die Schrif-
ten des Hn. Makewind bewegten die Leſer zum Mit-
leiden und Lachen. Mich deucht, ein Scribent, der
dieſe zwo Gemuͤths-Bewegungen bey einer Nation
erregen kan, die, ihrer Schwermuͤthigkeit und Grau-
ſamkeit wegen, ſo ruͤchtig iſt, verdienet die Ehrerbie-
tung eines gantzen Volcks, und eine oͤffentliche
Belohnung.
Allein ſtatt dieſer Belohnung hat man dem Herrn
Makewind den empfindlichſten Schimpff angethan.
Sie koͤnnen leicht erachten, wie ſehr den ehrlichen
Mann dieſes ſchmertzen muͤſſe. Er war Anfangs
untroͤſtbar, und flohe alle menſchliche Geſellſchaft.
Ja er hatte ſo boͤſe Stunden, daß man beſorgte, er
moͤchte gar von Sinnen kommen; und es fehlte nicht
viel, ſo waͤre er ſeinem Vater, der vor Kummer uͤber
den Unfall ſeines Sohnes, wie die Mutter vor Freu-
den uͤber deſſen Gluͤck, ploͤtzlich geſtorben iſt, in
die Ewigkeit gefolget.
Noch lebet er: und faͤngt an, ſich in ſein Un-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/179>, abgerufen am 24.11.2024.
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